Kapitel 2 - Wasser für den menschlichen Verbrauch
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<strong>Wasser</strong> <strong>für</strong> <strong>den</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Verbrauch</strong><br />
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In <strong>den</strong> meisten<br />
Entwicklungsländern<br />
beziehen die Menschen<br />
ihr <strong>Wasser</strong> von einer<br />
verblüffen<strong>den</strong> Vielzahl<br />
von Anbietern<br />
BERICHT ÜBER DIE MENSCHLICHE ENTWICKLUNG 2006<br />
quelle abhängig – und sind <strong>den</strong> damit verbun<strong>den</strong>en<br />
gesundheitlichen Risiken ausgesetzt.<br />
Mehr als 70 Prozent der Menschen, die keinen<br />
Zugang zu einer verbesserten <strong>Wasser</strong>quelle haben,<br />
müssen mit weniger als zwei US-Dollar<br />
täglich auskommen, und etwa die Hälfte dieser<br />
Gruppe hat weniger als einen US-Dollar täglich<br />
zum Überleben. In vielen Ländern kann man<br />
sehr gut vom Einkommen darauf schließen,<br />
ob Menschen einen verbesserten Zugang zu<br />
<strong>Wasser</strong> haben und mit welcher Art Technologie<br />
dieses <strong>Wasser</strong> verfügbar gemacht wird.<br />
<strong>Wasser</strong> wird von verschie<strong>den</strong>en<br />
Anbietern bezogen<br />
In <strong>den</strong> Industrieländern beziehen die Menschen<br />
ihr <strong>Wasser</strong> in der Regel von einem einzigen<br />
Anbieter. In <strong>den</strong> meisten Entwicklungsländern<br />
beziehen die Menschen ihr <strong>Wasser</strong> von einer<br />
verblüffen<strong>den</strong> Vielzahl von Anbietern. Das<br />
primäre Netz, das normalerweise von einem<br />
einzigen städtischen Versorgungsunternehmen<br />
betrieben wird, funktioniert neben einer großen<br />
Vielzahl von Anbietern; viele davon fungieren<br />
als Zwischenhändler zwischen dem Versorgungsunternehmen<br />
und dem Haushalt. Eine<br />
jede Untersuchung über <strong>den</strong> Zugang zu <strong>Wasser</strong><br />
muss daher damit beginnen, sich <strong>den</strong> Flickenteppich<br />
der Bezugsquellen genauer anzusehen.<br />
<strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen sind von<br />
<strong>den</strong> Regierungen autorisiert, <strong>Wasser</strong> durch das<br />
Netz von Pumpen und <strong>Wasser</strong>leitungen, aus<br />
<strong>den</strong>en das formelle <strong>Wasser</strong>system der Stadt besteht,<br />
zu liefern. Der Hauptabsatzmarkt <strong>für</strong> diese<br />
Versorgungsunternehmen sind normalerweise<br />
die Abnehmer in <strong>den</strong> Haushalten mit <strong>Wasser</strong>leitungen<br />
in ihren Wohnungen, und Geschäftsleute.<br />
Die Anschlussraten sind jedoch<br />
sehr unterschiedlich – und sind in Gegen<strong>den</strong><br />
mit hohem Einkommen wesentlich höher. In<br />
Städten wie Daressalam in Tansania und Ouagadougou<br />
in Burkina Faso haben weniger als 30<br />
Prozent der Haushalte einen <strong>Wasser</strong>anschluss.<br />
Viele arme Haushalte kommen mit dem<br />
Versorgungsnetz des Betreibers nicht durch einen<br />
privaten <strong>Wasser</strong>anschluss in ihrem Haushalt<br />
in Kontakt, sondern durch ein Standrohr<br />
bzw. eine Zapfstelle. Da die meisten Standrohr-<br />
Nutzer aus Haushalten mit niedrigem Einkommen<br />
stammen, ist diese Quelle überall in <strong>den</strong><br />
Städten in <strong>den</strong> Entwicklungsländern eine <strong>Wasser</strong>-Lebenslinie<br />
<strong>für</strong> arme städtische Haushalte.<br />
In Nouakchott in Mauretanien geben etwa 30<br />
Prozent der Haushalte an, dass sie ihr <strong>Wasser</strong><br />
an einem Standrohr bzw. einer Zapfstelle holen,<br />
in Bamako in Mali sind es 49 Prozent. In<br />
Dakar im Senegal wird die Hälfte der Bevölkerung,<br />
die keinen privaten <strong>Wasser</strong>anschluss besitzt,<br />
über Standrohre versorgt. 5 Ganz ähnlich<br />
in Ouagadougou, wo über ein Versorgungsunternehmen<br />
schätzungsweise 80 Prozent der<br />
Haushalte versorgt wer<strong>den</strong>; zwei Drittel davon<br />
erhalten ihr <strong>Wasser</strong> durch Standrohre.<br />
In anderen Regionen existieren ähnliche<br />
Versorgungsmuster. Wenn arme Menschen in<br />
Südasien Zugang zu Leitungswasser haben, bedeutet<br />
dies mit größter Wahrscheinlichkeit,<br />
dass sie Zugang zu einer öffentlichen <strong>Wasser</strong>zapfstelle<br />
oder einem Standrohr haben statt<br />
einen privaten <strong>Wasser</strong>anschluss in ihrer Wohnung.<br />
In der indischen Stadt Bangalore beispielsweise<br />
erreicht das Water Supply and Sewerage<br />
Board ungefähr 80 Prozent der Bevölkerung;<br />
davon haben etwa 73 Prozent private<br />
<strong>Wasser</strong>anschlüsse. Die ärmsten Haushalte nutzen<br />
jedoch regelmäßig öffentliche Zapfstellen.<br />
Bei <strong>den</strong> reichsten Haushalten dagegen sind es<br />
lediglich drei Prozent. 6 In Katmandu in Nepal<br />
versorgt das kommunale <strong>Wasser</strong>versorgungsunternehmen<br />
etwa drei Viertel der Bevölkerung,<br />
die Hälfte der armen Bevölkerung ist jedoch von<br />
öffentlichen Zapfstellen abhängig. 7<br />
Zapfstellen bzw. Standrohre könnte man<br />
sich als eine Weiterverkaufsstelle <strong>für</strong> <strong>Wasser</strong><br />
des Versorgungsunternehmens vorstellen. Diese<br />
Verkaufsstellen wer<strong>den</strong> teilweise von Nachbarschaftskomitees<br />
oder anderen Organisationen<br />
vor Ort betrieben, teilweise von Individuen,<br />
die von einem kommunalen Anbieter unter<br />
Vertrag genommen wor<strong>den</strong> sind. In fast allen<br />
Fällen sind jedoch Standrohre nur die Spitze<br />
eines Weiterverkaufs-Eisbergs. In vielen Städten<br />
wer<strong>den</strong> dadurch nicht alle Gebiete erreicht.<br />
Oft wer<strong>den</strong> städtische Randgebiete, Slums und<br />
abgelegenere Bezirke nur sehr schlecht versorgt.<br />
Sogar in Gebieten, die erreicht wer<strong>den</strong>, ist die<br />
Versorgung mitunter unzureichend und unre