VDBD - Praktische Anleitung zur Injektion bei Diabetes mellitus mit ...
VDBD - Praktische Anleitung zur Injektion bei Diabetes mellitus mit ...
VDBD - Praktische Anleitung zur Injektion bei Diabetes mellitus mit ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>VDBD</strong> - <strong>Praktische</strong> <strong>Anleitung</strong><br />
<strong>zur</strong> <strong>Injektion</strong> <strong>bei</strong> <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong><br />
<strong>mit</strong> dem Pen
1. Auflage, März 2012<br />
Verantwortlich für den Inhalt:<br />
Birgit Cureu, <strong>Diabetes</strong>beraterin DDG<br />
Evelyn Drobinski, <strong>Diabetes</strong>beraterin DDG<br />
Dr. Jutta Liersch, Dipl. Ökotrophologin<br />
Elisabeth Schnellbächer, <strong>Diabetes</strong>beraterin DDG<br />
Harald Stäblein, <strong>Diabetes</strong>berater DDG<br />
Kontakt:<br />
<strong>VDBD</strong>-Geschäftsstelle<br />
Am Eisenwald 16<br />
66385 St. Ingbert<br />
eMail: info@vdbd.de<br />
Internet: www.vdbd.de<br />
Wir danken der Firma Becton Dickinson GmbH<br />
für ihre freundliche Unterstützung
Vorwort<br />
Der „Verband der <strong>Diabetes</strong>-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland<br />
e.V.“ (<strong>VDBD</strong>) ist eine Solidar- und Interessengemeinschaft von <strong>Diabetes</strong>-Beratern/innen<br />
DDG, <strong>Diabetes</strong>-Assistenten/innen DDG und weiteren qualifizierten<br />
Fachkräften, die sich gezielt für Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> engagieren. Durch<br />
ihre tägliche Ar<strong>bei</strong>t tragen die Schulungs- und Beratungsprofis des <strong>VDBD</strong><br />
dazu <strong>bei</strong>, der stetig wachsenden Anzahl von Betroffenen mehr Lebensqualität,<br />
eine bessere Lebensperspektive und eine höhere Lebenserwartung zu ermöglichen.<br />
Der Leitfaden „Die <strong>Injektion</strong> <strong>bei</strong> <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong>“ liegt ganz auf der Linie<br />
dieser Verbandsphilosophie. Sind doch bislang in Europa nur wenige formale<br />
Richtlinien veröffentlicht worden, die bewährtes Wissen <strong>zur</strong> Insulininjektion<br />
zusammenfassen. Eine Ar<strong>bei</strong>tsgruppe des <strong>VDBD</strong> hat deshalb an Hand europäischer<br />
Empfehlungen für Deutschland diesen Leitfaden erstellt. Der <strong>VDBD</strong>-<br />
Leitfaden enthält die aktuellsten Empfehlungen <strong>zur</strong> <strong>Injektion</strong> <strong>bei</strong> Menschen<br />
<strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong>, die auf den neuesten Studien und Publikationen in diesem<br />
Bereich basieren. Während in der Vergangenheit viel Augenmerk auf die<br />
Wirkweise der injizierbaren Substanzen gelegt wurde, widmete man verhältnismäßig<br />
wenig Aufmerksamkeit der Art und Weise wie diese verabreicht<br />
werden sollten. Heute weiß man, dass insbesondere die richtige <strong>Injektion</strong>stechnik<br />
maßgeblich <strong>mit</strong>entscheidend für eine möglichst optimale Einstellung<br />
des Blutzuckers ist.<br />
Bei der hier vorliegenden Ausgabe des <strong>VDBD</strong>-Leitfadens handelt es sich, wie<br />
von zahlreichen Schulungs- und Beratungsprofis gewünscht, um eine praxis-<br />
orientiertere Version des 60-seitigen detaillierten Originalleitfadens, der inzwischen<br />
insbesondere <strong>bei</strong> Kassenverbänden, Gesundheitsämtern und<br />
-ministerien, sowie Weiterbildungsstätten zum Einsatz kommt. Berücksichtigt<br />
der Originalleitfaden die <strong>Injektion</strong> <strong>bei</strong> Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen,<br />
so fokussiert sich die vorliegende Version ausschließlich auf erwachsene<br />
Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong>. Doch wie auch immer: Auf die richtige <strong>Injektion</strong>stechnik<br />
kommt es an. Da<strong>mit</strong> das Wissen darüber auch tatsächlich <strong>bei</strong> denen,<br />
die es wissen müssen, auf kurzem Wege ankommt, legt der <strong>VDBD</strong> nunmehr<br />
diese Praxisversion des Originalleitfadens vor. Ein Wissen für mehr Lebensqualität,<br />
eine bessere Lebensperspektive und eine höhere Lebenserwartung<br />
für Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong>.<br />
4
Der rund 60-seitige Originalleitfaden „Die <strong>Injektion</strong> <strong>bei</strong> <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong>“<br />
kann unter www.vdbd.de heruntergeladen werden.<br />
Das Autorenteam, März 2012<br />
5
INHALT<br />
Vorwort 4<br />
1. Psychische Barrieren <strong>bei</strong> der <strong>Injektion</strong>sgabe 9<br />
2. Auswahl der <strong>Injektion</strong>sstelle 10<br />
3. Insulininjektion 12<br />
3.1 Vorbereitung der <strong>Injektion</strong> 13<br />
– Aufmischen von trübem Insulin<br />
– Funktionskontrolle des Pens<br />
3.2 Durchführung der <strong>Injektion</strong> 14<br />
3.3 Nach der <strong>Injektion</strong> 16<br />
4. Wissenswertes <strong>zur</strong> <strong>Injektion</strong> <strong>bei</strong> <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong> 17<br />
– Humaninsuline<br />
– Mischinsuline<br />
– Analoga<br />
– GLP-1 Wirkstoffe<br />
5. Nadellänge 19<br />
6. Lipodystrophie 20<br />
7. Wechsel der <strong>Injektion</strong>sstellen 22<br />
8. <strong>Injektion</strong> durch Pflegepersonal 24<br />
– Hygiene <strong>bei</strong> der Insulininjektion<br />
– Sicherheitsprodukte für die Insulininjektion<br />
