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Im Gegensatz zu Platon entwickelt Aristoteles als historisch gesehen erster Kritiker Platons ein Modell,<br />
in dem dem Staat ein hierarchisch strukturierter Haushalt entgegengesetzt wird, der zum Raum der<br />
Frauen wird, auch wenn hier ebenfalls der Mann die alles dominierende Position einnimmt – Aristoteles,<br />
der im Gegensatz zu Platon keine Utopie schaffen will, sondern sich auf konkrete reale, empirisch<br />
erforschbare Verhältnisse bezieht, sieht das Männliche prinzipiell dem Weiblichen überlegen und<br />
definiert das Weibliche als das natürlich Minderwertige. Das Haus, dass er in seinem Phasenverlauf der<br />
Entwicklung einer Gesellschaft als erste und geringst zu schätzende Stufe, gefolgt vom Dorf in klarer<br />
Abgrenzung zum Staat sieht, ist der einzige Ort, an dem Frauen immerhin präsent sind – der Staat als<br />
vollkommenste Form der Gesellschaft bleibt einzig den Männern, und auch hier wiederum nur<br />
ausgewählten, vorbehalten.<br />
„Während Platons Entwurf des Idealstaates die Auflösung des Hauses (oikos) zugunsten staatlicher<br />
Institutionen generativer Reproduktion und tagtäglicher Lebenserhaltung zumindest für den<br />
Wächterstand vorsieht, ist der oikos in der praktischen Philosophie des Aristoteles als Ort der<br />
Reproduktion von Individuen und Gattung angesetzt und als in sich differenziertes Herrschaftsgebilde sui<br />
generis definiert, das sich durch seine Zweckbestimmung, die Erhaltung des Lebens, von der auf das<br />
gute und d. h. tugendhafte Leben bezogen politischen Gemeinschaft, der polis, unterscheidet. Nicht nur<br />
wird damit zuerst die Trennung von Staat und Haus, von gemeinsamer öffentlicher und privater Sphäre<br />
philosophisch legitimiert, zugleich vollzieht sich der Ausschluss von Frauen aus der Sphäre der polis und<br />
ihre Verortung in der Sphäre des Hauses.“ (Heinz 2002 a, 11)<br />
Aristoteles Gegenentwurf<br />
Unter dem „Oikos“, dem Haus, ist die häusliche Gemeinschaft zu verstehen – in der deutschen<br />
Übersetzung des griechischen Begriffs findet sich auch Haushalt oder Hausverwaltung. In einem Haus<br />
gibt es unterschiedliche Arten der Beziehung – die zwischen Mann und Frau, die zwischen Eltern und<br />
Kindern und zuletzt die zwischen Mann als Herr des Hauses und Sklaven. Unumschränkter Herrscher<br />
dieses Raumes ist nach Aristoteles der Mann. 20 Als Bindeglied zwischen „Polis“ als groß gefasster<br />
städtischer Raum und dem Haus fungiert das Dorf, das als eine Ansammlung mehrerer Häuser definiert<br />
wird. Aristoteles geht von dem Haus als Kernzelle des Staates aus, berücksichtigt die individuellen<br />
Bedürfnisse also mehr als Platon, der dafür in seiner Staatskonzeption keinen Raum lässt. Das Haus<br />
deckt die grundlegenden Lebensbedürfnisse der Einzelnen ab, ist hierarchisch strukturiert und dient als<br />
Keimzelle der Reproduktion. Im demokratischen Staat dagegen, der die einzelnen Individuen<br />
gleichberechtigt nebeneinander stehen lässt, finden sich keine Frauen mehr – dieser Raum der<br />
Selbstverwirklichung und der höheren Lebensziele ist den Frauen verwehrt.<br />
20 „Denn das Männliche ist von Natur aus führungsgeigneter als das Weibliche. [...] und das Ältere und Reifere ist das mehr<br />
als das Jüngere und Unreifere.“ (Aristoteles 2002, 104)<br />
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