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Biosignal Augenaktivität - Cognitive Systems Lab

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<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Vorlesung WS 2012/2013<br />

<strong>Biosignal</strong>e und<br />

Benutzerschnittstellen<br />

<strong>Biosignal</strong>: <strong>Augenaktivität</strong><br />

Prof. Dr. Tanja Schultz<br />

Dipl. Math. Michael Wand<br />

1


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

K.-P. Hoffmann: Nystagmographie,<br />

Kapitel 13, pp. 185-192<br />

Literatur für diese Vorlesung<br />

in: Kramme (Hrsg.), Medizintechnik, Springer, 3. Auflage, 2006<br />

Silbernagl/Despopoulus: Dtv-Atlas der Physiologie<br />

Das visuelle System, Kapitel 12, pp. 242-270<br />

in: R. Schandry, Biologische Psychologie – Ein Lehrbuch,<br />

2. Auflage, 2006, BeltzPVU<br />

Papersammlung zur Vorlesung<br />

- Ordner<br />

- Verfügbar bei Frau Scherer<br />

- Sekretariat CSL<br />

- Fachschaft (geplant)<br />

2


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Nystagmographie<br />

• Nystagmus (griech.: nystázein = nicken, schlafen) sind unkontrollierbare,<br />

rhythmische Bewegungen eines Organs<br />

• Üblicherweise bezieht man sich bei diesem Organ auf das Auge<br />

• Nystagmus = „Augenzittern“<br />

• (klinisch) Nystagmus = schnellen Phase der Augenbewegung<br />

• Nystagmographie = elektrische od. optische Registrierung der<br />

Augenbewegung<br />

3


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Mechanische<br />

<strong>Biosignal</strong>e<br />

Gestik<br />

Mimik<br />

Bewegung<br />

Taxonomie <strong>Biosignal</strong>e<br />

Thermische<br />

<strong>Biosignal</strong>e<br />

Wärme<br />

Hirn<br />

EEG<br />

<strong>Biosignal</strong>e<br />

Elektrische<br />

<strong>Biosignal</strong>e<br />

Augen<br />

EOG<br />

Muskeln<br />

EMG<br />

4<br />

Chemische<br />

<strong>Biosignal</strong>e<br />

MEG/PET<br />

fMRI<br />

Herz<br />

EKG<br />

Nichtsprachl.<br />

Artikulation<br />

Akustische<br />

<strong>Biosignal</strong>e<br />

Körper-<br />

geräusche<br />

Sprache


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Anwendungen von Augenverfolgung<br />

• Entwicklungspsychologie<br />

• Industriedesign und Werbungsforschung<br />

• Kognitive Psychologie und Neuropsychologie<br />

• Mensch-Maschine Schnittstellen<br />

• Interface Design Forschung<br />

• Entertainment / Gaming<br />

• Lesestudien / Lernen<br />

• Das Auge als direkte Eingabemodalität<br />

Augenverfolgung statt Maus<br />

• Menschliche Interaktion / Kommunikation<br />

Focus of Attention<br />

5


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Das Auge<br />

• Augenbewegungen<br />

• Technik und Methodik<br />

• Geräte und Verfahren<br />

• Anwendungsbeispiele<br />

Überblick<br />

6


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Auge als optischer Apparat<br />

Kamera Auge<br />

Linsensystem mit variabler Brennweite Augenlinse<br />

Blende mit verstellbarer Öffnung Pupille<br />

Lichtempfindliche Fläche = Film Netzhaut<br />

Entfernungseinstellung Akkomodation<br />

Blendeneinstellung (Lichteinfall regulieren ) Pupillenweite (1,5 – 8mm)<br />

7<br />

Schandry, S.243


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Das Auge<br />

• Optischer Apparat des Auges: Hornhaut (Kornea), Kammerwasser, Linse, und<br />

Glaskörper<br />

• Einfallendes Licht durchdringt den optischen Apparat, bevor es die Netzhaut<br />

(Retina) mit den<br />

lichtempfindlichen Rezeptoren trifft<br />

• Dieser Apparat wirft ein<br />

(umgekehrtes) verkleinertes Bild<br />

der Umwelt auf die Netzhaut<br />

8<br />

dtv-Atlas, S.281


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Die Hornhaut (Kornea)<br />

• Die Hornhaut ist das (klare) Fenster<br />

zum Auge.<br />

• Durch sie gelangt Licht in das Auge.<br />

Hornhaut & Augenlinse<br />

9<br />

Die Augenlinse<br />

• Die Augenlinse ist ein kleiner,<br />

elastischer, aus durchsichtigen<br />

Fasern bestehender Körper.<br />

• Als „natürliche Lupe“ dient sie zur<br />

Scharfstellung des Bildes.<br />

Wikipedia - Auge


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Der Ziliarkörper liegt hinter der Iris.<br />

Der Ziliarkörper<br />

• Hier wird die Augenflüssigkeit gebildet die durch die Kammerwinkel abfließt.<br />

• Am Ziliarkörper sitzt auch der Muskel, der die Linse verformt und so das<br />

Nahsehen ermöglicht.<br />

10<br />

Wikipedia - Auge


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Die Iris<br />

• Die Iris ist eine farbige Blende, die<br />

durch ein Loch, die Pupille, Licht in<br />

das Innere des Auges lässt.<br />

• Bei starkem Lichteinfall zieht sie<br />

sich zusammen und die Pupille<br />

wird enger.<br />

Iris & Vorderkammer<br />

11<br />

Die Vorderkammer<br />

• Vorderkammer nennt man den<br />

Raum zwischen Iris und Hornhaut.<br />

• Sie enthält die Augenflüssigkeit, die<br />

die Hornhaut ernährt.<br />

Wikipedia - Auge


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Die Aderhaut<br />

• blutgefäßreiche Schicht die der<br />

Versorgung dient.<br />

Aderhaut & Lederhaut<br />

12<br />

Die Lederhaut<br />

• feste, weiße Hülle des Auges.<br />

• Vorne geht sie in die durchsichtige<br />

Hornhaut über.<br />

Wikipedia - Auge


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Die Netzhaut (Retina)<br />

• Die Netzhaut stellt die lichtempfindliche Innenauskleidung des Auges dar, in<br />

der verschiedene Sinneszellen sitzen.<br />

• Die Stäbchen sind für das Schwarz/Weiß-Sehen zuständig.<br />

• Die Zapfen sind für das Farbensehen zuständig.<br />

• Die Netzhaut wird mit eigenen Blutgefäßen versorgt.<br />

13<br />

Wikipedia - Auge


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Der Sehnerv (N. Opticus)<br />

• Der Sehnerv überträgt die Informationen von der Netzhaut mit ihren<br />

Sinneszellen an das Gehirn.<br />

• An der Stelle, an der er aus dem Auge austritt, befinden sich keine<br />

Sinneszellen.<br />

• Man spricht hier auch vom „blinden Fleck“.<br />

• Beim Eintritt ins Gehirn kreuzen sich die Sehnerven, so dass die Informationen<br />

des linken Auges an die rechte, und die Informationen des rechten Auges an<br />

die linke Hirnhälfte weitergegeben werden.<br />

14<br />

Wikipedia - Auge


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Die Augenmuskeln<br />

• Die sechs Augenmuskeln drehen die Augen und ändern damit die<br />

Blickrichtung.<br />

15<br />

Wikipedia - Auge


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Das Auge<br />

• Einwandfreie Bildwiedergabe setzt voraus:<br />

• Durchsichtigkeit<br />

• Formkonstanz<br />

• glatte Oberflächen der einzelnen Teile<br />

• Durchsichtigkeit:<br />

• Tränenflüssigkeit verbessert Eigenschaften der Kornea<br />

• Iris regelt Lichteintritt durch ringförmige und radiäre Muskelfasern, die die<br />