Glossar 26<br />
Häufig gestellte Fragen 27<br />
Checklisten<br />
– Selbstinjektion von Insulin 29 – 32<br />
– Insulininjektion <strong>mit</strong> Sicherheits-Pen-Nadeln 33 – 36<br />
– – in Krankenhaus und Pflege<br />
Allgemeines 38<br />
7
Bedeutung der Farbfelder<br />
Grün = Handlungsempfehlungen<br />
Rot = Warnhinweise <strong>zur</strong> Sicherheit<br />
8<br />
Checkliste <strong>zur</strong> Selbstinjektion von Insulin<br />
Checkliste <strong>zur</strong> Insulininjektion in Krankenhaus und Pflege
1. Psychische Barrieren <strong>bei</strong> der <strong>Injektion</strong>sgabe<br />
Der Schritt zu einer Insulintherapie ist <strong>bei</strong> vielen Menschen <strong>mit</strong> großen<br />
Ängsten verbunden.<br />
Die Gründe sind vielfältig, z. B.<br />
• Angst sich Schmerzen zuzufügen<br />
• Falsche Vorstellungen von einer „Insulinspritze“<br />
• Negatives Image der Insulintherapie<br />
Oft bestehen innerhalb der Bevölkerung große Vorbehalte - eine anstehende<br />
Insulintherapie wird häufig <strong>mit</strong> „<strong>Diabetes</strong> im letzten Stadium“ verglichen.<br />
Wichtig ist die Akzeptanz dieser Ängste. Gehen Sie <strong>mit</strong> Ihren Patienten<br />
besonders einfühlsam <strong>mit</strong> dieser Situation um. Sorgen Sie für eine möglichst<br />
störungsfreie Gesprächssituation und fragen Sie konkret nach den Ängsten.<br />
Besprechen Sie die Vorteile einer Insulintherapie und informieren Sie über die<br />
mögliche Handhabung.<br />
Fragen Sie nach der Bereitschaft, die erste <strong>Injektion</strong> in der Praxis durchzuführen.<br />
So haben Sie die Möglichkeit behutsam den Vorgang der <strong>Injektion</strong><br />
gemeinsam durchzuführen und viele Vorbehalte und Ängste abzubauen.<br />
Bieten Sie Hilfestellungen an. Muntern Sie Ihr Gegenüber zu einem Praxisbesuch<br />
auf, wenn es Probleme <strong>mit</strong> der <strong>Injektion</strong> geben sollte. Sie ver<strong>mit</strong>teln<br />
so ein Sicherheitsgefühl und Ihr Patient fühlt sich nicht allein gelassen.<br />
9
2. Auswahl der <strong>Injektion</strong>sstelle<br />
Bauch, Beine und Gesäß sind die bevorzugten <strong>Injektion</strong>bereiche (Abb. 1).<br />
10<br />
* *<br />
Regel: Gleiche Tageszeit – gleiche Zone.<br />
Im Laufe des Tages sollte <strong>zur</strong> gleichen Tageszeit/zum gleichen <strong>Injektion</strong>szeitpunkt<br />
auch immer die gleiche <strong>Injektion</strong>szone benutzt werden, um eine<br />
gleichmäßige, konstante Insulinwirkung zu erreichen. Innerhalb dieser Zonen<br />
sollen die Spritzstellen regelmäßig gewechselt werden (s. Seite 22, „Wechsel<br />
der <strong>Injektion</strong>sstellen“).<br />
Beispiele:<br />
a) Mischinsulin (Mischung aus schnell wirkendem Insulin und lang wirkendem<br />
Insulin; s. Seite 26, „Glossar“) morgens immer in den Bauch und Mischinsulin<br />
abends immer in den Oberschenkel injizieren. Sollte Mischinsulin auch<br />
am Mittag gespritzt werden, so ist der Bauch zu bevorzugen.<br />
b) Mahlzeiteninsulin (schnell wirkendes Insulin) immer in den Bauch und<br />
basales NPH-Insulin (lang wirkendes Insulin) immer in den Oberschenkel<br />
injizieren.<br />
c) Lang wirkendes Analoginsulin/analoges Basalinsulin kann auch in den<br />
Bauch gespritzt werden.<br />
*<br />
Abbildung 1. <strong>Injektion</strong>sbereiche<br />
Ein (Selbst-)Verabreichen von <strong>Injektion</strong>en<br />
in den Oberarm(*) sollte erst nach Schulung<br />
durch die <strong>Diabetes</strong>beratung erfolgen, da eine<br />
sichere, subkutane <strong>Injektion</strong> hier wegen der<br />
geringeren Stärke des Unterhautfettgewebes<br />
und der schwer zugänglichen <strong>Injektion</strong>szone<br />
nicht einfach ist.
Tabelle 1. Bevorzugte <strong>Injektion</strong>sbereiche<br />
Normalinsulin(Humaninsulin)<br />
Schnelles<br />
Analoginsulin<br />
NPH-<br />
Insulin<br />
Langsames<br />
Analoginsulin<br />
Mischinsulin<br />
Morgens Mittags Abends<br />
Bauch X X X X X<br />
Oberschenkel X X X X<br />
Gesäß X X X X<br />
Oberarm * * * * *<br />
* Ein (Selbst-)Verabreichen von <strong>Injektion</strong>en in den Oberarm(*) sollte erst nach Schulung durch die<br />
* <strong>Diabetes</strong>beratung erfolgen.<br />
Empfehlungen<br />
• Die Spritzstellen sind vor der <strong>Injektion</strong> zu überprüfen.<br />
• Es soll eine andere Stelle gewählt werden, wenn die ursprünglich gewählte<br />
Spritzstelle Anzeichen einer Lipodystrophie (s. Seite 20, „Lipodystrophie“),<br />
Entzündung, Infektion oder eines Ödems aufweist.<br />
• In Narben, Haarwurzeln, Muttermale und andere Hautauffälligkeiten soll<br />
nicht injiziert werden.<br />
• Eine <strong>Injektion</strong> durch die Kleidung wird nicht empfohlen.<br />
• Die <strong>Injektion</strong> soll immer <strong>mit</strong> sauberen Händen in eine saubere <strong>Injektion</strong>sstelle<br />
erfolgen.<br />
• Außer im Krankenhaus, in Pflegeeinrichtungen oder in der ambulanten<br />
Pflege ist eine Desinfektion der <strong>Injektion</strong>sstelle üblicherweise nicht erforderlich<br />
(s. Seite 24, „<strong>Injektion</strong> durch Pflegepersonal“).<br />
11
3. Insulininjektion<br />
Es gibt zwei Arten von <strong>Injektion</strong>shilfen: Vorgefüllte Insulinpens (Fertigpens)<br />
und wiederverwendbare Pens.<br />
Vor Gebrauch muss <strong>bei</strong> einem Fertigpen lediglich eine Pen-Nadel aufgeschraubt<br />
werden, in den wiederverwendbaren Pen muss vor dem Aufsetzen<br />
