Infobrief Nr. 7/2013 - DFN-Verein
Infobrief Nr. 7/2013 - DFN-Verein
Infobrief Nr. 7/2013 - DFN-Verein
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Infobrief</strong> Recht<br />
Ich bin dann mal weg und mein Name bitte auch!<br />
Landgericht Düsseldorf urteilt über Ansprüche eines ausgeschiedenen Mitarbeiters<br />
bei der andauernden Verwendung seines Namens im Impressum<br />
Die strafbewehrte Unterlassungserklärung<br />
Schmaler Grat in rechtlichem Minenfeld<br />
7 / <strong>2013</strong><br />
Juli <strong>2013</strong><br />
Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben - Sprengt das Urheberrecht den Rahmen?<br />
Bundesgerichtshof legt Frage der urheberrechtlichen Zulässigkeit des „Framings“<br />
dem Gerichtshof der Europäischen Union vor
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 2<br />
Ich bin dann mal weg und mein Name bitte auch!<br />
Landgericht Düsseldorf urteilt über Ansprüche eines ausgeschiedenen Mitarbeiters bei<br />
der andauernden Verwendung seines Namens im Impressum<br />
von Alice Overbeck<br />
Die Impressumspflicht ergibt sich für Presseerzeugnisse aus den Pressegesetzen der Länder<br />
(z. B. § 8 Landespressegesetz NRW). Für Webseiten legen § 5 Telemediengesetz (TMG) und<br />
§ 55 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) eine entsprechende Verpflichtung fest. Hochschulen sind daher<br />
bei der Veröffentlichung journalistisch-redaktioneller Druckwerke sowie beim Bereitstellen<br />
eigener Telemedien zum Führen eines Impressums verpflichtet. Sofern als Teil der gesetzlichen<br />
Pflichtangaben oder über diese hinaus die Namen von Mitarbeitern im Impressum genannt werden,<br />
sind diese nach dem Ausscheiden der betroffenen Mitarbeiter unverzüglich zu entfernen. Ansonsten<br />
wird nach Ansicht des Landgerichts (LG) Düsseldorf (Urteil vom 10.04.<strong>2013</strong>, Az.: 2 a O 235/12)<br />
eine Verletzung des Namensrechts aus § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) begründet, die<br />
Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nach sich zieht.<br />
I. Impressumspflichten<br />
Hintergrund der durch den Gesetzgeber umfassend geregelten<br />
Impressumspflichten ist, dass Lesern von Presseerzeugnissen<br />
und Nutzern von Internetangeboten die Identifikation<br />
des Herausgebers bzw. Betreibers ermöglicht werden soll. Dies<br />
ist für die zivil- und strafrechtliche Rechtsverfolgung unerlässlich,<br />
wenn es zu Rechtsverletzungen durch Inhalte in einem<br />
Druckerzeugnis oder auf einer Webseite kommt. Um einen<br />
gerechten Wettbewerb zu gewährleisten, in dem sich nicht<br />
ein Anbieter einen Vorteil dadurch verschafft, dass er Impressumsangaben<br />
nicht oder nur unvollständig erbringt, handelt<br />
es sich bei einigen der Informationspflichten um sogenannte<br />
Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 <strong>Nr</strong>. 11 des Gesetzes<br />
gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Ein Verstoß gegen<br />
sie kann daher einen Wettbewerbsverstoß darstellen, der Unterlassungs-<br />
und Schadensersatzansprüche gemäß §§ 8, 9 UWG<br />
auslöst. Welche Angaben bereitzuhalten sind, ergibt sich aus<br />
folgenden gesetzlichen Vorschriften:<br />
Pflichtangaben nach den Landespressegesetzen<br />
Bei Presseerzeugnissen sind die Angabe des Namens oder<br />
Firma und Anschrift des Druckers und des Verlegers, beim<br />
Selbstverlag des Verfassers oder des Herausgebers vorgesehen<br />
(z. B. § 8 Abs. 1 PresseG NRW). Für periodisch erscheinende<br />
Druckwerke ist zusätzlich der verantwortliche Redakteur mit<br />
Namen und Anschrift anzugeben, bei mehreren verantwortlichen<br />
Redakteuren ist jeder aufzuführen und es ist ein Verantwortlicher<br />
für den Anzeigenteil zu benennen (z. B. § 8 Abs. 2<br />
PresseG NRW). Ferner regeln die Landespressegesetze die persönlichen<br />
Anforderungen an den verantwortlichen Redakteur;<br />
dieser darf beispielsweise nicht unter 21 Jahren alt sein oder<br />
durch Richterspruch die Befähigung zur Bekleidung öffentlicher<br />
Ämter verloren haben, z. B. § 9 PresseG NRW. Bei Verstößen<br />
gegen die Informationspflichten droht ein Bußgeld nach<br />
§ 23 RStV. Ein Wettbewerbsverstoß kann sich aus einer Zuwiderhandlung<br />
gegen die Impressumspflichten der Presse nicht<br />
ergeben, da diese nicht dem Verbraucherschutz, sondern der<br />
staatlichen Kontrollierbarkeit dienen. Es handelt sich daher<br />
nicht um Marktverhaltensregeln.<br />
Pflichtangaben nach § 5 Abs. 1 TMG<br />
Für Diensteanbieter von Telemedien, worunter vor allem das<br />
Bereithalten von Webseiten fällt, ergeben sich die Pflichtangaben<br />
aus § 5 Abs. 1 TMG. Das TMG findet auf alle natürlichen und<br />
juristischen Personen, einschließlich juristischer Personen
des öffentlichen Rechts wie Hochschulen, Anwendung, die eigene<br />
oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithalten oder<br />
als Zugangsvermittler auftreten. Die Vorschrift fordert zwar,<br />
dass die Dienste „geschäftsmäßig[…], in der Regel gegen Entgelt“<br />
angeboten werden, diesem Erfordernis wird allerdings<br />
schon dadurch genügt, dass ein Internetauftritt aufgrund einer<br />
nachhaltigen Tätigkeit etwa zu Marketingzwecken erfolgt,<br />
sodass lediglich rein privat betriebene Webseiten von der<br />
Impressumspflicht befreit sind. Zu beachten ist, dass die Impressumspflicht<br />
auch für Fanpages in dem sozialen Netzwerk<br />
Facebook besteht (hierzu: Thinius, Wer sich auf Facebook präsentiert,<br />
muss viel preisgeben, in: <strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 4/<strong>2013</strong>,<br />
S. 2 – 4). Als relevante Informationsangaben ergeben sich für<br />
juristische Personen und Hochschulen:<br />
• Angabe des Namens und der Niederlassung mit Anschrift,<br />
• Nennung der Rechtsform und einer vertretungsberechtigten<br />
Person,<br />
• Angabe einer E-Mail-Adresse zur Ermöglichung einer<br />
schnellen elektronischen Kontaktaufnahme und unmittelbaren<br />
Kommunikation,<br />
• vorsorglich die Bekanntgabe einer geschäftlichen Telefonund<br />
Faxnummer, wobei dies gesetzlich nicht ausdrücklich<br />
angeordnet ist, von manchen Gerichten aber für erforderlich<br />
gehalten wird,<br />
• Nennung der zuständigen Aufsichtsbehörde,<br />
• Angabe der Umsatzsteueridentifikationsnummer gemäß<br />
§ 27a des Umsatzsteueridentifikationsgesetzes oder, falls<br />
eine solche nicht vorhanden ist, der Wirtschaftsidentifikationsnummer<br />
gemäß § 139c der Abgabenordnung<br />