Pupille verengen oder erweitern<br />

• Formerhaltung des Augapfels:<br />

• Hülle des Auges (Lederhaut – Sklera)<br />

• Augeninnendruck<br />

(Produktion und Abfluss des Kammerwassers)<br />

16


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Äußere Augenmuskeln:<br />

• Horizontale Auslenkung<br />

• Vertikale Auslenkung<br />

• Rollen<br />

Muskeln am Auge<br />

17<br />

Wirkung der Muskeln,<br />

rechtes Auge<br />

Wikipedia<br />

wikipedia


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Inneren Augenmuskeln:<br />

Muskeln am Auge<br />

• Musculus sphincter pupillae: Pupillenverenger<br />

• Musculus dilatator pupillae: Pupillenerweiterer<br />

(beide zur Adaptation an die Lichtverhältnisse)<br />

• Musculus ciliaris:<br />

zur Akkommodation, d.h.<br />

Krümmung der Linse<br />

18<br />

Querschnitt durch den<br />

Ziliarkörper, die Linse<br />

und den Musculus<br />

sphincter pupillae<br />

Wikipedia


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Das Auge – ein Optisches System<br />

• Lichtstrahlen, die aus der Luft in ein anderes Medium übertreten, werden<br />

gebrochen<br />

• Bei kugelförmigen Grenzflächen entsteht eine Abbildung, d.h. alle von einem<br />

Punkt ausgehenden Strahlen treffen sich wieder in einem Punkt jenseits der<br />

Grenzfläche<br />

• Vorderer Brennpunkt F V (in der Luft), Hinterer Brennpunkt F H<br />

• Hauptpunkt H, Knotenpunkt K<br />

• Strahlen von entfernten Punkten<br />

werden als parallel betrachtet<br />

• Sie treffen sich in F H, wenn sie außerdem<br />

parallel zur optischen Achse eintreffen<br />

• Treffen sie schräg auf, werden sie neben<br />

F H in derselben Brennebene abgebildet<br />

• Strahlen von nahen Punkten sind nicht<br />

parallel und werden daher nicht in der<br />

Brennebene, sondern hinter F H abgebildet<br />

19<br />

dtv-Atlas, S.281


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Linse – Akkommodation<br />

• Linse ist bikonvex gekrümmt (vorne etwas schwächer als hinten)<br />

• Brechkraft der Linse wird verstellt durch Veränderung ihrer Wölbung<br />

• Ringförmiger Ziliarmuskel: Kontraktion bewirkt Verringerung des<br />

Durchmessers der Linse stärkere Krümmung (insbes. Vorne)<br />

• Ein System von winzigen Bändern Zonulafasern spannt Linse ein<br />

• Kinder können<br />

die Brechkraft<br />

bis 14 Dioptrien<br />

variieren<br />

• Im Alter nimmt Elastizität<br />

der Linse ab, verminderte<br />

Krümmung<br />

• 10-jährige: 12 D<br />

30-jährige: 7,5 D<br />

50-jährige: 2 D<br />

70-jährige: 0,5 D<br />

20<br />

dtv-Atlas, S.281


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Linse – Akkommodation<br />

• Fernakkommodation: die zueinander parallelen Strahlen, die von einem fernen<br />

Punkt herrühren, werden bei F H scharf abgebildet, genau bei F H liegt die<br />

Retina, so dass die Rezeptoren ein scharfes Bild erhalten (links, )<br />

• Nahe Punkte sind unscharf, da sie hinter der Retina abgebildet werden<br />

(links, )<br />

• Bei Nahakkommodation erhöht sich die Krümmung der Linse und damit die<br />

Brechkraft, nahe Punkte wandern in<br />

die Retinaebene (rechts, )<br />

21<br />

dtv-Atlas, S.282


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Retina<br />

• Innenseite der Bulbuswand ist von der Retina ausgekleidet<br />

• Ausgespart ist der Ausgang des Sehnervs<br />

• Gegenüber der Pupillenöffnung liegt das Zentrum des schärfsten Sehens (fovea<br />

centralis)<br />

• Retina enthält Stäbchen und Zapfen, Rezeptoren für Licht<br />

• Die zentralen<br />

Fortsätze<br />

verlassen als<br />

N. opticus den<br />

Bulbus (Augapfel)<br />

• Inversion der<br />

Retina<br />

22<br />

dtv-Atlas, S.281


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Sehschärfe<br />

• Unter guten Lichtverhältnissen kann das normale Auge zwei Punkte<br />

unterscheiden, wenn davon ausgehende Strahlen einen Winkel von einer<br />

Bogenminute (1‘ = 1/60 ) bilden<br />

• Wenn Sie aus 3,3 m die Öffnung des rechten Landolt-Ringes erkennen können,<br />

beträgt Ihr Visus 1,0<br />

23<br />

dtv-Atlas, S.285


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Sehfarbstoff<br />

• Stäbchen und Zapfen enthalten Sehfarbstoffe<br />

• Sie sind die Mittler bei der Umwandlung des Lichtreizes in eine elektrische<br />

Erregung des N.opticus<br />

• Rhodopsin: Proteinanteil (Opsin), Aldehyd (11-cis-Retinal)<br />

• Lichtreiz bewirkt Umlagerung am C-Atom 11 des Aldehyds<br />

Opsin + 11-trans-Retinal (dies bewirkt Erregung)<br />

dann zerfällt der Komplex und verliert rote Farbe<br />

(Bleichung)<br />

• Regenerierung<br />

Energieaufwand<br />

• Retinal ist das Aldehyd<br />

des Alkohols Retinol<br />

des Vitamin A1<br />

• Bei A1 Mangel<br />

Nachtblindheit<br />

24<br />

dtv-Atlas, S.285


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Anpassung an Helligkeit<br />

Mechanismen zur Adaption an Helligkeitsunterschiede:<br />

1. Pupille: kann Menge des einfallenden Lichtes um Faktor 16 verändern<br />

2. Chemische Anpassung: viel Licht Senkung der zytosolischen Ca 2+ -<br />

Konzentration der Sensoren über längere Zeit Verminderung der<br />

Verfügbarkeit von Rhodopsin und Transducin Wahrscheinlichkeit, dass<br />

Rhodopsinmolekül durch weiteres Licht getroffen wird sinkt<br />

3. Räumliche Summation: Retinafläche<br />

(= Sensorenzahl), aus der die Sehnerv-<br />

faser Erregung bekommt, kann<br />

verändert werden<br />

4. Zeitliche Summation: kurze unter-<br />

schwellige Reize können durch Reiz-<br />

verlängerung überschwellig werden<br />

25


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Farbensehen<br />

• Voraussetzung für Lichtempfindlichkeit der Photosensoren: Licht muss<br />

absorbiert werden<br />

• 3 Arten von Zapfen:<br />

• K-Zapfen: absorbieren kurzwelliges, blauviolettes Licht<br />

• M-Zapfen: absorbieren mittelwelliges, blaugrünes bis gelbes Licht<br />

• L-Zapen: absorbieren langwelliges, gelbes bis rotes Licht<br />

• Farbe auf Sehrinde wird konstruiert aus:<br />

• Meldungen der Zapfen<br />

• Umsetzung in einen<br />

Helligkeitskanal und in<br />

Gegenfarbkanäle in Retina<br />

und CGL<br />

• Bis zu 200 verschiedene<br />

Farbtöne<br />

26<br />

dtv-Atlas


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Gesichtsfeld: Ausschnitt aus der<br />

Umwelt, den unbewegtes Auge bei<br />

fixiertem Kopf sieht<br />

Gesichtsfeld, Sehbahn<br />

• Dinge in nasal gelegenen<br />

Gesichtsfeldhälften der Augen werden<br />

in temporal gelegenen<br />

Netzhauthälften abgebildet und<br />

umgekehrt<br />

• Fasern des Nervus Opticus bleiben auf<br />

gleicher Seite, Fasern im Chiasma<br />

Opticum laufen überkreuz<br />

27<br />

dtv-Atlas


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Plastisches Sehen und Entfernungssehen<br />

