Verschiedene Mittheilungen.
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Berge, Ja die Naturbetrachtung, der Aufenthalt und<br />
das Wandern in der Natur und ihr Studium, dies ist<br />
die Zauberruthe, die dem reichen Gemiithe die Schätze<br />
seines inneren Lebens enthüllt und es mit einer unzugänglichen<br />
Mauer gegen alles Gemeine und Niedrige<br />
umgibt. Der Werth und der Nutzen, den uns der<br />
öftere Aufenthalt in der Natur und ihre aufmerksame<br />
Betrachtung verschafft, ist also ein ebenso großer, wie<br />
der hygienische.<br />
Wir bereichern unseren Geist und erweitern<br />
unseren geistigen Gesichtskreis durch die aufmerksame<br />
Naturbetrachtung. Die Anschauungen sind die Fundamente<br />
alles Wissens und Denkens; jede klare Vorstellung<br />
beruht auf der äußeren und der dadurch bewirkten<br />
inneren Anschauung. Es ist eine ausgemachte<br />
Thatsache, dass der Geist im Menschen der Weckung<br />
durch die Außenwelt bedarf und dass die naturgemäße<br />
Entfaltung und lebendige Bewegung desselben durch<br />
die Betrachtung der Natur vorzugsweise gefördert wird.<br />
Dass man dieses beste Geistesbildungsmaterial — das<br />
Leben und Sein in der Natur — vielfach nicht benützt,<br />
ist ohne Zweifel ein Hauptgrund, dass die An-<br />
schauungs , Vorstellungs- und Berufstätigkeit mancher<br />
Menschen so viel zu wünschen übrig lässt.<br />
Die Naturbetrachtung soll den Menschen in dieser<br />
Welt heimisch machen, doch das WichtJ^ste ist und<br />
bleibt die dadurch zu erreichende innere Bildung, die<br />
Liebe zur Natur, das Gefühl für das Schöne und Erhabene,<br />
die Hingebung an’s Große und Edle, mit<br />
einem Worte die allgemeine harmonische Geistesbildung.<br />
Daran aber schließt sich noch etwas Wichtigeres<br />
an, was als eigentlicher Werth der Naturbetrachtung<br />
angeführt werden muss: Der Gewinn an wahrhaft<br />
menschlichen Tugenden.<br />
Durch den öfteren Aufenthalt in der Natur wächst<br />
die Freude an scharfsinnigen Beobachtungen, die<br />
Freude an Erforschungen der Wahrheit, wir gewinnen<br />
Wahrheitsliebe. In der Natur lernen wir uns beugen<br />
unter feste, seit der Ewigkeit begründete Gesetze.<br />
Die Natur ist ein Spiegel, aus welchem die Herrlichkeit<br />
des Schöpfers widerstrahlt, ihr Anblick muss darum<br />
auf vernünftige und moralische Wesen mächtig wirken<br />
und dem Streben derselben nach Aehnlichkeit mit<br />
ihrem Schöpfer nützlich werden. Aus der Naturliebe<br />
erwächst die Liebe zur Heimat, und aus dieser die<br />
Liebe zum Vaterland, denn das Vaterland ist nur<br />
unsere größere Heimat. Und die Vaterlandsliebe ist<br />
ein Stück und eine Pflicht wahrer menschlicher Frömmigkeit.<br />
„An’s Vaterland, an’s theure schließ dich an,<br />
das halte fest mit deinem ganzen Herzen, da sind die<br />
starken Wurzeln deiner Kraft !w Aber unser schönes<br />
Vaterland lernen wir nur lieben, wenn wir es zunächst<br />
kennen lernen, also durch Ausflüge, Gänge, Touren,<br />
Wandern und durch den Aufenthalt auf den schönen<br />
Stücken Erde, die uns damit gegeben sind.<br />
Und nun wollen wir noch erwägen, welchen<br />
Werth und Nutzen Naturbeobachtungen für Kunst und<br />
