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Schreiben, das für die Einschreibung des Weiblichen in den symbolischen Raum selbst steht. Und<br />

dieses Schreiben des Weiblichen ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich.<br />

„Daher die Frage: Was macht eine Frau, die Dichterin werden will? In welcher Situation ist sie? Ich sage<br />

Dichterin, weil das die Extremsituation ist; kann sie schreiben, lieben, ohne andere Frauen zu töten, ohne<br />

die Mutter zu verdrängen? Wer schreibt – der- oder diejenige – wird unter folgenden Bedingungen<br />

schreiben: man muß alles haben!“ (Cixous 1980, 74)<br />

Da das Schreiben im symbolischen Raum der Sprache passiert, muss zuerst auch die Autorin, die<br />

Dichterin einen sie legitimierenden Vater haben, der ihr Zutritt zum symbolischem Raum verschafft.<br />

Cixous bezieht sich hier auf die Sprachkonzeption Lacans, für den die Sprache der Ort der<br />

symbolischen Ordnung ist, in die der Zutritt über den Vater erfolgt. Andererseits braucht sie auch eine<br />

Mutter, die die Quelle, der Ursprung der weiblichen Stimme ist. Doch für die Mutter muss sie ein Sohn<br />

sein, die schreibende Frau ist also die Sohn-Tochter. Die Tochter muß sich nicht wie der Sohn im<br />

Ödipuskomplex von ihr lossagen, die Tochter hat es nicht nötig, die Mutter als Liebesobjekt vollständig<br />

aufzugeben.<br />

Die Stimme der Mutter ist die Stimme der Mutter aus der präödipalen Zeit, deshalb hat sie keinen<br />

Namen. Sie ist eher ein Rest aus der Zeit bevor das Kind die Fähigkeit erlangte, Dinge und Wesen zu<br />

bestimmen und zu benennen. Die Stimme der Mutter ist ungeheuer machtvoll und beherrschend als<br />

großzügige Spenderin von Liebe und Nahrung, doch sie existiert nur im Imaginären, in der<br />

scheindyadischen Beziehung zwischen Mutter und Kind. Aus der Verbindung zur Mutter resultiert die<br />

spezifisch weibliche Art des Schreibens. Und genau aus dieser imaginären Position heraus hat die<br />

Dichterin auch die Möglichkeiten, die Subjektpositionen zu wechseln und von einer Position der<br />

unglaublichen Freiheit heraus in der Sprache alles zu wagen. Gleichzeitig ist aber für Cixous auch jeder<br />

Text ein Text der symbolischen Sprache des Vaters, die die Mutter verwirft und wo die Frau<br />

durchgestrichen wird. Die Dichterin versucht gleichsam im Schreiben den Gesetzen der<br />

phallogozentrisch strukturierten Sprache zu entkommen.<br />

In Cixous Werk stehen eine dekonstruktivistische Sicht von Textualität und eine leidenschaftliche<br />

Darstellung des Schreibens als weibliche Essenz nebeneinander und sie bemüht sich gar nicht darum,<br />

diese offensichtliche Widersprüchlichkeit zu lösen und verweist höchstens auf eine Lösung im<br />

Imaginären.<br />

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