Heidis Lehr und Wanderjahre - Blog.de
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<strong>Heidis</strong> <strong>Lehr</strong> <strong>und</strong> <strong>Wan<strong>de</strong>rjahre</strong> 1<br />
Die Großmutter schwieg still, sie wollte <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s Freu<strong>de</strong> nicht<br />
trüben. Bei seinem Herumhüpfen fiel <strong>de</strong>m Heidi auf einmal das alte<br />
Lie<strong>de</strong>rbuch <strong>de</strong>r Großmutter in die Augen, <strong>und</strong> es kam ihm ein neuer<br />
freudiger Gedanke: "Großmutter, jetzt kann ich auch ganz gut lesen;<br />
soll ich dir einmal ein Lied lesen aus <strong>de</strong>inem alten Buch?"<br />
"O ja", bat die Großmutter freudig überrascht; "kannst du das auch<br />
wirklich, Kind, kannst du das?"<br />
Heidi war auf einen Stuhl geklettert <strong>und</strong> hatte das Buch mit einer<br />
dicken Staubwolke heruntergezogen, <strong>de</strong>nn es hatte lange unberührt<br />
gelegen da oben; nun wischte es Heidi sauber ab, setzte sich damit<br />
auf seinen Schemel zur Großmutter hin <strong>und</strong> fragte, was es nun lesen<br />
solle.<br />
"Was du willst, Kind, was du willst", <strong>und</strong> mit gespannter Erwartung<br />
saß die Großmutter da <strong>und</strong> hatte ihr Spinnrad ein wenig von sich<br />
geschoben.<br />
Heidi blätterte <strong>und</strong> las leise hier <strong>und</strong> da eine Linie: "jetzt kommt<br />
etwas von <strong>de</strong>r Sonne, das will ich dir lesen, Großmutter." Und Heidi<br />
begann <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> selbst immer eifriger <strong>und</strong> immer wärmer, während es<br />
las:<br />
"Die güldne Sonne Voll<br />
Freud <strong>und</strong> Wonne<br />
Bringt unsern Grenzen<br />
Mit ihrem Glänzen<br />
Ein herzerquicken<strong>de</strong>s, liebliches Licht.<br />
Mein Haupt <strong>und</strong> Glie<strong>de</strong>r<br />
Die lagen darnie<strong>de</strong>r;<br />
Aber nun steh ich,<br />
Bin munter <strong>und</strong> fröhlich,<br />
Schaue <strong>de</strong>n Himmel mit meinem Gesicht.<br />
Mein Auge schauet,<br />
Was Gott gebauet<br />
Zu seinen Ehren,<br />
Und uns zu lehren,<br />
Wie sein Vermögen sei mächtig <strong>und</strong> groß.<br />
Und wo die Frommen<br />
Dann sollen hinkommen,<br />
Wenn sie mit Frie<strong>de</strong>n<br />
Von hinnen geschie<strong>de</strong>n<br />
Aus dieser Er<strong>de</strong> vergänglichem Schoß.<br />
Alles vergehet,<br />
Gott aber stehet<br />
Ohn alles Wanken,<br />
Seine Gedanken,<br />
Sein Wort <strong>und</strong> Wille hat ewigen Gr<strong>und</strong>.<br />
Sein Heil <strong>und</strong> Gna<strong>de</strong>n<br />
Die nehmen nicht Scha<strong>de</strong>n,<br />
Heilen im Herzen,<br />
Die tödlichen Schmerzen,<br />
Halten uns zeitlich <strong>und</strong> ewig ges<strong>und</strong>.<br />
Kreuz <strong>und</strong> Elen<strong>de</strong>--<br />
Das nimmt ein En<strong>de</strong>,<br />
Nach Meeresbrausen<br />
Und Win<strong>de</strong>ssausen<br />
Leuchtet <strong>de</strong>r Sonne erwünschtes Gesicht.<br />
Freu<strong>de</strong> die Fülle<br />
Und selige Stille<br />
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