Stuäien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
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aus den Jahren 1ft13, 14 und 15. 179<br />
Quartier, die mich erst annimmt, nachdem sie auf <strong>der</strong> Municipalität<br />
Carnaule salop gcichimpst war. Die Stadt ist schoen uud regelmäßig,<br />
mitten auf dem Markt ist eine Wasserkunst. Ich treffe beim Kommandanten<br />
dell guten Ticftrank.<br />
Den ^k. Sonnt, habe ich Nuhctag. Beim Mittag erscheint eine<br />
Schöne. Unter einem stolzen Fedcrhut trüuselu sich tausend Krollchcn<br />
einer röthlichen Perücke darllntcr ziert sich ein langes faltiges Gesicht.<br />
Dennoch sind die Wangen roth wie Ziegelmchl, nnd es schläugelu sich<br />
durch <strong>der</strong>en rothe Fel<strong>der</strong> gelbe Bäche; denn die Dame ist so gefühlvoll,<br />
daß ununterbrochen Thränen aus den fenätten Augen über die rothen<br />
Wangen rinnen und auf ihrem Wege das Noth in Gelb verwandeln.<br />
Diese so mitleidigen Augen sind dennoch so majestätisch, dah stets ein Auge<br />
nach Nordost, das an<strong>der</strong>e nach Nordwest blickt.<br />
Und was sie interessant ist, wenn sie ihr vertrocknetes Händchen,<br />
worauf sich die Haut so tunstliche Falten gekränselt hat, mit <strong>der</strong> Schnnpftabal'<br />
dose hervordringt; wenn sie diese Dose ihrem Nachbar präjentirt und sodann<br />
ihr weit- nnd schwarzlöckriges Naschen mit Taback füllt.<br />
Unmöglich aber ist cs, <strong>der</strong> Liebe zu wi<strong>der</strong>stehen, weun sie aus dem<br />
bei ihr liegenden gewaltigen Stück Brode ein viertel Pfund Krnhme aus-<br />
schneidet, diese mit fettem Käse belegt uud den zarten Hänfen in ihr kleines<br />
Mündchen auf einmal steckt. Pfeilschnell eilt sodann das schöne lange und<br />
spitze Kinn an die Nase und stößt von <strong>der</strong> Nase eiueu schwärzen Pfropfen<br />
Taback, <strong>der</strong> sich aus einem Najenloche senkt, ab.<br />
Sie trinkt we<strong>der</strong> Bier noch Wein, das verdirbt die Haut, son<strong>der</strong>n<br />
ländliches reines Wasser, welches außerdem den Ponhnl hat im Munde<br />
das Vrod zu erweichen, so das; es leicht zu zerdrücken ist und unzerkaut<br />
zum Magen passireu kann.<br />
Auffallend ist ihre Aescheidenheit und Anspruchslosigkeit. Ihre Zähne,<br />
so schoen uud weiß sie auch geweseu sein mögen, läßt sie nie sehen.<br />
Man tonnte sicher behaupten, daß <strong>der</strong> Hals nnd <strong>der</strong> Bnsen noch die<br />
Gesichtsbildung überträfe; dennoch hat sie beides bedeckt. Um dell Hals<br />
kräuseln sich dicht unter dem Kinn prachtvolle Kanten. Unter dem scholl<br />
gewölbten Buien zieht sich ein feiner Flor, doch sieht man darunter nur<br />
Tücher und Tücher, nicht den Busen. Diesen imagmirten Busen nmbadct<br />
iu einem weiten Kreise cin roter prachtvoller Tuch.<br />
Sie steht so grade wie ein Peruckeustock, denn es erhält sie enges<br />
Schnürleib. Unter den Hüften ist sie so schlang, daß drei Hände sie nm^<br />
spannen können. Damen pflegen gerne sich jung nennen zu lasseu, sie<br />
aber, als ein Jüngling, hingerissen von <strong>der</strong> jugendlichen Nöthe ihrer<br />
Wangen, sie fragte: „Sie haben heute wohl schon einen großen Spazier-<br />
gang gemacht, <strong>der</strong> Sie eschoffirt hat?" antwortet: „Junge Mädchen<br />
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