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2.3.1.„Zwangsheterosexualität“ als Begriff innerhalb der Feministischen Theorie und/oder der<br />

Frauenbewegung<br />

„Die Radicalesbians begannen ihr Manifest mit: ‚Was ist eine<br />

Lesbe? Eine Lesbe ist die Wut aller Frauen, verdichtet im<br />

Moment der Explosion’. Falls Butler sich davon überzeugen<br />

ließe, dass die Frage ‚Was ist eine Lesbe?’ eine Antwort wert<br />

ist, würde sie womöglich sagen, ‚eine Lesbe ist die innere<br />

Widersprüchlichkeit von Geschlechterbinarität und<br />

Heterosexualität, verdichtet im Moment der Parodie’.“ (Warner<br />

1992, 19, dt. Übersetzung nach Jagose 2001, 110)<br />

Die grundlegenden Positionen des lesbischen Feminismus, der sich an der Schnitt- und<br />

Interaktionsstelle zwischen Homosexuellen-Befreiungsbewegung36 und Frauenbewegung befindet,<br />

werden in Adrienne Richs maßgeblichem und vielzitiertem Aufsatz „Zwangsheterosexualität und<br />

Lesbische Existenz“ (Rich 1980, dt. 1991) beschrieben. Dieser Aufsatz löste sehr kontroverse<br />

Diskussionen aus (vgl. Ferguson 1981).<br />

Rich (vgl. Jagose 2001, 67ff.) hat später das Ziel ihres Aufsatzes definiert als den Versuch, eine<br />

Verbindung zwischen Lesbe und Feministin zu definieren. Dieses Ziel zeigt sich im Aufsatz deutlich<br />

daran, dass die Positionierung von Lesben hauptsächlich als Positionierung von Frauen in den<br />

Mittelpunkt der Auseinandersetzung rückt.<br />

„Historisch gesehen wurden Lesbierinnen durch ihren ‚Einschluss’ – als weibliche Version – in die<br />

männliche Homosexualität ihrer politischen Existenz beraubt. Lesbische Existenz mit männlicher<br />

Homosexualität gleichzusetzen, weil alle beide gebrandmarkt sind, bedeutet, die weibliche Realität ein<br />

weiteres Mal auszulöschen. [...] Natürlich ist ein Teil der Geschichte lesbischer Existenz da zu finden, wo<br />

Lesbierinnen in Ermangelung einer tragfähigen Frauengemeinschaft eine Art gesellschaftliches Leben<br />

und gemeinsame Anliegen mit homosexuellen Männern geteilt haben. Doch muss man die Unterschiede<br />

dagegenhalten: die fehlenden wirtschaftlichen und kulturellen Privilegien der Frauen im Vergleich zu<br />

denen der Männer und die qualitativen Unterschiede zwischen Frauen- und Männerbeziehungen:<br />

darunter zum Beispiel der vorherrschende anonyme Sex [...], der ausgesprochene Jugendkult in den<br />

männlich-homosexuellen Maßstäben für sexuelle Attraktivität [...]. Ich sehe die lesbische Erfahrung als<br />

eine zutiefst weibliche Erfahrung, wie die Mutterschaft. Zu dieser Erfahrung gehören spezifische Formen<br />

der Unterdrückung, besondere Bedeutungen und Potenziale, die uns nicht verständlich gemacht werden,<br />

solange wir sie mit anderen sexuell gebrandmarkten Existenzen in einen Topf werfen.“ (Rich 1991, 159f.)<br />

Rich (1991) argumentiert, dass nicht die sexuelle Orientierung, sondern das Geschlecht die Kategorie<br />

ist, auf deren Basis tragfähige Bündnisse aufgebaut werden können. Die enge Verknüpfung der<br />

Kategorie Lesbe mit der Kategorie Frau und die formulierten Schwierigkeiten, verbindende Elemente mit<br />

36 Für eine Darstellung der Lesbischen Geschichte im 20. Jahrhundert sei an dieser Stelle nur verwiesen auf Faderman<br />

(1992). Obwohl Faderman selbst durchaus im akademischen Diskurs verhaftet ist (sie lehrt an der California State<br />

University), wurde ihr Buch ein Beststeller und Faderman wurdemit dem „Lambda Literary Award“ ausgezeichnet (Faderman<br />

1992), was wiederum deutlich macht, dass die Grenzen zwischen Literatur für eine (breitere) Öffentlichkeit und Publikation<br />

von Forschungsergebnissen im feministischen Diskurs verschwimmen (vgl. dazu auch Grimm 1994).<br />

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