• Entfernungssehen und plastisches Sehen sind in erster Linie eine Leistung<br />

beider Augen gemeinsam. Daher spricht man vom binokulären (beidäugigen)<br />

Gesichtsfeld (Abb. A)<br />

• Fixiert man mit beiden Augen einen Punkt, wird dieser beidseitig auf der Fovea<br />

abgebildet (Al, Ar), nämlich auf den sog. korrespondierenden Stellen der<br />

Netzhaut<br />

• Gleiches gilt für die Punkte B, C, da sie auf einem Kreis liegen, der durch A und<br />

beide K gebildet ist (Horopterkreis)<br />

28<br />

dtv-Atlas, S.294


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Plastisches Sehen - Tiefensehen<br />

• Auf einem gedachten Mittelauge, das die beiden Netzhäute (im Sehzentrum)<br />

zur Deckung bringt, entsprechen korrespondierende Netzhautstellen einem<br />

Punkt A L+A R := A M<br />

• Für Punkte D außerhalb des Horopterkreises sieht das Mittelauge ein<br />

Doppelbild (D‘ und D‘‘), D‘ vom linken Auge<br />

• Liegen D und A nicht zu weit auseinander, entsteht durch zentrale<br />

Verarbeitung des Doppelbildes der<br />

Eindruck, D läge hinter A<br />

= Tiefenwahrnehmung<br />

• Analoges mit Punkt E, der näher als<br />

A erkannt wird (E‘ stammt vom<br />

rechten Auge)<br />

29<br />

dtv-Atlas, S.294


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Tiefensehen und Entfernungssehen<br />

• Bei einäugigem Sehen oder Sehen auf weite Entfernungen wird Wahrnehmung<br />

durch folgende Phänomene erzeugt<br />

• Konturenüberschneidungen (D1),<br />

• Dunst (D2), Schattenwurf (D3),<br />

• Größenunterschiede (D4), etc.<br />

• Nähere Gegenstände bewegen sich schneller im Gesichtsfeld als entferntere<br />

(Tiefenwahrnehmung durch Relativbewegungen)<br />

30<br />

dtv-Atlas, S.294


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Mittlere Dicke 1/5mm<br />

• 6 Schichten versch. Zelltypen<br />

1. Pigmentepithelzellen<br />

= Ernährung<br />

2. Photorezeptorzellen Z/S<br />

= Licht Signal Nerv<br />

3. Horizontalzellen schaffen Quer-<br />

verbindungen zwischen entfernt<br />

liegenden Z/S und Bipolarzellen<br />

4. Bipolarzellen Synapsen mit S/Z<br />

Axone mit Ganglienzellen<br />

5. Amakrine Zellen schaffen Quer-<br />

verbindungen zwischen BPZ und GZ<br />

6. Ganglienzellen<br />

Axone bilden Sehnerv<br />

Netzhaut<br />

31<br />

Schandry, S.246


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Stäbchen (S) / Zapfen (Z) mit<br />

„Stapel“ aus ca. 1000<br />

Membranscheiben / -einfaltungen<br />

• Diese enthalten die Sehfarbstoffe<br />

(Photopigmente)<br />

• S/Z Pigmente unterscheiden<br />

sich in chemischer Struktur<br />

• Pigment der Stäbchen:<br />

Rhodopsin<br />

• Lichtenergie verändert<br />

dieses Molekül in seiner<br />

räumlichen Struktur<br />

• Pigment der Zapfen:<br />

ähnlich aber 3 Zapfentypen<br />

für rot/grün/blau und<br />

entsprechend versch.<br />

photosensitiver Pigmente<br />

Molekulare Vorgänge<br />

32<br />

Schandry, S.247


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Photochemischer Prozess<br />

• Lichtenergie: 11-cis-Retinal Form geht über in all-trans-Form<br />

• Rhodopsin wird in Metarhodopsin II umgewandelt (wenige ms !)<br />

• M II verringert die Permeabilität der Stäbchenmembran für Natrium- und<br />

Kalziumionen<br />

• Bei Dunkelheit bleiben Na, Ka Kanäle auf durch zykl. Guanosinmonophosphat<br />

(cGMP)<br />

• Ständiger Strom positiver Ionen, das Zellinnere<br />

ist relativ depolarisiert<br />

• Licht Überschuss MetarhodopsinII<br />

cGMP wird umgewandelt in ein unwirk-<br />

sames Molekül zahlreiche Kanäle schließen<br />

sich weniger positive Ionen können ein-<br />

strömen negatives Zellinnnere weniger<br />

Transmitterausschüttung an Synapsen<br />

• Aktive Pumpe befördert Ca aus Zelle<br />

cGMP wird vermehrt gebildet<br />

Kanäle öffnen sich wieder<br />

• Anpassung an erhöhte Lichtzufuhr<br />

33


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Photochemischer Prozess<br />

• Schnelle Adaption der Stäbchenaktivität<br />

• Das Visuelle System ist in erster Linie ausgelegt, Veränderungen des Lichteinfalls zu<br />

registrieren<br />

• Lässt die Beleuchtungsstärke nach, wird sofort Synthese von Rhodopsin stattfinden<br />

und das System ist wieder reaktionsbereit<br />

• Vorgänge in den Zapfen sind ähnlich ABER<br />

• Drei Zapfentypen für die Farben ROT, GRÜN, BLAU<br />

• Adaption an ändernde Lichtverhältnisse: Pupillenweite,<br />

Unterdrückung Stäbchensehen wenn hell, Stäbchen wenn dunkel<br />

• Dunkeladaption:<br />

Helligkeit: Farbstoffaufspaltung<br />

ergibt All-Trans-Retinal<br />

Dunkelheit: bevorzugt 11-cis<br />

• Nachtblindheit: Vitamin A1 11-cis<br />

• Stäbchen sind lichtempfindlicher als Zapfen<br />

• Stäbchen brauchen bis 1 Stunde<br />

für komplette Dunkeladaption<br />

34


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Stäbchen vs. Zapfen<br />

• Die Stäbchen („rods“) für das skotopische Sehen in Dämmerung<br />

• Lichtsensitiv und aktiv bei wenig Licht, aber kein Farbensehen<br />

• Menschen, die keine Stäbchen haben, sind nachtblind.<br />

• Das Pigment der Stäbchen ist Rhodopsin;<br />

• Die Zapfen („cones“) für das<br />

photopische Sehen in Helligkeit<br />

• Farbsensitiv, aber nicht aktiv bei<br />

wenig Licht<br />

• Wenn sie fehlen, dann ist man tagblind.<br />

• Die 3 Pigmente der Zapfen (Photopsine) sind<br />

• Porphyropsin = Photopsin 1<br />

(L-Zapfen, Rot, langwellig empfindlich ~543nm, X-Chromosome)<br />

• Iodopsin = Photopsin 2<br />

(M-Zapfen, Grün, mittelwellig empfindlich ~522nm, X-Chromosom)<br />

• Cyanoposin = Photopsin 3<br />

(K-Zapfen, Blau, kurzwellig empfindlich ~420nm, Chromosom 7)<br />

35


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Exkurs 1: Inverse Retina – warum?<br />

• Diese Frage bis heute nicht eindeutig beantwortet<br />

• Siehe z.B. Klaus Neuhaus und Henrik Ullrich<br />

http://www.wort-und-wissen.de/index2.php?artikel=sij/sij71/sij71-1.html<br />

• … inverse Retina … aus evolutionstheoretischer Sicht als phylogenetisch<br />

bedingte Fehlkonstruktionen bewertet …<br />

• … dass plausible Erklärungsmodelle für die Evolution von Wirbeltieraugen bis<br />

heute nicht verfügbar sind<br />

• Sehr interessanter Artikel:<br />

• Denton MJ (1999) The inverted Retina:<br />

Maladaptation or Pre-adaptation?<br />

Origins & Design 4, 14-17.<br />

• http://www.arn.org/docs/odesign/<br />

od192/invertedretina192.htm<br />

36


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Erklärungsversuch von Denton<br />

