Download (1724Kb) - Wirtschaftsuniversität Wien
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Zerstreuung und Vervielfältigung<br />
Der Kritik an der Identität wird mit der Vervielfältigung der Deutung verbunden. Damit verweist jede<br />
Neu-Interpretation selbst schon wieder darauf, nur eine von vielen möglichen zu sein.<br />
„Dekonstruktion ist eine Interpretation, die nicht den Sinn in seiner originalen Bestimmtheit erfassen,<br />
sondern ihn in der Vielfalt seiner Lesarten entfalten will.“ (Angehrn 2003, 251)<br />
Damit ist dekonstruktive Interpretation ein konstruierendes Neu-Schreiben des Textes.<br />
Neukonstellation von Gegensätzen<br />
Die Arbeit an Gegensätzen ist Hauptdimension der dekonstruktivistischen Arbeit: innen/außen,<br />
Text/Kontext, Zentrum/Rand, Bedeutung/Genealogie – sind Ansatzpunkte einer solchen Arbeit. Im<br />
Zentrum dieser Analysen steht die Suche nach einem erweiterten, anderen und veränderten Verstehen.<br />
Dekonstruktion assoziiert sich hier mit anderen Versionen des Diskurses über die Macht, die in<br />
kulturellen Prägungen die Effekte von Bemächtigung, Unterdrückung und Ausschließungen erkennen.<br />
Dekonstruktion ist nach der Hinsicht Wiederaneignung eines Verdrängten. Das Verdrängte ist hier im<br />
Sinne der psychoanalytischen Begriffsverwendung gemeint, wobei hier „das Verdrängte“ verwendet<br />
wird, um das von einem System Ausgegrenzte, Ausgeschlossene zu benennen, das im System selbst<br />
aber eben über seinen Ausschluss nachhaltig wirksam ist (Angehrn 2003, 256ff.).<br />
Die Ausweitung der Rede<br />
„Dekonstruktion ist Arbeit am Text und mit dem Text. Sie vollzieht sich als eine Bewegung, die sich<br />
zugleich am Text selbst, an seinen Strukturen und Merkmalen festmacht, die einer Verschiebung, einer<br />
Umkehrung und Neukonstellierung der Beziehungen im Text selbst folgt.“ (Angehrn 2003, 261)<br />
Dekonstruktive Lektüre geht zentral davon aus, dass in jedem Reden und Schreiben das intendierte<br />
Thema und das objektiv Gesagte auseinander klaffen, nicht exakt miteinander zur Deckung gebracht<br />
werden können. So ist es schon auf Grund der Teilhabe und Teilnahme an einer Sprache, über deren<br />
Ressourcen kein Autor/keine Autorin autark verfügt, so, dass jede Aussage immer mehr, weniger oder<br />
anderes sagt als das, was die/der Sprechende sagen wollte.<br />
Genau an diesem Punkt knüpft die Hauptkritik an der Dekonstruktion an, da so in Frage gestellt wird, in<br />
wieweit ein Text literarisch oder wissenschaftlich, fiktional oder nicht-fiktional ist und damit wird die<br />
Objektivität, die Referenz und der Wahrheitsanspruch von Texten zur Debatte gestellt. Die Kritik an der<br />
Dekonstruktion hat vor allem auch die Auflösung und Transzendierung dieser Grenzen angeprangert.<br />
Worauf die Dekonstruktion allerdings unzweifelhaft mit Recht hingewiesen hat ist, dass jedes<br />
Schreiben, jeder Text, Ausdruck eines Sprechakts ist, der nicht als reine Ansammlung von Worten<br />
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