Dokument 1.pdf - Universität Siegen
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Determinismus und Angewandtes Nichtwissen 65<br />
zahllosen Faktoren, die in den Regelkreislauf unseres Körpers eingreifen, so stellt sich das<br />
Problem noch einmal anders dar.<br />
Auch durch diesen angeblich neuartigen Zugang bei der physikalischen Erfassung der Wirklichkeit<br />
schimmert die Hoffnung auf Entdeckung eines ultrarationalistischen Prinzips: die<br />
lückenlose Determinierung der Welt durch sei es physikalische, sei es bewusstseinsabhängige<br />
Faktoren. Wären wir nicht schon durch Laplaces unvermuteten Agnostizismus eines Besseren<br />
belehrt worden, so könnte man hier ebenfalls eine gegenüber dem Angewandten Nichtwissen<br />
errichtete Schranke vermuten.<br />
An den <strong>Universität</strong>en Freiburg und Gießen wird derzeit versucht, die Princeton-Experimente<br />
zu replizieren. Der Freiburger Psychologe Helmut Bötsch bittet seine Probanden vor eine<br />
kleine graue Maschine, die fortlaufend einzelne Einsen und Nullen produziert. Diese wiederum<br />
sind mit zwei sich überlagernden, auf einem Monitor erscheinenden Bildern korreliert,<br />
wobei der Proband versuchen muss, eines der beiden in den Vordergrund treten zu lassen.<br />
Aufgabe der Forscher ist es, nach den psychologischen Variablen zu suchen, die Personen<br />
unterscheidbar machen, die diesen Effekt produzieren können. Trotzdem begegnet man den<br />
Ergebnissen mit der gebotenen Zurückhaltung:<br />
„Ich denke, man kann aus unseren Experimenten selbst das kaum ableiten, also dass man<br />
eben durch Wünschen tatsächlich auch makroskopische Dinge beeinflussen kann. Andererseits<br />
ist es natürlich so, dass die Experimente überhaupt nur deshalb durchgeführt werden,<br />
weil es im makroskopischen Bereich Phänomene gibt, die berichtet werden, die nur<br />
so schwer zu kontrollieren sind, dass man eigentlich sagen muss, ja da kann immer noch<br />
Betrug oder ein Unsicherheitsfaktor eine Rolle spielen. Und das ist bei uns quasi ausgeschlossen.<br />
Aber wir müssen dafür sozusagen büßen, unser Effekt wird dann ganz, ganz<br />
klein.“ 25<br />
Bötsch erinnert sodann an ein Beispiel aus der unmittelbaren Forschungspraxis, den sogenannten<br />
„Pauli-Effekt“. Der Physiker Wolfgang Pauli war ein Theoretiker, der von Experimenten<br />
wenig Ahnung hatte. Immer dann, wenn er ein Experimentallabor betrat, schienen die<br />
Versuche fehlzuschlagen, schien irgendetwas herunterzufallen oder zu zerbrechen, und das<br />
ganz ohne sein Zutun. Pauli selbst, so wird berichtet, habe zuvor immer eine eigenartige Anspannung<br />
verspürt, dafür beschlich ihn das Gefühl der Erleichterung, wenn irgend etwas kaputtging.<br />
Welchen Eindruck dies auf Paulis Forscherkollegen machte, lässt sich vielleicht am<br />
besten daran erkennen, dass man den Unglücksraben schließlich von den Experimenten ausschloss.<br />
25 Helmut Bötsch. In: Ebd., S. 9.