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Heidis Lehr und Wanderjahre - Blog.de

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<strong>Heidis</strong> <strong>Lehr</strong> <strong>und</strong> <strong>Wan<strong>de</strong>rjahre</strong> 1<br />

entledigt sah. Er winkte nun Heidi geheimnisvoll auf die Seite <strong>und</strong><br />

überreichte ihm hier eine schwere Rolle <strong>und</strong> einen Brief an <strong>de</strong>n<br />

Großvater <strong>und</strong> erklärte ihm, die Rolle sei ein Geschenk von Herrn<br />

Sesemann, die müsse aber zuunterst in <strong>de</strong>n Korb gesteckt wer<strong>de</strong>n,<br />

noch unter die Brötchen, <strong>und</strong> darauf müsse genau Acht gegeben wer<strong>de</strong>n,<br />

dass sie nicht verloren gehe, <strong>de</strong>nn darüber wür<strong>de</strong> Herr Sesemann<br />

ganz fürchterlich böse <strong>und</strong> sein Leben lang nie mehr gut wer<strong>de</strong>n; das<br />

sollte das Mamsellchen nur ja be<strong>de</strong>nken.<br />

"Ich verliere sie schon nicht", sagte Heidi zuversichtlich <strong>und</strong><br />

steckte die Rolle samt <strong>de</strong>m Brief zuallerunterst in <strong>de</strong>n Korb hinein.<br />

Nun wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Koffer aufgela<strong>de</strong>n, <strong>und</strong> nachher hob Sebastian Heidi<br />

samt seinem Korb auf <strong>de</strong>n hohen Sitz empor, reichte ihm seine Hand<br />

hinauf zum Abschied <strong>und</strong> ermahnte es noch einmal mit allerlei<br />

Zeichen, auf <strong>de</strong>n Inhalt <strong>de</strong>s Korbes ein Auge zu haben; <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r<br />

Führer war noch in <strong>de</strong>r Nähe, <strong>und</strong> Sebastian war vorsichtig,<br />

beson<strong>de</strong>rs jetzt, da er wusste, er hätte eigentlich selbst das Kind<br />

an Ort <strong>und</strong> Stelle bringen sollen. Der Führer schwang sich jetzt<br />

neben Heidi auf <strong>de</strong>n Sitz hinauf, <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Wagen rollte <strong>de</strong>n Bergen zu,<br />

während Sebastian, froh über seine Befreiung von <strong>de</strong>r gefürchteten<br />

Bergreise, sich am Stationshäuschen nie<strong>de</strong>rsetzte, um <strong>de</strong>n<br />

zurückgehen<strong>de</strong>n Bahnzug abzuwarten.<br />

Der Mann auf <strong>de</strong>m Wagen war <strong>de</strong>r Bäcker vom Dörfli, welcher seine<br />

Mehlsäcke nach Hause fuhr. Er hatte Heidi nie gesehen, aber wie<br />

je<strong>de</strong>rmann im Dörfli wusste er von <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong>, das man <strong>de</strong>m Alm-Öhi<br />

gebracht hatte; auch hatte er <strong>Heidis</strong> Eltern gekannt <strong>und</strong> sich gleich<br />

vorgestellt, er wer<strong>de</strong> es mit <strong>de</strong>m viel besprochenen Kin<strong>de</strong> hier zu<br />

tun haben. Es w<strong>und</strong>erte ihn nun ein wenig, warum das Kind schon<br />

wie<strong>de</strong>r heimkommen <strong>und</strong> während <strong>de</strong>r Fahrt fing er nun mit Heidi ein<br />

Gespräch an: "Du wirst das Kind sein, das oben beim Alm-Öhi war,<br />

beim Großvater?"<br />

"Ja."<br />

"So ist es dir schlecht gegangen, dass du schon wie<strong>de</strong>r von so weit<br />

her heimkommst?"<br />

"Nein, das ist es mir nicht; kein Mensch kann es so gut haben, wie<br />

man es in Frankfurt hat."<br />

"Warum läufst du <strong>de</strong>nn heim?"<br />

"Nur weil es mir <strong>de</strong>r Herr Sesemann erlaubt hat, sonst wär ich nicht<br />

heimgelaufen."<br />

"Pah, warum bist du <strong>de</strong>nn aber nicht lieber dort geblieben, wenn man<br />

dir's erlaubt hat, heimzugehen?"<br />

"Weil ich tausendmal lieber heimwill zum Großvater auf die Alm als<br />

sonst alles auf <strong>de</strong>r Welt."<br />

"Denkst vielleicht an<strong>de</strong>rs, wenn du hinaufkommst", brummte <strong>de</strong>r<br />

Bäcker; "nimmt mich aber doch w<strong>und</strong>er", sagte er dann zu sich selbst,<br />

"es kann wissen, wie's ist."<br />

Nun fing er an zu pfeifen <strong>und</strong> sagte nichts mehr, <strong>und</strong> Heidi schaute<br />

um sich <strong>und</strong> fing an innerlich zu zittern vor Erregung, <strong>de</strong>nn es<br />

erkannte die Bäume am Wege, <strong>und</strong> drüben stan<strong>de</strong>n die hohen Zacken <strong>de</strong>s<br />

Falknis-Berges <strong>und</strong> schauten zu ihm herüber, so als grüßten sie es<br />

wie gute alte Fre<strong>und</strong>e; <strong>und</strong> Heidi grüßte wie<strong>de</strong>r, <strong>und</strong> mit je<strong>de</strong>m<br />

Schritt vorwärts wur<strong>de</strong> <strong>Heidis</strong> Erwartung gespannter, <strong>und</strong> es meinte,<br />

es müsse vom Wagen herunterspringen <strong>und</strong> aus allen Kräften laufen,<br />

bis es ganz oben wäre. Aber es blieb doch still sitzen <strong>und</strong> rührte<br />

sich nicht, aber alles zitterte an ihm. Jetzt fuhren sie im Dörfli<br />

ein, eben schlug die Glocke fünf Uhr. Augenblicklich sammelte sich<br />

eine Gesellschaft von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Frauen um <strong>de</strong>n Wagen herum, <strong>und</strong><br />

ein paar Nachbarn traten auch noch herzu, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Koffer <strong>und</strong> das<br />

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