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Wissenschaftsphilosophie der ... - Cognitive Science

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<strong>Wissenschaftsphilosophie</strong> <strong>der</strong> Kognitionswissenschaft. Vorlesung 4. Reduktive Erklärung<br />

bleme, die sich um phänomenale Qualitäten ranken könnten, gelöst? Phänomenale Qualitäten<br />

also reduktiv eingebettet?<br />

Sicher gibt es den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Kollegen, <strong>der</strong> ein erfolgreich abgeschlossenes<br />

Feigl-Programm so einschätzen würde; unbestritten größer ist jedoch die Zahl <strong>der</strong>jenigen, die<br />

den Eindruck haben, als fange die philosophische Arbeit dann erst an. Und ein Großteil dieser<br />

Kollegen ist wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong> Meinung, daß das Problem <strong>der</strong> phänomenalen Qualitäten nur dann<br />

gelöst wäre, wenn wir eine reduktive Erklärung für sie angeben könnten. Und genau diese<br />

scheint aus prinzipiellen Gründen nicht zur Verfügung zu stehen.<br />

In meiner heutigen Vorlesung möchte ich das argumentative Terrain, auf dem wir uns<br />

hier befinden, etwas genauer unter die Lupe nehmen. Ich werde zunächst diskutieren, was<br />

sinnvollerweise unter einer reduktiven Erklärung verstanden werden sollte, und wie <strong>der</strong>en<br />

Gebrauchsanleitung aussieht. Im Anschluß daran stelle ich einige Beispiele aus <strong>der</strong> Hirnforschung<br />

vor, in denen das Vorhandensein bzw. die Abwesenheit bestimmter phänomenaler Zustände<br />

– prima facie – zufriedenstellend reduktiv erklärt werden kann. Es stellt sich dann die<br />

Frage, worin genau die Unterschiede in den philosophisch gefor<strong>der</strong>ten und den wissenschaftlich<br />

gegebenen Erklärungen liegen. Als sehr hilfreich wird sich dabei die Terminologie erweisen,<br />

die Bas van Fraassen im Rahmen seiner pragmatischen Theorie wissenschaftlicher Erklärung<br />

vorgeschlagen hatte. Im abschließenden Teil wende ich mich noch kurz dem von Darden<br />

und Maull vorgeschlagenen Konzept <strong>der</strong> Interfield Theories zu.<br />

Was sind reduktive Erklärungen?<br />

In den letzten Jahren sind verschiedene Vorschläge unterbreitet worden, den Begriff <strong>der</strong> reduktiven<br />

Erklärung zu präzisieren bzw. eine Art Gebrauchsanweisung zur Verfügung zu stellen,<br />

nach <strong>der</strong> man zu einer reduktiven Erklärung gelangen könnte. In diesen Vorschlägen werden<br />

im wesentlichen Ideen aufgegriffen, die C. D. Broad in den zwanziger Jahren im Rahmen<br />

seiner Diskussion emergentistischer Positionen entwickelte und als mechanische Erklärungen<br />

bezeichnete. Reduktive Erklärungen sollten nicht mit Theorie-Reduktionen des Nagel-Typs<br />

verwechselt werden.<br />

Wenden wir uns also zunächst <strong>der</strong> Frage zu, was genau unter einer reduktiven Erklärung<br />

zu verstehen ist. Die Frage nach reduktiven Erklärungen stellt sich üblicherweise, wenn wir<br />

verstehen wollen, weshalb eine bestimmte Entität eine bestimmte Eigenschaft hat, und zwar<br />

eine Eigenschaft, die in <strong>der</strong> Regel nur dem Systemganzen zugeschrieben wird. In trivialen<br />

Fällen genügt die einfache Addition <strong>der</strong> entsprechenden Eigenschaften <strong>der</strong> Komponenten: So<br />

ergibt sich das Gewicht eines Daches aus dem Gewicht <strong>der</strong> Ziegel, <strong>der</strong> Balken und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

verwendeten Materialien, aus denen es besteht. Die weitaus interessantere Eigenschaft des<br />

Daches, nämlich Schutz vor Regen zu bieten, läßt sich dagegen nicht ganz so einfach erklären.<br />

Denn hier kommt es entscheidend darauf an, wie die einzelnen Bestandteile arrangiert<br />

sind. Erst die richtige Organisation <strong>der</strong> entsprechenden Teile garantiert diese Eigenschaft des<br />

ganzen Systems. Eine solche Eigenschaft gilt dann als reduktiv erklärt, wenn unter Einbeziehung<br />

<strong>der</strong> Bestandteile des fraglichen Systems, unter Berücksichtigung ihres Arrangements,<br />

ihrer Wechselwirkungen und Eigenschaften, vollständig erklärt werden kann, weshalb das<br />

System die genannte Eigenschaft hat. Noch komplizierter gestalten sich solche Erklärungen<br />

für die systemischen Eigenschaften dynamischer Systeme, insbeson<strong>der</strong>e für Lebewesen.<br />

Der Gegenstand einer reduktiven Erklärung ist folglich eine spezifische Eigenschaft o<strong>der</strong><br />

eine spezifische Verhaltensweise eines systemischen Ganzen. Um deutlich zu machen, daß es<br />

sich dabei um die Eigenschaften (o<strong>der</strong> Verhaltensweisen) eines Ganzen handelt, werden diese<br />

auch häufig als Makro-Eigenschaften o<strong>der</strong> als höherstufige Eigenschaften bezeichnet.<br />

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