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„Die soziale Ordnung, die Männer höher stellt als Frauen, wird dadurch legitimiert, daß sich die Frauen<br />
der Kinderversorgung widmen, denn damit scheiden sie aus dem Rennen um Spitzenjobs und politische<br />
Positionen aus und verlieren das klare Bewußtsein ihrer Unterdrückung.[...] Moderne Frauen ertragen<br />
kraft ihrer mütterlichen Fürsorge die Herrschaft der Männer. Daß sie dazu um ihres Selbstgefühls als<br />
Frauen und um der Liebe willen bereit sind, die sie zu ihren Kindern und zu den Männern in ihrem Leben<br />
empfinden, hebt die versteckten Zwänge nicht auf, die sie nötigen, die Interessen von Männern und<br />
Kindern über ihre eigenen zu stellen.“ (Lorber 2003, 247f.)<br />
Das „Weibliche“ – in Form des Stereotypes über geschlechtsspezifisches Rollenverhalten – findet zwar<br />
Eingang in die Konzeption von Bass, allerdings hauptsächlich in der Form des „Mütterlichen“, dem eine<br />
ganz bestimmte Funktion in der derzeitigen sozialen Ordnung zukommt, nämlich auch die Stütze in der<br />
Trennung von Frauen vom Erwerbsleben und ihrer Verbindung mit Familienleben und der Sphäre der<br />
(großteils) unbezahlten Hausarbeit.<br />
Diese Reduktion von Frau auf Mutter bzw. von weiblich auf mütterlich ist schwierig. Schwierig<br />
deswegen, weil es auf der einen Seite im Sinne einer Anerkennung von Differenz, auch innerhalb der<br />
„Frauen“ darum geht, Lebensentwürfe, die die Rolle „Mutter“ integrieren, nicht zu verwerfen und auf der<br />
anderen Seite die Rolle „Mutter“ gerade dazu benutzt wird, viele andere Rollen für „Frauen“ als<br />
„unnatürlich“ erscheinen zu lassen. Diese schwierige Gratwanderung wird im Folgenden auf der Ebene<br />
einer theoretischen Konzeption von Mütterlichkeit nachgezeichnet:<br />
Deutlich wird die schwierige Beziehung zwischen „Frau“ und „Mutter“ vor allem in Hinblick auf die<br />
Optionen, die Frau-Sein jenseits von Mutter-Sein dann noch bieten kann und vor dem Hintergrund,<br />
welche Positonen für Frauen dann noch möglich sein können. Auf einer symbolischen Ebene und vor<br />
dem Hintergrund psychoanalytischer Konzepte hat vor allem Julia Kristeva Frau-Sein im<br />
Zusammenhang mit Mutter-Sein thematisiert (vgl. Kristeva, 1989, 226).<br />
„Wenn sich von einer Frau nicht sagen läßt, was sie ist (auf die Gefahr hin, ihre Verschiedenheit<br />
aufzuheben) – gilt das vielleicht nicht für die Mutter, insofern dies die einzige Funktion des ‚anderen<br />
Geschlechts’ ist, der wir mit Sicherheit Existenz zuschreiben können?“ (Kristeva 1989, 226)<br />
Den Widerspruch, dass gerade die Rolle als Mutter die Rolle ist, die die Frau in einer patriarchalen<br />
Gesellschaft einnehmen kann bzw. sogar einnehmen muss, hebt Kristeva auf, indem sie dies nur als<br />
Ausdruck eines dahinterliegenden verworfenen Phantasmas interpretiert.<br />
„Doch bei näherer Betrachtung ist diese Mutterschaft das Phantasma, das der Erwachsene, Mann wie<br />
Frau, aus einem verlorenen Kontinent nährt.“ (Kristeva, 1986, 226)<br />
Doch worauf Kristeva in ihrer Konzeption des Mütterlichen wieder zurückgreift, ist die Verbindung von<br />
Frau, d.h. hier Mutter, mit Natur.<br />
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