Die Ernährung der Zukunft - Universität Paderborn
Die Ernährung der Zukunft - Universität Paderborn
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DLG-Wintertagung 2006<br />
Demografischer Wandel - für wen und was produzieren wir in <strong>Zukunft</strong>?<br />
<strong>Die</strong> <strong>Ernährung</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen an Erzeuger und Verarbeiter<br />
Prof. Dr. Helmut Heseker<br />
<strong>Universität</strong> Pa<strong>der</strong>born<br />
Fachgruppe <strong>Ernährung</strong> & Verbraucherbildung
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
1950 1960 1970 1980 1990 2000 2001 2002 2005<br />
<strong>Ernährung</strong> im Wandel<br />
Einflussfaktoren:<br />
Altersstruktur <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
Haushaltsgröße<br />
Lebensstil<br />
verfügbares Einkommen<br />
Berufstätigkeit von Frauen<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse/<br />
neue Technologien<br />
Gesundheitsorientierung<br />
Genussorientierung
kg/Kopf/Jahr<br />
125<br />
100<br />
Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs tierischer<br />
Grundnahrungsmittel<br />
Quelle: Statistische Jahrbücher über <strong>Ernährung</strong>, Landwirtschaft und Forsten<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
Fleisch<br />
Eier<br />
Milch<br />
Käse<br />
1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
kg/Kopf/Jahr<br />
Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs pflanzlicher<br />
Grundnahrungsmittel<br />
Quelle: Statistische Jahrbücher über <strong>Ernährung</strong>, Landwirtschaft und Forsten<br />
200<br />
175<br />
150<br />
125<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
0<br />
Getreide<br />
Kartoffeln<br />
Zucker<br />
Glukose<br />
1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
% des Gesamt-KH-Verbrauchs<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs<br />
an bestimmten Kohlenhydraten in den USA<br />
Vollgetreide-KH<br />
Maissirup-KH<br />
0<br />
1909 1919 1929 1939 1949 1959 1969 1979 1989 1999<br />
Quellen: Gross et al. AJCN 2004, 79: 774-9<br />
Bray et al. AJCN 2004, 79: 537-43<br />
Maissirup<br />
(HFCS = high-fructose<br />
corn syrup)<br />
enthält 42-55 %<br />
Fruktose<br />
in USA bevorzugter<br />
Zucker in Limonaden,<br />
Eiscreme, Marmelade<br />
bereits heute trägt<br />
HFCS mit 10 % zur<br />
Gesamtenergiezufuhr<br />
bei
kg/Kopf/Jahr<br />
125<br />
100<br />
75<br />
50<br />
25<br />
Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs<br />
von Obst und Gemüse<br />
Quelle: Statistische Jahrbücher über <strong>Ernährung</strong>, Landwirtschaft und Forsten<br />
0<br />
Frischobst<br />
Gemüse<br />
1945 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
kg/Kopf/Jahr<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Entwicklung des Pro-Kopf-Verbrauchs<br />
Tiefkühlkost (TK)<br />
Quelle: Statistische Jahrbücher über <strong>Ernährung</strong>, Landwirtschaft und Forsten<br />
TK-Gemüse<br />
TK-Fertiggerichte<br />
TK-Backwaren<br />
1980 1985 1990 1995 2000 2005
<strong>Ernährung</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />
1. Fazit<br />
<strong>der</strong> anhaltende Gesundheitstrend wird zu<br />
einem weiteren Anstieg des Verzehrs von<br />
Obst & Gemüse führen<br />
verzehrsfertige Salat- und Gemüseangebote<br />
und innovative Tiefkühlprodukte werden den<br />
Trend verstärken<br />
weitere ready-to-eat-Brotprodukte werden den<br />
Aufwärtstrend festigen<br />