der Nadel noch eine Insulinampulle eingelegt werden.<br />
Beide Pen-Arten enthalten die gleiche Menge Insulin (3 ml = 300 Einheiten).<br />
Auch die <strong>Injektion</strong>stechnik ist <strong>bei</strong> <strong>bei</strong>den <strong>Injektion</strong>shilfen gleich.<br />
Pens dürfen immer nur personenbezogen verwendet werden, um eine Übertragung<br />
von Krankheiten zu verhindern.<br />
Das Insulin soll vor der <strong>Injektion</strong> Raumtemperatur haben.<br />
12
3.1 Vorbereitung der <strong>Injektion</strong><br />
Aufmischen von trübem Insulin<br />
NPH- und Mischinsuline sind an dem weißen Niederschlag (Bodensatz)<br />
und/oder einer Trübung in der Insulinpatrone gut zu erkennen (Abb. 2).<br />
Vor der <strong>Injektion</strong> muss der Niederschlag sorgfältig aufgemischt werden.<br />
Abbildung 2: Pen-Patrone <strong>mit</strong> NPH-Insulin<br />
als Bodensatz und aufgemischt<br />
Funktionskontrolle<br />
1. Dazu den Pen mindestens 20x langsam hin- und<br />
herschwenken.<br />
2. Erst nach dem vollständigen Aufmischen des<br />
trüben Insulins (kontrollieren!) wird die Pen-Nadel<br />
aufgeschraubt.<br />
3. Klare Insuline (Normal-Insulin, Analoginsulin)<br />
müssen nicht aufgemischt werden.<br />
4. Kontrollieren Sie das Haltbarkeitsdatum auf der<br />
Insulinpatrone. Das Insulin selbst soll in einwandfreiem<br />
Zustand sein (keine Verfärbung, Ausflockung).<br />
Der Pen soll vor jeder <strong>Injektion</strong> auf seine Funktionsfähigkeit geprüft werden.<br />
Dazu werden <strong>bei</strong> senkrecht gehaltenem Pen (Nadel nach oben) 1 – 2 Einheiten<br />
Insulin abgegeben. Gegebenenfalls ist der Vorgang zu wiederholen,<br />
bis Insulin an der Nadelspitze austritt. Nur so wird sichergestellt, dass die<br />
Pen-Nadel frei und das System entlüftet ist. Diese Funktionskontrolle muss<br />
unbedingt durchgeführt werden, wenn eine neue Pen-Patrone oder ein neuer<br />
Fertigpen verwendet werden. Nach erfolgter Funktionskontrolle kann die<br />
gewünschte Dosis eingestellt und die <strong>Injektion</strong> verabreicht werden.<br />
Der Pen wird <strong>zur</strong> <strong>Injektion</strong> <strong>mit</strong> der ganzen Hand umschlossen und der <strong>Injektion</strong>sknopf<br />
<strong>mit</strong> dem Daumen heruntergedrückt.<br />
Für jede <strong>Injektion</strong> eine neue Nadel verwenden!<br />
13
3.2 Durchführung der <strong>Injektion</strong><br />
Die Bildung einer Hautfalte ist in der Regel unnötig.<br />
Nur wenn zu befürchten ist, dass der Abstand zwischen Hautoberfläche und<br />
Muskel weniger als die gewählte Nadellänge beträgt, sollte die Bildung einer<br />
Hautfalte erfolgen.<br />
Tabelle 1 (s. Seite 19) gibt Empfehlungen <strong>zur</strong> Nadellänge und <strong>Injektion</strong>stechnik<br />
<strong>bei</strong> Erwachsenen.<br />
Das Anheben einer Hautfalte im Bauchbereich und am Oberschenkel ist relativ<br />
einfach (außer <strong>bei</strong> einem sehr adipösen, angespannten Bauch). Im Bereich<br />
des Gesäßes (wo es nur selten benötigt wird) ist es schwieriger, und am Arm<br />
ist es praktisch unmöglich, ohne fremde Hilfe eine korrekte Hautfalte zu<br />
bilden.<br />
Eine Hautfalte wird zwischen Daumen und Zeigefinger (eventuell noch <strong>mit</strong><br />
dem Mittelfinger) gebildet. Das Greifen der Hautfalte <strong>mit</strong> der ganzen Hand<br />
erhöht das Risiko den Muskel <strong>mit</strong>samt dem subkutanen Gewebe anzuheben.<br />
Dies kann zu <strong>Injektion</strong>en in den Muskel (intramuskulär) führen (Abb. 3).<br />
Abbildung 3. Korrekte (links) und fehlerhafte (rechts) Hautfaltenbildung<br />
14
Empfehlungen<br />
• Jede <strong>Injektion</strong>sstelle soll individuell darauf untersucht werden, inwieweit<br />
das Bilden einer Hautfalte <strong>bei</strong> gegebener Nadellänge notwendig ist.<br />
• Die Hautfalte soll unverkrampft und locker gehalten werden. Sie darf<br />
nicht so fest zusammengedrückt werden, dass es schmerzt oder die Haut<br />
weiß wird.<br />
• Die Nadel in einem 90°-Winkel <strong>zur</strong> Oberfläche der Hautfalte (Abb. 4) und<br />
<strong>mit</strong> einer zügigen Bewegung in die Haut einstechen. Die <strong>Injektion</strong> muss<br />
langsam und gleichmäßig erfolgen. Insulininjektionen sind schmerzfrei<br />
<strong>mit</strong> Ausnahme sehr seltener Fälle, in denen die Nadel in direkten Kontakt<br />
<strong>mit</strong> einem Nervenende kommt.<br />
• Der <strong>Injektion</strong>sknopf des Pens muss vollständig hineingedrückt werden.<br />
• Nach dem vollständigen Eindrücken des <strong>Injektion</strong>sknopfs soll langsam bis<br />
10 gezählt werden, bevor die Nadel aus der Haut gezogen wird. So wird<br />
die gesamte Dosis verabreicht und ein Rückfluss des Wirkstoffs aus der<br />
Einstichstelle vermieden. Bei höheren Dosierungen kann auch ein Zählen<br />
über 10 hinaus erforderlich sein.<br />
• Eine gebildete Hautfalte wird erst nach Herausziehen der Pen-Nadel gelöst.<br />
• Überprüfen, ob Insulin oder Blut an der <strong>Injektion</strong>sstelle austreten. Kommt<br />
dies häufiger vor, sollten Arzt/Ärztin oder <strong>Diabetes</strong>berater/in informiert<br />
werden, um die Ursachen zu ergründen.<br />
90°<br />
Abbildung 4. Senkrechte <strong>Injektion</strong> auf dem Scheitelkamm einer Hautfalte. Der <strong>Injektion</strong>swinkel beträgt von allen Seiten<br />
90° (von oben: linkes Foto; seitlich: rechtes Foto)<br />
90°<br />
15
3.3 Nach der <strong>Injektion</strong><br />
