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„In der Ödipussituation ist aber für das Mädchen der Vater das Liebesobjekt geworden und wir erwarten,<br />

dass sie bei normalem Ablauf der Entwicklung vom Vaterobjekt aus den Weg zur endgültigen Objektwahl<br />

finden wird.“ (Freud 2002, 362)<br />

„Es handelt sich bei diesem Schritt in der Entwicklung nicht um einen einfachen Wechsel des Objekts.<br />

Die Abwendung von der Mutter geschieht im Zeichen der Feindseligkeit, die Mutterbindung geht in Haß<br />

auf.“ (Freud 2002, 365)<br />

Das kleine Mädchen lernt nicht nur, den Vater als Penisträger höher einzuschätzen als die Mutter, nein,<br />

sie muss zudem die Mutter – die ihr erstes Liebesobjekt war, die ihre grundlegenden Bedürfnisse<br />

(Körperwärme, Nährung, kontinuierliche Zuwendung, etc.) zur ihrer vollkommenen Zufriedenheit<br />

befriedigt hat – nicht nur geringer schätzen als den Vater, sondern sie muss ihre Gefühle zur Mutter<br />

nahezu vollständig wandeln. Im Gegensatz zu dem Knaben, der die Mutter weiterhin lieben darf, hört<br />

das Mädchen damit auf – an die Stelle ihrer Liebe tritt eine Vollständige Entfremdung. Was nur kann<br />

dafür ursächlich verantwortlich sein? Die Enttäuschung des Mädchens, dass ihre Mutter keinen Penis<br />

hat – und im Gegensatz zum Mann kann sie nicht aus einer übergeordneten Position heraus dafür<br />

herablassende Geringschätzung, die aber gleichzeitig auch Wertschätzung ist, aufbringen, sondern<br />

diese Wiedererinnerung der eigenen Kränkung führt offensichtlich zu extrem negativen Gefühlen<br />

gegenüber der Mutter, die ständig auch an die eigene Penislosigkeit erinnert.<br />

„Ihre Liebe hatte der phallischen Mutter gegolten; mit der Entdeckung, dass die Mutter kastriert ist, wird<br />

es möglich, sie als Liebesobjekt fallen zu lassen, so dass die lange angesammelten Motive zur<br />

Feindseligkeit die Oberhand gewinnen. Das heißt also, dass durch die Entdeckung der Penislosigkeit das<br />

Weib dem Mädchen ebenso entwertet wird wie dem Knaben und später vielleicht dem Manne.“ (Freud<br />

2002, 369)<br />

Das Mädchen muss also entdecken, dass nicht nur sie selbst, sondern auch die Mutter ebenso wie alle<br />

anderen Frauen keinen Penis besitzen, kein in Freuds und anderen (nicht nur) männlichen Augen<br />

vollwertiges Geschlechtsorgan. Doch geliebt hat das Mädchen – zumindest nach der erstmaligen<br />

Entdeckung des Geschlechtsunterschieds – die phallische Mutter, die Mutter, von der sie einfach<br />

angenommen hat, dass sie den über alles zu begehrenden Penis besitzt. Entscheidend für die<br />

Abwendung von der Mutter ist die Entdeckung, dass sie keinen Penis hat und nachdem der Penis Wert<br />

definiert, wird die Mutter weniger wertvoll, sie wird im Gegenteil vollständig entwertet. Die Entdeckung,<br />

dass die Mutter kastriert ist, macht die Abwendung von ihr und die Hinwendung zum Vater als<br />

Liebesobjekt möglich. Wenn die Mutter keinen Penis hat, dann ist sie für das Mädchen nicht mehr<br />

interessant, dass alles Streben nach dem Penis ausrichten wird, dessen perfekter Ersatz irgendwann<br />

ein Kind, und hoffentlich ein männliches Kind, werden wird. Und im Grund genommen schließt sich hier<br />

ein Kreis – denn die Mutter ist selbst ein Mädchen, das keinen Penis hat, das sich stattdessen mit dem<br />

Kind zufrieden geben muss. Wahrscheinlich ist davon auszugehen, dass die Mutter den Knaben, den<br />

Penisträger, höher schätzt als ihre Tochter, das Mangelwesen – und vielleicht ist schon deswegen die<br />

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