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ideale Distanz wäre, aus der heraus Kritik erst möglich sein soll. Jedenfalls scheint festzustehen, dass<br />

Kritik eine Tätigkeit von außen darstellt, die eines bestimmten Abstands bedarf, dessen Auffinden<br />

allerdings ein schwieriges Unterfangen ist.<br />

Nach dieser Auffassung ist den richtigen Abstand zu finden quasi wie ein „Drahtseilakt“ und bedarf einer<br />

sehr vorsichtigen Annäherung. Hier gilt es einen doppelten Abstand zu finden bzw. einzuhalten:<br />

„Ersten müssen Kritiker von ihrer eigenen Mitgliedschaft in ihrer Gesellschaft einen gefühlsmäßigen<br />

Abstand gewonnen und sich der Intimität und Wärme der Zugehörigkeit entwunden haben: Sie haben<br />

unparteilich und leidenschaftslos zu sein. Zweitens müssen Kritiker einen intellektuellen Abstand<br />

gewonnen und sich von den (für gewöhnlich als selbstverherrlichend geltenden) Kirchturmauffassungen<br />

ihrer eigenen Gesellschaft freigemacht haben: Sie haben vorurteilsfrei und objektiv zu sein.“ (Walzer<br />

1993, 46)<br />

Wenn vom richtigen Abstand die Rede ist, ist allerdings nicht gemeint, dass der Kritiker/die Kritikerin am<br />

Rande der Gesellschaft stehen soll, was jedoch oft ein Motiv für Kritik darstellte und darstellt, wodurch<br />

aber Kriterien wie Unparteilichkeit, Leidenschaftslosigkeit, Vorurteilsfreiheit oder Objektivität verloren<br />

gehen.<br />

„Die Kritik wird ganz anders ausfallen, als wenn sie an den Rändern der Gesellschaft von<br />

‚freischwebenden Intellektuellen’ oder Mitgliedern unterdrückter Klassen oder Minderheiten, ja sogar von<br />

Außenseitern und Parias formuliert wird. Denn wir müssen uns dann keinen randständigen Kritiker<br />

vorstellen, sondern einen Kritiker, der von seiner eigenen Randposition Abstand genommen hat.“ (Walzer<br />

1993, 48)<br />

Der Kritiker/die Kritikerin hat Walzers Meinung nach seine/ihre Stellung als Außenseiter/Außenseiterin<br />

selber gewählt und kann als „externer Beobachter/externe Beobachterin“ seine/ihre Prinzipien zur<br />

Sprache bringen, gleichzeitig muss der Kritiker/die Kritikerin allerdings in die zu kritisierenden Strukturen<br />

einer bestimmten Gesellschaft eingebunden sein.<br />

Diese Stellung der KritikerInnen ist nach Walzer (1993) vor allem mit zwei Vorwürfen konfrontiert;<br />

nämlich einerseits der Frage, ob in dieser Position überhaupt kritische Distanz möglich sei und<br />

andererseits der Überlegung, ob es eine kritische Verwendung gesellschaftsbedingt geformter<br />

Maßstäbe geben kann.<br />

Zunächst wendet Walzer (1993) sich der Überprüfung der zweiten Frage zu:<br />

Als Erstes geht Walzer (1993) auf marxistische Kritikdarstellungen ein. Ausgehend von der These<br />

Marxs, dass die herrschende Klasse immer auch bestrebt ist, die allgemeine Klasse, die über das<br />

Gemeinwohl aller wacht, zu sein, ist eine mögliche Folge davon, dass die aus der herrschenden Schicht<br />

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