Automobilgesellschaft Schoemperlen & Gast - S&G Automobil ...
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Vom Charleston zur Stunde Null<br />
Der sogenannte Ruhrkampf brachte<br />
dann schließlich die Alliierten zu der Einsicht,<br />
daß nicht ein Land allein für diesen<br />
Krieg verantwortlich gemacht werden<br />
konnte. Zum anderen erkannte man, daß<br />
das gesamte internationale Handelsgefüge<br />
auseinanderzubrechen drohte, wenn der<br />
deutsche Markt vollständig zum Erliegen<br />
kam. Im sogenannten Dawes-Plan wurde<br />
schließlich festgelegt, daß die Zahlungen<br />
an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit<br />
zu koppeln seien.<br />
Die „goldenen“ Zwanziger<br />
Doch – viele hatten die Zeit des finanziellen<br />
Chaos auch für sich nutzen können: Die<br />
Not der einen wurde zum Überfluß der<br />
anderen. Deshalb haben die sogenannten<br />
goldenen fünf Jahre von 1924 bis 1929<br />
auch zwei Seiten. Zum einen gab es so<br />
etwas wie einen allgemeinen Ausbruch:<br />
Über zehn Jahre hatten sich elementare<br />
Bedürfnisse angestaut, die sich nun intellektuell<br />
und künstlerisch, wissenschaftlich<br />
und politisch, reformfreudig oder radikal<br />
zu entladen begannen. Jeder kam auf seine<br />
Weise diesem Drang nach Ablenkung und<br />
Vergnügen nach. Das Leben wurde hektischer,<br />
bunter und aufregender. Die schrillen<br />
Charleston-Tänzerinnen stehen für diese<br />
„goldene“ Seite ebenso wie die großen<br />
Luxuslimousinen, in denen man von einer<br />
Festivität zur nächsten eilte.<br />
Aber es gab auch die graue Kehrseite.<br />
Denn viele waren in den Inflationsjahren<br />
auf der Strecke geblieben. Vor allem die<br />
nicht wahrgenommenen Möglichkeiten in<br />
zentralen Wirtschaftsfragen und die Vernachlässigung<br />
des sozialen Sektors brachten<br />
viel Unruhe: Personalabbau bei den<br />
Staatsbediensteten, Rationalisierung in<br />
traditionellen Industriebetrieben, neue<br />
Steuern, ganz besonders aber unzureichende<br />
Sozialversicherungssysteme und<br />
Sparsamkeit bei der Erwerbslosenfürsorge<br />
waren für den Unfrieden und die immer<br />
länger werdenden Schlangen vor den Notküchen<br />
verantwortlich.<br />
ALLES FÄNGT WIEDER NEU AN<br />
Während der Kriegsjahre waren viele<br />
Unternehmen plötzlich „kriegswichtig“<br />
geworden. Auch die Älteren der Mitarbeiter<br />
bei <strong>Schoemperlen</strong> & <strong>Gast</strong>, die nicht an<br />
die Front eingezogen worden waren, mußten<br />
die Reparatur der Militärfahrzeuge und<br />
der wenigen privaten Fahrzeuge, die noch<br />
zugelassen waren, gewährleisten.<br />
Aber als die beiden Geschäftsführer<br />
dann von der Front zurückkehrten, bemühten<br />
sie sich trotz aller Unwägbarkeiten<br />
dieser unsicheren und entbehrungsreichen<br />
Nachkriegsjahre recht bald um eine gewisse<br />
Normalität für ihr Unternehmen – so gut<br />
es eben ging.<br />
Daß diese Bemühungen nicht immer<br />
ganz einfach waren, zeigt das Schreiben ei-<br />
53<br />
Manche konnten es sich<br />
um 1925 leisten, sich zum<br />
Picknick im 40 PS starken<br />
Benz-Runabout fahren zu<br />
lassen.