• Benennung des Handelsregisters, <strong>Verein</strong>sregisters, Partnerschaftsregisters<br />
oder Genossenschaftsregisters, in<br />
das sie eingetragen sind, und der entsprechenden Registernummer.<br />
Die Informationsangaben müssen nach § 5 Abs. 1 TMG leicht<br />
erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar gehalten<br />
werden. Dem wird jedenfalls genügt, wenn auf der<br />
Startseite sowie auf jeder Unterseite der Webseite ein Link mit<br />
der inzwischen allgemein üblichen Bezeichnung „Impressum“<br />
zu den erforderlichen Angaben führt.<br />
Bemerkenswert ist ein jüngerer Beschluss des Kammergerichts<br />
Berlin vom 21.9.2012 (Az.: 5 W 204/12), wonach die Pflicht<br />
zur Angabe eines Vertretungsberechtigten im Impressum aus<br />
§ 5 Abs. 1 <strong>Nr</strong>. 1 TMG keine Marktverhaltensregel im Sinne des<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 3<br />
UWG sei, da es an einer hinreichenden Grundlage im Unionsrecht<br />
fehle. Die EG-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken<br />
(RL 29/2005/EG) habe in ihrem Anwendungsbereich zu<br />
einer Vollharmonisierung geführt, d. h., dass alle geltenden<br />
nationalen Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb auf<br />
eine europäische Gesetzesinitiative zurückgehen. Demnach<br />
könne ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen nur dann<br />
einen Wettbewerbsverstoß begründen, wenn die betreffende<br />
Regelung eine Grundlage im Unionsrecht habe. Insoweit geht<br />
die Rechtssicht des KG Berlin auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofes<br />
vom 5.6.2008 (Az.: I ZR 4/06, Rn. 17) zurück. Eine<br />
europarechtliche Regelung, welche die Nennung eines Vertretungsberechtigten<br />
vorsehe, gebe es jedoch nicht. Die EG- Richtlinie<br />
über den elektronischen Geschäftsverkehr (2000/31/EG)<br />
sehe nur die Angabe des Namens des Diensteanbieters und<br />
dessen Anschrift vor. Bei juristischen Personen sei die Angabe<br />
der Firma, also des Namens des Unternehmens ausreichend<br />
und die Nennung eines Vertretungsberechtigten werde nicht<br />
gefordert. Das Fehlen der Angabe eines Vertretungsberechtigten<br />
im Impressum stelle demnach keinen Wettbewerbsverstoß<br />
dar und könne keine Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche<br />
gemäß §§ 8, 9 ff. UWG nach sich ziehen. Es bleibt abzuwarten,<br />
ob die Rechtsprechung in Zukunft mit dieser Begründung<br />
weitere Informationspflichten für wettbewerbsrechtlich<br />
irrelevant erklären wird.<br />
Ein Verstoß gegen die Informationspflicht ist gemäß § 16 TMG<br />
mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro bedroht. Ferner<br />
können Unterlassungsansprüche nach § 2 des Unterlassungsklagengesetzes<br />
bestehen. Sofern für die nationale Informationspflicht<br />
eine Grundlage im Unionsrecht besteht, kann ein<br />
Verstoß auch einen Wettbewerbsverstoß darstellen, der Unterlassungs-<br />
und Schadensersatzansprüche nach §§ 4 <strong>Nr</strong>. 11, 8 ff.<br />
UWG auslösen kann.<br />
Pflichtangaben nach § 55 Abs. 1 RStV<br />
Nach § 55 Abs. 1 RStV müssen Anbieter von Telemedien unabhängig<br />
von der in § 5 Abs. 1 TMG geforderten „Geschäftsmäßigkeit“<br />
des Dienstes, wenn dieser nicht ausschließlich persönlichen<br />
oder familiären Zwecken dient, jedenfalls den Namen<br />
und die Anschrift des Diensteanbieters sowie bei juristischen<br />
Personen Name und Anschrift des Vertretungsberechtigten<br />
leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar<br />
halten. Diese eingeschränkten Informationsangaben sind<br />
durch die Bereitstellung der erforderlichen Angaben nach
§ 5 Abs. 1 TMG miterfüllt. Bei Telemedien mit journalistischredaktionell,<br />
gestalteten Inhalten, also solchen, die ihrem Inhalt<br />
und ihrer Verbreitungsart nach geeignet sind meinungsbildend<br />
zu wirken, kommt jedoch gemäß § 55 Abs. 2 RStV das<br />
Erfordernis der Benennung eines Verantwortlichen im Sinne<br />
des Presserechts hinzu. Dessen Name und Anschrift müssen<br />
angegeben werden und es muss sich um eine Person handeln,<br />
die ihren ständigen Aufenthalt im Inland hat, nicht durch Richterspruch<br />
die Befähigung zur Bekleidung öffentlicher Ämter<br />
verloren hat, voll geschäftsfähig ist und unbeschränkt strafrechtlich<br />
verfolgt werden kann. Unterlassene oder unvollständige<br />
Informationsangaben können nach § 49 RStV ein Bußgeld<br />
von bis zu 50.000 Euro zur Folge haben oder unter den oben<br />
genannten Voraussetzungen einen Wettbewerbsverstoß, der<br />
Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gemäß §§ 8 ff.<br />
UWG nach sich zieht, begründen.<br />
II. Urteil des Landgerichts Düsseldorf<br />
Dem oben genannten Urteil des LG Düsseldorf lag der Fall zugrunde,<br />
dass eine Fachzeitschrift zwar die gesetzlichen Informationspflichten<br />
erfüllte; das Gericht verurteilte die beklagte<br />
Herausgeberin jedoch zur Zahlung von Schadensersatz wegen<br />
der unberechtigten andauernden Verwendung des Namens<br />
eines ehemaligen Mitarbeiters im Impressum der Zeitschrift.<br />
Sachverhalt<br />
Die beklagte Herausgeberin der monatlich erscheinenden<br />
Fachzeitschrift wurde von dem Kläger, einem Autor, wegen<br />
unberechtigter Verwendung seines Namens im Impressum der<br />
Zeitschrift für die Zukunft auf Unterlassung und für die Jahre<br />
2006 bis 2012 auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der<br />
Autor hatte im Jahr 2006 gegen eine Vergütung von 682 Euro<br />
insgesamt vier Beiträge für die Zeitschrift verfasst. Sein Name<br />
war unter der Rubrik „Mitarbeiter“ in das Impressum der Zeitschrift,<br />
die als Print- und Onlineversion herausgegeben wird,<br />
aufgenommen worden. Erst im Jahr 2012 bemerkte der Autor<br />
bei einer Suchmaschinenabfrage über Google, dass sein Name<br />
immer noch im Impressum der Zeitschrift geführt wurde,<br />
mahnte die Herausgeberin am 11.7.2012 ab und forderte sie<br />
zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, die<br />
bei erneutem Verstoß Strafzahlungen begründet, auf, welche<br />
die Beklagte am 23.7.2012 abgab. Auch danach fand sich jedoch<br />
der Name des Autors im Impressum der Online-Ausgaben der<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 4<br />
Zeitschrift wieder. Der Kläger verlangte daraufhin Schadensersatz<br />
in Höhe von 12.000 Euro, der sich aus 7.000 Euro Lizenzgebühren<br />
für die unberechtigte Verwendung seines Namens<br />
über sechs Jahre hinweg und 5.000 Euro Vertragsstrafe wegen<br />
Verstoßes gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung<br />
