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und einzuordnen, tut sich schwer mit ihrer Rationalität, ihrer Ambivalenz und Paradoxität. Auch der<br />
Psychologie, vor allem in ihrer statistischen Ausprägung ist sie ebenfalls ein Rätsel und wird oft als<br />
solches hingenommen, fortgeschrieben als letztes Mysterium.<br />
Doch bei all ihrer Arationalität, ihrer Unerklärbarkeit hat sie doch „natürliche“ und „angebrachte“ Züge.<br />
Sie beruht auf einem heterosexuellen Modell, das ihre natürliche, von der Biologie oder Gott gegebene,<br />
Form zu sein scheint. Jahrhundertelang wurde nur die Liebe zwischen Mann und Frau als solche<br />
gesehen. Frauenfreundschaften wurden belächelt, und wenn sie zugelassen wurden, dann wurden sie<br />
romantisiert, als Schwärmerei abgetan. Für die „wahre Liebe“ waren sie keine Bedrohung – zumindest<br />
in Zeiten, in denen Frauen wirtschaftlich sowieso nicht überleben hätten können. 41 Sexualität wird<br />
diesen romantischen Freundschaften sowieso zumeist abgesprochen – was aber meiner Meinung nach<br />
damit zu tun haben könnte, dass die Entdeckung, dass Frauen auch sexuelle Wesen sind bzw. die<br />
Diskursivierung der Sexualität noch eine relativ neue Errungenschaft unserer kulturgeschichtlichen<br />
Entwicklung ist.<br />
Eine gesellschaftlich anerkannte Form der Frauenliebe scheint einzig und allein die Liebe der Mutter zu<br />
ihrem Kind zu sein, allerdings bar jedes erotischen Blickes. Julia Kristeva beispielsweise spielt in ihrer<br />
Glorifizierung der Mutter, des Mutter-Seins an sich, die Frau gegen die Mutter aus. Angesichts ihres<br />
vordergründigen Antibiologismus ist es überraschend, dass alles, was Kristeva der Frau anzubieten hat,<br />
die Mutterrolle und noch dazu eine für mich sehr traditionelle ist. Sie hat ein naturgegebenes Privileg<br />
der Nähe zum Semiotischen, das ihr in der Praxis allerdings nicht viel bringt, da sie in den privaten<br />
Raum zurückgedrängt wird und dieses Semiotische bestenfalls eine Ergänzung des Symbolischen sein<br />
soll. Ich glaube nicht, dass es Kristevas Anliegen ist, die symbolische Ordnung durch eine semiotische<br />
Chora zu ersetzen, sondern dass es ihr um eine Bereicherung des Symbolischen geht.<br />
„[…] her move to rehabilitate pregnancy as a disordering of the Symbolic seems curiously abstract,<br />
caught through reversal in the conceptual system she wants to destabilize rather than open to new input<br />
from actual mothering facing the socio-economic realities of childrearing or from the history of changing<br />
ideologies of motherhood. Kristeva still believes that men create the world of power and representation;<br />
women create babies.“ (Jones 1984, 63)<br />
Dieser Kritik ist wohl nichts mehr hinzuzufügen.<br />
41 Dass lesbische Liebe nicht, wie vielfach propagiert, eine Erfindung der Neuzeit ist, zeigen Zeugnisse aus frühesten<br />
vorpatriarchalen Kulturen, die in ihren bildhaften, schematischen Darstellungen vielfach rein weibliche Beziehungen<br />
thematisieren. Gabriele Meixner fand in ihren urgeschichtlichen Forschungen viele Darstellungen von sich umarmenden,<br />
tanzenden Frauen, die zum Teil 30 000 Jahre alt sind. Im Gegensatz zu den meisten traditionellen Forschern hält sie es für<br />
absurd, darin nur Mutter-Tochter-Darstellungen zu sehen.<br />
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