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edeuten kann bzw. gesellschaftlich anerkannte Weise bedeuten sollte, vorstelle. Dazu werde ich nach<br />
einigen anfänglichen Überlegungen auf die „übliche“, gesellschaftlich anerkannte Form der Frauenliebe<br />
eingehen, die Mutterliebe, um dann Halls Roman „Quell der Einsamkeit“ dahingehend zu analysieren,<br />
wie Geschlecht und heteronormative Matrix zusammenwirken und sich gegenseitig verstärken, aber<br />
auch widersprechen und verschieben. So wird nachvollziehbar, wie „homosexuelle Identitätsentwürfe“<br />
im Rahmen historischer Gegebenheiten auf die Ebene des Einzelindividuums einwirken und die eigene<br />
(d.h. die der Protagonistinnen in Radclyffe Halls Roman) Wahrnehmung prägen.<br />
2.3.2.1. Persönliche Schwierigkeiten und anfängliche Überlegungen<br />
„Anscheinend hat jeder Text mehr Quellen, als er in seiner<br />
eigenen Begrifflichkeit rekonstruieren kann.“ (Butler 1991, 12)<br />
Wohl bei keinem anderen Begriff ist es ähnlich schwierig wie bei „Liebe“, sich für eine Ebene zu<br />
entscheiden: Die Wahl zwischen einer persönlichen Erfahrungs- und Erlebnisebene, den eigenen<br />
Gefühlen, Wünschen und Idealvorstellungen und der kritisch-philosophischen Reflexion über das<br />
Wesen der Liebe an sich ist nicht immer einfach. Gerade bei diesem Thema ist offensichtlich und sehr<br />
leicht nachvollziehbar, dass Theorie und Praxis zwei unterschiedliche Bereiche sind, die aber immer<br />
aufeinander bezogen werden müssen. Die Theorie stellt die Werkzeuge zur Untersuchung der gängigen<br />
Praxis, zu deren kritischer Betrachtung, bereit, während die Praxis der Prüfstein für die Stichhaltigkeit<br />
und die Durchgängigkeit der Theorie ist. Insofern war – und ist es - kaum zu verhindern, die referierten<br />
Texte immer auch als evidente Manifestation einer möglichen Praxis zu sehen. Auch die Politik als eine<br />
Praxis der Allgemeinheit und des öffentlichen Raumes, hat sich der Liebe angenommen. Die alte<br />
feministische Forderung, dass das Private politisch ist und öffentlich gemacht werden muss, hat<br />
offensichtlich Früchte getragen. Davon zeugen nicht nur eine Vielzahl von Talkshows zu allen<br />
möglichen und unmöglichen Themenkreisen, die eben auch (hauptsächlich) Liebe, Sexualität, Ehe und<br />
Familie, behandeln, sondern auch das öffentliche Interesse am Privatleben sog. „öffentlicher“ Personen<br />
wie PolitikerInnen, SportlerInnen, KünstlerInnen und die politische Entwicklung, die mit Maßnahmen wie<br />
dem viel propagierten „Kinderscheck“ direkten Einfluss auf die LebenspartnerInnen und ihre<br />
Lebensplanung nehmen. Die Familie als förderwürdige Institution wurde von der Politik entdeckt und<br />
damit wird zum einen eine bestimmte Art Frauenbild gefördert und somit eine traditionelle Vorstellung<br />
des Geschlechterverhältnisses weitertradiert, zum anderen wird der Fokus auf die Familie, die Ehe als<br />
institutionalisierte Liebesbeziehung gelenkt. Soziologische Studien en masse erfassen und<br />
katalogisieren das Familien- und das Beziehungsleben in ihrem Versuch, die Liebe zu ihrem<br />
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