zusammensetzen sollte.<br />
Urteil<br />
Das LG Düsseldorf bejahte eine Verletzung des Namensrechts<br />
aus § 12 BGB des Autors und gestand diesem einen Schadensersatzanspruch<br />
gemäß §§ 823 Abs. 1, 12 BGB in Höhe von<br />
1.660 Euro, bestehend aus zehn Euro monatlicher Lizenzgebühr<br />
und 1.000 Euro Vertragsstrafe, zu. Eine Namensrechtsverletzung<br />
setze voraus, dass ein Name derart verwendet werde,<br />
dass die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung entstehe. Eine<br />
solche liege vor, wenn der Berechtigte mit Einrichtungen, Gütern<br />
oder Erzeugnissen in Verbindung gebracht werde, mit<br />
denen er in Wahrheit nichts zu tun habe. Die Zuordnungsverwirrung<br />
entstehe dann dadurch, dass der unrichtige Eindruck<br />
hervorgerufen werde, der Namensträger habe dem Gebrauch<br />
seines Namens zugestimmt. Hiervon abzugrenzen sei die bloße<br />
Namensnennung, die – selbst wenn sie im Zusammenhang<br />
mit unrichtigen Sachaussagen getätigt werde – keine Verletzung<br />
des Namensrechts aus § 12 BGB darstelle. In dem dem Urteil<br />
zugrunde liegenden Fall erwecke die Nennung des Namens<br />
des Klägers im Impressum der Fachzeitschrift den Anschein,<br />
der Kläger stehe mit der Herausgeberin in einem dauernden<br />
Geschäftsverhältnis und sei in dessen Rahmen ständig und regelmäßig<br />
für die Zeitschrift tätig. Dies traf indes für die Zeit<br />
nach 2006 nicht zu. Damit löste die Herausgeberin durch die<br />
Nennung im Impressum eine Zuordnungsverwirrung aus. Das<br />
Gericht bejahte auch ein schuldhaftes Handeln, indem die Beklagte<br />
den Namen des Klägers im Impressum aufführte, ohne<br />
dessen Zustimmung erhalten zu haben.<br />
In der Höhe wich der vom LG Düsseldorf gewährte Schadensersatzanspruch<br />
jedoch von dem geforderten Betrag stark nach<br />
unten ab. Das Gericht legte 1.000 Euro Vertragsstrafe und eine<br />
Lizenzgebühr von 120 Euro pro Jahr für fünfeinhalb Jahre fest.<br />
Diese Abweichung begründe sich durch die Umstände des Falles:<br />
Der Kläger habe nicht dargetan, dass er unter seinem Namen<br />
so bekannt sei, dass eine Nennung im Impressum der Zeitschrift<br />
dieser einen nennenswerten Marktvorteil verschaffen<br />
konnte. Ferner habe die Vergütung für die von ihm verfassten<br />
Beiträge 682 Euro betragen, was außer Verhältnis stehe zu der
von ihm geforderten Lizenzgebühr von 166 Euro pro Ausgabe.<br />
Schließlich sei der Name des Klägers nicht an exponierter Stelle<br />
in der Zeitschrift, sondern in einer Rubrik des Impressums<br />
unter der Aufzählung weiterer Namen erschienen.<br />
III. Bewertung und Folgen für die<br />
Hochschulpraxis<br />
Es ist festzuhalten, dass nach Ansicht des LG Düsseldorf die<br />
Verwendung des Namens eines bereits ausgeschiedenen Mitarbeiters<br />
im Impressum einer Zeitschrift ohne dessen Zustimmung<br />
eine Verletzung seines Namensrechts aus § 12 BGB darstellt.<br />
Diese begründet einen Unterlassungsanspruch gemäß<br />
§ 12 S. 2 i. V. m. S. 1 BGB und Schadensersatzanspruch gemäß<br />
§ 823 Abs. 1 i. V. m. § 12 BGB des Mitarbeiters. Der Entscheidung<br />
ist zuzustimmen und sie ist im Hinblick auf die bisherigen<br />
Urteile zur Verwendung von Daten ausgeschiedener Mitarbeiter<br />
auch nicht überraschend. So hatte etwa das Landesarbeitsgericht<br />
Frankfurt am Main in einem Urteil vom 24.1.2012<br />
(Az.: 19 SaGA 1480/11) die Verwendung von Fotos einer ausgeschiedenen<br />
Mitarbeiterin auf der Homepage des Arbeitgebers<br />
als unzulässig angesehen, da nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses<br />
und im Hinblick auf das Löschungsbegehren der<br />
Mitarbeiterin kein berechtigtes Interesse mehr an der Veröffentlichung<br />
bestehe (hierzu: Fischer, Homepagepflege bei Arbeitnehmerfotos,<br />
in: <strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong>, 6/2012, S. 4 – 7). Man wird<br />
die rechtliche Einschätzung des LG Düsseldorf zur Verwendung<br />
von Namen ausgeschiedener Mitarbeiter im Impressum<br />
einer Zeitschrift daher auch auf die Verwendung der Namen<br />
an anderen Stellen, etwa im Impressum einer Homepage oder<br />
in anderem Zusammenhang auf einer Webseite, übertragen<br />
können. Allerdings kann im Einzelfall auch ein berechtigtes<br />
Interesse des Arbeitgebers an der Nutzung der Arbeitnehmerdaten<br />
bestehen, welches die Persönlichkeitsrechte des ausgeschiedenen<br />
Mitarbeiters überwiegt. So ging etwa das LAG Köln<br />
in einem Beschluss vom 10.7.2009 (Az.: 7 Ta 126/09) davon aus,<br />
dass das einmal erklärte Einverständnis einer Mitarbeiterin<br />
zur Veröffentlichung eines Fotos von ihr auf der Homepage<br />
des Arbeitgebers nicht automatisch mit der Beendigung des<br />
Arbeitsverhältnisses erlösche. In dem Fall diente das Bild der<br />
ausgeschiedenen Mitarbeiterin lediglich zu Illustrationszwecken.<br />
Dies macht für die Hochschulpraxis die Dringlichkeit<br />
arbeitsvertraglicher Regelungen deutlich. Die Hochschulen<br />
sollten für die Verwendung von Mitarbeiterdaten die erforderlichen<br />
Einwilligungen schriftlich und bezogen auf konkrete<br />
Verwendungsformen einholen. Eine im Arbeitsvertrag erteilte<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 5<br />
Einwilligung für die Nutzung von Mitarbeiterdaten über den<br />
Bestand des Arbeitsverhältnisses hinaus, wird jedoch unwirksam<br />
sein. Es ist daher empfehlenswert nach Ausscheiden eines<br />
Mitarbeiters, unaufgefordert, dessen Daten für die Zukunft<br />
von Webseiten und aus öffentlichen Verzeichnissen wie Impressen<br />
zu löschen. Ansonsten setzen Hochschulen sich bzw.<br />
ihre Rechtsträger dem Risiko etwaiger Schadensersatzforderungen<br />
von ehemaligen Mitarbeitern aus. Das LG Düsseldorf<br />
ließ vorliegend die Verwendung des Namens im Impressum<br />
ohne Zustimmung des ausgeschiedenen Mitarbeiters für den<br />
erforderlichen Fahrlässigkeitsvorwurf ausreichen. Die Hochschulen<br />
sollten daher sicherheitshalber präventiv tätig werden.<br />
Die Entscheidung zeigt neben der Namensrechtsverletzung<br />
schließlich auch, dass im Zusammenhang mit Arbeitnehmerdaten<br />
ein sensibler Umgang geboten ist und macht daher<br />
deutlich wie dringend gesetzliche Regelungen zum Arbeitnehmerdatenschutz<br />
für die Praxis sind. Der bereits bestehende<br />
Gesetzesentwurf zum Arbeitnehmerdatenschutz wird jedoch<br />
in dieser Legislaturperiode nicht mehr umgesetzt. Es bleibt<br />
abzuwarten, wann die Politik dieses praxisrelevante Feld wiederaufgreifen<br />
wird.
