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Rede von Barbara Sommer - Bildungsklick

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Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

Sprechzettel<br />

<strong>von</strong> Frau Ministerin<br />

<strong>Barbara</strong> <strong>Sommer</strong><br />

zur Eröffnung der Didacta 2007<br />

am 27. Februar 2007 in Köln<br />

- Es gilt das gesprochene Wort -<br />

die Bildungsmesse Didacta gehört schon fast zu Köln.<br />

In diesem Jahr wird sie eine "Messe der Superlative" sein:<br />

Mit einer Vielzahl <strong>von</strong> Seminaren, Vorträgen, Präsentationen und Diskussionsforen ist<br />

sie der größte pädagogische Kongress des Jahres:<br />

Alle verfügbaren Ausstellungsflächen sind vergeben worden.<br />

Zahlreiche Unternehmen sind hier vertreten, darunter viele aus dem Ausland.<br />

Dies ist nicht zuletzt ein Zeichen für die zunehmende Bedeutung <strong>von</strong> Bildung über alle<br />

Grenzen hinweg.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

vor knapp einem Monat haben wir in Essen mit unserem Bildungspolitischen<br />

Symposium erstmals eine Plattform geschaffen:<br />

In regelmäßigen Abständen wollen wir auch zukünftig bildungsrelevante Themen<br />

diskutieren und eine Verbindung zur Praxis herstellen.<br />

Herr Ministerpräsident Dr. Rüttgers hat in seiner Grundsatzrede die Wissensexplosion<br />

und Informationsflut beschrieben, mit der wir konfrontiert werden.<br />

Das Wissen wächst heute in einem rasanten Tempo.<br />

In Zukunft wird sich diese Entwicklung noch weiter beschleunigen.<br />

Gleichzeitig wird die Halbwertzeit des Wissens immer kürzer.<br />

In der Schule wird ein wichtiges Fundament für Bildung gelegt.


Bildung bedeutet, Menschen zu befähigen, die sich ständig wandelnden<br />

Herausforderungen der modernen Welt zu meistern und sie zu befähigen,<br />

gesellschaftliche Prozesse aktiv mit zu gestalten.<br />

Auch in Zeiten der Massenkommunikation kann dies nur auf der Basis eines<br />

erfolgreichen individuellen Lernprozesses geschehen.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

in diesem Prozess ist unser Expertenwissen gefragt:<br />

Hier leisten wir unseren Beitrag, ob als Lehrerin und Lehrer, als<br />

Erziehungswissenschaftler oder als Bildungspolitiker.<br />

Die Schulen sind dabei, sich zu verändern - nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern<br />

in ganz Deutschland.<br />

Jeder einzelne Schüler soll sein Leistungsvermögen ausschöpfen können.<br />

Der Bildungsforscher und PISA-Koordinator, Herr Prof. Schleicher, hat wiederholt<br />

erklärt:<br />

Gewöhnliche Schüler haben außergewöhnliche Fähigkeiten.<br />

Ich sage:<br />

Jedes Kind ist anders. Aber keines geht verloren!<br />

Das novellierte Schulgesetz basiert in erheblichem Maße auf den Erkenntnissen der<br />

Bildungsforschung:<br />

Es rückt die Individuelle Förderung als Leitidee in das Zentrum der schulischen Arbeit.<br />

Individuelle Förderung wendet sich an alle Schülerinnen und Schüler - an die<br />

Leistungsschwachen, die besonders Begabten und an die im Mittelfeld.<br />

Dabei wird zunehmend der Ruf laut nach gesonderter Betrachtung der Bedürfnisse <strong>von</strong><br />

Mädchen und Jungen.<br />

Vom 21. bis 23. September wird das Ministerium für Schule und Weiterbildung daher in<br />

Zusammenarbeit mit dem Didacta-Verband einen Kongress durchführen.<br />

Das Thema lautet:<br />

"Jungen und Mädchen in einer postmodernen Gesellschaft – Herauforderungen und<br />

Chancen" .<br />

2


Meine Damen und Herren,<br />

eine individuelle Förderung, die den Namen verdient, ist wesentlich durch folgende<br />

