Dokument 1.pdf - Universität Siegen
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28 Bernd Roland Elsner<br />
sen auf mögliche Täuschungsabsichten zu fahnden 68 und ihre eigentlichen Ziele aus dem<br />
Blick zu verlieren.<br />
3.2.6 Mit der Masse gehen – Der Herdentrieb<br />
Vielleicht beruht auf einem gewissen Maß von Vertrauen auch der Herdentrieb, der sich sehr<br />
gut am Beispiel der Aktienbörse veranschaulichen lässt. Erwerb und Verkauf von Aktien zie-<br />
len, wenn sie nicht als eine Art von Glücksspiel betrieben werden, auf Vermögenszuwachs<br />
und das In-Sicherheit-Bringen von erlangten Zuwächsen. Wenn man nicht der Ansicht ist,<br />
man müsse nur bestimmte Aktien kaufen und sich dann zehn Jahre in einen Dornröschen-<br />
Schlaf versetzen lassen, um gut „absahnen“ zu können, dann ist es erforderlich, die Zuwachs-<br />
rate der Kurse einzelner Aktien über einen kürzeren Zeitraum hinweg mit einer gewissen Zu-<br />
verlässigkeit vorherzusagen. Kompliziert wird dies alles aber noch durch den Faktor Mensch,<br />
also all die anderen, die vor dem selben Problem stehen, die nötige Vorhersage zu machen.<br />
Nun kann man es sich dabei leicht machen und glauben, man müsse da nur die anderen beob-<br />
achten und Schlüsse aus deren Verhalten ziehen. Da gibt es dann zwei Typen von Menschen:<br />
zum einen diejenigen, die an die Richtigkeit einer Entscheidungsmöglichkeit glauben, die von<br />
einer Vielzahl von Menschen in gleicher Weise gewählt wurde, und zum anderen jene, die<br />
glauben, sie wären schlauer als die anderen, schlauer als der Markt. Beide Gruppen sind ge-<br />
kennzeichnet von einer Fixierung auf das Verhalten größerer Gruppen, nur ziehen sie ganz<br />
unterschiedliche Schlussfolgerungen daraus. Sicherlich wird aber keine der beiden zu Recht<br />
den Anspruch erheben, sie verfüge über ausreichendes Wissen im Hinblick auf die tatsächli-<br />
che Entwicklung.<br />
Dabei könnte sich nun ein Prozess einstellen, den man unter Psychologen als Deindividuation<br />
bezeichnet, als eine Reduzierung der Selbst-Identifizierbarkeit und Selbstaufmerksamkeit, die<br />
zu einer Verzerrung des Zeiterlebens, Empfindungen größerer Verbundenheit, Veränderungen<br />
des Denkens und der emotionalen Erregung führen kann. Die Folgen können eine vermehrte<br />
Aggressivität und die Beteiligung an sozial nicht akzeptablen Verhaltensweisen sein. 69 Und<br />
dann glaubt man schließlich noch, dies sei der richtige Weg. Damit gehen unterschiedliche<br />
68<br />
Margit E. Oswald, Bedingungen des Vertrauens in sozialen Situationen, in: Martin K. W. Schweer, a. a. O.,<br />
S. 87.