• Photorezeptoren generieren Nervenimpuls aus einem einzigen eingefangenen<br />

Photon = Verstärkungsleistung von ca. 10 5 -10 6<br />

• Dafür brauchen die Photorezeptoren extrem viel Energie<br />

• Photorezeptoren sind die „sauerstoffhungrigsten“ Zellen<br />

• Die gute Blutversorgung wird durch das Pigment Ephitel (RPE) gewährleistet<br />

(sie transportiert auch abgenutzte Teile der Photozellen ab)<br />

• Blutgefäße zwischen den Photorezeptoren Lücken zwischen den Rezeptoren<br />

schlechtere Auflösung<br />

• Blutgefäße an die Oberseite behindert Lichteinfall<br />

• Blut absorbiert das Licht sehr gut!! (außer rot)<br />

• Im Gegensatz dazu ist das Zellengeflecht transparent<br />

• (interessante Frage: warum inverse Retina bei kaltblütigen Fischen? – Präadaption?)<br />

37


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Exkurs 2: Vitamin A1 Mangel<br />

• Warum führt A1 Mangel zu Nachtblindheit und nicht zu allgemein schlechter<br />

Sehkraft am Tag?<br />

• Das Pigment der Stäbchen ist das Rhodopsin (Sehpurpur)<br />

• Rhodopsin besteht aus dem Vitamin-A Aldehyd (11-cis-Retinal) und dem<br />

Eiweiß Opsin<br />

• Lichtreiz bewirkt Umlagerung am C-Atom 11 des Aldehyds<br />

Opsin + all-trans-Retinal, Opsin wird abgespalten<br />

• Dadurch wird eine Signalkaskade in Gang gesetzt, die letzten Endes zum<br />

Sehnerv führt.<br />

• Kein A1, kein 11-cis<br />

• Rhodopsin und Photopsin sind<br />

unterschiedlich in Regeneration<br />

• http://media.iupac.org/publications/<br />

pac/1991/pdf/6301x0171.pdf<br />

38


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Das Auge<br />

• Augenbewegungen<br />

• Technik und Methodik<br />

• Geräte und Verfahren<br />

• Anwendungsbeispiele<br />

Überblick<br />

39


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Das Okulo-motorische System<br />

Aufgaben des Okulo-motorischen <strong>Systems</strong>:<br />

• Binokuläre Zentrierung und Fixierung der interessierenden Bildabschnitte auf<br />

Stelle des schärfsten Sehens<br />

• Fovea centralis (ca. 0,8 des zentralen Gesichtsfeldes)<br />

• Vermeiden retinaler Bildverschiebungen bei Eigen- und Umweltbewegungen<br />

• Zur Lösung dieser beiden Aufgaben stehen schnelle und langsame<br />

Augenbewegungen zur Verfügung:<br />

• Sakkaden (visueller Greifreflex)<br />

• Langsame Folgebewegung<br />

• Vestibulärer und optokinetischer Nystagmus<br />

• Konvergenzbewegung<br />

• Fixation<br />

(Fixationsphase ist von Mikrosakkaden gekennzeichnet)<br />

40


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Augenbewegungen<br />

• Aufrechterhaltung des binokulären räumlichen Sehens wird sichergestellt<br />

durch:<br />

• Genauigkeit der sensomotorischen Verknüpfung<br />

• Möglichkeiten zur Kompensation von Störungen<br />

Bild: Schematische Darstellung der<br />

Augenbewegungen<br />

• Sakkaden<br />

• Folgebewegungen<br />

• Nystagmus<br />

• Konvergenz<br />

41<br />

K.-P. Hoffmann, S.186


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Sakkaden<br />

Definition: Sakkaden sind schnelle (ruckartige) Augenbewegungen, die dem<br />

Erfassen eines neuen Fixationspunktes dienen (z.B. Lesen einer Zeile)<br />

• Zerebelläre Kontrolle (Kleinhirn)<br />

• Generierung in der paramedianen pontinen Formatio reticularis<br />

• Maximale Geschwindigkeit: 700/s<br />

Geschwindigkeit nimmt mit der Größe der Bewegung zu<br />

• Dauer: 30 – 120ms<br />

• Latenz<br />

• Überschwingweite: prozentuale Abweichung vom Fixationsort nach einer<br />

Sakkade<br />

• Wird das neue Blickziel nicht erreicht, erfolgt nach etwa 100-300 ms eine<br />

Korrektursakkade<br />

42


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Sakkaden<br />

• Sakkaden lassen sich unterscheiden in:<br />

• Intern getriggerte Willkürsakkaden (Erinnerungssakkaden, Antisakkaden,<br />

Suchsakkaden)<br />

• Durch externe (visuelle oder akustische) Reize getriggerte automatisch<br />

ablaufende Reflexsakkaden<br />

• Spontane, scheinbar zufällige Sakkaden<br />

• Bildverschiebungen (etwa beim Lesen) werden im Moment der<br />

Augenbewegung zentral unterdrückt<br />

• Beispiel:<br />

Sieht man seine beiden Augen im Spiegel abwechselnd an, nimmt nur ein<br />

Dritter die Augenbewegungen wahr<br />

43


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Folgebewegungen<br />

Definition: Folgebewegungen konjugieren das Auge und führen es langsam einem<br />

bewegten Sehziel nach (Gegenstand „im Auge behalten“)<br />

• Konturen des Objektes können dabei zusätzlich durch Sakkaden abgetastet<br />

werden<br />

• Winkelgeschwindigkeiten im Schnitt bei 30-50/sec<br />

• Verfolgung und Stabilisierung des bewegten Sehziels auf der Retina<br />

44


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Nystagmen<br />

Definition: Nystagmen sind unwillkürliche, rhythmische, in zwei Phasen<br />

ablaufende okuläre Oszillationen<br />

• Ruck-Nystagmus: eine langsame und eine schnelle Phase, letztere bezeichnet<br />

die Richtung des Nystagmus<br />

• Pendel-Nystagmus: in beiden Richtungen gleichschnelle Augenbewegung<br />

• Optokinetischer Nystagmus = vestibulo-okulärer Reflex<br />

durch großflächige Reize ausgelöster Ruck-Nystagmus<br />

• Typisches Beispiel für Optokinetischen Nystagmus:<br />

Betrachten eines Baumes während einer Zugfahrt:<br />

• Langsame Phase entspricht der Bewegung des Zuges<br />

(Folgebewegung)<br />

• Schnelle Phase ist der Fixationswechsel (Sakkaden)<br />

45


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Nystagmen<br />

• Vestibulo-okulärer Reflex kann auftreten durch eine vestibuläre Reizung,<br />

Beispiele:<br />

• Mechanische Reizung durch Drehbewegung<br />

(Karusselfahren: während der Fahrt schlägt der Nytagmus in Drehrichtung,<br />

danach in Gegenrichtung)<br />

• Audiokinetische Reizung bei bewegten Schallquellen<br />

• …<br />

46


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Konvergenz- und Torsionsbewegungen<br />

Definition: Konvergenzbewegungen gleichen interretinale Bildfehler, die bei der<br />

Fixation auftreten können, aus.<br />

• Sehr langsam (10/sec)<br />

• Geringe Amplitude (maximal 15)<br />

Definition: Torsionsbewegungen sind Drehbewegungen um die Sehachse mit einer<br />

Amplitude bis 10 und einer Geschwindigkeit bis 200/sec<br />

• Können spontan oder aber optokinetisch auftreten (Anblick einer<br />

Rollbewegung der Umwelt) bzw. vestibulär bei Körper- und Kopfkippungen<br />

47


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Regelung von Augenbewegungen<br />

