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sammelt und vor allem deren Deutungen ebenso historisch bedingte, sozio-kulturell geformte<br />

Diskurse 107 sind. Das, was das einzelne Subjekt an Erfahrungen machen kann und vor allem, wie diese<br />

Erfahrungen wahrgenommen und bewertet werden, hängt vom jeweiligen Kontext ab, der historisch und<br />

kulturell bedingt ist. Ein Diskurs enthält Deutungsmuster, die definieren, wie die Welt wahrgenommen<br />

wird und drückt sich auf allen Ebenen des Erlebens aus – sowohl auf der Ebene des Handelns als auch<br />

auf der kognitiven Bedeutungs- und Verständnisebene. Die beiden entscheidenden Momente, die sich<br />

nach Foucault (vgl. 1998, 15ff.) in einem Diskurs aufeinander bezogen materialisieren, sind Macht und<br />

Wissen – diskursives Wissen tritt als Wahrheit auf, und diese „Wahrheit“ bedingt durch den damit<br />

verknüpften absoluten Wahrheitsanspruch das diskursinhärente Machtmotiv (vgl. Fink-Eitel 1990, 92ff.).<br />

Macht im Sinne Foucaults (vgl. Fink-Eitel 1990, 7ff.) ist allerdings kein einseitiges, unterdrückendes<br />

Phänomen, sondern in allen Bereichen des Lebens verankert – im Privaten, wie im Politischen, am<br />

Arbeitsplatz ebenso wie in der Freizeit. Und Macht beinhaltet immer schon das Moment des<br />

Widerstandes – jeder Diskurs bedingt und enthält immer schon seinen Gegendiskurs. 108 „Diskurs“ ist<br />

immer auch ein individueller Diskurs – ein Diskurs lässt sich nicht auf ein Allgemeines reduzieren,<br />

sondern muss als Einzelnes gesehen werden, wobei es aber ständig verschiedene Diskurse gibt, die<br />

nicht nur historisch nach-, sondern durchaus auch nebeneinander existieren können.<br />

„Diskurse sind multipel schon in ihrer Synchronie, zeitgleich existierende symbolische Ordnungen<br />

unterstehen nicht einer und derselben Formationsregeln.“ (Foucault 1973, 18)<br />

Ganz im Unterschied zu Derrida ist Foucault niemals „nur“ Philosoph, sondern immer auch Historiker<br />

und Gesellschaftstheoretiker – die Fragestellung, die sein Werk, das durch seinen frühen Tod<br />

fragmentarisch geblieben ist, durchzieht und die unterschiedlichen Themenkreise, mit denen er sich<br />

beschäftigt, zusammenhält, ist die nach dem menschlichen Subjekt im Bedingungskreis der Macht- und<br />

Wissensgeschichte. Die theoretischen Disziplinen, mit denen er arbeitet, sind zum einen die<br />

Genealogie, die Theorie der Machtpraktiken, und zum anderen die Archäologie, die Theorie der<br />

Diskurs- und Wissensformen, die miteinander verknüpft sind (vgl. Fink-Eitel 1990, 9).<br />

Die besondere Betonung der historischen und sozialen Kontextualität eines Diskurses bedingt die<br />

besondere Berücksichtigung dieser Faktoren in der annähernden Analyse eines Diskurses:<br />

107 Das Wort „Diskurs“ selbst ist im Deutschen ein Fremdwort – im Französischen ist die Bedeutung des Wortes intuitiv klarer<br />

und einfach zu fassen, da „le discours“ eine Rede, Ausführung, Ansprache bezeichnet. So, wie dieses Wort bei Foucault<br />

verwendet wird, meint es allerdings immer mehr – eher eine Ansammlung von Reden und die Interaktion unterschiedlicher,<br />

einzelner Reden, wobei auch gesagt werden muss, dass der Begriff „Rede“ selbst weit gefasst wird und nicht nur einen Teil<br />

eines Gesprächs bezeichnet.<br />

108 Der Ort, der den Widerstand gegen diskursivierende, individualisierende und subjektivierende Praktiken ermöglicht, der<br />

es ermöglicht, der Macht des Sexualitätsdispositives, der Biomacht und der Disziplinen, Widerstand entgegenzusetzen, ist<br />

nicht das Begehren, sondern sind die Körper und die Lüste (vgl. Fink-Eitel 1990, 93).<br />

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