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„Mit der Wendung zur Weiblichkeit soll die Klitoris ihre Empfindlichkeit und damit ihre Bedeutung ganz<br />

oder teilweise an die Vagina abtreten, und dies wäre die eine der beiden Aufgaben, die von der<br />

Entwicklung des Weibes zu lösen sind, während der glücklichere Mann zur Zeit der Geschlechtsreife nur<br />

fortzusetzen braucht, was er in der Periode der sexuellen Frühblüte geübt hat.“ (Freud 2002, 363)<br />

Die weibliche Sexualität und der ihr von Freud zugewiesene Ort ist einem Wechsel unterworfen, ebenso<br />

wie die Wahl der Liebesobjekte. Und keiner der Orte der weiblichen Sexualität ist scheinbar ein genuin<br />

weiblicher – Sexualität ist immer männliche Sexualität. Zuerst imitiert das Mädchen den Knaben, dann<br />

ist der Ort ihrer Sexualität der ergänzende Ort für die männliche Sexualität. Der anatomisch geeignete<br />

Ort für das Lustempfinden der Frau, der laut Freud auch der ist, den das Mädchen zuerst wählt, wird ihr<br />

dann verwehrt. Ebenso wie das Liebesobjekt erreicht das Mädchen „ihren“ Ort der Sexualität nur über<br />

Umwege, unter schwierigen Bedingungen und immer auch werden von Freud „biologische“ Faktoren als<br />

Begründung angeführt, finden sich Hinweise auf „weibliche“ Strebungen, die sich erst durchsetzen<br />

müssten.<br />

„Es sind dann biologische Faktoren, die sie [im Fall des Mädchens] von ihren anfänglichen Zielen<br />

ablenken und selbst aktive, in jedem Sinne männliche Strebungen in die Bahnen der Weiblichkeit<br />

lenken.“ (Freud 1994c, 206)<br />

Unhinterfragt bleibt die Möglichkeit, dass diese biologischen Faktoren vielmehr zumindest auch soziale<br />

und familiäre, dem Zeitgeist entsprechende Konstrukte sind, die eine sehr bestimmte, männlich<br />

definierte Form der weiblichen Sexualität zum Idealbild entwickeln. Die Darstellung der weiblichen<br />

Sexualität, die Annahmen, die Freud hinsichtlich der Entdeckung des Mädchens, dass es keinen Penis<br />

hat, implizit setzt, verbergen die Tatsache, dass der Körper des Mädchens, von dem er ausgeht, distinkt<br />

anders ist als der des Knabens.<br />

„Zu all diesen Unwahrscheinlichkeiten kommt hinzu, dass das kleine Mädchen mit außergewöhnlicher<br />

Blindheit geschlagen oder aber mit einer sonderbaren Vorstellungskraft begabt sein müsste, um im<br />

Geschlechtsteil des Jungen etwas zu erkennen, was auch nur entfernt seinem eigenen ähnelt: eine<br />

Ähnlichkeit zwischen dem ‚Schlitz’ des Mädchens und dem ‚Anhängsel’ des Jungen ist kaum herstellbar.“<br />

(Olivier 1989, 25)<br />

Freuds Darstellung der weiblichen Entwicklung ist eine Darstellung ausgehend von einer männlichen<br />

Perspektive, die keinen Raum für etwas genuin Weibliches hat, das sich nicht auf das übergeordnete,<br />

Männliche bezieht. Die Frau scheint hauptsächlich damit zufrieden sein zu müssen, wenn sie die Rolle<br />

der Mutter übernehmen und ihre Sexualität in Harmonie und Ergänzung zu einem Mann ausleben kann,<br />

ohne Rücksicht auf ihre eigenen Wünsche, Vorstellungen und Empfindungen. Für Freud ist die Frau als<br />

geschlechtliches Wesen nahezu nicht existent – sie ist kastriert und hat kein Geschlecht, definiert sich<br />

ausschließlich über einen Mangel.<br />

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