Pen-Nadeln sollen sofort nach Gebrauch abgeschraubt und entsorgt werden<br />
und nicht auf dem Pen verbleiben.<br />
So wird vermieden, dass Luft oder andere kontaminierende Substanzen in die<br />
Pen-Patrone eindringen oder Wirkstoff ausläuft, was zu einer zunehmenden<br />
Ungenauigkeit der Dosierung führen kann (insbesondere <strong>bei</strong> trüben Insulinen).<br />
• Die äußere Schutzkappe vorsichtig und gerade auf die Nadel aufsetzen.<br />
Vorsicht - Gefahr von Stichverletzungen!<br />
• Die Pen-Nadel <strong>mit</strong> Hilfe der äußeren Schutzkappe vom Insulinpen<br />
abschrauben und in einem sicheren Abwurfbehälter entsorgen. Scharfe<br />
oder spitze Materialien wie <strong>Injektion</strong>snadeln dürfen auf keinen Fall offen<br />
im normalen Haushaltsmüll entsorgt werden!<br />
• Abschließend die Pen-Kappe wieder auf den Insulinpen aufsetzen.<br />
• Dosismenge der <strong>Injektion</strong>, Zeit und Insulinart dokumentieren<br />
(z. B. <strong>Diabetes</strong>tagebuch).<br />
• Rechtzeitig neue Patrone einlegen.<br />
Wichtig für Pflegekräfte!<br />
Das Wiederaufsetzen der Nadel-Schutzkappe („Recapping“) darf wegen der<br />
Gefahr von Nadelstichverletzungen nicht <strong>bei</strong> <strong>Injektion</strong>en durch Pflegekräfte<br />
erfolgen! Hier wird die Verwendung von Sicherheits-Pen-Nadeln empfohlen,<br />
<strong>bei</strong> denen die Kanüle nach der <strong>Injektion</strong> abgeschirmt wird. Dies verringert<br />
das Risiko von Nadelstichverletzungen.<br />
Wichtig!<br />
Stellen Sie sicher, dass nach der <strong>Injektion</strong> von kurz wirkendem Insulin und<br />
Mischinsulin Kohlenhydrate gegessen werden. Bei Gabe von lang wirkendem<br />
Insulin muss nach der <strong>Injektion</strong> keine Mahlzeit zu sich genommen<br />
werden.<br />
16
4. Wissenswertes <strong>zur</strong> <strong>Injektion</strong> <strong>bei</strong> <strong>Diabetes</strong> <strong>mellitus</strong><br />
Humaninsuline<br />
• Die schnellste Resorption (Aufnahme) von klaren Humaninsulinen erfolgt<br />
am Bauch, der so<strong>mit</strong> der bevorzugte <strong>Injektion</strong>sbereich ist.<br />
• Kurz wirkendes Humaninsulin hat ein langsameres Resorptionsprofil als ein<br />
schnell wirkendes Insulinanalogon.<br />
• Trübes Basalinsulin (NPH-Insulin) wird langsamer aufgenommen, wenn es<br />
in den Oberschenkel oder das Gesäß injiziert wird.<br />
• Eine <strong>Injektion</strong> von Insulin in den Muskel soll vermieden werden.<br />
• NPH-Insulin wird häufig vor dem Schlafengehen gespritzt, um das Risiko<br />
nächtlicher Unterzuckerungen zu reduzieren.<br />
Mischinsuline<br />
• Mischinsuline sollen am Morgen (und ggf. auch <strong>mit</strong>tags) in den Bauch injiziert<br />
werden, um die Aufnahme des schnell wirkenden Anteils zusätzlich zu<br />
beschleunigen.<br />
• Am Abend sollen Mischinsuline (<strong>mit</strong> einem hohen NPH-Anteil) in den<br />
Oberschenkel oder das Gesäß gespritzt werden, da sonst die Gefahr einer<br />
nächtlichen Unterzuckerung besteht, wenn der NPH-Anteil des Insulins zu<br />
schnell resorbiert wird.<br />
Wichtig!<br />
Stellen Sie sicher, dass trübe Insuline (NPH-Insuline) vor jeder <strong>Injektion</strong> gut<br />
und gleichmäßig aufgemischt sind (20x langsam hin- und herschwenken,<br />
s. Seite 13, „Vorbereitung der <strong>Injektion</strong>“).<br />
Analoga<br />
• Schnell und lang wirkende Insulinanaloga können an jeder<br />
beliebigen <strong>Injektion</strong>sstelle verabreicht werden.<br />
• Insulinanaloga sollen nicht intramuskulär verabreicht werden.<br />
Fortsetzung nächste Seite<br />
17
GLP-1 Wirkstoffe<br />
• Vorbehaltlich weiterer Studien sollen Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong>, die GLP-1<br />
Wirkstoffe (z. B. Exenatide, Byetta ® oder Bydureon ® ; Liraglutide, Victoza ® )<br />
injizieren, den Empfehlungen folgen, die sich bereits für die Insulininjektion<br />
hinsichtlich Nadellänge und Wechsel des <strong>Injektion</strong>sortes bewährt haben.<br />
• GLP-1 Wirkstoffe können in jedem beliebigen <strong>Injektion</strong>sbereich verabreicht<br />
werden, da die Resorptionsraten offensichtlich nicht vom <strong>Injektion</strong>sbereich<br />
abhängig sind.<br />
18
5. Nadellänge<br />
Ziel jeder <strong>Injektion</strong> ist es, den Wirkstoff (Insulin oder GLP-1) zuverlässig und<br />
<strong>mit</strong> möglichst wenig Beschwerden in das Unterhautfettgewebe (subkutan) zu<br />
bringen. Dazu ist die richtige Wahl der Nadellänge unabdingbar. Die Auswahl<br />
der Nadellänge ist eine individuelle Entscheidung, die vom Menschen <strong>mit</strong><br />
<strong>Diabetes</strong> und der medizinischen Fachkraft gemeinsam unter Berücksichtigung<br />
diverser Faktoren wie körperlichen und psychologischen Gegebenheiten<br />
getroffen wird.<br />
Die Dicke der Haut an den <strong>Injektion</strong>sstellen <strong>bei</strong> Erwachsenen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong><br />
variiert nur wenig. Übergewichtige Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> haben ähnliche<br />
Hautdicken (ca. 1,8 bis 2,4 mm) wie normalgewichtige und schlanke.<br />
Insulin gelangt daher auch <strong>bei</strong> kurzen Nadeln (4 und 5 mm) sicher in das<br />
Unterhautfettgewebe.<br />
Selbst <strong>bei</strong> stark übergewichtigen (adipösen) Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> unterscheiden<br />
sich kurze Nadeln (4, 5 und 6 mm) bezüglich Wirksamkeit, Sicherheit<br />