Prinzipieller Aufbau des okulo-motorischen <strong>Systems</strong><br />

48<br />

K.-P. Hoffmann, S.185


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Das Auge<br />

• Augenbewegungen<br />

• Technik und Methodik<br />

• Geräte und Verfahren<br />

• Anwendungsbeispiele<br />

Überblick<br />

49


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Messtechniken<br />

• Guter Übersichtsartikel über Techniken der Messung von<br />

• Blickrichtung und<br />

• Augenbewegungen<br />

G. Schneider; J. Kurt: Technische Prinzipien zur Messung der Blickrichtung und der<br />

Augenbewegungen<br />

http://www2.hu-berlin.de/reha/eye/Technische%20Prinzipien_Eye.pdf<br />

50


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Grundlagen<br />

• Hochmobiler Augapfel und komplexe Verarbeitung<br />

• Ziel ständig im Blick trotz Kopfbewegung<br />

• Daher benötigt man zur Messung des Blickzieles<br />

• Bestimmung der Augenstellung<br />

• Stellung der Pupille<br />

• Stellung des Kopfes<br />

• Bestimmung des objektiven Blickzieles<br />

Kalibrierung notwendig, um die Beziehung zwischen der Augenstellung, dem<br />

System Empfänger (oder Kamera) und der Umgebung herzustellen<br />

51


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Kalibrierung<br />

• Benötigt Punkte im Blickgebiet, die dem System in ihrem räumlichen<br />

geometrischen Verhältnis bekannt sind<br />

• … die von dem Betrachter im Vorfeld der Messung in einer Kalibrierung fixiert<br />

werden müssen<br />

• Bei dem Betrachten eines Bildes auf einem Monitor sind die Punkte durch die<br />

Bildgröße des Monitors festgelegt. Dabei wird entweder:<br />

1. der Infrarot-Empfänger (oder Kamera) in der Nähe<br />

der Augen (ca.5cm) durch eine Art Helm am Kopf<br />

geometrisch fest angeordnet oder<br />

2. Kameras werden mit dem zu betrachtenden Monitor in einem<br />

festen geometrischen Verhältnis angeordnet und nehmen die<br />

Bewegungen der Pupille berührungslos ohne<br />

Körperkontakt jedoch über einen größeren<br />

Abstand auf (ca. 60cm)<br />

52


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Berührungslose Verfahren<br />

• Künstliche Markierungen als Reflexpunkte an der Stirn (Eye-Maus)<br />

• Physiognomische Merkmale der Testperson, wie der Abstand der Augen (Tobii)<br />

• Augenbild im Gesicht über NN analysieren, um so die Blickrichtung bestimmen<br />

zu können.<br />

53


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Messverfahren Wunschliste<br />

• Kein direkter Kontakt mit Probanden, bzw. unbemerkt<br />

• Einsetzbar für alle Gruppen (Baby, Kinder, Erwachsene)<br />

• Setup Zeit, Kalibrierung, Marker<br />

• Uneingeschränkter Blick auf Kopf und Gesicht<br />

• Messung horizontaler, vertikaler (üblich) und Torsionsbewegungen<br />

(selten)<br />

• Sehr hohe räumliche Auflösung: 0,01°<br />

• Sehr hohe zeitliche Auflösung: ca. 2ms<br />

• Sehr weite Messdynamik: 600° pro sec<br />

• Geringe Reaktionsträgheit (Echtheitsfähigkeit)<br />

• Niedrige Kosten<br />

• Geringe Störeinflüsse bei Grimassen etc.<br />

• Derartige Systeme existieren noch nicht <br />

• Geeignete Auswahl hängt von Einsatzgebiet ab<br />

54


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Das Auge<br />

• Augenbewegungen<br />

• Technik und Methodik<br />

• Geräte und Verfahren<br />

• Anwendungsbeispiele<br />

Überblick<br />

55


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Verfahren<br />

1. Kontaktlinsen - elektromagn. Spulen-System<br />

2. Elektrookulogramm (EOG)<br />

3. Lichtreflektionen am Auge (IROG)<br />

• Kontaktlinsen - optische Reflexion<br />

• Cornea- und Pupillen-Reflektions-Beziehung,<br />

• Purkinje-Image-tracking<br />

4. Video-Okulographie (VOG)<br />

• Limbustracking<br />

• Pupillentracking<br />

5. Neuere Entwicklungen<br />

• Projektion von Text direkt auf der Retina<br />

• mobile Bestimmung der Blickrichtung<br />

• Nicht-Kopfgetragene VOG<br />

6. Spezialanwendungen<br />

56


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Optisches Verfahren<br />

1. Kontaktlinsen<br />

• Reflektion eines Lichtes wird durch kleine Spiegel in der Kontaktlinse<br />

aufgenommen<br />

• Magnetokulographie (MOG)<br />

• Messung der Potentialdifferenzen über Magnetfeldänderungen mit<br />

supraleitendem Quanteninferometer<br />

• Berührungslos<br />

• Auflösung derzeit noch nicht gut<br />

• Technisch und finanziell aufwändig<br />

(Abschirmung, Kühlung)<br />

• Elektromagnetische Technik (Search-Coil)<br />

• Kontaktlinse mit dünner Spule wird ins Auge gesetzt;<br />

Augenbewegung induziert in der Spule eine Spannung<br />

• Rauscharmes Signal, Auflösung gut<br />

57


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Magnetic Eye Coil / Search Coil<br />

• VT: hohe zeitliche und räumliche Auflösung<br />

• NT: unangenehm, Gefahr von Ödemen<br />

(< 20min Benutzung)<br />

• Hohe räumliche Auflösung (0.01°)<br />

• Gute zeitliche Auflösung, z.B. 1000 Hz kein<br />

Problem – aktuell wahrscheinlich die einzige geeignete Technologie für<br />

hochfrequente sakkadische Oszillationen<br />

• Vertikale Aufnahmen gut, Torsionale Aufnahmen ebenfalls möglich<br />

• Gute Linearität<br />

• Langsames Setup, Kalibrierung notwendig<br />

• Kosten: System ca. $ 15.000, Eye Coil ca. $ 100<br />

• Eye Coil hält im Schnitt für zwei Probanden<br />

• Risiken: Beschädigung der Kornea bzw. Übertragung von Krankheiten<br />

bei Mehrfachgebrauch<br />

58


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Prinzip:<br />

2. Elektrookulogramm (EOG)<br />

• Augenbewegungen erzeugen zwischen Hornhaut und Netzhaut elektrische<br />

Potentialdifferenz von 0,4 bis 1 mV<br />

• Aufzeichnen dieser (cornearetinalen) Potentiale durch Aufbringen von<br />

Hautelektroden nahe der Augen<br />

59


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

EOG (Konstantes Ruhepotential)<br />

Prinzip: Augapfel verhält sich wie ein Dipol, d.h. Netzhaut hat negative Polarität<br />

gegenüber der Hornhaut (wegen Konzentrationsdifferenzen versch. Ionen im<br />

Pigmentepithel der Netzhaut)<br />

Ruhelage: Pole liegen symmetrisch zwischen den Elektroden<br />

Augen nach links: linke Elektrode wird positiver<br />

Auge nach rechts: rechte Elektrode wird positiver<br />

Schandry, S.592<br />

60


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Elektrookulographie (EOG)<br />

