Dokument 1.pdf - Universität Siegen
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26 Bernd Roland Elsner<br />
res; sie ist das Gespür, das nicht in rationale Argumente überführt werden kann. Erfahrung ist<br />
hilfreich, aber nicht unbedingt erforderlich. Weil Intuition sehr subjektiv ist, erfordert die Ent-<br />
scheidung nach der Intuition eines anderen, dass man auf die Intuition des anderen vertrauen<br />
kann und will.<br />
3.2.5 Vertrauen als Instrument im Umgang mit dem Nichtwissen<br />
Damit sind wir bei einer anderen Technik Angewandten Nichtwissens: dem Vertrauen. „Ver-<br />
trauen ist das Gefühl, einem Menschen sogar dann glauben zu können, wenn man weiß, dass<br />
man an seiner Stelle lügen würde.“ 55 Der bloße Perspektivenwechsel würde uns nicht zu die-<br />
sem Ergebnis führen, setzt er doch voraus, dass das Gegenüber bestimmte erkennbare Ab-<br />
sichten hat. Im Duden-Bedeutungswörterbuch 56 wird Vertrauen bestimmt als „sichere Erwar-<br />
tung, fester Glaube daran, dass man sich auf jmdn./etwas verlassen kann“. Niklas Luhmann<br />
sagt: „Wer Vertrauen erweist, nimmt Zukunft vorweg. Er handelt so, als ob er der Zukunft<br />
sicher wäre“. 57<br />
Das Konzept des Vertrauens wird „in den Wissenschaften vor allem deshalb gerne vermieden<br />
[...], weil [es – wie andere Konzepte –...] im Alltag kaum eindeutig fassbare interindividuelle,<br />
intraindividuelle und kontextuelle Bedeutungsvariationen [aufweist].“ 58 Diese Feststellung<br />
hindert nicht daran, „Vertrauen“ als Konzept näher zu konkretisieren und zu differenzieren,<br />
als Vertrauen in andere(s), als Selbstvertrauen und als Vertrauen in die Zukunft. 59 Das Ver-<br />
trauen in andere erleichtert das Funktionieren menschlicher Gemeinschaften. Es hilft hinweg<br />
über Verständnisdefizite, die bei einer verstärkten Ausdifferenzierung unvermeidlich sind. 60<br />
„[D]ie Nicht-Universalisierung des Wissens (und damit des Verstehens) muss durch die Uni-<br />
versalisierung des Vertrauens kompensiert werden.“ 61 Vertrauen gründet auf Erfahrungen und<br />
Erwartungen gegenüber der Umwelt. Es schützt den Akteur vor sozialer und psychischer Ver-<br />
55<br />
Henry Louis Mencken nach Duden – Zitate und Aussprüche, Mannheim u.a. 1993.<br />
56<br />
2. Aufl., Mannheim u.a. 1985.<br />
57<br />
Niklas Luhmann, Vertrauen – Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, 3. Aufl., Stuttgart 1989.<br />
58<br />
Günter Krampen, Zur handlungs-, persönlichkeits- und entwicklungstheoretischen Einordnung des Konstrukts<br />
Vertrauen, in: Martin K. W. Schweer, Vertrauen und soziales Handeln, Neuwied u. a. 1997, S. 16f.<br />
59<br />
Günter Krampen, ebd. , S. 38f.<br />
60<br />
Andrea Maria Dederichs, Vertrauen als affektive Handlungsdimension: Ein emotionssoziologischer Bericht,<br />
in: Martin K. W. Schweer, a.a.O., S. 65.<br />
61<br />
Gerald Wagner, Zeitschrift für Soziologie, Jg. 23 (1994), S. 148.