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Douglas als Soziologin ist allerdings mehr an den religiösen und kulturellen Bedeutungen interessiert<br />

als an den psychischen und individuellen Bedeutungen dieser Rituale.<br />

Kristeva (1982) verschiebt Douglas Untersuchung von einem soziologischen und anthropologischen auf<br />

ein psychologisches und subjektives Register. Körperflüssigkeiten erinnern an die Abhängigkeit des<br />

Körpers von einem Außen, seinen Verfall in ein außen (Tod) und die fragile Trennung des körperlichen<br />

„Innen“ und „Außen“. Sie fordern die Autonomie und die Selbst-Identität des Subjekts heraus, legen<br />

eine Priorität des Körpers über die Subjektivität nahe, demonstrieren die Grenzen der Subjektivität. Blut,<br />

Schweiß, Erbrechen, Tränen, Samenflüssigkeit, Exkremente – sie entkommen der Kontrolle, sind<br />

Spuren des Ein- oder Austritts, Wege des Austauschs und Verkehrs mit der Welt.<br />

Kristeva (1982) unterscheidet weiter zwischen reinen und unreinen Flüssigkeiten, bzw. nichtansteckenden<br />

Körperflüssigkeiten und ansteckenden Körperflüssigkeiten.<br />

Nicht-ansteckende Körperflüssigkeiten sind Tränen und – signifikanterweise – Samen. Douglas deutet<br />

die Symbolfähigkeit der Tränen als reinigend durch ihre Transparenz, ihre innere Qualität als klar, rein,<br />

verweist auch auf die Analogie mit Wasser, dessen reinigenden Charakter (Douglas vertritt hier ein<br />

Verständnis von Analogien, in welchem geteilte Ähnlichkeiten fähig sind, als Metaphern für einander zu<br />

fungieren – wenn es allerdings nichts inhärent Verschmutzendes gibt, nichts, das von vornherein<br />

unordentlich wäre, denn erklärt das nicht, warum Körperflüssigkeiten als verunreinigend konstruiert<br />

sind, Tränen aber mit Reinheit assoziiert werden). Samen und Tränen sind aber – obwohl Kristeva sie<br />

hier in einer Gruppe zusammenfasst – alles andere als symmetrisch: Tränen werden eher dem<br />

Weiblichen zugeordnet, während der Samen die einzig anerkannte männliche Geschlechtsfähigkeit ist.<br />

Das Menstruationsblut ist eine Gefahr innerhalb der Identität, gefährdet die Beziehung zwischen den<br />

Geschlechtern, weil es eben nicht wie die Exkremente separiert oder geflohen werden kann, da es die<br />

Bedingung für die Mutterschaft, für Leben und für sexuelle Differenz ist. Allerdings wird nicht ganz klar,<br />

warum Sperma – das offensichtlich nicht mit der phallischen Mutter in Verbindung gebracht wird,<br />

sondern dem Vater zugeordnet wird – weniger gefährlich ist. Die Vaterschaft scheint demnach weniger<br />

furchterregend, weniger gefährlich als die Mutterschaft. Die Basis, auf der Kristevas Analyse ruht, bleibt<br />

zumindest für mich dunkel und nicht gänzlich überzeugend.<br />

Mit dieser Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Flüssigkeiten und deren Verbindung zu<br />

Vater/Mann und Mutter/Frau endet dieser Exkurs, der nachvollziehbar macht, welche Einflüsse den<br />

„Raum des Flüssigen“ in seiner kontinuierlichen Veränderbarkeit und Unabschließbarkeit prägen.<br />

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