• Elektroden über bzw. unter den Augen für vertikale Augenbewegung;<br />

Elektroden miteinander gekoppelt, um Messfehler zu minimieren<br />

• Seitliche Elektroden für horizontale Bewegungen<br />

• Messung der Augenbewegung<br />

• Durch Augenbewegungen nähern sich Vorderseite und Rückseite des<br />

Auges an Elektrode, Spannungsdifferenz<br />

• Spannungsdifferenz ist ungefähr proportional zu Blickwinkel<br />

• Messung der Ruhepotentialveränderung:<br />

• Änderung des Ruhepotentials durch Veränderung der<br />

Beleuchtungssituation<br />

• Proband schaut zwischen zwei festen Punkten hin und her<br />

• Dunkeladaption<br />

• Größe des Gleichstromes = Messung der Augenposition<br />

• Größe des Wechselstromes = Messung der Augenbewegung (auch<br />

Elektronystagmografie)<br />

61


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Vorteile:<br />

Vor- und Nachteile EOG<br />

• Routinemäßig in Klinik angewandt (Gleichgewichtsorgan)<br />

• Gute räumliche und zeitliche Genauigkeit<br />

• bis zu ±70° mit Genauigkeit von 1,5 - 2 Winkelgrad<br />

• Genauigkeit nimmt insbesondere bei vertikalen Augenbewegungen größer<br />

als 30° stark ab<br />

• Zeitliche Auflösung ca. 40Hz<br />

• EOG besitzt den größten Messbereich<br />

• Niedrige Kosten (ca. $500)<br />

Nachteile / Artefakte:<br />

• Setup braucht Zeit, Elektroden anbringen, Kalibrieren<br />

• Potentialschwankungen aufgrund von Muskelbewegungen<br />

• Verfälschungen durch Lidschläge und Schwankungen<br />

• Potentialänderung bei Hell-/Dunkel, Adaption des Auges<br />

62


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Corneareflexionsmethode<br />

3. Lichtreflektionen am Auge<br />

• Registrierung von (Infrarot-) Lichtreflexen auf der Hornhautoberfläche<br />

• Der Krümmungsradius der Hornhaut ist kleiner als der des Augapfels<br />

Cornea-Reflex wandert in Richtung der Augenbewegung.<br />

• Reflexionsort wird durch Infrarotdioden als analoges Signal aufgezeichnet<br />

• Oder über Diodenzeile durch CCD-Zeilenkameras oder Videokameras<br />

aufgezeichnet<br />

64


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Zwei prinzipielle Anordnungen<br />

3a. Cornea Reflex Methode<br />

• Kopfgestützte Apparatur oder ortsfeste Apparatur<br />

Nachteile der Cornea Reflex Methode<br />

• Benötigt künstliche Lichtquelle; Position Kopf – zu künstlicher Lichtquelle muss<br />

stabil sein<br />

• „Freie“ Beweglichkeit, falls Apparatur am Kopf aber das Gewicht der App.<br />

Beeinflusst die Kopfbewegungen<br />

• Blickrichtungsbestimmung erfordert Bestimmung Kopfrichtung<br />

• Kalibrierung mit integrierten Eichobjekten notwendig<br />

• Artefakte durch Passgenauigkeit der Brille, individuelle Verformungen der<br />

Hornhaut, fehlende Tränenflüssigkeit<br />

• Vertikale und horizontale Augenbewegungen bis ca. 15°<br />

Vorteile der Cornea Reflex Methode: Berührungslos<br />

65


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• CCD = Charge-Coupled Device<br />

CCD-Kamera<br />

• Ein CCD-Sensor ist ein elektronisches Bauteil, das als Sensor ausgelegt ist<br />

• CCDs wurde im Jahr 1969 eigentlich zur Datenspeicherung entworfen<br />

• Willard Boyle und George E. Smith wurden für die Erfindung des CCD im Jahre<br />

2009 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet<br />

• CCD Bauteile sind lichtempfindlich und geben ein zur eingestrahlten<br />

Lichtmenge proportionales Signal aus<br />

• Sensor bestehen meistens aus einer Matrix (seltener einer Zeile) mit<br />

lichtempfindlichen Fotodioden = Pixel, Kantenlängen 3-20 µm<br />

• Je größer die Fläche der Pixel, desto höher ist die Lichtempfindlichkeit, aber bei<br />

gleicher Sensorgröße ums kleiner die Bildauflösung<br />

• 1975: CCDs in Fernsehkameras<br />

• 1983: Einsatz der CCD-Sensoren als Bildsensoren in<br />

Astronomie und Satellitenfernerkundung<br />

• 2D CCD-Sensoren werden in Videokameras und<br />

Digitalkameras eingesetzt<br />

• 1D CCD Arrays in Faxgeräten, Spektrometern, Scannern und Barcodelesern<br />

• Quelle: Wikipedia<br />

66


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Beispiele<br />

Kopfgestützten Apparaturen - Cornea-Reflexion<br />

Microguide ExpressEye Optom Iota AB, EyeTrace<br />

http://www.eyemove.com http://www.optom.de/ (ehemals Permobil Meditech)<br />

67


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

3b. Purkinjebilder<br />

• Methode: Infrarot-Leuchtdioden reflektieren unterschiedlich auf den<br />

optischen Grenzflächen des Auges<br />

= Purkinjebilder<br />

• Treten in verschiedenen Tiefen des Auges auf<br />

• 1. Purkinjebild ist die Hornhautreflexion<br />

• 4. Purkinjebild tritt auf der Schnittstelle der Linse mit dem Glaskörper auf<br />

• Relation verändert sich während Augenbewegung<br />

68<br />

Purkinje-Tracker<br />

http://www.fourward.com<br />

Fourward Optical Tech., Inc


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Purkinjebilder<br />

• Manchmal auch zu finden unter Infrarotokulographie (IROG) oder<br />

Photoelektronystagmographie (PENG)<br />

Vorteile:<br />

• Wenig störanfällig<br />

• Derzeit die genauste Methode dabei rel. schnell<br />

• Messung von Augenbewegungen bis zu 0,1 möglich<br />

Nachteile:<br />

• Artefakte durch Lidbewegungen, Pupillenweite<br />

• Benötigt detailliertes Modell der Grenzflächen und optischen Systeme im Auge<br />

• Geht nur bei geöffneten Augen<br />

• 4.Perkinje-Reflexion sehr schwach<br />

• Hoher Justierungsaufwand<br />

• Kopf muss fixiert werden<br />

69


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Infrared Reflection<br />

• IR ist weniger geräuschbehaftet als EOG, funktioniert allerdings nur gut mit<br />

offenen Augen (i.e. +- 10 deg) vom Zentrum<br />

• Gute räumliche Auflösung: ca. 0,1°<br />

• Zeitliche Auflösung: typischerweise 100 Hz, auch größer möglich<br />

• Vertikale Aufnahmen möglich, allerdings ist es schwierig Blinzelartefakte von<br />

Augenbewegungen zu unterscheiden.<br />

• Schnelles Setup, Kalibrierung notwendig<br />

• Nicht-Linear! Signal kehrt sich zwischen +15 und +20° um<br />

• Moderate Kosten – ca. $4000.<br />

• Gut geeignet für Anwendungen wie Studien zu Mikroaugenbewegungen<br />

• Nicht geeignet für Messung von Folgebewegungen und Sakkaden wegen<br />

Nichtlinearität<br />

70


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

4. Videookulographie (VOG)<br />

• Miniaturvideokameras auf der Grundlage von infrarot-empfindlichen<br />

Sensoren, Bildfrequenzen von 250-500 Hz<br />

• Illumination durch Leuchtdioden auf Augen gerichtet<br />

• Pupille ist Ort geringster Lichtreflexion und als dunkelster Punkt im Bild<br />

lokalisierbar, repräsentiert Augenbewegung<br />

• Zeitliche Auflösung besser als MOG, schlechter als EOG<br />

• Nicht am geschlossenen Auge<br />

K.-P. Hoffmann, S.189<br />

71


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Zweidimensionale Ansicht des Auges<br />