und Verträglichkeit nicht von längeren Nadeln (8 mm bis 12,7 mm).<br />
Es gibt keinen medizinischen Grund, Nadeln <strong>mit</strong> einer Länge von mehr als<br />
8 mm für Erwachsene zu empfehlen.<br />
Kürzere Nadeln sind hinsichtlich körperlicher und psychologischer Gegebenheiten<br />
sicherer und verträglicher.<br />
Tabelle 2. Empfehlungen <strong>zur</strong> Nadellänge, Hautfalte und <strong>Injektion</strong>swinkel <strong>bei</strong> Erwachsenen<br />
Patientengruppe Nadellänge Hautfalte <strong>Injektion</strong>swinkel<br />
Erwachsene 4 und 5 mm ohne 1 90° (senkrecht)<br />
6 mm <strong>mit</strong> 90° (senkrecht) 2<br />
8 mm <strong>mit</strong> 90° (senkrecht) 2<br />
1 Bei der <strong>Injektion</strong> in den Oberschenkel und <strong>bei</strong> schlanken Personen auch im Bauchbereich<br />
kann die Bildung einer Hautfalte angezeigt sein.<br />
2 Statt der Bildung einer Hautfalte ist auch eine <strong>Injektion</strong> im 45°-Winkel (schräg) möglich.<br />
19
6. Lipodystrophie<br />
Durch die Insulinapplikation ausgelöste Lipodystrophien (Veränderungen des<br />
Unterhautfettgewebes) können auf zwei Arten auftreten.<br />
Lipoatrophie<br />
Hier tritt ein Schwund des Unterhautfettgewebes an den <strong>Injektion</strong>sstellen<br />
auf. Lipoatrophien sind heutzutage eher selten. Vorbehaltlich weiterer<br />
Erkenntnisse gilt die Empfehlung, nicht in Areale <strong>mit</strong> Lipoatrophie zu<br />
injizieren.<br />
Lipohypertrophie<br />
Eine Lipohypertrophie ist eine „gummiartige“ Schwellung im subkutanen Gewebe,<br />
die <strong>bei</strong> vielen insulinpflichtigen Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> in den <strong>Injektion</strong>sbereichen<br />
auftritt und eine große klinische Relevanz (Einfluss auf den<br />
Erfolg der Insulintherapie) hat. Die Insulinresorption in diesen Regionen des<br />
Unterhautfettgewebes kann verzögert und/oder stark schwankend und so<strong>mit</strong><br />
nicht vorhersagbar sein.<br />
<strong>Injektion</strong>en in bereits verändertes, lipohypertrophes Gewebe können die Lipohypertrophie<br />
verstärken.<br />
Bei einigen Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> können diese Läsionen (Veränderungen,<br />
Störungen) auch hart oder narbenähnlich sein. Um eine Lipohypertrophie zu<br />
Abbildung 5. Tastbare Lipohypertrophie: Normale Hautfalte<br />
(links, Pfeilspitzen nahe zusammen) und lipohypertrophes<br />
Gewebe (rechts, Pfeilspitzen weiter auseinander).<br />
Foto <strong>mit</strong> freundlicher Genehmigung von Lourdes Saez-de<br />
Ibarra und Ruth Gaspar, „<strong>Diabetes</strong> Nurses and Specialist<br />
Educators“ aus dem La Paz Hospital, Madrid, Spanien.<br />
20<br />
Abbildung 6. Sichtbare Lipohypertrophie am Bauch
erkennen, muss man die <strong>Injektion</strong>sstellen sowohl in Augenschein nehmen als<br />
auch abtasten, da einige Läsionen leichter zu fühlen (Abb. 5) als zu sehen<br />
(Abb. 6) sind. So lässt sich <strong>bei</strong>spielsweise normales Unterhautfettgewebe eng<br />
zusammendrücken, was <strong>mit</strong> lipohypertrophen Läsionen nicht möglich ist.<br />
Lipohypertrophien können <strong>bei</strong> Nadeln aller Längen und Durchmesser auftreten.<br />
Ursachen können sein:<br />
• un<strong>zur</strong>eichender Wechsel der <strong>Injektion</strong>sstellen (Rotation)<br />
• Verwendung kleiner <strong>Injektion</strong>szonen <strong>mit</strong> wiederholten <strong>Injektion</strong>en in die<br />
gleiche <strong>Injektion</strong>sstelle<br />
• Wiederverwendung von Nadeln<br />
• Dauer der Insulinbehandlung<br />
Empfehlungen<br />
• Die <strong>Injektion</strong>sbereiche und Spritzstellen sollen <strong>bei</strong> jedem Arztbesuch/Praxistermin<br />
von der medizinischen Fachkraft inspiziert werden, besonders<br />
dann, wenn schon eine Lipohypertrophie vorhanden ist. Jeder <strong>Injektion</strong>sbereich<br />
soll mindestens einmal jährlich inspiziert werden.<br />
• Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> sollen lernen, ihre eigenen <strong>Injektion</strong>sbereiche<br />
und Spritzstellen zu inspizieren und Lipohypertrophien zu erkennen. Bei<br />
entdeckten Lipohypertrophien sollen Arzt/Ärztin oder Diabeteberater/in<br />
informiert werden.<br />
• Die Umstellung von <strong>Injektion</strong>en in Lipohypertrophien auf <strong>Injektion</strong>en in<br />
normales Gewebe erfordert oft eine Reduzierung der Insulindosis. Die Insulinreduzierung<br />
ist individuell unterschiedlich und muss durch häufigere<br />
Blutglukosemessungen kontrolliert werden.<br />
• Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> sollen nicht in den Bereich einer Lipohypertrophie<br />
injizieren bis sich das veränderte Gewebe wieder normalisiert hat<br />
(was Monate bis Jahre dauern kann).<br />
• Die beste gegenwärtige Strategie <strong>zur</strong> Vermeidung und <strong>zur</strong> Therapie von<br />
Lipohypertrophien sind:<br />
– der Wechsel der <strong>Injektion</strong>sstelle <strong>bei</strong> jeder <strong>Injektion</strong><br />
– die Nutzung größerer <strong>Injektion</strong>szonen und<br />
– die Einmalverwendung der Pen-Nadel<br />
21
7. Wechsel der <strong>Injektion</strong>sstellen<br />
Der beste Weg das Gewebe zu schützen ist der richtige und konsequent<br />
durchgeführte Wechsel der <strong>Injektion</strong>sstelle. Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> sollen<br />
gleich zu Beginn der <strong>Injektion</strong>stherapie auf ein leicht zu befolgendes Rotationssystem<br />
