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Dokument 1.pdf - Universität Siegen

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2 Editorial<br />

Marcus Brühl bereichert die ungewußt erneut mit seinen Gedichten. Die knappe lyrische<br />

Form erweist sich – wieder einmal – als eine dem Angewandten Nichtwissen besonders angemessene<br />

Ausdrucksform, stellt ein Gedicht doch etwas dar, „über das man dies oder das<br />

oder vielleicht noch etwas ganz anderes sagen kann, und das aber jenseits dessen, was über es<br />

gesagt wird, einfach existiert“. **<br />

Michael Gail problematisiert die oft als selbstverständlich hingenommenen Konzepte von<br />

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Es ist interessant zu beobachten, dass der harmlos<br />

erscheinende Begriff des „Jetzt“ ein originäres Beispiel für Angewandtes Nichtwissen ist,<br />

nämlich ein keineswegs beliebiges, dennoch objektiv kaum festzumachendes Konzept, mit<br />

dem wir zudem im Alltagsleben problemlos und erfolgreich umgehen können – oder zumindest<br />

zu können glauben.<br />

Ludger Steckelbach widmet sich dem Gedächtnis, jenem so lebensnotwendigen Teil unseres<br />

Gehirns, der uns ironischerweise immer dann im Stich zu scheinen lässt, wenn wir seiner am<br />

meisten bedürfen. Steckelbach demonstriert Techniken, die dem Gedächtnis auf die Sprünge<br />

verhelfen, und argumentiert, dass Angewandtes Nichtwissen zu einem Gutteil eine Form des<br />

Umgangs mit dem Gedächtnis sei.<br />

Frank Müller unterzieht das Angewandte Nichtwissen einem Härtetest. Er fragt, ob es für<br />

Angewandtes Nichtwissen in deterministischen Weltbildern, welche keine Ungewissheiten zu<br />

kennen vorgeben, überhaupt einen Platz gibt - und beantwortet dies mit einem klaren Ja.<br />

Müller zeigt, dass deterministische Weltbilder zwangsläufig an ihrem Vollständigkeitsanspruch<br />

scheitern, dass aber Angewandtes Nichtwissen die verbleibenden Leerstellen zu füllen<br />

vermag. Jedoch ist Angewandtes Nichtwissen für den Determinismus ein trojanisches Pferd:<br />

Einmal hereingelassen, untergräbt es die Fundamente derartiger Weltbilder – bis zu ihrem<br />

Zusammenbruch.<br />

Zehn Ausgaben der ungewußt mit etwa 100 Beiträgen hätten nicht entstehen können ohne<br />

den Einfallsreichtum, die Originalität und das Engagement von gut drei Dutzend Autorinnen<br />

und Autoren. Ihnen – und ganz besonders natürlich der Autorin und den Autoren der vorliegenden<br />

Nummer – gilt unser herzlichster Dank. Den treuen und den neuen Leserinnen und<br />

Lesern der ungewußt wünschen wir viel Freude mit diesem Heft.<br />

Andreas Wagener<br />

Vorsitzender, IfAN e.V.<br />

**<br />

Hilde Domin, Wozu Lyrik heute. Dichtung und Leser in der gesteuerten Gesellschaft. Fischer Verlag, Frankfurt<br />

am Main 1993, S. 213.

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