Akzente gekennzeichnet:<br />

• Zunächst durch die Ermittlung des Lernstandes und des Lernbedarfs der<br />

Schülerinnen und Schüler mit Hilfe geeigneter Verfahren, man kann auch sagen<br />

durch Diagnose. Hier müssen wir noch besser werden!<br />

• Dann durch die Unterstützung, Förderung und Begleitung der Lernprozesse der<br />

einzelnen Schülerin und des einzelnen Schülers.<br />

• Und schließlich durch die Auswertung und Dokumentation der<br />

Fördermaßnahmen. Diese mündet in eine schulinterne Überprüfung und<br />

Weiterentwicklung der Förderkonzepte.<br />

Dieser Dreiklang <strong>von</strong> Diagnose, Unterrichtsqualität und Überprüfung der Ergebnisse<br />

beginnt stets <strong>von</strong> neuem.<br />

Dazu brauchen wir Lehrerinnen und Lehrer, die sich dem Grundsatz verschrieben<br />

haben:<br />

"Kein Kind geht verloren, an das ein Lehrer glaubt." [Bernhard Bueb]<br />

Meine Damen und Herren,<br />

es ist sehr wichtig, dass wir erfolgreiche Praxis individueller Förderung durch das neue<br />

„Gütesiegel Individuelle Förderung“ würdigen.<br />

Mit dieser bundesweit einmaligen Auszeichnung dokumentieren Schulen ihre<br />

Anstrengungen in diesem Bereich.<br />

Andere Schulen erhalten durch das Beispiel der "Gütesiegel-Schulen" Anregungen,<br />

wie sie sich ebenfalls auf den Weg machen können zu einer wirksamen individuellen<br />

Förderung.<br />

Die Teilnahme an dieser Initiative ist freiwillig.<br />

Alle Schulen, die eine systematisch angelegte individuelle Förderung in der Schulpraxis<br />

vorweisen können, sind herzlich eingeladen, sich zu bewerben.<br />

Jede Schule kann eine Gütesiegel-Schule werden!<br />

Individuelles Lernen ist nur dauerhaft und systematisch möglich, wenn auch geeignete<br />

institutionelle Voraussetzungen gegeben sind.<br />

Im Mittelpunkt der Erneuerung der Schulen steht daher die Eigenverantwortliche<br />

Schule:<br />

3


Sie wird unterstützt<br />

• durch externe Qualitätsanalyse in Verbindung mit internem<br />

Qualitätsmanagement,<br />

sowie<br />

• durch Unterstützungsangebote in den Regionen und durch die Schulaufsicht.<br />

Wir trauen der Eigenverantwortlichen Schule zu,<br />

• dass sie grundsätzlich am besten weiß, wie die Ziele des Schulgesetzes erfüllt<br />

werden können und welche Unterstützung sie braucht<br />

und<br />

• dass sie mit all ihren Entscheidungen auf die Qualitätsverbesserung ausgerichtet<br />

ist.<br />

Die Eigenverantwortliche Schule nutzt die Gestaltungsspielräume.<br />

Sie selbst legt die Ziele zur weiteren innerschulischen Qualitätsentwicklung fest.<br />

Und dennoch bleibt sie in staatlicher Verantwortung – durch vielfältig angelegte<br />

Rechenschaftslegung und Qualitätsanalyse.<br />

Sie verantwortet ihre Entscheidungen und Prozesse vor den Schulgremien, der<br />

Schulaufsicht und dem Schulträger.<br />

Die Eigenverantwortliche Schule leistet einen Beitrag zur Qualitätssteigerung des<br />

Unterrichts und des schulischen Lebens insgesamt.<br />

Meine Damen und Herren,<br />

Eigenverantwortlichkeit ist das schulische Prinzip, in dem individuelle Förderung am<br />

besten gedeihen kann.<br />

Eigenverantwortlichkeit ist für die Lebensbewältigung des Einzelnen ebenso<br />

unverzichtbar wie für das Wohl der Gesellschaft.<br />

Aufgabe des Staates ist es, hier für günstige Rahmenbedingungen zu sorgen:<br />

Jeder, der bereit ist sich anzustrengen, muss die gleichen Chancen haben.<br />

In unserem Bildungssystem werden Unterrichtsangebote gemacht sowie<br />

Leistungsnoten und Abschlüsse vergeben.<br />

Die Abschlüsse müssen allen Jugendlichen auch echte Lebens- und Berufschancen<br />

eröffnen.<br />

Hierfür tragen wir eine große Verantwortung.<br />

Wir müssen jeden mitnehmen, dürfen keinen zurücklassen.<br />

Wir sind bereit, uns zu engagieren für jede einzelne Schülerin und jeden einzelnen<br />

