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(1993) anders vor sich. In diesem Prozess werden Maßstäbe, die wir mit anderen teilen, auf die<br />
anderen angewandt.<br />
„Die herkömmliche Sichtweise von Gesellschaftskritik geht implizit von der Hoffnung aus, die moralische<br />
Auseinandersetzung könne ein für allemal gewonnen werden. Daher führt sie jene heroische Gestalt ein:<br />
den völlig leidenschaftslosen Beobachter, der als eine Art Passe-Partout-Gesellschaftskritiker für jede<br />
Gelegenheit verstanden wird. Wir könnten allerdings die Gegenfrage stellen, ob eine derartige Person<br />
überhaupt ein Kritiker ist – oder nicht vielmehr ein radikaler Skeptiker oder ein bloßer Betrachter oder<br />
jemand, der, wie die griechischen Götter, von außen spielerisch ins gesellschaftliche Zusammenleben<br />
eingreift.“ (Walzer 1993, 62)<br />
Gerade also der/die äußere, distanzierte Kritiker/Kritikerin wird demnach weniger kritisch sein, als ein<br />
Kritiker/eine Kritikerin, dessen Objekt seine/ihre eigene Gesellschaft ist. Abstand allein reicht nicht aus,<br />
um die Position des Kritikers/der Kritikerin zu bestimmen.<br />
„Opposition ist es, weit mehr als Abstand, die die Haltung der Gesellschaftskritik bestimmt. Der Kritiker<br />
ergreift Partei; er stellt sich gegen die vorherrschenden politischen Kräfte. Als Ergebnis wird er manchmal<br />
in fremde Länder ins Exil getrieben oder in jene innere Emigration, die wir ‚Entfremdung’ nennen.“<br />
(Walzer 1993, 67)<br />
Noch ein Problem der von außen kommenden Kritik, das Walzer (1993) aufzeigt ist, dass wir Kritik von<br />
Feinden eher diskreditieren und abwerten als ernst nehmen. Genauso wenig wie die KritikerInnen<br />
abgehobene, aus dem Gesellschaftskontext gelöste, BeobachterInnen sind, sind sie FeindInnen, was<br />
sie jedoch nicht daran hindert, eine Oppositionsposition einzunehmen. Walzer (1993) bewertet die<br />
gefühlsmäßigen Verbindungen zwischen Kritiker/Kritikerin und seiner/ihrer Gesellschaft als potentiell<br />
positiv und sieht in ihnen eine notwendige Voraussetzung von Gesellschaftskritik.<br />
„Die Kritik verlangt von uns nicht, aus der Gesellschaft insgesamt zurückzutreten, sondern nur, von<br />
einigen Formen der Machtverhältnisse innerhalb der Gesellschaft Abstand zu gewinnen. Es ist nicht die<br />
Verbindung (mit der Gesellschaft), von der wir uns zu distanzieren haben, sondern Autorität und<br />
Herrschaft (in der Gesellschaft). Die Randständigkeit (marginality) kann ein Weg sein, diese kritische<br />
Distanz herzustellen (oder sie zu erfahren); bestimmte Formen innerer Emigration stellen andere Wege<br />
dar.“ (Walzer 1993, 72)<br />
In diesem Sinne – über kritische Distanz verfüge ich in jedem Fall ausreichend: als Frau, als nicht dem<br />
Wissenschaftsproduktionssystem WU <strong>Wien</strong> als Assistentin angehörend, mit einem fast<br />
abgeschlossenen Philosophie-Studium im Hinterkopf und in einem beruflichen Kontext, der mit<br />
profitorientierten, streng marktwirtschaftlich ausgerichteten Unternehmen immer noch wenig zu tun hat.<br />
Nach dem einleitenden Kapitel 1., in dem die Arbeit vor dem Hintergrund der Zielsetzung, ihres<br />
Aufbaus, ihrer erkenntnistheoretischen Positionierung und der eigenen Verortung dargestellt wurde,<br />
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