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 6<br />
Die strafbewehrte Unterlassungserklärung<br />
– schmaler Grat in rechtlichem Minenfeld<br />
Gerichte präzisierten Voraussetzungen und Rechtsfolgen wirksamer Unterlassungserklärungen<br />
von Florian Klein<br />
Strafbewehrte Unterlassungserklärungen sind in der Praxis ein bewährtes Mittel, um der gerichtlichen<br />
Durchsetzung einer Unterlassungsklage – meist wegen erstmaliger Begehung einer<br />
Rechtsverletzung – vorzubeugen. Wer eine solche Erklärung abgibt und sich zur Unterlassung<br />
bestimmter Rechtsverletzungen verpflichtet, muss jedoch mit großer Sorgfalt Maßnahmen ergreifen,<br />
die eine zukünftige erneute Verletzung ausschließen. Anderenfalls läuft man Gefahr, die<br />
vereinbarte Vertragsstrafe zahlen zu müssen. Insbesondere wenn die Rechtsverletzung im Internet<br />
begangen wurde, kann die Löschung der betroffenen Inhalte durchaus komplex sein,<br />
sofern die Inhalte auf einer großen Anzahl von Servern gespeichert sind. Die Löschung kann<br />
daher im Einzelfall einen großen Aufwand verursachen, den der Rechtsverletzer aber regelmäßig<br />
auf sich nehmen muss. Dementsprechend hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mit Urteil<br />
vom 12.09.2012 (Az. 6 U 58/11) entschieden, dass das Versprechen, ein urheberrechtlich geschütztes<br />
Bild nicht mehr im Internet zu nutzen, nicht erfüllt ist, wenn das Bild über eine – wenn auch<br />
aufwändige und wenig einprägsame – URL weiterhin erreichbar ist.<br />
Neben den Anforderungen an die Beseitigung und Unterlassung der Rechtsverletzung birgt<br />
auch die Formulierung einer Unterlassungserklärung zahlreiche Fehlerquellen. Diese können<br />
im schlimmsten Fall dazu führen, dass die Unterlassungserklärung nicht ausreicht, sodass ein<br />
nachfolgender Gerichtsprozess berechtigt ist und hierdurch weitere Kosten entstehen. In diesem<br />
Sinne entschied das Landgericht (LG) Hamburg mit Beschluss vom 11.1.<strong>2013</strong> (Az. 308 O 442/12),<br />
dass eine Unterlassungserklärung, die sich nur auf die Begehung einer Rechtsverletzung als Täter<br />
oder Teilnehmer bezieht, nicht ausreicht, um der Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs zu<br />
entgehen, der auf die sogenannte Störerhaftung gestützt wird.<br />
I. Hintergrund<br />
Die Rechtsordnung gesteht jedem Menschen bestimmte<br />
Rechte zu und schützt bestimmte Rechtsgüter wie das Leben,<br />
die Gesundheit oder die Freiheit. Neben den Rechten, die<br />
jedem Mensch schon kraft seines Menschseins zukommen<br />
(Bsp.: das allgemeine Persönlichkeitsrecht), können zahlreiche<br />
Rechte durch bestimmte Handlungen erworben werden.<br />
In diesem Sinne erlangt man z.B. die Urheberschaft und die<br />
damit verbundenen Rechte durch die persönliche, geistige<br />
Schöpfung eines Werkes. Gemeinsam ist allen Rechten, dass<br />
sie im Alltag hin und wieder von anderen verletzt werden und<br />
insofern ein Schutzbedürfnis des Rechteinhabers besteht.<br />
Um dem gerecht zu werden, sehen die verschiedenen Gesetze<br />
in aller Regel Unterlassungsansprüche gegen denjenigen<br />
vor, der die Rechte des Inhabers verletzt. Dies bedeutet, dass
der Rechteinhaber einen Anspruch gegen den Rechtsverletzer<br />
hat, dass dieser die rechtswidrigen Störungen bzw. Verletzungen<br />
in Zukunft unterlässt. Dies gilt meist unabhängig von<br />
einem Verschulden des Verletzers, sofern die Gefahr der Wiederholung<br />
besteht. Die gerichtliche Durchsetzung solcher Unterlassungsansprüche<br />
erfolgt durch Erhebung einer Unterlassungsklage.<br />
Da dies jedoch beide Parteien Zeit und Geld kostet,<br />
soll der betroffene Rechteinhaber den Verletzer zunächst außergerichtlich<br />
im Rahmen einer Abmahnung dazu auffordern,<br />
eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, die<br />
mit der <strong>Verein</strong>barung einer Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung<br />
verbunden ist. Dies wird dann als strafbewehrte<br />
Unterlassungserklärung bezeichnet und hat den Zweck, die<br />
Wiederholungsgefahr auszuschließen und damit dem Unterlassungsbegehren<br />
nachzukommen. Um wirksam zu sein, muss<br />
die Erklärung ernsthaft, unbefristet, vorbehaltlos und hinreichend<br />
strafbewehrt sein. Eine solche Unterlassungserklärung<br />
stellt für den Rechtsverletzer also eine Art letzten Warnschuss<br />
dar und führt dazu, dass eine gerichtliche Auseinandersetzung<br />
unterbleibt. Für denjenigen, der diese abgibt, birgt sie allerdings<br />
teils auch erhebliche Risiken, da die für jeden Fall der<br />
Zuwiderhandlung vereinbarten Vertragsstrafen empfindliche<br />
Höhen haben und schon durch fahrlässiges Verhalten verwirkt<br />
werden können. Die Verwirkung einer Vertragsstrafe in diesem<br />
Sinne bedeutet, dass die Voraussetzungen erfüllt werden, von<br />
denen die Verhängung der Strafe abhängig ist.<br />
Um nicht in die Kostenfalle zu geraten, ist der Rechtsverletzer daher<br />
gut beraten, wenn er mit größtmöglicher Sorgfalt vorgeht, um<br />
die Rechtsverletzung, soweit noch möglich, zu beseitigen und eine<br />
zukünftige erneute Verletzung zu verhindern. Dies gilt umso mehr,<br />
als die Rechtsprechung aufgrund der bereits erfolgten Verletzung<br />
teils auch sehr umfangreiche Vorkehrungen für zumutbar hält.<br />
Das Internet, das zur Begehung von Urheberrechtsverletzungen<br />
geradezu prädestiniert ist, ist ein Bereich, in dem viele Handlungen<br />
zu Unterlassungsansprüchen führen können. Als Beispiel<br />
sei ein Website-Betreiber genannt, der ein fremdes Foto, für das<br />
er keine Nutzungsrechte besitzt, auf seine Seite hochlädt und<br />
dadurch das sogenannte Recht der öffentlichen Zugänglichmachung<br />
des Urhebers verletzt. Zur Unterlassung der weiteren<br />
Rechtsverletzung ist es insoweit erforderlich, dass das Foto wieder<br />
vollumfänglich gelöscht wird.<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 7<br />
II. Die Entscheidung des OLG Karlsruhe<br />
Sachverhalt<br />
<strong>Verein</strong>facht ging es in dem zugrundeliegenden Fall genau um<br />
eine solche Konstellation, in der der Beklagte in seinem Internetportal<br />
einen Artikel eingestellt hatte, in dem ein Lichtbild<br />
eingebunden war, obwohl der Beklagte dafür keine Nutzungsrechte<br />
besaß. Die dadurch erfolgte widerrechtliche öffentliche<br />
Zugänglichmachung des Bildes wollte die Rechteinhaberin<br />
nicht dulden und forderte den Portalbetreiber deshalb zur Abgabe<br />
einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Dieser<br />
Aufforderung kam er nach und verpflichtete sich, „es zukünftig<br />
bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung von den<br />
Unterlassungsgläubigern nach billigem Ermessen (§ 315 BGB)<br />
festzusetzenden […] Vertragsstrafe zu unterlassen, das nachfolgend<br />
wiedergegebene Lichtbild ohne Lizenz der Unterlassungsgläubiger<br />
im Internet zu nutzen“. Dies wurde von der<br />
Rechteinhaberin akzeptiert.<br />
Dennoch konnte das streitgegenständliche Foto gut drei Wochen<br />
später immer noch angezeigt und heruntergeladen werden.<br />
Insbesondere war es noch über seine URL abrufbar, wobei<br />
diese aus einer komplexen 44-stelligen Kombination von Buchstaben<br />
und Zahlen bestand. Zwar hatte der Portalbetreiber<br />
eine bis dato fehlerfrei arbeitende Software zur Löschung des<br />
Bildes eingesetzt, allerdings waren in dem zu entscheidenden<br />
Fall drei Server, auf denen sich das Foto befand, aus unbekannten<br />
Gründen nicht davon erfasst worden, sodass eine vollständige<br />
Löschung nicht erfolgt war. Darüber hinaus hatte der Beklagte<br />
aber zur Überprüfung des Erfolgs der Löschung manuell<br />
den Link zum Bild aufgerufen, was die Fehlermeldung ergab,<br />
dass die gesuchte Datei nicht mehr vorhanden sei. Deshalb<br />
sah er keine Veranlassung mehr dafür, an der Vollständigkeit<br />
der Löschung zu zweifeln.<br />
Indes sah die Klägerin in der weiterhin bestehenden Abrufbarkeit<br />
des Bildes einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung<br />
und forderte die Zahlung der vereinbarten Vertragsstrafe<br />
ein.<br />
Urteil<br />
Das OLG Karlsruhe gab der Klägerin Recht und verurteilte den<br />
Internetportalbetreiber zur Zahlung der geforderten Vertragsstrafe.