VOG<br />

• Merkmalsselektion, Texturanalyse durch Bildverarbeitung<br />

• Pupille suchen<br />

• Pixelkoordinaten des Pupillenzentrums + Kallibrierung<br />

• Rücktransformation in horizontale und vertikale Augenposition<br />

Abbildung auf die Kameraebene durch Zentralprojektion (aus Gründen der<br />

Übersichtlichkeit ohne die Drehachsenverschiebung) [aus Schreiber 1999]<br />

72


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Limbus-Tracking<br />

VOG Techniken<br />

• Optische Registrierung des Überganges zwischen Iris und Bindehaut<br />

• VT: guter Kontrast<br />

• NT: Randfläche unscharf und keine vertikale Augenbewegungen erfassbar,<br />

weil Iris zu einem großen Teil vom Augenlid bedeckt ist<br />

Pupillen-Tracking<br />

• Registrierung des Überganges von der Pupille zur Iris<br />

• VT: Scharfe Grenzfläche, kleinere Pupille, so dass auch vertikale horizontale<br />

Augenbewegungen aufgenommen werden können<br />

• NT: Farbkontrast kleiner (auch abh. von Augenfarbe, zB braune Iris)<br />

• Artefakt: Helligkeitsanpassung der Pupille<br />

Alternativ:<br />

• Wie bei Corneareflexion wird Auge durch IR Lichtquelle beleuchtet<br />

• Pupille absorbiert IR, reflektierte Strahlen mit IR Kamera aufnehmen<br />

VOG liefert geringe zeitliche (Videonorm 50Hz oder Hochgeschwindigkeitskamera,<br />

10kHz!) und räumliche Auflösung<br />

73


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

[Shackel 1960] Kopfrichtung + EOG<br />

Beispiele<br />

74<br />

Messanordnung mit halbdurchlässigem<br />

Spiegeln, vor den Augen angebracht.<br />

Bildet das Infrarot-Bild des Auges auf die<br />

CCD-Kamera ab<br />

Kopfhautbewegungen können zu<br />

Artefakten führen


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Analyse des Fahrerverhaltens über eine Blickrichtungsanalyse. [SensoMotoric<br />

Instruments http://www.smi.de]<br />

• Spezifikation von diesem Eyetracker<br />

• Sampling Rate 50/60 Hz<br />

• Tracking Resolution, Pupil/CR 0.1 deg. (typ.)<br />

• Gaze Position Accuracy 0.5°-1.0 deg. (typ.)<br />

• Tracking Range +/- 30° horz., +/-25° vert.<br />

• Weight of head unit 450 g<br />

Beispiele<br />

75


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

VENG<br />

• Kombination Videobrille (Head Mounted Display) mit Kamerasystem<br />

• Keine Artefakte durch Kopfrichtung auf die Blickrichtung<br />

• Räumliche Auflösung (1 part in 1024) – gut genug.<br />

• Zeitliche Auflösung (30-60 hz) – gut genug.<br />

• Vertikale Aufnahmen (Torsion) möglich<br />

• Einfach anzuwenden, Kalibration ist oft unnötig<br />

• Abdeckungen können Sicht verdecken (sehr nützlich)<br />

• Gesamtkosten: etwa $18,000<br />

76


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

5a. Virtual Retina Displays (VRD)<br />

• Direkte Projektion von Text oder Bildern auf der Retina<br />

• VRD könnte Head Mounted Displays (HMDs) ablösen<br />

• HMD erzeugt virtuelles Bild, das über optische Systeme projiziert und aktiv<br />

vom Benutzer betrachtet wird<br />

• Bei VRD entsteht das Bild unmittelbar auf der Netzhaut<br />

• Pixel werden in einem Raster über einen Laser auf die Netzhaut gebracht,<br />

indem ein horizontaler Scanner den Laserstrahl auf der Retina reihen- und<br />

zeilenweise positioniert<br />

• lichtbrechende und lichtreflektierende Spiegel oder modulierbare Prismen<br />

lenken den Laser so auf die Netzhaut, dass beim Betrachter der Eindruck eines<br />

großen, virtuellen Bildes entsteht.<br />

• Die Systeme arbeiten mit niedrigen Lichtintensitäten, daher keine Gefahr für<br />

das menschliche Auge.<br />

77


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

5b. Virtual Retina Displays (VRD)<br />

Herkömmliche Methode (links) VRD (rechts)<br />

78<br />

"Nomad" von [Microvision 2004 ]<br />

SVGA Auflösung entspricht 19 Zoll<br />

Monitor<br />

Refresh-Rate von 60 Hertz<br />

Hauptauftraggeber – US ARMY


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

5c. Mobile Eyetracking<br />

79


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• VT: Kopf frei beweglich, nicht invasiv<br />

Nicht kopfgetragene VOG<br />

• Aber: Augenposition muss bekannt sein<br />

• Nachführen der Kamera, große Brennweite<br />

• Beispiel www.Tobii.com, Specs:<br />

• Sampling Rate 50 Hz<br />

• Tracking Resolution 0.25 deg. (typ.)<br />

• Gaze Position Acc 0.5° deg. (typ.)<br />

• Head-Motion speed < 10 cm/s<br />

ERICA Incorporated http://www.ericainc.com/system.html<br />

80


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• MRI + Eyetracking<br />

6. Spezialanwendungen<br />

• Z.B. MR-Eyetracker , Cambridge Research <strong>Systems</strong> http://www.crsltd.com/<br />

• Wegen MRI keine magnetischen Teile!!<br />

• Spiegelsysteme und Lichtleitkabel leiten die Informationen über die Augen-<br />

bewegungen nach<br />

draußen<br />

• Messprinzip IROG<br />

81


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Das Auge<br />

• Augenbewegungen<br />

• Technik und Methodik<br />

• Geräte und Verfahren<br />

• Anwendungsbeispiele<br />

Überblick<br />

82


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Anwendungen von Augenverfolgung<br />

• Entwicklungspsychologie<br />

• Industriedesign und Werbungsforschung<br />

• Kognitive Psychologie und Neuropsychologie<br />

• TC Hain<br />

• Mensch-Maschine Schnittstellen<br />

• Interface Design Forschung<br />

• Entertainment / Gaming<br />

• Lesestudien / Lernen<br />

• Das Auge als direkte Eingabemodalität<br />

Augenverfolgung statt Maus<br />

• Menschliche Interaktion / Kommunikation<br />

Focus of Attention<br />

83


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Entwicklungspsychologie<br />

• Augenverfolgung ist extrem nützlich, um das Verhalten von Säuglingen zu<br />

verstehen<br />

• Durch direkte Beobachtung dessen, worauf Kinder reagieren, kann man<br />

Einsichten in ihre kognitive Entwicklung gewinnen<br />

• Erfordert:<br />

• Unaufdringliche Testapparaturen<br />

• Schnelle und einfache Kalibrierung<br />

• Spezielle Kalibrierungsroutinen, um die Aufmerksamkeit von Babies zu<br />

erwecken<br />

• Einfaches Setup, Audio und Video Stimuli<br />

84


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Industrielles Design und Werbungsforschung<br />

• Durch Augenverfolgung kann man erfassen, welchen Eindruck ein Design oder<br />

Werbung auf den Zuschauer hat<br />

• Typische Fragestellungen sind:<br />

• Wieviel Beachtung schenkt der Beobachter den verschiedenen Elementen<br />

• Welche Verpackung ist am effektivsten?<br />

• Welche Verkaufsregale erfahren die meiste Beachtung?<br />

• Worauf achten Leute bei einer Werbung?<br />

• Wie erreicht man, dass Zuschauer die headline sehen?<br />

• Was braucht man:<br />

• Unaufdringliche Geräte<br />

• Tragbare Geräte<br />

85


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Kognitive Psychologie und Neurophysiologie<br />

• Augenbewegungsverfolgen ist eine etablierte Methode<br />

• Der experimentellen Psychologie<br />

• Augenforschung<br />

• Einsichten in die kognitiven neurologischen Abläufe<br />

• Was genau sieht die Person<br />

• Welche Reaktionen löst es aus<br />

• Studien wie<br />

• Autismus<br />

• ADHD (Attention-deficit hyperactivity disorder)<br />

• Neurologische und visuelle Defizite<br />

• Systematische und intuitive Strategien<br />

• …<br />

86


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Kognitive Psychologie und Neurophysiologie<br />

