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„Geschlecht“, „weiblich“-„männlich“) keine Neu-Erfindung, sondern beruht auf Auseinandersetzungen<br />

und Arbeiten, die wesentlich älter sind. Diese Gedanken zum vergeschlechtlichten Sein wurden<br />

allerdings vor der Markierung mit „Frauen- und/oder Geschlechterforschung“ nicht explizit ausgewiesen,<br />

sondern finden sich verborgen in unterschiedlichen wissenschaftlichen Arbeiten.<br />

Als konkretes Beispiel möchte ich diese These anhand der antiken Philosophie, die zweifellos eine der<br />

ältesten europäischen Wissenschaftsleistungen darstellt, verifizieren.<br />

Seit dem Beginn der klassischen Philosophie des westlichen Abendlandes, d.h. der antiken Philosophie<br />

Griechenlands, wird über das Wesen der Menschheit nachgedacht. In diesem Kontext gab es auch<br />

immer Reflexionen über deren Zweiteilung in Frauen und Männer und deren Aufgaben, Rechte und<br />

Pflichten - eben der unterschiedlichen, geschlechtsspezifischen Stellung in der Gesellschaft. Dabei<br />

muss allerdings festgehalten werden, dass diese Überlegungen über Geschlechterstrukturen nahezu<br />

ausschließlich Überlegungen von Männern waren, da Frauen in bedeutsamer Zahl erst zu Beginn des<br />

20. Jahrhunderts langsam zu den Wissenschaftsinstitutionen zugelassen wurden, obwohl natürlich an<br />

den Rändern des Wissenschaftsdiskurses immer wieder Frauen zu finden waren. Von daher sind alle<br />

Reflexionen und Theorien, die das Geschlechterverhältnis betreffen - ebenso natürlich wie alle<br />

theoretischen Diskurse - sehr lange Zeit nahezu ausschließlich von Männern vertreten worden, von<br />

Philosophen, Staatstheoretikern, Natur- und Humanwissenschaftlern und Politikern. Die Überlegungen<br />

zu den feministischen Thematiken wie „Frau-Sein“, „Geschlechterdifferenz“ und ähnlichen Inhalten<br />

feministischer Diskurse fanden von daher nicht in einem quasi luftleeren Raum statt, sondern standen in<br />

der Traditionen anderer Bilder und Vorstellungen von „Geschlecht“ und „ Geschlechtlichkeit“, die bereits<br />

aus männlicher Perspektive vorgezeichnet worden waren und natürlich über die Jahrtausende integraler<br />

Bestandteil des gesellschaftlichen, kaum hinterfragten „Common-Sense“ geworden waren. Relativ „neu“<br />

ist nur der Standpunkt, von dem aus Überlegungen zu Geschlecht angestellt werden – nämlich von<br />

einem bewusst weiblichen Standpunkt16 aus. Bis zur langsamen Verankerung von Frauen im<br />

Wissenschafts- und Öffentlichkeitsdiskurs stand das männliche Geschlecht im Zentrum der<br />

Aufmerksamkeit17 und darausfolgend wurde natürlich alles aus einem männlichen Blickwinkel<br />

16 Üblicherweise ist das Erkenntnissubjekt vordergründig neutral, d.h. geschlechtslos, was nur verdeckt, dass es als<br />

männliches konzipiert ist. So meint ein „bewusst weiblicher Standpunkt“ das reflexive Miteinbeziehen des eigenen situativen<br />

Kontexts (vgl. Heinz 2002a, Becker-Schmidt/Knapp 2002, 14f.). Somit wird das Erkenntnissubjekt ebenso wie das<br />

Erkenntnisobjekt und der Forschungsinhalt als vergeschlechtlichter gedacht.<br />

17 Dabei ist festzuhalten, dass Theorien, die allgemein von „Menschen“ sprechen, damit implizit Männer meinen – eine<br />

angeblich neutrale Formulierung maskiert demnach nur das Nicht-Vorhandensein und Nicht-Mitdenken der weiblichen<br />

Perspektive, was sich aus der Dominanz des rein männlichen Denkens ergibt und Negierung der Geschlechterdifferenz<br />

darstellt. Die besondere Leistung der feministischen Theoretikerinnen bestand und besteht darin, Geschlecht als allgemeine<br />

Kategorie eingeführt zu haben, gerade in angeblich „geschlechtsneutrale“ Diskurse.<br />

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