Dokument 1.pdf - Universität Siegen
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52 Ludger Steckelbach<br />
• Ich stehe im Stau und würde die Wartenden Anrufen, wenn ich die Telefonnummer<br />
noch wüsste.<br />
• Eine Runde Leute werden mir vorgestellt, und ich merke am Ende, dass ich nur zwei<br />
Namen behalten habe.<br />
b) Zugleich kann das Gedächtnis hinderlich sein. Es macht uns voreingenommen, denn es<br />
funktioniert durch Ablenkung und Assoziation mit der gespeicherten Information aus der<br />
Vergangenheit. So behindert das Gedächtnis unsere unbedingte Wahrnehmung des<br />
Augenblicks. Das führt, so Jiddu Krishnamurti, zu Unfrieden. Daran, dass selbst Goethe die<br />
Aufmerksamkeit als die höchste aller Fertigkeiten und Tugenden ansieht, wird die Bedeutung<br />
ihrer Einschränkung durch die Nutzung des Gedächtnisses deutlich.<br />
Das Gedächtnis nervt manchmal, indem zuviel daraus hervordrängt:<br />
• Ich möchte einschlafen, doch immer wieder fallen mir unerledigte Arbeiten ein.<br />
• Ich telefoniere mit meiner Mutter und denke dabei über etwas ganz anderes nach, das<br />
mir gerade einfällt.<br />
• Ich will mit einer Kollegin etwas planen, beschäftige mich aber innerlich<br />
hauptsächlich damit, wie sie mich letzte Woche genervt hat.<br />
3. Wie funktioniert das Gedächtnis?<br />
Um die Fähigkeiten des Gedächtnisses zu verbessern und optimal zu nutzen, ist es sinnvoll,<br />
seine Funktion zu verstehen. Erhellend dafür ist ein Blick auf seine Entwicklung, denn diese<br />
zeigt, dass der Mensch zwischen der Festlegung durch Gene und Umwelt einen Freiraum<br />
besitzt, den er zur Verbesserung seiner Fähigkeiten nutzen kann. Viktor E. Frankl (1971)<br />
drückt dies so aus: Der entscheidende Freiraum des Menschen zwischen Ererbtem und<br />
Prägung wird durch den Willen zum Sinn genutzt.<br />
Wo aber liegt dieser Freiraum beim Gedächtnis? Ein vor 30.000 Jahren in einer Höhle<br />
lebendes Baby von Steinzeitmenschen würde so werden wie wir, wenn es in unserer<br />
Gesellschaft aufgezogen würde. Unsere genetische Ausstattung hat sich seit dieser Zeit –<br />
wenn überhaupt – nur unwesentlich verändert (weniger als die heutige Streubreite).<br />
Möglicherweise hat sich das Gehirn 30.000 Jahre lang an eine weitgehend naturbelassene<br />
Umgebung gewöhnt. Das Gedächtnis reagiert deshalb auf Naturreize und bei natürlichen<br />
Auslösern. Etwa 1.000 Jahre abstrakterer und künstlicherer Umgebung haben sich organisch<br />
kaum niedergeschlagen. Die zu ihr gehörigen Reize müssen daher teilweise aktiv ins<br />
Gedächtnis eingebaut werden. Mithilfe von Memotechnik reagieren wir auf die veränderten