Januar 2011, Vogue: Königreich der Himmel (PDF 6,5 MB)
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gipfel, kühne Steilkurven bei <strong>der</strong> Umrundung eines letzten Berg: des fabültisen Minikönigreichs aus, in dem westliche Reisende<br />
rückens mit einem Bauernhaus darauf, kräftiges Bremsen auf meist etwas zu finden hoffen, das bei uns längst verlorengegan-<br />
einer sehr kurz geratenen Landebahn. Auf dem einzigen Fluggen ist. Wie sonst nur im Tfaum, vermischt sich. in'Bhutan Verlanhafen<br />
von Bhutan schlägt uns in einer Höhe von 2200 Metern die gen mit Momenten, die wie Erinnärungen wirken, Und mit höchst<br />
Luft kristallklar entgegen, doch das Verwunschensein-Gefi.ihlMerkwürdigem,<br />
das man gar nicht begreift. Die.Menschen, denen<br />
will nicht weichen. In Paro (StadQ ftihlt man sich ein wenig wie wir begegnen, tragen historische Kleidung. Die Frauen mit den<br />
am Set von Sieben fahre in Tibet - ohne Brad Pitt und irgendwie auffälligen Bambushüten etwa, die versuchen, uns Schmuck zu<br />
im falschen Kostüm. Hier tragen die Frauen Wonju und Kira, verkaufen, gehören zur Ethnie <strong>der</strong> Layap. Sie kommen vom<br />
eine tibetische Seidenbluse über einem bodenlangen Wickel- nördlichen Hochland an <strong>der</strong> Grenze zu Tibet, fertigen ihre<br />
kleid, und alle Männer einen knielangen karierten Kimono names schwarzen Gewän<strong>der</strong> aus Yakhaar und Schafswolle und sprechen<br />
Stammessprache (eine insgesamt von 18 verschiedenen), erstaunlicherweise<br />
aber auch fließend Englisch. Auf Wunsch des<br />
Königs lernt je<strong>der</strong> Schüler die Fremdsprache in <strong>der</strong> Schule.<br />
Auch politisch scheint Bhutan wie nicht von dieser WelL ,,Das<br />
Bruttosozialprodukt soll niemals schneller wachsen als das ,Bruttonationalglück"',<br />
verkündete <strong>der</strong> 4: Regent Jigme Singye Wang-<br />
Gho zu Kniestrümpfen. So angezogen, trabt auch unser Führer chuk anlässlich seiner Krönungszeremonie 1974. Sein Sohn Jig-<br />
Künzang vor uns her, in Schuhen, die zirka fünf Nummern zu me Khesar Namgyel Wangchuck, <strong>der</strong> ihm 2006 auf den Thron<br />
groß nach oben schnabeln. Kein Versehen, son<strong>der</strong>n ein Status- folgte, betrachtet diese For<strong>der</strong>ung ebenfalls als Hauptanliegen<br />
symbol. Wie an europäischen Höfen im frühen Mittelalter gilt im und Kemkompetenz. Überhaupt sind sich in Sachen ,,Gross<br />
entlegensten Land des Globus <strong>der</strong> Dresscode: Je bedeuten<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Mann, desto überborden<strong>der</strong> das Schuhwerk.<br />
National Happiness" alle vollkommen einig. Egal ob man eine<br />
elbst <strong>der</strong> Name dieses unabhängigen <strong>Königreich</strong>s<br />
klingt wie im Märchen: ,,Land des Donnerdrachen"<br />
(,,Druk Yul" in <strong>der</strong> Landessprache Dzongkha) nennt<br />
sich das Land <strong>der</strong> verbrieften Sanftheit, wo es mehr<br />
Mönche als Soldaten gibt, zwei Kinos, keine Ampel<br />
r Bhutan erteitt jährtich nur 23000 Visa Die Beantragung ist tangwierig und komptf {<br />
ziert. Am einfachsten ist das Land mit Pauschälangeboten von Vennstaltern wl{<br />
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Cg. . Mehrtatite geftihhe Touren fi:r Paare o<strong>der</strong> Alleinreisende o€anisiert das ,,Ur{q<br />
