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Abbildung 24 zeigt, was die Eckpunkte der Auseinandersetzung mit den einzelnen Texte sind und<br />
welche Modelle der Feministischen Theorie damit in Verbindung gebracht werden. Somit wird<br />
nachvollziehbar, entlang welcher Kristallisationspunkte das Aufbrechen der eindeutigen Bedeutung<br />
erfolgen soll und wo Ambivalenzen und Mehrdeutigkeiten aufgezeigt werden sollen, die in den Texten<br />
der Führungstheorien so nicht offengelegt und nachvollziehbar mitberücksichtigt worden sind.<br />
„Weiblich“ und „männlich“ 142 fungieren in diesem Rahmen nicht als letzte, auf eine transzendentale<br />
und/oder objektive „Wirklichkeit“ verweisende Begriffsbezeichnung, sondern stehen für das Übermaß an<br />
Assoziationen, Bildern, Klischees und Vorstellungen von adäquatem Verhalten, mit denen diese in<br />
unserer westlichen Kultur überfrachtet sind. Diese Normen konstituieren Geschlechterrollen, die durch<br />
Sozialisation und selektives Erlernen auf Ebene des Individuums ansetzen und diese als<br />
vergeschlechtlichte konstituieren (vgl. Lorber 2003, 47). 143<br />
142 Als Beispiel für Geschlechtsstereotypen und die Wechselwirkungen zwischen Stereotypen, die gesellschaftlich<br />
vorgegeben sind, und dem individuellen Erleben verweise ich auf das Bem Sex-Role-Inventory (BSRI), das von Sandra Bem<br />
(1974, 1981) entwickelt wurde. Dabei handelt es sich um ein psychologisch-diagnostisches Instrumentarium, das genau<br />
dieser Verbindung zwischen Geschlechterrolle und Selbstbild auf Ebene der Einzelpersonen nachgeht und eine<br />
Differenzierung jenseits einer bipolaren Skala zwischen „männlich“ und „weiblich“ vornimmt. Männlichkeit und Weiblichkeit<br />
werden nicht als „Gegenpole eines einzigen Kontinuums betrachtet, sondern als zwei unabhängige Dimensionen, die beide<br />
gleichermaßen zur Beschreibung einer Person herangezogen werden können.“ (Schneider-Düker, Kohler 1988, 256). So<br />
kann nicht nur angenommen werden, dass eine Person nur maskulin ist oder nur feminin ist, sondern es ist eben möglich,<br />
beide Dimensionen in sich zu vereinen. Damit ist eine Verfeinerung der auf Einzelpersonenebene erlebten<br />
Geschlechterrollenorientierung in ihrer Widersprüchlichkeit möglich.<br />
Für Bem (1974, 1981) ist es erstrebenswert, wenn eben diese Androgynität in jedem Individuum vorherrschen würde. Nur<br />
durch eine solche Androgynität wird es möglich, von rollenspezifischen zu situationsspezifische Entscheidungen zu<br />
gelangen, was ein weiteres, rollenübergreifendes Verhaltensrepertoire zur Verfügung stellen würde. Vor diesem Hintergrund<br />
enthält das Bem Sex-Role-Inventory auch drei Subskalenniveaus, die Männlichkeitsskala, die Weiblichkeitsskala und die<br />
geschlechtsunabhängige, androgyne Skala. Die Männlichkeitsskala und die Weiblichkeitsskala enthält Items, die nach ihrer<br />
sozialen Erwünschtheit für das jeweilige Geschlecht mit Hilfe von Beurteilungsgruppen ausgewählt wurden. Die<br />
geschlechtsunabhängige, androgyne Skala ermöglicht eine Einbettung der Männlichkeits- und Weiblichkeitsskalen durch<br />
Items, die sozial erwünscht werden, aber keinem Geschlecht zugeschrieben werden. Jede der drei Skalen umfasst 20 Items.<br />
Die Befragten beurteilen sich selbst entland der in den drei Skalen enthalten Items. So wird es möglich, dass „das Ausmaß<br />
der Ähnlichkeit der Selbstbeurteilung mit sozialen Stereotypen überprüft“ wird (vgl. Schneider-Düker, Kohler 1988, 256). Das<br />
BSRI ist ein gutes Maß dafür, wie die sozialen Stereotypen, die im Kontext dieser Arbeit auch als Bezugsrahmen verwendet<br />
werden, konstruiert sind und welche Eigenschaften sie enthalten – die Männlichkeitsskala enthält u.a. die Items „hat<br />
Führungseigenschaften“, „respekteinflössend“, „sicher“, die Weiblichkeitsskala „romantisch“, „glücklich“, „feinfühlig“. Und<br />
diese Geschlechtsrollenstereotypen prägen auch das Alltagserleben von Frauen in Führungspositionen (vgl.<br />
Günther/Gerstenmaier 2005).<br />
143 Diese Reproduktion von Gender auf individueller Basis setzt sich fort in der Konstruktion von Gender auf der Ebene der<br />
vergeschlechtlichten Herrschafts- und Machtsysteme, die sich selbst wieder auf die Manifestation auf individueller Basis<br />
auswirken. Die Ebene des individuellen Genderrollenverhaltens, der hier vorzufindenden Gender-Normen und die Ebene der<br />
sozialen Strukturen stehen in Wechselwirkungen zueinander und bilden sich in Zyklen gegenseitiger Projektion aufeinander<br />
ab (vgl. Lorber 2003, 47).<br />
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