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Dokument 1.pdf - Universität Siegen

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14 Bernd Roland Elsner<br />

Suppe. 25 Verlässt man die Küche und betritt den Gerichtssaal, so spricht der Jurist von unbe-<br />

stimmten Rechtsbegriffen. Dazu zählt im Gewerberecht die „Unzuverlässigkeit“ des Gewer-<br />

betreibenden. Liegt sie vor, kann man die Gewerbeausübung untersagen. Wann das der Fall<br />

ist, kann man aber immer erst im Einzelfall erkennen. Man könnte eine Vielzahl von Vorwür-<br />

fen aufzählen, die jemanden als unzuverlässig ausweisen und für die Gewerbeausübung dis-<br />

qualifizieren würden. Doch sind alle gewerberechtlich bedeutsamen Aspekte der Persönlich-<br />

keit mit ihren biografischen Besonderheiten zu würdigen, was eine abstrakte Beschreibung der<br />

Unzuverlässigkeit zu einem Psychologiehandbuch machen würde, aber im Einzelfall auch<br />

wieder nicht ein bestimmtes Ergebnis vorherbestimmen könnte. Beschränkt man sich aber auf<br />

ganz schwerwiegende Verfehlungen, dann würde es Fälle geben, die man nicht bedacht hat,<br />

und man wünschte, man hätte sie in den Katalog aufgenommen. Also greift man zu einem<br />

schwammigen Begriff, bei dem nur bestimmte Maßstäbe vorgegeben werden. Dabei kommt<br />

man in der Regel auch zu einem „überzeugenden“ Ergebnis, was zunächst wegen der relativen<br />

Unbestimmtheit des Begriffs überraschend ist.<br />

2.1.5 Die der Logik widerstreben Begriffe<br />

Eine weitere Form von Nichtwissen bei Begriffen bezieht sich auf solche Begriffe, die in sich<br />

selbst ein Problem tragen, indem sie sich selbst voraussetzen, mit sich selbst im Widerspruch<br />

verstrickt sind oder dazu neigen, Widersprüche zu erzeugen. Was hilft es, das Ideal der Tole-<br />

ranz auf einen doch zu hinterfragenden Begriff der Vernunft zu stützen, der selbst wieder aus<br />

einem bestimmten Verständnis der Toleranz zu wachsen scheint, das ich aber niemand auf-<br />

zwingen kann, wenn ich selbst tolerant in diesem Sinne sein will? 26 Bei Toleranz beißt sich so<br />

die Katze in den Schwanz. Ähnliches gilt für den Begriff „Demokratie“: Lässt man die freie<br />

Wahl eines Diktators zu, dann lebt das Volk nicht mehr in einer Demokratie. Es geht hier aber<br />

nicht um die Frage, ob ich den Diktator später nicht wieder ablösen kann, wenn es der Volks-<br />

wille so will, er es aber faktisch nicht mehr kann. Es stellt sich vielmehr die Frage, ob es zur<br />

Demokratie gehört, auf sie in bestimmten Fällen oder überhaupt verzichten zu dürfen oder zu<br />

müssen; man denke an die Diskussion um die Notstandsgesetzgebung oder allgemein um die<br />

Frage nach der Beschränkbarkeit der Grundrechte und anderer als überragend wichtig erach-<br />

25 Beispiele aus der Küche werden gerne herangezogen, um Angewandtes Nichtwissen zu beschreiben.<br />

26 Siehe dazu Martin Hartmann, Gewissheit und Gewalt, ungewußt, Heft 6, S. 34; Nobuhiku Adachi, Die<br />

Grenze von Kultur – Relativismus und Toleranz, ungewußt, Heft 4, S.1.

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