Phro"-Resort, Umacomo.bi. Preia ,,Superior Room" ab 255 € zzgt. Govemmefrtl<br />
und einen besorgten König, <strong>der</strong> einen Sportsen<strong>der</strong> eine Zeitlang Royalty und'FlT. Für Kamenfans ideal: lh Rahmen des ,,Bhutan Through a Lehs<br />
abschalten ließ, als Wrestlingshows in die Häuser seiner buddhistischen<br />
Untertanen flimmerten. Dabei war Bhutan ohnehin <strong>der</strong><br />
letzte Staat <strong>der</strong> Erde, <strong>der</strong> 1999 das Fernsehen einführte. Der<br />
Package" begteitet ein Profi-Fotogiaf die Gäste quer durch Bhutan. Ab 35/15 €/<br />
Person für 7 Nä'thte (5 Nächte"im ,,Uma Paro", 2 Nächte in örtlichen Lodges<br />
o<strong>der</strong> Hotels) inklusive Vollpension, Rundreise, Gebühren, zzgl. Government<br />
Royalty und FlT. Vom 22.-29.06.11.. Offizielte Landeswebsite: Kingdomofbhu-<br />
magische Mix aus Vergangenheit und Zukunft macht den Reiz tan.com. o Infos zum,,Bruttonationalglück" auf: Grossnationalhappiness.org. .<br />
Je nach Lagewerden Dämonen<br />
durch Opfer besänftigt - o<strong>der</strong> mit<br />
grimmigen Masken abgeschreckt<br />
\\ \ $.\ r )gilc c(,m / VOGUEJANL,AI2OI
Marktfrau, einen Bauer, den Hotelbutler, ein Schulkind o<strong>der</strong><br />
einen Mönch fragt, lautet die Antwort immer gleich: ,,Wir haben<br />
zwar nicht viel Geld, aber wir sind hier glücklich!"<br />
Da Glück als Kollektiverfolg verstanden wird, entzünden auch<br />
unsere Reisebegleiter in jedem Tempel Butterlampen, an jedem<br />
Bergpass dicke Bündel von Räucherstäbchen. Manchmal spannen<br />
sie auf einer Passhöhe in Fel<strong>der</strong>n voll flatternden Gebetsfahnen<br />
noch mehr Wimpel auf, um eigene Gebete zum <strong>Himmel</strong> zu<br />
schicken, etwa am Doshula-Pass (3115 Meter), den wir auf dem<br />
Weg von Paro nach Punakha überqueren. Von hier aus ist <strong>der</strong><br />
WEIT<br />
WEITWEG<br />
I Mit 104 Ktöstern<br />
festgedübelt: <strong>der</strong><br />
Himalaya. I Holzmaske<br />
in Thimphu.<br />
3 Taktsang, das Tigernest-Kloster.<br />
I Dzong-<br />
Portal in Punakha.<br />
5 Gebetsmühlen im<br />
Tashichodzong.<br />
5 Tänzerinn beim ..Ura<br />
Yakchoe Festival".<br />
7 Haus in <strong>der</strong> Nähe<br />
des Chelela-Passes.<br />
8 layap-Frauen.<br />
Eine Hauptattraktion von Bhutan liegt in <strong>der</strong> Abwesenheit von<br />
Dingen. Es gibt keine Shoppingmalls, keine Plastiktüten, keine<br />
Werbeplakate, keine Rushholur. Und 9as Hintergrundrauscheh<br />
stammt nicht von einer Autobahh, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Regel von<br />
einem türkis- o<strong>der</strong> lapislazuliblauen Fluss. Auch Straßen gibt es<br />
nur ganz, ganz wenige, dafür fallen sie umso abenteuerlicher aus.<br />
Das erklärt den Spitznamen <strong>der</strong> staatlichen Buslinie: ,,Vomit Express".<br />
Zum Glück sind wir mit einem komfortablen Minibus<br />
sämt Fahrer ausgestattet, was wir unserem 2004 eröffneten Luxusresort<br />
,,IJma Paro" zu verdanken haben. Bis 1960 gab es in<br />
Fernblick überwältigend und erklärt so die hiesige Vorstellung,<br />
dass das Himalayamassiv ein gewaltiger Dämon sei, <strong>der</strong> einst tob- Seltsamer,Heiliger: Der hochf":::"11':,::?1':"'-::"":1,":::T""T*"j:1"i"11:,"*::'::::<br />
verehrre Drukpa Kuenlev vollerte,<br />
lages eroaulen Kfoslern aul ewlg am öooen testouDette. uanz L J<br />