eingewiesen werden.<br />
Das einfachste Rotationsschema besteht darin, die <strong>Injektion</strong>szone in Quadranten<br />
einzuteilen (oder Hälften, wenn es sich um Oberschenkel oder Gesäß<br />
handelt) und den Quadranten im Uhrzeigersinn jede Woche zu wechseln<br />
(Abb. 7).<br />
<strong>Injektion</strong>en innerhalb einer <strong>Injektion</strong>szone sollen mindestens 2,5 cm voneinander<br />
entfernt sein, um ein Gewebetrauma durch wiederholte <strong>Injektion</strong> in die<br />
gleiche Einstichstelle zu vermeiden. Detailliertere Rotationsschemata helfen<br />
da<strong>bei</strong> (Abb. 8).<br />
Die medizinische Fachkraft soll sich davon überzeugen, dass das Rotationsschema<br />
eingehalten wird und <strong>bei</strong> Bedarf den Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> entsprechend<br />
beraten. Das Prinzip der Rotation ist auch von Pflegekräften zu befolgen<br />
und zu dokumentieren.<br />
Bei <strong>Injektion</strong> in eine Hautfalte verwenden Menschen <strong>mit</strong> <strong>Diabetes</strong> häufig eine<br />
besonders eingeschränkte <strong>Injektion</strong>szone, was Lipohypertrophien begünstigt.<br />
Abbildung 7. Rotationsmuster nach Quadranten am Bauch und an den Oberschenkeln<br />
22
Abbildung 8. Beispiele für Rotationsmuster <strong>mit</strong> detaillierterer Einteilung der <strong>Injektion</strong>sstellen am Bauch und an den<br />
Oberschenkeln<br />
23
8. <strong>Injektion</strong> durch Pflegepersonal<br />
Hygiene <strong>bei</strong> der Insulininjektion<br />
Für <strong>Injektion</strong>en durch Pflegepersonal in Krankenhäusern, Pflegeheimen und<br />
in der ambulanten Pflege gelten die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft<br />
für Krankenhaushygiene 1 und des Robert Koch-Instituts 2 .<br />
Pen-Geräte sind stets patientenbezogen zu verwenden, d h. ein Insulinpen<br />
darf nur für eine Person verwendet werden. Für jede Insulininjektion ist<br />
eine neue Kanüle zu verwenden.<br />
Bei subkutanen <strong>Injektion</strong>en ist die Haut im Bereich der Einstichstelle<br />
sorgfältig <strong>mit</strong> Desinfektions<strong>mit</strong>tel (Hautantiseptikum) ab<strong>zur</strong>eiben und die<br />
notwendige Einwirkzeit zu beachten.<br />
Darüberhinaus haben Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Pflegedienste<br />
in der Regel zusätzliche Hygienevorschriften für die Insulininjektion,<br />
nach denen zu verfahren ist. Es gilt die jeweilige Anweisung bzw. der<br />
Hygieneplan der Einrichtung.<br />
Wichtig!<br />
Stellen Sie sicher, dass nach der <strong>Injektion</strong> von kurz wirkendem Insulin<br />
und Mischinsulin Kohlenhydrate gegessen werden. Bei Gabe von lang<br />
wirkendem Insulin muss nach der <strong>Injektion</strong> keine Mahlzeit eingenommen<br />
werden.<br />
Literatur:<br />
1 Konsensus der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) Sektion „Hygiene in der ambulanten und<br />
stationären Kranken- und Altenpflege, Rehabilitation“, 05.2010.<br />
Download unter: http://www.dgkh.de/Nutzerdaten/File/empfehlungen/2010_09_01_pen_papier.pdf<br />
2 Anforderungen an die Hygiene <strong>bei</strong> Punktionen und <strong>Injektion</strong>en – Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene<br />
und Infektionsprävention <strong>bei</strong>m Robert Koch-Institut (RKI). Bundesgesundheitsbl 2011 · 54:1135–1144.<br />
Download unter: http://www.rki.de/cln_153/nn_201414/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/<br />
Downloads/Punkt__Inj__Rili,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Punkt_Inj_Rili.pdf<br />
24
Sicherheitsprodukte für die Insulininjektion<br />
Nadelstichverletzungen sind <strong>bei</strong> medizinischen Fachkräften weit verbreitet.<br />
Die meisten Studien zeigen, dass die Meldung der Vorkommnisse aus einer<br />
Vielzahl von Gründen oft unterbleibt. Daher sollen alle Tätigkeiten, <strong>bei</strong> denen<br />
„Körperflüssigkeiten in infektionsrelevanter Menge übertragen werden<br />
können“ vom medizinischen Personal <strong>mit</strong> verletzungssicheren Instrumenten<br />
durchgeführt werden (TRBA 250) 3 .<br />
Sicherheits-Pen-Nadeln für die <strong>Injektion</strong> <strong>mit</strong> Pens sind verfügbar und helfen<br />
das Risiko von Verletzungen <strong>mit</strong> kontaminierten Nadeln zu minimieren.<br />
Fachkräfte sind zu schulen, um sicherzustellen, dass die derzeit verfügbaren<br />
Sicherheitsprodukte richtig und effektiv eingesetzt werden.<br />
Benutzte Pen-Kanülen sind sicher in einem Abwurfbehälter zu entsorgen.<br />
So besteht keine Gefahr einer Verletzung und Exposition (Übertragung von<br />
Krankheitserregern) für Pflegekräfte und Personal.<br />
Empfehlungen<br />
• Sicherheits-Pen-Nadeln sollen immer dann empfohlen werden, wenn das<br />
Risiko einer Stichverletzung <strong>mit</strong> einer kontaminierten Nadel besteht 3<br />
(z. B. Krankenhaus, ambulante oder stationäre Pflege).<br />
Literatur:<br />
3 Technische Regeln für Biologische Ar<strong>bei</strong>tsstoffe (TRBA) 250. Biologische Ar<strong>bei</strong>tsstoffe im Gesundheitswesen und in<br />
der Wohlfahrtspflege. Gemeinsames Ministerialblatt Nr.4 v. 14.02.2008, S. 83.<br />
Download unter http://www.baua.de/nn_15116/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Ar<strong>bei</strong>tsstoffe/TRBA/pdf/TRBA-250.<br />
pdf<br />
25
Glossar<br />
Normalinsulin<br />
