Dokument 1.pdf - Universität Siegen
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12 Bernd Roland Elsner<br />
2.1.1 Begriffe mit ungewissem Inhalt<br />
Nichtwissen liegt oft vor, wenn das, was man mit einem Wort abbilden will, zwar unzweifel-<br />
haft mit dem Wort bezeichnet wird, aber der bezeichnete Gegenstand oder Zustand inhaltlich<br />
nur unzureichend erfasst werden kann und eigentlich niemand in der Lage ist, eine allgemein<br />
akzeptierbare Bedeutung herauszufinden, weil schon die Vorstellung oder auch die Wahr-<br />
nehmung einen Faktor von Nichtwissen liefert. Es fehlt etwas Wahrnehmbares oder sogar die<br />
Vorstellungsfähigkeit versagt. So ist das „Jenseits“ nicht erfahrbar und alles, was man dazu<br />
sagen kann, beschränkt sich auf die Beschreibung von bloßen Vorstellungen – das unbekannte<br />
Land am anderen Ufer des Flusses. Und selbst diese Vorstellungen sind beschränkt, es fehlt<br />
uns vielleicht gerade das Vorstellungsvermögen, wie eine Existenz ohne eigene Existenz, ein<br />
Leben, ohne zu leben, gedacht werden kann. Deshalb fehlt dem Begriff „Jenseits“ die Basis,<br />
auf der er etwas Bestimmtes aussagen könnte.<br />
2.1.2 Bezeichnungen mit mehreren Bedeutungen<br />
Nichtwissen im Zusammenhang mit Begriffen kann seine Ursache schon in einer Eigenheit<br />
der Sprache finden, die Wörter mehrfach verwendet, um unterschiedliches zu bezeichnen. 21<br />
So kann das Wort „Volk“ unterschiedliche Bedeutungen haben, im Sinne von Volk gegenüber<br />
dem Herrscher, im Sinne eines Staatsvolkes oder einer ethnischen Gruppe. Man hätte dann<br />
aber wohl mehrere Begriffe, die sich hinter einem Wort verbergen. Solange es Möglichkeiten<br />
gibt, die richtige Bedeutung im konkreten Kontext zu finden, lässt sich das Problem lösen.<br />
Um Nichtwissen aber handelt es sich, wenn das mehrdeutige Wort in einem Text isoliert fest-<br />
gehalten ist und die Mehrdeutigkeit nach Analyse unauflösbar bleibt, wegen des Ablebens<br />
oder sonstigen Verschwindens eines interpretationsfähigen oder -berechtigten Verfassers bzw.<br />
bei sich widersprechenden Ansichten der Schöpfer des Textes. Bei der Charta der Vereinten<br />
Nationen waren sich selbst die Verfasser nicht sicher, was sie eigentlich beim Selbstbestimmungsrecht<br />
der Völker für einen Rechtsträger als „Volk“ im Auge hatten. 22<br />
20<br />
Claudia Althaus/Andreas Wagener, Die Kunst des Angewandten Nichtwissens, ungewußt, Heft 7, S. 57.<br />
21<br />
Andreas Wagener, Über Unvollständigkeit und Unentscheidbarkeit – Variationen über drei mathematische<br />
Sätze, ungewußt, Heft 2, S. 39.<br />
22<br />
Bernd Elsner, Begriffsklärung im Recht: Der Volksbegriff im Völkerrecht, ungewußt, Heft 7, S. 3.