st;il ist die Sache trotzdem nichI, denn manchmal bewegt sich SOff Und pfahlte mit Seinef POtenZ<br />
<strong>der</strong> Dämon - und dann wackelt die Erde. Mit ein paar Spritzern<br />
Tee wird er besänftigt und mit verstärktem Drehen <strong>der</strong> Gebets- Bhutan we<strong>der</strong> Autos noch Elektrizität o<strong>der</strong> Telefon. Selbst <strong>der</strong><br />
mühlen, die an Wänden hängen wie bei uns Zigarettenautoma- indische Premierminister Jawaharlal Nehru musste zu Fuß einen<br />
ten. Auf dem Weg hinab ins milde Punakha-Tal (,,Dort wachsen 45OO-Meter-Pass überschreiten, um (in Begleitung seiner Tochter<br />
Orangen!") passieren wir Männer beim Pflügen, Familien beim Indira) 1958 dem 3. König einen Besuch abzustatten. Im Ver-<br />
Dreschen, Dorfschönheiten beim Heuwenden und Hutzelweibhältnis dazu rasen wir Touristen von einer Attraktion zur nächschen<br />
beim Zauberwurzelverkauf am Straßenrand.<br />
ten; etwa zum Dzong von Punakha. Dzong nennt man die an<br />
Auf einem Marktplatz am Fluss erweisen sich getrocknete strategisch wichtigen Stellen errichteten Tiutzburgen, die gleich-<br />
Chilischoten als heißeste Ware. Man kauft sie nicht stückweise zeitig als Kloster, Verwaltungssitz und Festung dienen. Fast alle<br />
als Würze, son<strong>der</strong>n kiloweise als Gemüse. Handelsgut und Ver- wurden im 17. Jahrhun<strong>der</strong>t errichtet, als ein charismatischer Fühkäufer<br />
liegen in unterschiedlichen Posen des Ruhens entspannt rer namens Shabdrung nicht nur versprengte Fürstentümer einig-<br />
auf dem Boden. Hunde, Kin<strong>der</strong> und ein ausgebüchstes Pferd te, sondörn auch Kirche und Staat. Da <strong>der</strong>.Dzong von Punakha<br />
streifen fröhlich umher, und sogar wie Halsabschnei<strong>der</strong> wirkende früher einmal Regierungssitz war, gibt es in ihm bis heute von<br />
Herumtreiber erweisen sich bei direkter Ansprache als lächelnde allem mehr: mehr P-qrtale, mehr Innenhöfe, mehr Wandmalerei-<br />
Kavaliere. Obwohl wir uns auf <strong>der</strong> nördlichen Erdhalbkugel en, mehr vergoldete Pagodendächer und mehr Mönche. Bis zu<br />
befinden, scheint die Welt auf dem Kopf zu stehen. Nie schien 3000 wandeln hier zeitweise auf Buddhas Spure4, und doch hat<br />
Europa weiter weg.<br />
sich selbst in dieser letzten Hochburg des Fortsetzungauf seitet9T
ROYALSTYLE Fortsetzuns von seite r52 KONIGREICH ...<br />
Fortsetzung von Seite ll7<br />
gravierte Spiegel, ein imposantes Deckengemälde und eine gan- tantrischen Mahayana-Buddhismus <strong>der</strong> Wandel eingeschlichen.<br />
ze Reihe bunte Bil<strong>der</strong> von Dänemarks namhaftesten Künstlern In aufirendig geschnitzten Säulengängen sitzen Novizen nicht<br />
wie Olafur Eliasson, Tal R, Jesper Christiansen, Kathrine A,rte- über religiösen Schriften, son<strong>der</strong>n über Handys, um per SMS mit<br />
bjerg, John Kprner, Morten Schelde, Kaspar Bonn6n, Eske <strong>der</strong> Außenwelt zu kommunizieren. Bei <strong>der</strong> letzten Zählung 2008<br />
Kath und Sisne Guttormsen.<br />
waren 680000 Einwohner in Bhutan registriert - und 206068<br />
is zu dem Tag, als wir die Türen öffneten und Mobiltelefone. Wie verbreitet die Billigteile aus China sind, ent-<br />
die Massen hereinströmen sahen, war mir <strong>der</strong> decke ich auf dem Weg zum nächsten Kloster, dem des ,,Göttli-<br />
Erf