mehr „sanity food“ und „health food“,<br />
weniger „junk food“
Prävalenz mit BMI >25 [%]<br />
Prävalenz von Übergewicht bei Erwachsenen in D<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
18-20<br />
Männer 1999<br />
Männer 2003<br />
Frauen 1999<br />
Frauen 2003<br />
20-25<br />
25-30<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt, 2000 und 2004<br />
30-35<br />
35-40<br />
40-45<br />
45-50<br />
50-55<br />
55-60<br />
60-65<br />
65-70<br />
70-75<br />
>75
Prävalenz mit BMI>30 [%]<br />
Prävalenz von Adipositas bei Erwachsenen in D<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
18-20<br />
Männer 1999<br />
Männer 2003<br />
Frauen 1999<br />
Frauen 2003<br />
20-25<br />
25-30<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt, 2000 und 2004<br />
30-35<br />
35-40<br />
40-45<br />
45-50<br />
50-55<br />
55-60<br />
60-65<br />
65-70<br />
70-75<br />
>75
Folgen <strong>der</strong> Adipositas<br />
Störungen im Glukosestoffwechsel und<br />
Typ-2-Diabetes mellitus<br />
metabolisches Syndrom<br />
(Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Gicht)<br />
Fettleber (Steatosis hepatis) und Gallensteine<br />
orthopädische Folgestörungen<br />
Störungen <strong>der</strong> psycho-sozialen Entwicklung<br />
vermin<strong>der</strong>te körperliche Leistungsfähigkeit<br />
Probleme bei <strong>der</strong> Partnersuche<br />
hohe Kosten für die Sozialversicherungssysteme<br />
>> hohe Lohnnebenkosten<br />
>> vermin<strong>der</strong>te globale Wettbewerbsfähigkeit
Prävalenzin Mio.<br />
Prävalenz von Typ-2-Diabetes mellitus<br />
in Deutschland<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
0,5<br />
2<br />
2,5<br />
3,2 4<br />
1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020<br />
In Leipzig wurde 2004 bei einem 55 kg schweren (normal ~20 kg)<br />
5-jährigen Jungen ein Typ-2-Diabetes festgestellt.<br />
6<br />
?<br />
??<br />
[nach Windler, 2002]
Ursachen für Übergewicht und Adipositas<br />
genetische Disposition („Genfalle“)<br />
„dickmachende“ (=adipogene) Umwelt (WHO 2003)<br />
überwiegend sitzende Lebensweise, Bewegungsmangel, hoher<br />
Medienkonsum (Robinson et al 2000; Ebbeling et al 2002)<br />
grundlegende Verän<strong>der</strong>ungen des Essverhaltens und <strong>der</strong> Esskultur<br />
(Methfessel 1999; Wabitsch 2004)<br />
nicht angepaßte <strong>Ernährung</strong><br />
- positive Energiebilanz (WHO 2003)<br />
- vermehrter Verzehr von raffinierten Lebensmitteln/Nahrung<br />
mit hoher Energiedichte (Prentice u Jebb 2003; Popkin u Nielsen 2003)<br />
- Zunahme <strong>der</strong> Portionsgröße (Rolls et al 2003; Matthiessen et al 2003)<br />
- hohe Zufuhr an gesättigten Fetten<br />
- KH-reiche Lebensmittel mit hohem glykämischen Index<br />
- Fast food (Ludwig, 2003; Ebbeling et al 2002)
<strong>Ernährung</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />
2. Fazit<br />
<strong>der</strong> Energiebedarf bleibt niedrig<br />
eine Lösung des Adipositasproblems wird dringlicher<br />
Lebensmittel mit geringer Energiedichte, die den<br />
Magen gut füllen, aber nur relativ wenige Kalorien<br />
liefern und gut schmecken<br />
>> Lebensmittel mit einem hohen Wasser- und<br />
geringen Gehalt an Fett und Wasser<br />
>> stärker auf die aus gesundheitlicher Sicht günstigen<br />
Fettsäuren achten: weniger gesättigte Fettsäuren,<br />
mehr Omega-3-Fettsäuren
<strong>Die</strong> neue 3-D-Lebensmittelpyramide<br />
von DGE und aid (2005)