(Humaninsulin, der Begriff „Altinsulin“ ist nicht mehr gebräuchlich)<br />
Normalinsulin entspricht in seiner chemischen Struktur dem menschlichen,<br />
in den b-Zellen der Bauchspeicheldrüse produzierten Insulin. Das Insulin wird<br />
gentechnisch hergestellt. Die Erbinformationen von bestimmten Bakterien<br />
werden so verändert, dass Humaninsulin in großen Mengen produziert werden<br />
kann. Normalinsulin liegt als klare Lösung vor.<br />
Mischinsulin<br />
Bei Mischinsulin handelt es sich um eine Zusammensetzung aus schnell und<br />
lang wirkenden Insulinanteilen. Mischinsuline gibt es in unterschiedlichen<br />
Mischungen z. B. 30% schnell und 70% lang wirkender Anteil. In der Regel<br />
wird Mischinsulin 2x täglich vor dem Frühstück und vor dem Abendessen<br />
gespritzt.<br />
Mischinsulin ist ein trübes Insulin und muss vor der <strong>Injektion</strong> gut aufgemischt<br />
werden.<br />
Kurz und lang wirkende Insulinanaloga<br />
Bei Insulinanaloga wurde im Vergleich zum menschlichen Insulin die chemische<br />
Struktur gezielt verändert. Dadurch ergeben sich unterschiedliche Wirkweisen<br />
<strong>bei</strong> kurz und lang wirkenden Insulinanaloga. Der Wirkeintritt und die<br />
Wirkdauer wurden verändert. In der Regel wirken kurz wirkende Insulinanaloga<br />
schneller und kürzer als Normalinsulin und lang wirkende Insulinanaloga<br />
länger als NPH Insulin. Kurz und lang wirkende Insulinanaloga sind klar und<br />
müssen nicht gemischt werden.<br />
NPH-Insulin (Neutrales Protamin Hagedorn)<br />
NPH-Insulin ist ein Verzögerungsinsulin. Die Verzögerung erfolgt aufgrund<br />
einer langsameren Freisetzung der Insulinmoleküle im Unterhautfettgewebe.<br />
Dieses wird durch den Zusatz von Protamin zum Normalinsulin erreicht.<br />
NPH-Insulin ist ein trübes Insulin und muss vor der <strong>Injektion</strong> gut aufgemischt<br />
werden.<br />
GLP-1-Wirkstoffe – Inkretine<br />
Inkretine sind Hormone aus der Darmwand. Inkretine sind keine Insuline.<br />
Vielmehr helfen sie dem Körper ausreichend körpereigenes Insulin zu bilden –<br />
und zwar nur dann, wenn der Blutzuckerspiegel zu hoch ist.<br />
Zu Beginn der Therapie können vorübergehend Völlegefühl, frühzeitige<br />
Sättigung und Übelkeit auftreten.<br />
26
Häufig gestellte Fragen:<br />
Was ist, wenn ich 10 Einheiten brauche und am Pen nur noch 6 Einheiten<br />
einstellen kann?<br />
Grundsätzlich ist ein rechtzeitiger Wechsel der <strong>Injektion</strong>patrone zu empfehlen.<br />
Eine <strong>Injektion</strong> in zwei Schritten kann zu einer veränderten Insulinwirkung<br />
führen.<br />
Soll die <strong>Injektion</strong>sstelle massiert werden?<br />
Das Massieren der <strong>Injektion</strong>sstelle vor oder nach der <strong>Injektion</strong> kann die Resorptionsgeschwindigkeit<br />
des Insulins erhöhen und wird daher generell nicht<br />
empfohlen.<br />
Was bedeutet Blutaustritt aus der <strong>Injektion</strong>sstelle?<br />
Nadeln treffen <strong>bei</strong> der <strong>Injektion</strong> gelegentlich ein Blutgefäß, was lokale Blutungen<br />
oder Blutergüsse hervorruft. Das hat in der Regel keinen Einfluss auf<br />
die Insulinwirkung. <strong>Injektion</strong>en in Blutgefäße sind extrem selten.<br />
Eine Änderung der Nadellänge oder ein anderer <strong>Injektion</strong>sparameter scheinen<br />
die Häufigkeit von Blutungen oder Blutergüssen nicht zu beeinflussen,<br />
obwohl Studien darauf hindeuten, dass diese weniger häufig auftreten, wenn<br />
Pen-Nadeln von 5 mm und kürzer verwendet werden.<br />
Was tun, wenn Insulin nach der <strong>Injektion</strong> aus der Haut oder der Pen-Nadel<br />
austritt?<br />
Wenn die Pen-Nadel nach vollständigem Eindrücken des <strong>Injektion</strong>sknopfs<br />
nicht lange genug in der Haut bleibt (10 Sekunden!), kann es häufiger zu<br />
Insulinaustritt aus der Haut oder der Pen-Nadel kommen. Auch Luftblasen<br />
in der Insulinpatrone (Funktionskontrolle!) verlängern die Abgabedauer von<br />
Insulin aus dem Pen in das Unterhautfettgewebe, was ebenfalls zu Insulinrückfluss<br />
aus der Haut oder Nachtropfen des Pens führen kann.<br />
27
Wie soll ich Insulin lagern?<br />
• Das im Gebrauch befindliche Insulin (Fertigpen, Pen-Patrone) soll <strong>bei</strong><br />
Raumtemperatur (25°C) aufbewahrt werden (höchstens einen Monat nach<br />
dem ersten Gebrauch und innerhalb des Verfalldatums).<br />
• Insulinvorräte sollen an einer Stelle im Kühlschrank <strong>bei</strong> 2 – 8°C gelagert<br />
werden, wo sie nicht einfrieren können. Temperaturen unter 0° C und über<br />
40° C sind grundsätzlich zu vermeiden.<br />
• Kaltes Insulin kann <strong>bei</strong> einer <strong>Injektion</strong> Schmerzen verursachen.<br />
• Insulin nicht direktem Sonnenlicht aussetzen.<br />
• Immer die Herstellerempfehlung beachten!<br />
Was kann die Ursache sein, wenn <strong>bei</strong> der Funktionskontrolle kein Insulin<br />
aus der Pen-Nadel austritt?<br />
• Die Nadel ist verstopft g neue Nadel verwenden.<br />
• Das penseitige Nadelende hat <strong>bei</strong>m Aufsetzen der Nadel das Septum der<br />
Ampulle nicht durchstoßen g neue Nadel verwenden und gerade auf den<br />
Pen aufsetzen.<br />
• Es ist noch Luft in der Ampulle g Funktionskontrolle wiederholen.<br />
• Der Pen ist defekt g in der Gebrauchsanleitung des Pens nachschlagen.<br />
28
Checkliste: Selbstinjektion von Insulin<br />
1. Spritzstellen überprüfen<br />
2. NPH- und Mischinsulin (trübes Insulin/Bodensatz)<br />
gründlich aufmischen: Pen 20x langsam<br />