Dass der Wortlaut der abgegebenen Unterlassungserklärung<br />
sich nur auf das Unterlassen einer zukünftigen „Nutzung“ beziehe,<br />
während die rechtsverletzende Handlung ein „öffentliches<br />
Zugänglichmachen“ sei, sei hierfür unerheblich. Aus der<br />
Situation bei Abgabe der Erklärung ergebe sich, dass insbesondere<br />
auch das öffentliche Zugänglichmachen unterbleiben<br />
solle, und zum anderen unter einer Nutzung auch das öffentliche<br />
Zugänglichmachen im Sinne des § 19a Urheberrechtsgesetz<br />
zu verstehen sei.<br />
Der Tatbestand einer solchen öffentlichen Zugänglichmachung<br />
sei jedoch aufgrund der fortdauernden Erreichbarkeit<br />
des Bildes weiterhin erfüllt, weshalb die Rechtsverletzung andauere<br />
und die Vertragsstrafe ausgelöst werde.<br />
Denn für den Beklagten habe aufgrund der abgegebenen Erklärung<br />
die Pflicht bestanden, durch geeignete Maßnahmen<br />
sicherzustellen, dass das Foto nicht mehr über seine Website<br />
oder die von ihm verwendete URL öffentlich zugänglich war.<br />
Auch wenn die URL hier so komplex gewesen sei, dass sie praktisch<br />
als Sicherheitscode kaum überwunden werden könnte,<br />
schließe das ein widerrechtliches Zugänglichmachen nicht<br />
aus. Vielmehr reiche es bereits aus, wenn zumindest abstrakt<br />
die Möglichkeit bestehe, den Inhalt durch Eingabe der URL zu<br />
erreichen. Damit berücksichtigt das Gericht, dass das Bild zum<br />
einen noch durch Suchmaschinen aufgefunden und zum anderen<br />
von den Nutzern unmittelbar erreicht werden konnte, auf<br />
deren Rechnern die URL noch gespeichert war.<br />
Beachtenswert sind darüber hinaus auch die Ausführungen<br />
des OLG Karlsruhe zum Verschulden des Internetportalbetreibers.<br />
Damit die Pflicht zur Zahlung der Vertragsstrafe entsteht,<br />
muss das entsprechende Verhalten nämlich schuldhaft, das<br />
heißt vorsätzlich oder fahrlässig, erfolgen. Fahrlässig handelt<br />
jeder, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht<br />
lässt. Nach Auffassung der Richter entspreche es grundsätzlich<br />
der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt, wenn man sich<br />
auf eine Software verlasse, die bisher fehlerfrei gearbeitet<br />
habe. Allerdings sei hier von dem Beklagten als Schuldner der<br />
Unterlassungsverpflichtungserklärung ein besonders hohes<br />
Maß an Sorgfalt zu erwarten, weil die Rechtsverletzung durch<br />
die Abrufbarkeit des Bildes im Internet fortdauere, sodass der<br />
Verpflichtung zur künftigen Unterlassung eine besondere Bedeutung<br />
zukommt. Deshalb sei der Portalbetreiber hier verpflichtet<br />
gewesen, eine nähere, einzelne Überprüfung auch<br />
mehrerer Dutzend Server vorzunehmen, weshalb die bloße<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 8<br />
Kontrolle der Abrufbarkeit des Fotos anhand der URL durch<br />
einen Mitarbeiter nicht ausreichend gewesen sei. Die Frage,<br />
ob sich eine solche Überprüfungspflicht auch auf mehrere<br />
hundert oder gar tausend Rechner erstrecken könne, lässt das<br />
OLG jedoch bewusst unbeantwortet. Stattdessen nennt es hier<br />
konkret die Zahl von 30 Servern, wobei dies nicht als zwingende<br />
Obergrenze zu verstehen ist. Jedenfalls die Überprüfung einer<br />
solchen Menge von Servern hält es für zumutbar, da nicht<br />
davon auszugehen sei, dass der Beklagte täglich oder sonst in<br />
großer Anzahl entsprechende Unterlassungserklärungen abgebe.<br />
III. Die Entscheidung des LG Hamburg<br />
In die Reihe der Urteile, die zur Thematik der Unterlassungserklärungen<br />
ergangen sind, fügt sich das oben angesprochene<br />
Urteil des LG Hamburg ein, welches sich mit der Formulierung<br />
solcher Erklärungen beschäftigt. Darin stellte das Gericht<br />
erstmals fest, dass eine Unterlassungserklärung, die auf (mit-)<br />
täterschaftliche Begehung der Rechtsverletzung gerichtet ist,<br />
nicht die Wiederholungsgefahr hinsichtlich einer Haftung als<br />
Störer beseitigt. Eine derartige Unterlassungserklärung kann<br />
ihr Ziel (Vermeidung eines Rechtsstreites) also nicht erreichen,<br />
wenn sie sich nicht auf den konkret betroffenen Haftungsgrund<br />
erstreckt.<br />
Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass es mehrere Möglichkeiten<br />
gibt, rechtlich für Rechtsverletzungen einstehen zu<br />
müssen.<br />
Primär trifft die Haftung, welche auch die Pflicht zur Unterlassung<br />
umfasst, den (Mit-)Täter einer Rechtsverletzung. Das ist<br />
im obigen Beispiel der Internetportalbetreiber, der das Foto<br />
selbst hochgeladen und damit das Recht des Urheberrechtsinhabers<br />
verletzt hat. Ähnliches gilt für den Teilnehmer einer Tat,<br />
wozu Anstifter und Gehilfen zu zählen sind, die objektiv einen<br />
Beitrag leisten, der entweder den Entschluss des Haupttäters<br />
zur Tat erst herbeiführt oder aber die Haupttat wenigstens<br />
fördert. Erforderlich ist zusätzlich jedoch, dass der Teilnehmer<br />
in Bezug auf die Haupttat vorsätzlich handelt, was der Fall ist,<br />
wenn er Kenntnis von den Umständen der Tat hat und sich ihrer<br />
Rechtswidrigkeit bewusst ist. Täter und Teilnehmer einer<br />
Rechtsverletzung sind die eigentlichen Verursacher und sind<br />
deshalb diejenigen, die vom Rechteinhaber in die Haftung genommen<br />
werden können.
