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„Das Unausgesprochene lastet zunächst auf dem mütterlichen Leib: Kein Signifikant kann ihn restlos<br />

hervortreten lassen, denn der Signifikant ist immer Sinn, Kommunikation oder Struktur, während die<br />

Frau-und-Mutter eher eine seltsame Falte ist, die die Kultur in Natur abändert, das Sprechende in<br />

Biologie. Diese unter den Signifikanten nicht subsumierbare Heterogenität betrifft zwar jeden<br />

Frauenkörper, kommt aber dennoch mit der Schwangerschaft (der Schwelle zwischen Natur und Kultur)<br />

und mit der Ankunft des Kindes (das eine Frau aus ihrer Einsamkeit herausführt und ihr die Chance –<br />

nicht die Gewißheit eines Zugangs zum anderen, zur Ethik, 150 bietet) heftiger zum Ausbruch.“ (Kristeva<br />

1989, 251)<br />

Mütterlichkeit wird so bei Kristeva mit all ihren Konsequenzen in den Körper selbst zurückverlegt, womit<br />

es nicht mehr möglich ist, sie als kulturell bedingt, sozial konstruiert und historisch wandelbar zu<br />

begreifen, stets markiert der mütterliche Körper bei Kristeva die Trennlinie zwischen Natur und Kultur,<br />

wobei die Hereinholung in die Welt der symbolischen und sozialen Ordnungen somit immer von einem<br />

Gefühl der Entfremdung begleitet ist.<br />

„Kristeva beschreibt den Körper der Mutter als Träger von Bedeutungen, die der Kultur selbst<br />

vorangehen. Sie behält also die Vorstellung von der Kultur als der väterlichen Struktur bei und grenzt die<br />

Mütterlichkeit als vorkulturelle Realität ab. Ihre naturalistische Beschreibung des mütterlichen Körpers<br />

führt letztlich dazu, die Mutterschaft zu verdinglichen und eine Analyse ihrer kulturellen Konstitutionen<br />

und Veränderbarkeit auszuschließen.“ (Butler 1991, 125)<br />

Butler (1991) weist hier darauf hin, dass Kristeva die Möglichkeit, Mutterschaft als Effekt des<br />

patriarchalen Diskurses, als dessen Produkt zu begreifen, ausschließt und so ein derzeitiger Ist-Zustand<br />

zu einem essenzialistischen, im Sinne von dem Wesen der Frau entsprechenden Zustand erhoben wird.<br />

Und so schließt sich der Kreis: Kristevas Versuch, die Mechanismen und strukturellen Bedingtheiten zu<br />

beschreiben, die die Frau als Mutter unterdrücken, endet mit der erneuten Festschreibung von Frau als<br />

Gebärender. Den Männern gehört so die symbolische Ordnung, die Welt als solche, den Frauen dafür<br />

die Rolle der Mutter und die Kinderbetreuung. 151<br />

Zurückkehrend zum Ausgangspunkt der Überlegungen zu Fürsorglichkeit und Mütterlichkeit, nämlich<br />

der geschlechtsspezifischen Konnotationen der Beschreibung transformationalen und transaktionalen<br />

Führens bei Bass muss vor dem Hintergrund eben oben beschriebener Ambivalenzen bei der<br />

Konzeption von Fürsorge und Mutter festgehalten werden, dass der Ort, den Bass beschreibt, nämlich<br />

den Ort der Führung, ein Ort der Arbeitswelt, der gesellschaftlichen Sphäre ist. Und so ist vor diesem<br />

Hintergrund der Einbruch der Mütterlichkeit eher eine Überraschung, ein Widerspruch, eine Ambivalenz<br />

in der vergeschlechtlichten Konzeption von Führung, der eine Chance bietet, eine Neuorganisation und<br />

150 Auch bei Kristeva findet sich so ein Hinweis auf die Verknüpfung von Ethik, die ja die Grundlage jeglicher Moral darstellt,<br />

mit dem Mutter-Sein und dem Gebären als einer Öffnung zum anderen, eine Orientierung auf andere zu – eine<br />

Beschreibung von Fürsorge als Zugehen auf die anderen und Sorge um sie.<br />

151 Kristeva geht nicht auf die Beziehung zwischen Vater und Kind ein und auch nicht auf mögliche Unterstützungsleistungen<br />

für Mütter, die ihnen den Zugang zur Sphäre des öffentlichen Lebens erleichtern würden. Die Mutter-Kind-Beziehung genügt<br />

so scheinbar beiden – der Mutter und dem Kind.<br />

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