Schüler.<br />

4


Und das unabhängig <strong>von</strong> der Schulform.<br />

Denjenigen, die bisher in unserem Schulsystem benachteiligt worden sind, gilt unser<br />

besonderes Augenmerk.<br />

Bis zum Jahre 2012 werden wir rund 50.000 neue Ganztagsplätze an Haupt- und<br />

Förderschulen geschaffen.<br />

Auf diese Weise erreichen wir zwei Ziele gleichzeitig:<br />

Wir stärken die Hauptschule, nachdem sie jahrzehntelang ein Dasein als Stiefkind in<br />

der Schullandschaft geführt hat.<br />

Die Hauptschule ist ein wichtiger Lernort für Schülerinnen und Schüler, die ihren<br />

Bildungsweg zunächst in berufsqualifizierenden Bildungsgängen fortsetzen wollen.<br />

Wir machen es durch Ganztagsangebote den Eltern leichter, Familie und Beruf<br />

miteinander zu vereinbaren.<br />

Wir haben einen Sozialindex für die Zuweisung <strong>von</strong> Lehrerstellen eingeführt.<br />

Damit garantieren wir, dass Schulen in Städten und Gemeinden mit hoher Belastung<br />

anteilig mehr Lehrerstellen erhalten als diejenigen in weniger benachteiligten Bezirken.<br />

Wir wollen Wettbewerb unter Schulen.<br />

Wir wollen einen fairen Wettbewerb, keinen Verdrängungswettbewerb!<br />

Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer,<br />

aus eigener langjähriger Erfahrung weiß ich, dass Ihre Tätigkeit alles andere als einfach<br />

ist.<br />

Ganz wichtig ist es, dass Sie für Ihre Arbeit die Wertschätzung erhalten, die Sie verdient<br />

haben.<br />

Hier muss in allen Bereichen der Gesellschaft ein Bewusstseinswandel erfolgen!<br />

Das gelingt nicht mit Appellen, sondern mit Transparenz.<br />

Die Schulen müssen ihren Beitrag leisten. Sie müssen sich öffnen. Sie müssen deutlich<br />

machen, was sie leisten!<br />

Es muss in der Schule aber auch ganz konkret spürbar werden, dass Lehrerinnen und<br />

Lehrer wirklich entlastet werden.<br />

Das ist kein reines Lippenbekenntnis. Dazu stehen wir!<br />

Wir müssen dafür sorgen, dass es im System Anreize gibt und auch Unterstützung.<br />

Wir müssen Ressourcen ausschöpfen, die wir lange vergessen haben:<br />

5


Ich nenne hier den Erfahrungsschatz <strong>von</strong> Senioren, und ich nenne Beamte aus anderen<br />

Bereichen, die zum Beispiel bei Verwaltungstätigkeiten entlasten können.<br />

Wir müssen den Lehrerberuf wieder attraktiver machen.<br />

Um die nachrückenden Lehrkräfte auf die hohen pädagogischen Anforderungen<br />

bestmöglich vorzubereiten, müssen wir die Lehrerausbildung zeitgemäß umgestalten.<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Wettbewerb ExaMediaNRW hinweisen,<br />

den das Ministerium für Schule und Weiterbildung in diesem Jahr zum fünften Mal<br />

durchführt.<br />

Im Rahmen des Wettbewerbs werden herausragende Staatsexamensarbeiten<br />

ausgezeichnet.<br />

Studierende und Lehramtsanwärter haben hier die Gelegenheit, ihre besonderen<br />

Kompetenzen im Bereich der digitalen Medien unter Beweis zu stellen.<br />

Ich werde den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern persönlich Preise<br />

überreichen für ihre besonders herausragenden fachwissenschaftlichen und<br />

fachdidaktischen Beiträge und ihre originellen Problemlösungen.<br />

So wird zum Beispiel eine Arbeit ausgezeichnet, die – schon als Antwort auf Ergebnisse<br />

der schulischen Qualitätsanalyse – neue Wege mediengestützten selbstständigen<br />

Lernens als Alternative zum fragend-entwickelnden Frontalunterricht aufzeigt.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

ich wünsche uns allen vielfältige Anregungen beim Besuch der Veranstaltungen.<br />

Die Präsentation neuer Unterrichtswerke und Lernmedien ist nur ein Aspekt dieser<br />

Messe.<br />

Mindestens ebenso bedeutsam erscheint mir der Austausch <strong>von</strong> Erfahrungen und<br />

neuen Ideen:<br />

Ein solcher Austausch sollte im Interesse der Lernenden seinen Platz an diesem Ort<br />

haben!<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

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