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Dokument 1.pdf - Universität Siegen

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Das Projekt des Angewandten Nichtwissens 27<br />

ausgabung. 62 „[D]as Band der Emotionalität flicht eine Art Loyalitätsband, wodurch Vertrau-<br />

ensentscheidungen handlungstheoretisch ähnlich stabil sind wie Handlungen, die auf dem<br />

kognitiv-instrumentalen Modus basieren.“ 63 Vertrauen wir blind, so sind wir womöglich sogar<br />

sicherer in der Sache, als wenn wir uns auf Tatsachen stützten.<br />

Haben wir Probleme, uns zu orientieren, suchen wir Wegweiser, die uns zuverlässig erschei-<br />

nen, denen wir also vertrauen. Es ist nicht notwendig rational, was wir tun, wenn wir eine<br />

Entscheidung auf eine Vertrauensbasis stützen. Häufig ist es einfach notwendig. Verlasse ich<br />

den mir bekannten Raum, so vertraue ich mich den Gegebenheiten einer Umwelt an, die ich<br />

nicht kenne, aber ich vertraue den Menschen im Straßenverkehr und dem blauen Himmel. Es<br />

wird auch dabei kaum jemand aufgrund einer Wahrscheinlichkeitsrechnung den Zebrastreifen<br />

vor dem herannahenden Auto überqueren, weil es sehr selten ist, dass dabei jemand überfah-<br />

ren wird. Mit Vertrauensgesichtspunkten ließe sich auch erklären, warum es in einer zuneh-<br />

mend komplexer erscheinenden gesellschaftlichen Wirklichkeit bei Wahlentscheidungen häu-<br />

fig mehr auf die zu wählenden Personen ankommt als auf die Programme, die sie vertreten.<br />

Vertrauen setzt aber stets eine ausreichende Sozialstruktur voraus, in der es entstehen kann<br />

und verstanden werden kann. 64 Insoweit kommt den oben bereits behandelten Verfahrensregeln<br />

eine zusätzliche Bedeutung zu. 65<br />

Vertrauen hat nachweisbar positive Auswirkungen auf die seelische Gesundheit, es steht in<br />

engem Zusammenhang zur Lebensfreude. 66 Sorgen muss man sich deshalb, wenn Soziologen<br />

behaupten, in der Gesellschaft gehe allgemein das Vertrauen zurück. 67 Denn fehlt es an Ver-<br />

trauen oder besteht sogar allgemein ein Misstrauen im Hinblick auf bestehendes Nichtwissen,<br />

dann kann dies dazu führen, dass Menschen nicht nur erheblich mehr Zeit investieren, um<br />

einer Sache auf den Grund zu gehen, sondern sogar auch motivierter sind, aktiv nach Hinwei-<br />

62<br />

Andrea Maria Dederichs, Vertrauen als affektive Handlungsdimension: Ein emotionssoziologischer Bericht,<br />

in: Martin K. W. Schweer, a.a.O., S. 65.<br />

63<br />

Andrea Maria Dederichs, ebd., S. 65.<br />

64<br />

Andrea Maria Dederichs, ebd., S. 65.<br />

65<br />

Günter F. Müller, Vertrauensbildung durch faire Entscheidungsverfahren in Organisationen, in: Martin K. W.<br />

Schweer, a.a.O., S. 191.<br />

66<br />

Günter Krampen, ebd. , S. 49f.<br />

67<br />

Andrea Maria Dederichs, Vertrauen als affektive Handlungsdimension: Ein emotionssoziologischer Bericht,<br />

in: Martin K. W. Schweer, a.a.O., S. 62.

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