hin- und herschwenken. Das Insulin muss gleichmäßig<br />
trüb sein<br />
Bei klaren Insulinen entfällt dieser Schritt!<br />
3. Papiersiegel von der äußeren Schutzkappe der<br />
Pen-Nadel entfernen<br />
4. Neue Kanüle senkrecht auf den Pen aufsetzen<br />
und aufschrauben<br />
29
Checkliste: Selbstinjektion von Insulin<br />
5. Äußere und innere<br />
Schutzkappe abziehen<br />
Wichtig: Äußere Schutzkappe<br />
für das Abschrauben<br />
und die Entsorgung<br />
der Nadel bereithalten<br />
Die innere Schutzkappe<br />
wird nicht mehr benötigt!<br />
6. Funktionskontrolle:<br />
1 – 2 Einheiten einstellen. Den Pen <strong>mit</strong> der Kanüle<br />
nach oben halten und den Dosierknopf völlig<br />
eindrücken. Insulin muss an der Nadelspitze<br />
austreten<br />
Den Vorgang ggf. wiederholen bis Insulin austritt<br />
7. Gewünschte Insulindosis einstellen<br />
8. Pen <strong>mit</strong> der ganzen Hand greifen<br />
(Daumen noch nicht auf dem Dosierknopf)<br />
30
Checkliste: Selbstinjektion von Insulin<br />
9. Falls nötig, Hautfalte bilden<br />
10. Pen-Nadel in einer zügigen Bewegung vollständig<br />
einstechen<br />
11. Dosierknopf langsam und gleichmäßig bis zum<br />
Anschlag <strong>mit</strong> dem Daumen eindrücken<br />
Nach dem Drücken des <strong>Injektion</strong>sknopfes <strong>mit</strong><br />
dem Herausziehen der Nadel noch 10 Sekunden<br />
warten<br />
12. Pen-Nadel wieder gerade aus der Haut ziehen<br />
Ggf. Hautfalte danach lösen<br />
13. Leere äußere Schutzkappe vorsichtig senkrecht<br />
aufsetzen und Pen-Nadel abschrauben<br />
14. Pen-Nadel sicher entsorgen<br />
10 sek.<br />
31
Checkliste: Selbstinjektion von Insulin<br />
15. Pen-Kappe wieder auf den Pen stecken und den<br />
Pen <strong>bei</strong> Raumtemperatur lagern<br />
16. Dosismenge, Zeitpunkt der <strong>Injektion</strong> und Insulinart<br />
notieren (z. B. im <strong>Diabetes</strong>tagebuch)<br />
32
Checkliste: Insulininjektion <strong>mit</strong> Sicherheits-Pen-Nadeln<br />
in Krankenhaus und Pflege<br />
1. Auf die geltenden Hygienevorschriften<br />
(Krankenhaus, Plegeeinrichtung, Pflegedienst,<br />
Praxis) achten<br />
Ggf. Einstichstelle und Septum der Insulinpatrone<br />
sorgfältig <strong>mit</strong> Hautantiseptikum bzw. Desinfektions<strong>mit</strong>tel<br />
behandeln und die notwendige Einwirkzeit<br />
beachten<br />
2. Spritzstellen überprüfen<br />
3. NPH- und Mischinsulin (trübes Insulin/Bodensatz)<br />
gründlich aufmischen: Pen 20x langsam<br />
hin- und herschwenken. Das Insulin muss gleichmäßig<br />
trüb sein.<br />
Bei klaren Insulinen entfällt dieser Schritt!<br />
4. Papiersiegel von der Schutzkappe der Sicherheits-Pen-Nadel<br />
entfernen<br />
33
Checkliste: Insulininjektion <strong>mit</strong> Sicherheits-Pen-Nadeln<br />
in Krankenhaus und Pflege<br />
5. Sicherheits-Pen-Nadel senkrecht auf den Pen<br />
aufsetzen und aufschrauben<br />
6. Schutzkappe der Sicherheits-Pen-Nadel abziehen<br />
7. Funktionskontrolle:<br />
1 – 2 Einheiten einstellen. Den Pen <strong>mit</strong> der Kanüle<br />
nach oben halten und den Dosierknopf völlig<br />
eindrücken. Insulin muss an der Nadelspitze<br />
austreten<br />
Den Vorgang ggf. wiederholen bis Insulin austritt<br />
8. Gewünschte Insulindosis einstellen<br />
34
Checkliste: Insulininjektion <strong>mit</strong> Sicherheits-Pen-Nadeln<br />
in Krankenhaus und Pflege<br />
9. Pen <strong>mit</strong> der ganzen Hand greifen<br />
(Daumen noch nicht auf dem Dosierknopf)<br />
10. Falls nötig, Hautfalte bilden<br />
11. Pen-Nadel in einer zügigen Bewegung vollständig<br />
senkrecht einstechen<br />
Bei der Verwendung von Sicherheits-Pen-Nadeln<br />
ist eine sorgfältige Durchführung der <strong>Injektion</strong><br />
besonders wichtig! Hierzu die Empfehlungen des<br />
jeweiligen Herstellers beachten<br />
12. Dosierknopf bis zum Anschlag <strong>mit</strong> dem Daumen<br />
eindrücken<br />
Nach dem Drücken des <strong>Injektion</strong>sknopfes <strong>mit</strong><br />
dem Herausziehen der Nadel noch 10 Sekunden<br />
warten<br />
13. Pen-Nadel wieder gerade aus der Haut ziehen<br />
Ggf. Hautfalte danach lösen<br />
10 sec.<br />
35
Checkliste: Insulininjektion <strong>mit</strong> Sicherheits-Pen-Nadeln<br />
in Krankenhaus und Pflege<br />
14. Nach dem Herausziehen der<br />
Sicherheits-Pen-Nadel ist die<br />
Nadel durch einen automatischen<br />
Schutzschild verriegelt<br />
Ein roter Indikator zeigt den aktivierten<br />
Schutz vor Nadelstichverletzungen<br />
an (s. Foto rechts und <strong>Anleitung</strong><br />
des jeweiligen Herstellers)<br />
15. Abschrauben der Sicherheits-Pen-Nadel<br />
Bei Sicherheits-Pen-Nadeln ist da<strong>bei</strong> ein Wiederaufsetzen<br />
der Schutzkappe nicht nötig<br />
16. Verriegelte Sicherheits-Pen-Nadel in einem<br />
Abwurfbehälter entsorgen<br />
17. Pen-Kappe wieder auf den Pen stecken und den<br />
Pen <strong>bei</strong> Raumtemperatur lagern<br />
18. Dosismenge, Zeitpunkt der <strong>Injektion</strong> und<br />
Insulinart dokumentieren<br />
36
Allgemeines<br />
Mit Anregungen und Fragen wenden Sie sich bitte an die<br />
<strong>VDBD</strong>-Geschäftsstelle:<br />
Am Eisenwald 16<br />
66386 St. Ingbert<br />
eMail: info@vdbd.de<br />
Download:<br />
Die Broschüre „<strong>VDBD</strong> – <strong>Praktische</strong> <strong>Anleitung</strong>“ liegt als PDF auf www.vdbd.de<br />
zum Herunterladen bereit.<br />
38
© 2012 <strong>VDBD</strong> e. V. PM109 5-03/12