• Zwei Typen von Augenbewegungen<br />

• Willkürliche Augenbewegungen<br />

Steuerung und Kontrolle von Devices<br />

• Unwillkürliche Augenbewegungen gesteuert vom Gleichgewichtssystem<br />

• Daher wird die Analyse von Augenbewegungen eingesetzt<br />

• Zur Diagnose von Störungen des Augenbewegungsapparates aber auch des<br />

Gleichgewichtssystem<br />

• Außerdem bei Schlafanalyse zur Erfassung der REM-Phasen<br />

87


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

big nystagmus elicited by sound<br />

Videos from Thomas C Hain<br />

http://dizziness-and-balance.com Thomas C Hain<br />

88


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

nystagmus elicited by pressure<br />

Videos from Thomas C Hain<br />

http://dizziness-and-balance.com Thomas C Hain<br />

89


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Neurokinetics<br />

Klinische Bestimmung von Balanceproblemen<br />

90


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Mensch-Maschine Schnittstellen<br />

• Mensch-Maschine Schnittstellen<br />

• Interface Design Forschung<br />

• Entertainment / Gaming<br />

• Lesestudien / Lernen<br />

• Das Auge als direkte Eingabemodalität<br />

Augenverfolgung statt Maus<br />

• Menschliche Interaktion / Kommunikation<br />

Focus of Attention<br />

92


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Interface Design<br />

• Augenverfolgung erlaubt Einsicht, auf welche Weise Interface Designs das<br />

Benutzerverhalten beeinflussen<br />

• Beispiele von Fragen, die man mit Augenverfolgung zu beantworten sucht:<br />

• Sind Elemente der Interaktion verstanden und geeignet?<br />

• Welche Suchstrategien werden verwendet?<br />

• An welche Stelle sollen wichtige Inhalte platziert werden?<br />

• Was passiert, wenn die Interaktion zusammenbricht?<br />

• Was braucht man:<br />

• Einfache Datensammlung<br />

• Unaufdringliche Apparatur wegen Experimentartefakte<br />

• Softwareintegration für web, screen und Kamera<br />

• Kompensation von Kopfbewegungen<br />

93


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Wii-mote-ähnliche Devices<br />

Gaming / Entertainment<br />

• PC und andere Spiele werden interessanter<br />

• Biofeedback als zusätzlicher Eingabestrom in Spielen<br />

• Emotiv <strong>Systems</strong><br />

• CyberLearning<br />

• NeuroSky<br />

• Elektroden-<br />

Headsets<br />

EMG, EOG<br />

• Einschätzen<br />

der Benutzer<br />

auch online,<br />

remote<br />

• Marktforschung<br />

• …<br />

94<br />

http://gadgetsplanet.info


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Lesestudien / Lernen<br />

• Augenverfolgung bietet Einsichten in den Leseprozess<br />

• Kenntnis darüber, wohin der Leser genau sieht, erlaubt Analyse der Fragen:<br />

• Welche Passagen bereiten Probleme?<br />

• Wie kann die Lesefertigkeit verbessert werden?<br />

• Üben oder Veränderung der Texte/Darstellung<br />

• Kenntnisse über typische Muster der Fixations- und Sakkaden beim Lesen<br />

• Worüber ist der Leser gestolpert?<br />

• Was sind die optimale Textlänge und Bildkontraste?<br />

• Lernsoftware, Tutoren<br />

• Im Lesebereich: LISTEN, CHENGO, …<br />

• Hier wird meist Sprache als Indikator von Schwierigkeiten verwendet, aber<br />

…<br />

95


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Textverarbeitung<br />

• Lesen: Folge von Sakkaden und Fixationen, um die Tatsache auszugleichen,<br />

dass der Bereich des schärfsten Sehens sehr eng ist<br />

• Fixationen: Augen halten für ca. 250ms inne; große interindividuelle<br />

Unterschiede<br />

• Sakkaden umfassen ca. 8 Buchstabenabstände (Solso, Kognitive Psychologie),<br />

hängt nicht von der Textgröße ab<br />

• Regressionen: 10-15% der Zeit verbringt der Leser mit Augenrückbewegungen,<br />

um Material nochmal anzusehen<br />

• Gute Leser: gute Gestaltinformation über Wörter und Buchstaben in Bereich<br />

17-19 Buchstabenabstände zum Fixationspunkt (ca. 5 Grad Blickwinkel)<br />

• Hypothesen: peripheres Sehen wird zum Vorhersagen im Text benutzt<br />

• VS Zeit während der Fixation wird benutzt um Texteigenart zu bestimmen<br />

96


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• BioKom – Fraunhofer Rostock, CG topics6/ 1997, Dr. Vatterrott<br />

• Ziel: Steuerung interaktiver Systeme<br />

hier insbesondere:<br />

• Alternative Eingabemethoden<br />

für Schwerstbehinderte<br />

• Basis: Augenbewegungen<br />

• Modularer Systemaufbau<br />

• Spezialanwendungen<br />

• Spezialtools zur Nutzung<br />

von Standardanwendungen<br />

• EMG: 1/0 angespannt/entspannt<br />

• EOG: Registrierung von Augen-<br />

bewegungen in 4 Richtungen<br />

• Einsatz in der Rehabilitation<br />

• Herausforderungen:<br />

• Benutzerspezifische Signale<br />

• Benutzerspezifische Vorlieben<br />

Auge statt Maus<br />

97


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

BioKom Beispiele<br />

• Augengesteuerte Lernsoftware<br />

• Bildbenennung<br />

• Mathetrainer<br />

• Virtuelle Tastatur für herkömmliche<br />

Editoren<br />

98


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Menschliche Interaktion: Focus of Attention<br />

Ansehen – Auge – Kopfbewegung<br />

Camera View Panoramic View<br />

Interactive <strong>Systems</strong> <strong>Lab</strong>s, Dr. Rainer Stiefelhagen<br />

99<br />

Perspective<br />

View


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

• Aufzeichnung von Sakkaden<br />

• Hier provoziert durch optische Reize<br />

Verfahren - Sakkaden<br />

100<br />

K.-P. Hoffmann, S.189


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Verfahren - Folgebewegungen<br />

• Proband folgt Punkt mit Geschwindigkeit von ca. 10-40/s<br />

• Bestimmt werden:<br />

• Geschwindigkeitssymmetrie<br />

• Verstärkungsfaktor (gain)<br />

(Reiz- Antwortamplidude)<br />

• Kohärenz<br />

• Phase<br />

• Mit zunehmender<br />

Geschwindigkeit<br />

zerfällt die glatten<br />

Folgebewegung<br />

Anteil an Sakkaden<br />

nimmt zu<br />

10/s = 0,15Hz<br />

20/s = 0,39Hz<br />

30/s = 0,45Hz<br />

101<br />

K.-P. Hoffmann, S.190


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Verfahren – Optokinetischer Nystagmus<br />

• Wird provoziert z.B. durch<br />

• rotierende Trommel mit aufgebrachten Streifen<br />

• Horizontal bewegende Muster auf Fernseher<br />

• Beispiel hier: Horizontale Muster mit 20/s, wechselnde<br />

Bewegungsrichtung<br />

102<br />

K.-P. Hoffmann, S.190


<strong>Biosignal</strong>e und Benutzerschnittstellen – <strong>Augenaktivität</strong><br />

Verfahren – Vestibulärer Nystagmus<br />

• Spülen des äußeren Gehörgangs mit warmem (44 C) oder kaltem (30 C)<br />

Wasser<br />

• Vestibulookulärer Reflex wird mit Drehstuhl getestet<br />

103

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