Darüber hinaus ist noch die Haftung als sog. Störer anerkannt<br />
(s. dazu z.B. Fischer: „Neue Verhaltensregeln für den<br />
Gastgeber“, <strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 2/2012; Kuta: „Rapidshare<br />
vs. Rechteinhaber – Ende einer unendlichen Geschichte?“,<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 5/2012). Nach gängiger Formel der Rechtsprechung<br />
haftet als Störer (auf Unterlassung), wer – ohne Täter<br />
oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich<br />
und adäquat-kausal an der Herbeiführung einer rechtswidrigen<br />
Beeinträchtigung mitgewirkt hat, sofern er die rechtliche<br />
Möglichkeit zur Verhinderung der Verletzung gehabt hätte.<br />
Allerdings darf diese Haftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt<br />
werden, die die Verletzungshandlung nicht selbst begangen<br />
haben, sodass zusätzlich die Verletzung zumutbarer<br />
Prüfungspflichten erforderlich ist. Welche Prüfungspflichten<br />
dabei als zumutbar angesehen werden können, ist generell<br />
eher unklar und Frage des Einzelfalls. Als Störer haften können<br />
zum Beispiel Anbieter von File-Hosting-Diensten, wenn<br />
diese für die rechtswidrige Verbreitung von Inhalten genutzt<br />
werden. Da diese nur die Plattform für andere Nutzer zur Verfügung<br />
stellen, begehen sie die entsprechenden Rechtsverletzungen<br />
in der Regel nicht selbst. Dennoch leisten sie einen<br />
gewichtigen und ursächlichen Beitrag für die Ermöglichung<br />
der Rechtsverletzung. Sofern sie dabei zumutbaren Prüfungspflichten<br />
nicht nachkommen, wie z.B. durch den Einsatz von<br />
Wortfiltern zur Verhinderung erneuter Rechtsverletzungen,<br />
kommt eine Haftung auf Unterlassung als Störer in Betracht,<br />
sodass auch hier vom betroffenen Rechteinhaber eine Unterlassungserklärung<br />
gefordert werden könnte.<br />
In dem Fall, welcher der Entscheidung des LG Hamburg zugrunde<br />
lag, waren über ein nicht hinreichend gesichertes, privat<br />
betriebenes WLAN-Netz urheberrechtlich geschützte Musikstücke<br />
rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht worden.<br />
Der Betreiber des WLAN-Netzes hatte diese Rechtsverletzung<br />
zwar nicht selbst begangen, allerdings haftete er aufgrund der<br />
unzureichenden Absicherung des WLAN-Netzes als Störer. Deshalb<br />
gab er nach Aufforderung durch den Rechteinhaber eine<br />
Unterlassungserklärung ab, in der er sich verpflichtete, die<br />
Musikstücke nicht „durch Nutzung von sog. Internet-Tauschbörsen<br />
(Peer-to-Peer-Netzwerk) der Öffentlichkeit zugänglich<br />
zu machen oder öffentlich zugänglich machen zu lassen“. Die<br />
Formulierung dieser Erklärung ist somit ersichtlich auf eine<br />
täter- oder teilnehmerschaftliche Begehung ausgerichtet, was<br />
das LG Hamburg nicht als ausreichend erachtete, um auch die<br />
Wiederholungsgefahr hinsichtlich einer Haftung als Störer<br />
auszuschließen. Denn die Störerhaftung sei gegenüber der<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 9<br />
täterschaftlichen Haftung eine wesentlich andere Art der Haftung,<br />
was sich aus der Begehungsweise sowie der Haftungsbegründung<br />
ergebe. Weil somit kein wirksamer Ausschluss<br />
der Wiederholungsgefahr gegeben war, erließ das LG Hamburg<br />
die beantragte einstweilige Verfügung, mittels derer der<br />
WLAN-Netzbetreiber zur Unterlassung verpflichtet wurde. Die<br />
Kosten hatte mithin der WLAN-Betreiber zu tragen, obwohl er<br />
eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte.<br />
IV. Fazit und Konsequenzen für die<br />
Hochschulpraxis<br />
Die besprochenen Entscheidungen zeigen deutlich, dass bei<br />
Abgabe von Unterlassungsverpflichtungserklärungen stets<br />
besondere Vorsicht und Zurückhaltung geboten ist, da man in<br />
diesem Bereich viele Fehler machen kann, deren Konsequenzen<br />
teuer werden können. Bei eindeutigen Rechtsverletzungen<br />
sind solche Erklärungen probate Mittel, um aufwändigere<br />
Rechtsstreitigkeiten auszuräumen, doch sollte aufgrund des<br />
hohen Risikopotentials keinesfalls auf die Hinzuziehung eines<br />
Rechtsbeistands verzichtet werden. Sobald eine Aufforderung<br />
zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bei<br />
einer Hochschule eingeht, sollte diese unverzüglich ihr Justiziariat<br />
einschalten und prüfen, ob das Verlangen berechtigt<br />
ist. Wird auf dessen Anraten eine entsprechende Erklärung abgegeben,<br />
sind – bestenfalls schon im Vorhinein – alle zur Verfügung<br />
stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Rechtsverletzung<br />
zu beseitigen und eine erneute Verletzung zu<br />
verhindern. Müssen dafür Inhalte aus dem Internet gelöscht<br />
werden, reicht es in aller Regel nicht aus, die betroffenen Inhalte<br />
nur von den Servern der Hochschule zu entfernen. Vielmehr<br />
müssen auch andere Server einbezogen werden, sofern<br />
dies für die Hochschule möglich ist, und der Zugang über Suchmaschinen<br />
muss aufgehoben werden. Um zu gewährleisten,<br />
dass auch der Zugang über die URL quasi unschädlich gemacht<br />
wird, sollten manuelle Kontrollen erfolgen, wobei es zumutbar<br />
sein kann, mehrere Dutzend Server zu überprüfen. Unter Umständen<br />
kann es ratsam sein, in gewissem zeitlichem Abstand<br />
die Kontrollen zu wiederholen, um ausschließen zu können,<br />
dass die Löschung doch nicht vollumfänglich erfolgt und in<br />
der Zwischenzeit der betroffene Inhalt wieder leichter zugänglich<br />
geworden ist. Grundsätzlich gilt, dass man sich nicht<br />
leichtfertig zu einem Verhalten verpflichten sollte, das man<br />
nicht erbringen kann. Hilfreich kann es zudem sein, die durchgeführten<br />
Maßnahmen ordentlich zu dokumentieren, um gegebenenfalls<br />
nachweisen zu können, dass man die im Verkehr
erforderliche Sorgfalt eingehalten und somit nicht fahrlässig<br />
gehandelt hat. Denn ohne Verschulden kommt es regelmäßig<br />
nicht zur Verwirkung der Vertragsstrafe, was in finanzieller<br />
Hinsicht eine wichtige Entlastung darstellt.<br />
Im Übrigen zeigt die Entscheidung des LG Hamburg, dass nicht<br />
nur bei der Ausführung der Löschung von Inhalten in Folge der<br />
Abgabe einer Unterlassungserklärung sorgfältig vorgegangen<br />
werden muss, sondern auch schon bei der konkreten Formulierung.<br />
Die Hochschulen müssen beim Vorwurf einer Rechtsverletzung<br />
klären, in welcher Rolle sie potentiell haften. Sind sie<br />
Täter oder Teilnehmer einer Rechtsverletzung, erfordert dies<br />
eine andere Formulierung im Rahmen der Erklärung, mittels<br />
derer die Verpflichtung zur Unterlassung begründet wird, als<br />
bei einer Unterlassungserklärung, die die Störerhaftung betrifft.<br />
Da die Wirksamkeit einer solchen Erklärung schon durch<br />
marginale Fehler beeinträchtigt und damit das Ziel der Vermeidung<br />
eines Prozesses vor Gericht verfehlt werden kann, sollte<br />
den besonderen Anforderungen durch Anwendung großer<br />
Sorgfalt und den Einsatz des für solche Aufgaben hinreichend<br />
qualifizierten Personals Rechnung getragen werden.<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 10
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 11<br />
