04.10.2013 Aufrufe

Heidis Lehr und Wanderjahre - Blog.de

Heidis Lehr und Wanderjahre - Blog.de

Heidis Lehr und Wanderjahre - Blog.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Peter?", fragte es.<br />

<strong>Heidis</strong> <strong>Lehr</strong> <strong>und</strong> <strong>Wan<strong>de</strong>rjahre</strong> 1<br />

Das wusste dieser nun ganz genau <strong>und</strong> konnte es umso besser in<br />

seinem Kopf behalten, da er daneben wenig darin aufzubewahren hatte.<br />

Er fing also an <strong>und</strong> nannte ohne Anstoß eine nach <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren,<br />

immer je mit <strong>de</strong>m Finger die betreffen<strong>de</strong> bezeichnend. Heidi hörte<br />

mit gespannter Aufmerksamkeit <strong>de</strong>r Unterweisung zu, <strong>und</strong> es währte<br />

gar nicht lange, so konnte es sie alle voneinan<strong>de</strong>r unterschei<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> je<strong>de</strong> bei ihrem Namen nennen, <strong>de</strong>nn es hatte eine je<strong>de</strong> ihre<br />

Beson<strong>de</strong>rheiten, die einem gleich im Sinne bleiben mussten; man<br />

musste nur allen genau zusehen, <strong>und</strong> das tat Heidi. Da war <strong>de</strong>r<br />

große Türk mit <strong>de</strong>n starken Hörnern, <strong>de</strong>r wollte mit diesen immer<br />

gegen alle an<strong>de</strong>ren stoßen, <strong>und</strong> die meisten liefen davon, wenn er<br />

kam, <strong>und</strong> wollten nichts von <strong>de</strong>m groben Kamera<strong>de</strong>n wissen. Nur <strong>de</strong>r<br />

kecke Distelfink, das schlanke, behän<strong>de</strong> Geißchen, wich ihm nicht<br />

aus, son<strong>de</strong>rn rannte von sich aus manchmal drei-, viermal<br />

hintereinan<strong>de</strong>r so rasch <strong>und</strong> tüchtig gegen ihn an, dass <strong>de</strong>r große<br />

Türk öfters ganz erstaunt dastand <strong>und</strong> nicht mehr angriff, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r<br />

Distelfink stand ganz kriegslustig vor ihm <strong>und</strong> hatte scharfe<br />

Hörnchen. Da war das kleine, weiße Schneehöppli, das immer so<br />

eindringlich <strong>und</strong> flehentlich meckerte, dass Heidi schon mehrmals zu<br />

ihm hingelaufen war <strong>und</strong> es tröstend beim Kopf genommen hatte. Auch<br />

jetzt sprang das Kind wie<strong>de</strong>r hin, <strong>de</strong>nn die junge, jammern<strong>de</strong> Stimme<br />

hatte eben wie<strong>de</strong>r flehentlich gerufen. Heidi legte seinen Arm um<br />

<strong>de</strong>n Hals <strong>de</strong>s Geißleins <strong>und</strong> fragte ganz teilnehmend: "Was hast du,<br />

Schneehöppli? Warum rufst du so um Hilfe?" Das Geißlein schmiegte<br />

sich nahe <strong>und</strong> vertrauensvoll an Heidi an <strong>und</strong> war jetzt ganz still.<br />

Peter rief von seinem Sitz aus, mit einigen Unterbrechungen, <strong>de</strong>nn<br />

er hatte immer noch zu beißen <strong>und</strong> zu schlucken: "Es tut so, weil<br />

die Alte nicht mehr mitkommt, sie haben sie verkauft nach Maienfeld<br />

vorgestern, nun kommt sie nicht mehr auf die Alm."<br />

"Wer ist die Alte?", fragte Heidi zurück.<br />

"Pah, seine Mutter", war die Antwort.<br />

"Wo ist die Großmutter?", rief Heidi wie<strong>de</strong>r.<br />

"Hat keine."<br />

"Und <strong>de</strong>r Großvater?"<br />

"Hat keinen."<br />

"Du armes Schneehöppli du", sagte Heidi <strong>und</strong> drückte das Tierlein<br />

zärtlich an sich. "Aber jammere jetzt nur nicht mehr so; siehst du,<br />

ich komme nun je<strong>de</strong>n Tag mit dir, dann bist du nicht mehr so<br />

verlassen, <strong>und</strong> wenn dir etwas fehlt, kannst du nur zu mir kommen."<br />

Das Schneehöppli rieb ganz vergnügt seinen Kopf an <strong>Heidis</strong> Schulter<br />

<strong>und</strong> meckerte nicht mehr kläglich. Unter<strong>de</strong>ssen hatte Peter sein<br />

Mittagsmahl been<strong>de</strong>t <strong>und</strong> kam nun auch wie<strong>de</strong>r zu seiner Her<strong>de</strong> <strong>und</strong> zu<br />

Heidi heran, das schon wie<strong>de</strong>r allerlei Betrachtungen angestellt<br />

hatte.<br />

Weitaus die zwei schönsten <strong>und</strong> saubersten Geißen <strong>de</strong>r ganzen Schar<br />

waren Schwänli <strong>und</strong> Bärli, die sich auch mit einer gewissen<br />

Vornehmheit betrugen, meistens ihre eigenen Wege gingen <strong>und</strong><br />

beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>m zudringlichen Türk abweisend <strong>und</strong> verächtlich<br />

begegneten.--<br />

Die Tierchen hatten nun wie<strong>de</strong>r begonnen, nach <strong>de</strong>n Büschen<br />

hinaufzuklettern, <strong>und</strong> je<strong>de</strong>s hatte seine eigene Weise dabei, die<br />

einen leichtfertig über alles weg hüpfend, die an<strong>de</strong>ren bedächtlich<br />

die guten Kräutlein suchend unterwegs, <strong>de</strong>r Türk hier <strong>und</strong> da seine<br />

Angriffe probierend. Schwänli <strong>und</strong> Bärli kletterten hübsch <strong>und</strong><br />

leicht hinan <strong>und</strong> fan<strong>de</strong>n oben sogleich die schönsten Büsche,<br />

stellten sich geschickt daran auf <strong>und</strong> nagten sie zierlich ab.<br />

Seite 16

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!