Juli - S & D Verlag
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Gelassen erträgt Emma die stürmische<br />
Umarmung des Jungen. Die<br />
gut 40 Kilo schwere, schwarze<br />
Labrador-Retriever-Hündin ist die beliebteste<br />
Mitarbeiterin der Stadtbücherei<br />
von Princeton im US-Bundesstaat<br />
New Jersey. Jeden Freitag kommt sie mit<br />
ihrem Besitzer Joe Turner hierher und<br />
hilft Kindern, die Probleme beim Lesen<br />
haben.<br />
Emma und der 71-jährige Rentner sind<br />
eines von mittlerweile rund 2.000 zertifizierten<br />
Therapiehunde-Teams, die ihre<br />
Dienste in Bibliotheken und Schulen der<br />
USA, aber auch in Kanada und einigen<br />
anderen Ländern anbieten. Das erste<br />
Programm dieser Art rief die Organisation<br />
Intermountain Therapy Animals (ITA)<br />
1999 unter der Marke READ (Reading<br />
Education Assistance Dogs) im US-Bundesstaat<br />
Utah ins Leben. Andere kopierten<br />
das erfolgreiche Beispiel.<br />
Dylan hat sich mit Emma zwischen<br />
ein paar Sitzkissen gekuschelt. „Schau,<br />
mein Buch heißt „Spaghetti“. Emma legt<br />
beide Vorderpfoten darauf und wedelt<br />
mit dem Schwanz.<br />
Nach drei Seiten Vorlesen bittet Dylan:<br />
„Ich möchte Emma streicheln.“ Turner<br />
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Unsere besten Freunde<br />
Hunde helfen<br />
Kindern lesen<br />
Ungeduldig zupft Dylan an seinem Dinosaurier-T-Shirt.<br />
„Wann kommt Emma endlich?“, fragt er die Bibliothekarin.<br />
Dann strahlt der Sechsjährige: „Da ist sie ja!“<br />
lässt ihn gewähren. Er greift nur ein,<br />
wenn der Junge nachfragt: „Kennt Emma<br />
dieses Wort?“ „Verdrießlich“, sagt der<br />
Rentner, „ein schwieriges Wort!“<br />
„Das Tier wirkt extrem beruhigend“, erläutert<br />
Jugendbibliothekarin Ann Woodrow.<br />
„Die Kinder streicheln Emma beim<br />
Lesen und entspannen sich völlig.“<br />
Zudem seien Hunde ideale Zuhörer:<br />
„Sie verbessern nichts, lachen nicht<br />
über Fehler.“ Emma habe schon vielen<br />
geholfen, berichtet Woodrow – vom<br />
russischen Adoptivkind, das mit der<br />
fremden Sprache kämpfte, bis hin zu<br />
Stotterern oder Kindern, die unter<br />
Legasthenie also Lese- und Rechtschreibschwäche<br />
– litten.<br />
ITA zufolge werden bei Kindern, die<br />
Hunden statt Eltern oder Mitschülern<br />
vorlesen, deutlich weniger Stress-Symptome<br />
wie etwa hoher Blutdruck gemessen.<br />
Zudem zeigten Pilotstudien, dass<br />
Grundschüler nach einem READ-Programm<br />
ihre Lesefähigkeit verbessert<br />
hatten.<br />
„Wir wollen aber auch ganz allgemein<br />
die Liebe zu Büchern fördern - oder erst<br />
wecken, wenn Kinder das zu Hause nicht<br />
erfahren“, sagt ITA-Geschäftsführerin<br />
Kathy Klotz. Damit verfolgt die Organisation<br />
dasselbe Ziel wie die UNESCO, die<br />
mit ihrem „Welttag des Buches“ junge<br />
Leute zum Lesen animieren will. Als Therapiehunde<br />
eignen sich laut ITA grundsätzlich<br />
alle Hunderassen vom kleinsten<br />
Terrier bis zum Riesenschnauzer. Auch in<br />
Deutschland werden sie bereits in manchen<br />
Schulen eingesetzt; in Stadtbüchereien<br />
sind sie aber hierzulande nicht zu<br />
finden. Bei der Stiftung Lesen in Mainz<br />
etwa wurde das Konzept nicht weiter<br />
geprüft, wie deren Sprecher Christoph<br />
Schäfer sagt. Er verweist dabei unter anderem<br />
auf budgetäre Gründe.<br />
Der Stadtbücherei Princeton ist die Entscheidung<br />
für ein Therapiehunde-Programm<br />
dagegen leicht gefallen: Es kostet<br />
sie keinen Cent. Wie fast alle derartigen<br />
Teams in den USA sind Emma und Joe<br />
Turner nach einer entsprechenden Ausbildung<br />
ehrenamtlich im Einsatz.<br />
Für Turner sind Emmas Erfolge bereits<br />
Lohn genug – zum Beispiel bei Hannah,<br />
die extrem schüchtern war. „Sie hat so<br />
leise vorgelesen, dass niemand sie verstehen<br />
konnte“, sagt ihr Vater, Mark<br />
Scheibner. Selbst mit Emma brauchte<br />
Hannah gut ein Jahr, um ihre Scheu zu<br />
überwinden. Heute liest die Neunjährige<br />
flüssig und selbstbewusst. Doch sie<br />
kommt weiterhin fast jeden Freitag:<br />
„Weil ich Emma so gern habe – und<br />
weil ich alle Bücher mag“, sagt sie.<br />
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Unsere besten Freunde 7/2009 29