Lebensmittel vorwiegend pflanzlichen Ursprungs<br />
Kriterien für die Beurteilung:<br />
<strong>Ernährung</strong>sphysiologischer Wert<br />
– Energiedichte<br />
– Nährstoffdichte (Vitamine,<br />
Mineralstoffe, Ballaststoffe)<br />
– sekundäre Pflanzenstoffe<br />
Präventive Aspekte<br />
– Vermin<strong>der</strong>ung des Risikos<br />
für Krebs- und Herz-/Kreislauferkrankungen<br />
– Vermin<strong>der</strong>ung des Risikos<br />
für Typ-2 Diabetes mellitus
Lebensmittel vorwiegend tierischen Ursprungs<br />
Kriterien für die Beurteilung:<br />
<strong>Ernährung</strong>sphysiologischer Wert<br />
– Energiedichte<br />
– Nährstoffdichte (Calcium, Eisen,<br />
Zink, Selen, B-Vitamine, Vit. D)<br />
– Fettqualität (gesättigte Fettsäuren,<br />
n3-Fettsäuren)<br />
Präventive Aspekte<br />
- Vermin<strong>der</strong>ung des Risikos für<br />
Krebs- und Herz-/Kreislauferkrankungen
Kriterien für die Beurteilung:<br />
<strong>Ernährung</strong>sphysiologischer Wert<br />
Fette<br />
Fettsäurenzusammensetzung<br />
(n3-, n6-, n9-Fettsäuren, gesättigte<br />
Fettsäuren, Verhältnis n6:n3<br />
Fettsäuren, Trans-Fett-säuren)<br />
Vitamin E<br />
unerwünschte Begleitstoffe<br />
(z.B. Cholesterin)<br />
Küchentechnische Nutzung<br />
Öle<br />
Verhältnis n6:n3 Fettsäuren<br />
Speisefette und Öle
Kriterien für die Beurteilung:<br />
<strong>Ernährung</strong>sphysiologischer Wert<br />
– Energiegehalt<br />
(gering: 7% Kohlenhydrate)<br />
– Essenzielle Nährstoffe<br />
Getränke<br />
– Sekundäre Pflanzenstoffe<br />
– Anregende Substanzen<br />
– Süßungsmittel
Folgen <strong>der</strong> demografischen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>Ernährung</strong>sgewohnheiten werden im Kindes- und Jugendalter<br />
geprägt und häufig ein Leben lang beibehalten<br />
jemand, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Jugend gern Fast-Food-Gerichte isst, wird<br />
diese wahrscheinlich auch im Alter noch essen<br />
heute verzehren Senioren/innen relativ mehr Gemüse, Obst,<br />
Kartoffeln, Fleisch und Fisch aber weniger Süßwaren,<br />
alkoholfreie Getränke, Nährmittel, Milchprodukte<br />
zunehmende Berufstätigkeit <strong>der</strong> Frauen und <strong>der</strong> Trend zur<br />
Bequemlichkeit för<strong>der</strong>n den Absatz von Convenience-<br />
Produkten<br />
Bequemlichkeit und Kompetenzverluste in <strong>der</strong> Nahrungszubereitung<br />
führen dazu, dass zeitaufwändige Gerichte weiter<br />
zurückgedrängt werden
<strong>Ernährung</strong> <strong>der</strong> <strong>Zukunft</strong><br />
Mit erheblichen Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> <strong>Ernährung</strong>sgewohnheiten<br />
verbundene <strong>Ernährung</strong>strends sind nur von kurzer Dauer<br />
(„low carb - high fat ist tot“).<br />
Mittelfristig werden sich nährstoffreichere und kalorienärmere<br />
Varianten bekannter Lebensmittel durchsetzen, unabhängig davon<br />
ob aus konventionellem o<strong>der</strong> Bioanbau.<br />
Für Tierproduzenten bedeutet dies: Fortsetzung <strong>der</strong> Zucht und<br />
Produktion von fettarmen Rassen, vielleicht mit stärkerer<br />
Beachtung <strong>der</strong> (ernährungsphysiologischen) Fettqualität.<br />
<strong>Die</strong> ernährungsphysiologische Qualität bei Getreideprodukten wird<br />
noch stärker vom Verarbeiter bestimmt.<br />
Bei Obst und Gemüse liegt die <strong>Zukunft</strong> im Angebot geschmackvoller,<br />
nährstoffreicher Sorten, beson<strong>der</strong>s auch aus heimischen<br />
Regionen.