Wissenschaft gewähren. Auch hierin müssen wir wahr<br />
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nehmen, dass die Natur vielfach für die Ausübung und<br />
das Verständnis der Kunst die beste Lehrmeisterin ist.<br />
Fassen wir nur hier die Poesie in’s Auge. Wer sich<br />
nicht von frühester Jugend auf bemüht hat, mit<br />
Wohlgefallen die Natur und Menschenwelt oft<br />
und aufmerksam zu betrachten und zu beobachten,<br />
der kann kein Denker und Dichter werden. Wer<br />
nie vor Sonnenaufgang hinausgeeilt ist an den<br />
See, auf den Berg, zum Walde, zur frisch bethauten<br />
Wiese, wie kann der die herrlichen Lieder<br />
eines Eichendorff, eines Geibel u. a. m. recht genießen!<br />
Wer nicht den Wanderstab in die Hand genommen<br />
und in fröhlichen Fußwanderungen „Wanderlust und<br />
Wanderharm“ selbst empfunden, wer nie dabei selbst<br />
gesehen und gehört, wie die Lerche als Morgenbote<br />
sich in die Lüfte schwingt, wie sie die frische, naturwüchsige<br />
Reisenote absingt und trillert, der kann auch<br />
die herrlichen Wanderlieder und damit auch andere<br />
I | Poesien nicht mit allen Freuden begrüßen.<br />
Aus dem Gesagten geht klar hervor, dass Werth<br />
und Nutzen einer richtigen, mit Naturliebe und Naturbeobachtung<br />
verbundenen Touristik unberechenbar sind.<br />
Man sollte also annehmen, dass in den Herzen aller,<br />
namentlich derjenigen, welche an die Scholle des<br />
ebenen Landes gebannt sind, wahre Sehnsucht sich<br />
regen sollte, das Hochgefühl kennen zu lernen, das<br />
den Glücklichen beseelt, wenn er an einem hellen,<br />
thaufrischen Sommermorgen auf den Gipfel eines hohen<br />
Berges wonnetrunken seinen Blick in weite Fernen,<br />
über herrliche Auen und von Gott gesegnete Fluren<br />
schweifen lässt, wenn er, umgeben von stiller Waldeinsamkeit,<br />
traumversunken seine Blicke zum Himmel<br />
empor lenkt. Darin irrt man sich, denn noch immer<br />
ist die Zahl derjenigen verhältnismäßig klein, welche<br />
das Erhabene und Edle erkannt und daran ein Wohlgefallen<br />
haben. Damit ist aber auch gesagt, dass die<br />
Touristik noch viel zu wenig in richtiger Weise gepflegt<br />
wird.<br />
Es gibt noch eine große Zahl Menschen, welche<br />
die Berge zwar lieben, aber infolge ihrer gewohnten<br />
Bequemlichkeit, die ihnen höher liegt als ihr körperliches<br />
Wohl, noch niemals sich den Genuss einer<br />
Bergbesteigung verschafften. Sie wollen nicht schwitzen,<br />
das Gefühl einer Ermüdung nicht kennen lernen,<br />
immer hötelmäßig speisen und niemals eine kleine Entbehrung<br />
erdulden. Dagegen sitzen sie oft Tage und<br />
Nächte lang in den dumpfen, raucherfüllten Räumen<br />
der Gasthäuser und ermüden nicht, im gewohnten<br />
Kneipenleben Gefallen zu finden, ihren Körper aber<br />
hiedurch zu schädigen. Diese Leute verdienen unser<br />
aufrichtiges Beileid.<br />
Es gibt auch eine Art von Menschen, die gerne<br />
Wald und Feld, Berg und Thal besuchen, aber nicht<br />
um die Naturschönheiten kennen zu lernen, nicht um<br />
nach des Tages Last und Mühen sich zu erholen,<br />
sondern um im tollen Uebermuthe ihre Allotria und<br />
Umtriebe zu betreiben, die ihnen in der Stadt die<br />
Polizei verwehren würde. Ueber diese Art von Men