Stuäien. - Digitalisierte Bestände der UB Greifswald
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138 Kriegstagebuch des Leutnants Ludwig Schulz<br />
Jäger ein, und zwar als Pommer mit vielen seiner „Commilitonen" beim<br />
Kolbergschen Regiment, das schon damals in Stargard stand. Hie wurden<br />
in Greifcuberg i. P. ausgebildet und stießen vor <strong>der</strong> Schlacht bei Bautzen<br />
zum Regiment. Nun lassen wir ihn selbst erzählen.')<br />
Erinnerung meiner Lebensjahre lttl3, 14 und 19.<br />
(beendigt den I. Januar Istltt.)<br />
Schnlz, Leutnant,<br />
iftUz Februar.<br />
Ein Halbjahr hatte ich das Universitätsleben genossen; und noch<br />
hatte vom eigentlichen ^eben nicht die geringste Kenntniß; immer noch war<br />
ich unter einer gewissen Abhängigkeit. Ans <strong>der</strong> Universität wohnte ich mit<br />
meinem Bru<strong>der</strong> in einem elenden Stnbchen; wir lebten äußerst kärglich;<br />
ich theilte mit ihm was ich hatte. Er hatte den Grundsatz, alles Gelüste<br />
unterdrücken zu müssen, nm dadnrch zu dem wahrhaft Idealen zu gelangen;<br />
ich schwärmte in <strong>der</strong> Idee enthusiastisch. Das Resultat meines Glaubens<br />
war, nnr <strong>der</strong> wird fortleben nach dem Tode, <strong>der</strong> seine Seele zu solcher<br />
Erhabenheit bringen könne: und dieser Glaube scknen mir ganz mit Christus<br />
^ehre übereinzustimmen.<br />
Den 9. Februar schlug die Stnnde, die mich in die Welt rief.<br />
Der Aufruf in den Zeitungen. Die allgemeine Störung auf <strong>der</strong> Universität.<br />
Ans den Hörsälen in den Fechtsaal, Berathschlagnngen und Anwerbungen,<br />
Einzelnes Aufbrechen. Alles dieses hat mich so begeistert, daß mir jede<br />
Stnnde, welche ich noch in Berlin znbringen mußte, als Schande bringend<br />
erschien. Denselben Abend machte ich ein Gedicht naä) <strong>der</strong> Melodie: Auf<br />
ihr meine deutschen Brü<strong>der</strong>. In diesem Gedicht hatte ich meinen Glauben<br />
nie<strong>der</strong>gelegt; ja ich hatte die Frechheit, es Fichten znznschreiben; doch<br />
wnrde es glücklicherweise bald entdeckt vom ersten Freunde Welmer, dem<br />
es in die Hände gekommen und meinem Bru<strong>der</strong>.<br />
Der König hatte zu Ende Januar plötzlich von Potsdam nach<br />
Schlesien flüchten müssen, von wo aus er den Aufruf erließ.<br />
Es hatte sich in Berlin <strong>der</strong> Tngendbnnd gebildet, <strong>der</strong>, wie es hieß,<br />
durch ganz Deutschland sich erstreckte; gleich nach <strong>der</strong> Abreise des Königs<br />
war alles mit Piken bewaffnet. Das Volk wurde auf alle Weise gegen<br />
die Franzosen aufgehetzt. Der Abend war schon bestimmt, wo das Blutbad<br />
beginnen sollte, ins Weite gehende Absichten lagen vielleicht zu Grunde.<br />
') Um den Eindruck <strong>der</strong> unmittelbaren Frische nicht abzuschwächen, habe ich<br />
die Schreibart und Interpunktion überall genau beibehalten. D. H.