Aufgeschoben ist nicht Aufgehoben -<br />
Sprengt das Urheberrecht den Rahmen?<br />
Bundesgerichtshof legt Frage der urheberrechtlichen Zulässigkeit des „Framings“ dem<br />
Gerichtshof der Europäischen Union vor<br />
von Marten Hinrichsen<br />
Das Internet und insbesondere die sozialen Netzwerke leben vom Verbreiten oder Teilen von Inhalten.<br />
Neben der mittlerweile üblichen Verlinkung in Form einer Weiterleitung, kommt es auch<br />
immer häufiger zu einer sogenannten „Einbettung“ von fremden Inhalten in die eigene Homepage.<br />
Diese Inhalte sehen optisch so aus, als ob sie tatsächlich auf dem Webserver wären. Tatsächlich<br />
wird jedoch nur die Technik des Verlinkens genutzt, um diese Inhalte als eigene erscheinen<br />
zu lassen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang die urheberrechtliche Zulässigkeit eines<br />
solchen Vorgehens. Mit dieser, für das Internet in seiner heutigen Form, essentiellen Frage hatte<br />
sich nun auch erstmalig der Bundesgerichtshof (BGH) zu beschäftigen. Eine abschließende Entscheidung<br />
ist jedoch bis auf weiteres aufgeschoben worden. Aufgrund europarechtlicher Auslegungsfragen<br />
ist das Verfahren vorerst dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vorgelegt<br />
worden. Dieser muss nun vorrangig Stellung beziehen.<br />
Einleitung<br />
Das Verbreiten von eigenen aber auch fremden Inhalten ist<br />
mittlerweile ein fester Bestandteil des Internets geworden.<br />
Dieses für die moderne Netzkultur des Web 2.0 prägende Element<br />
ist auch untrennbar mit den sozialen Netzwerken verknüpft.<br />
So kann beispielsweise durch den Einsatz von sozialen<br />
Medien eine Vielzahl von Nutzern einfach und unkompliziert<br />
auf interessante Texte, Bilder oder Videos hingewiesen werden.<br />
Das Teilen von Inhalten erfolgt dabei regelmäßig in Form<br />
von sogenannten Hyperlinks.<br />
Unter Links kann man zunächst allgemein Verweisungen oder<br />
Weiterleitungen innerhalb des Internets verstehen. Durch den<br />
Klick auf einen solchen Link wird der Nutzer von der ursprünglichen<br />
Homepage beispielsweise auf eine Unterseite der gleichen<br />
Homepage oder auf eine gänzlich andere Homepage<br />
verwiesen. Dies ermöglicht im Ergebnis eine einfache und<br />
schnelle Art der Fortbewegung im sonst oftmals unübersichtlichen<br />
Netz. Ein Link ist somit Wegweiser und Abkürzung zum<br />
Ziel in Doppelfunktion.<br />
Arten von Links<br />
Der Oberbegriff des Hyperlinks lässt sich dabei in zwei wesentliche<br />
Gruppen unterteilen, die sich durch die Art des angesteuerten<br />
Ziels unterscheiden. Unter einem sogenannten „Surface-<br />
Link“ versteht man den bloßen Verweis auf die Eingangs- bzw.<br />
Startseite einer anderen Homepage. Der wesentlich häufigere<br />
Fall ist dagegen die direkte Verlinkung auf eine Unterseite der<br />
Homepage oder bestimmte Dateien auf einem Webserver.<br />
Diese Form des Verlinkens wird als sogenannter „Deep-Link“<br />
bezeichnet. Technische Sonderformen bilden das sogenannte<br />
„Inline-Linking“ bzw. „Hotlinking“ und das sogenannte „Framing“.<br />
Diese lassen sich allgemein als sogenannte „Embedded-<br />
Links“ bezeichnen. Hierbei werden Inhalte, die sich auf einem<br />
anderen Webserver befinden, mittels Verlinkung in die eigene<br />
Webpräsenz eingebettet. Die Inhalte werden dabei also nicht<br />
auf dem eigenen Webserver zum Abruf bereitgehalten. Es wird<br />
technisch lediglich auf fremde Server zugegriffen und der Inhalt<br />
optisch integriert.
Problemstellung<br />
Aus rechtlicher Sicht stellt sich beim Verlinken, neben der hier<br />
nicht behandelten Frage der Haftung für Weiterleitungen auf<br />
verbotene oder beleidigende Inhalte, die Frage, wie das Verlinken<br />
insbesondere unter urheberrechtlichen Gesichtspunkten<br />
zu bewerten ist. Die meisten Bilder, Videos aber auch Texte,<br />
die im Internet abrufbar sind, unterliegen dem besonderen<br />
Schutz des Urheberrechtsgesetzes (UrhG). Dem Schöpfer eines<br />
solchen Werkes stehen dabei die sogenannten Urheberpersönlichkeitsrechte,<br />
wie das Recht auf Veröffentlichung oder<br />
das Recht auf Namensnennung, zu. Daneben bestehen jedoch<br />
auch wirtschaftliche Verwertungsrechte. Diese umfassen unter<br />
anderem das Recht auf Vervielfältigung und das Recht auf<br />
öffentliche Zugänglichmachung des Werks.<br />
Im Fall des Verlinkens ergeben sich urheberrechtliche Problemstellungen<br />
bei der Abgrenzung der Schutzbereiche dieser<br />
beiden zuletzt genannten Rechte. So muss geklärt werden, ob<br />
es durch das Verlinken aus rechtlicher Sicht zu einer Vervielfältigung<br />
oder öffentlichen Zugänglichmachung der geschützten<br />
Inhalte kommt.<br />
Bisherige Rechtslage<br />
Diese Fragestellung beschäftigt die Gerichte schon seit längerem.<br />
Der BGH hat hierbei mit einem vielbeachteten Grundsatzurteil<br />
aus dem Jahr 2003 (BGH, U. v. 17.7.2003 – I ZR 259/00<br />
– Paperboy) erste Maßstäbe hinsichtlich der Bewertung von<br />
Surface- und Deep-Links entwickelt. Demnach werde durch das<br />
Setzen von solchen lediglich verweisenden Hyperlinks nicht in<br />
das Vervielfältigungsrecht des Urhebers eingegriffen, da es<br />
sich dabei bloß um eine elektronische Verknüpfung und nicht<br />
um eine körperlich-gegenständliche Vervielfältigung handle.<br />
Durch den Link werde nur der Abruf von Inhalten erleichtert.<br />
Ebenso wenig nahm der BGH eine Verletzung des Rechts auf öffentliche<br />
Zugänglichmachung an. Durch das Verlinken werde<br />
lediglich ein bereits bestehender Zugang erleichtert und nicht<br />
neu geschaffen. Die öffentlich zugänglichen Inhalte könnten<br />
jederzeit manuell angesteuert werden – dies werde durch den<br />
Link nur vereinfacht. Die Inhalte werden vom Linksetzer selbst<br />
nicht vorgehalten und somit auch nicht bereitgestellt. Dem Urheber<br />
obliegt die eigene Entscheidung darüber, ob er das Werk<br />
der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich macht oder entfernt.<br />
Er allein hat die rechtlichen Möglichkeiten die Bereitstellung<br />
der Inhalte im Internet zu unterbinden und somit auch eine<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 12<br />
Verlinkung zu verhindern. Soweit kann somit unter urheberrechtlichen<br />
Gesichtspunkten von einer weitgehenden „Verlinkungsfreiheit“<br />
gesprochen werden.<br />
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz der Verlinkungsfreiheit<br />
müsse nach Ansicht des BGH jedoch dann gemacht werden,<br />
wenn mit dem Link vom Rechteinhaber eingerichtete technische<br />
Schutzmaßnahmen umgangen werden. So könne durch<br />
die Einrichtung eines sogenannten ID-Zugangs auf einer Startseite<br />
der direkte Zugriff auf Unterseiten verhindert werden.<br />
Ein Deep-Link auf die Unterseiten könne in einem solchen<br />
Fall einen Eingriff in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung<br />
darstellen, selbst wenn sich die Sicherung als technisch<br />
unwirksam herausstelle. Dabei komme es lediglich darauf an,<br />
ob die Maßnahme für einen Dritten als solche erkennbar sei.<br />
Demnach lässt sich für die weiterleitenden Links festhalten,<br />
dass diese, mit Ausnahme der vom BGH im Grundsatzurteil<br />
gemachten Sondersituation, kein urheberrechtlich relevantes<br />
Handeln darstellen und somit unter diesen Gesichtspunkten<br />
keine Haftung begründen können.<br />
Kritischer gestaltet sich das Bild bisher jedoch bei den Embedded-Links.<br />
Bei der Verlinkung in Form eines Inline-Links<br />
oder beim Framing können Inhalte auf anderen Servern auf<br />
technische unterschiedliche Art und Weise so in die eigene<br />
Homepage integriert werden, dass diese als quasi eigene Inhalte<br />
erscheinen. Dies könnte ein Eingriff in das Recht auf<br />
öffentliche Zugänglichmachung sein. Hierbei wird argumentiert,<br />
dass für einen Nutzer nicht mehr erkennbar sei, dass<br />
die Inhalte eigentlichen von einem anderen Anbieter stammen<br />
würden. Aus Sicht der Nutzer werde der Inhalt somit in<br />
der Art und Weise zur Verfügung gestellt, als ob der Inhalt auf<br />
dem eigenen Server liegen würde. Die Situationen seien direkt<br />
vergleichbar und müssten dementsprechend auch gleich behandelt<br />
werden. Ähnlich wurde bisher auch in der Rechtsprechung<br />
argumentiert. So bejahte zuletzt beispielsweise das<br />
OLG Düsseldorf (U. v. 8.11.2011 - I-20 U 42/11) die urheberrechtliche<br />
Relevanz von eingebundenen Inhalten. In der rechtswissenschaftlichen<br />
Literatur wurde an dieser Einordnung jedoch<br />
auch wiederholt Kritik geäußert, die nun auch durch den BGH<br />
aufgegriffen worden ist.<br />
Beschluss des BGH<br />
In dem jetzt erstmalig vor dem BGH als Revisionsinstanz verhandelten<br />
Fall ging es um die Frage, ob ein Internetseitenbe-
treiber eine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn unstreitige<br />
urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf einer dritten<br />
Homepage öffentlich zugänglich sind, in die eigene Homepage<br />
im Wege des „Framing“ eingebunden werden (B. v. 16.5.<strong>2013</strong> – I<br />
ZR 46/12 – Die Realität).<br />
Konkret wurde ein von der Klägerin zu Werbezwecken gedrehtes<br />
Video, welches nach dem Vorbringen der Klägerin ohne<br />
ihre Zustimmung in einem Video-Portal im Internet abrufbar<br />
war, von der Beklagten im Wege des Framing in die eigene<br />
Homepage integriert. Auch hier stellte sich somit die Frage,<br />
ob das Framing ein urheberrechtlich relevantes Verhalten<br />
ist, dass in das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung eingreift.<br />
Während das Landgericht als erste Instanz diese Frage<br />
bejahte, wurde die Klage in der Berufungsinstanz abgewiesen.<br />
Der BGH stellte in seinem Beschluss zunächst klar, dass die Einbettung<br />
in Form des Framing grundsätzlich kein öffentliches<br />
Zugänglichmachen darstelle, da allein der Rechteinhaber über<br />
die grundsätzliche Zugangsmöglichkeit entscheide. §19a UrhG<br />
erfordere, dass Dritten der Zugriff auf Inhalte eröffnet wird,<br />
die auch entsprechend selbst auf einem eigenen Server vorgehalten<br />
werden. Das bloße Zueigenmachen sei kein öffentliches<br />
Zugänglichmachen. Eine Verletzungshandlung komme nur in<br />
Betracht, wenn sie tatsächlich begangen worden ist und nicht<br />
nur ihre Merkmale dem Schein nach vorliegen.<br />
Mit diesen Ausführungen stellt sich der BGH deutlich gegen<br />
die bisherige obergerichtliche Rechtsprechung zum Framing<br />
und folgt der in der Literatur geäußerten Kritik. Mithin findet<br />
sich im deutschen Urheberrecht kein direkt kodifiziertes Recht<br />
gegen das das Framing verstoßen könnte. Die Einbindung im<br />
Wege des Framing könne nach Ansicht des BGH jedoch im Hinblick<br />
auf Art. 3 Abs. 1 der EU-Richtlinie 2001/29/EG (InfoSoc-RL)<br />
ein bisher unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen<br />
Wiedergabe verletzen. Die urheberrechtlichen Verwertungsrechte<br />
seien im Gesetz bewusst nicht abschließend geregelt,<br />
so dass eine richtlinienkonforme Auslegung des Urheberrechts<br />
geboten sein könnte.<br />
Da diese Frage auch unter Zugrundelegung der bisherigen<br />
Rechtsprechung des EuGH, der für die Auslegung des Europarechts<br />
ausschließlich zuständig ist, nicht eindeutig beantwortet<br />
werden kann, hat der BGH beschlossen, diese Frage dem<br />
EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 13<br />
Dies hat jedoch zur Folge, dass es noch längere Zeit dauern<br />
wird, bis endgültige Klarheit über die urheberrechtliche Zulässigkeit<br />
des Framings besteht.<br />
Fazit und Auswirkungen auf die<br />
Hochschulpraxis<br />
Der größte Teil der deutschen Hochschulen verfügen mittlerweile<br />
über eigene Webseiten und Präsenzen in den gängigen<br />
sozialen Netzwerken. Auch hier kommt es immer wieder zur<br />
Einbindung von Videos oder zum Teilen von Links. Somit sind<br />
auch die Hochschulen von dieser Entscheidung direkt betroffen.<br />
Auch wenn sich für diese gängige Praxis aus diesem Vorlagebeschluss<br />
momentan keine unmittelbaren Folgen ergeben,<br />
sollte dennoch die Entwicklung der Rechtsprechung in diesem<br />
Bereich im Auge behalten werden, um anschließend urheberrechtliche<br />
Haftungsrisiken zu vermeiden. Solange aber die<br />
urheberrechtliche Lage noch der Klärung durch den EuGH bedarf,<br />
kann lediglich ein vorheriges Einverständnis im Einzelfall<br />
Rechtssicherheit bringen, weshalb angeraten werden kann,<br />
dieses im Zweifelsfall einzuholen. Grundsätzlich ist außerdem<br />
Vorsicht beim Umgang mit Verlinkungen geboten, vor allem<br />
auch aufgrund der, in diesem Artikel nicht besprochenen, Haftungsrisiken<br />
durch das Zueigenmachen fremder Inhalte.<br />
Wann mit einer Entscheidung des EuGH zu rechnen ist, kann<br />
bisher ebenso wie der Inhalt der Entscheidung nicht abgesehen<br />
werden. Es existieren hierbei keine starren Fristen an<br />
die der Gerichtshof gebunden wäre. Aufgrund der Bedeutung<br />
dieser Frage für das Internet ist mit einer intensiven und somit<br />
zeitaufwendigen Auseinandersetzung durch den EuGH zu<br />
rechnen.
Impressum<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht 7 / <strong>2013</strong> | Seite 14<br />
Der <strong>DFN</strong>-<strong>Infobrief</strong> Recht informiert über aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung und daraus resultierende<br />
mögliche Auswirkungen auf die Betriebspraxis im Deutschen Forschungsnetz.<br />
Herausgeber<br />
<strong>Verein</strong> zur Förderung eines Deutschen Forschungsnetzes e. V.<br />
<strong>DFN</strong>-<strong>Verein</strong><br />
Alexanderplatz 1, D-10178 Berlin<br />
E-Mail: <strong>DFN</strong>-<strong>Verein</strong>@dfn.de<br />
Redaktion<br />
Forschungsstelle Recht im <strong>DFN</strong><br />
Ein Projekt des <strong>DFN</strong>-<strong>Verein</strong>s an der WESTFÄLISCHEN WILHELMS-UNIVERSITÄT, Institut für Informations-, Telekommunikations- und<br />
Medienrecht (ITM), Zivilrechtliche Abteilung<br />
Unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Hoeren<br />
Leonardo-Campus 9<br />
D-48149 Münster<br />
E-Mail: recht@dfn.de<br />
Nachdruck sowie Wiedergabe in elektronischer Form, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des <strong>DFN</strong>-<strong>Verein</strong>s<br />
und mit vollständiger Quellenangabe.