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Sand im Getriebe Nr. 88 02/2011 - Attac Berlin

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Beverly J. Silver / Giovanni Arrighi<br />

Das Ende des langen 20. Jahrhunderts<br />

Auszug aus dem Buch „Vielfachkrisen“ <strong>im</strong> finanzmarktdominierten Kapitalismus<br />

Alex Demirovic / Julia Dück /Florian Becker / Pauline Bader (Hrsg.)<br />

In Kooperation mit dem Wissenschaftlichen Beirat von <strong>Attac</strong><br />

Vor fast 20 Jahren, kurz nach dem Zusammenbruch<br />

der Sowjetunion, wies der<br />

britische Historiker Eric Hobsbawm auf<br />

ein verbreitetes Gefühl der Verunsicherung<br />

hin: In welche Richtung würde sich<br />

die Welt entwickeln? Wir scheinen uns<br />

durch einen »globalen Nebel« zu tasten.<br />

Am Ende des 20. Jahrhunderts wussten<br />

die Bürger der Welt »mit Gewissheit nur,<br />

dass ein historisches Zeitalter zu Ende<br />

gegangen war. Sehr viel mehr wussten sie<br />

nicht.«<br />

-------------------------------------------------------- <strong>Sand</strong> <strong>im</strong> <strong>Getriebe</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>88</strong> Seite 29 --------------------------------------------------------<br />

1<br />

solche Prognosen in der Zeit nach der die wechselhaften Einschätzungen zu<br />

Asienkrise von 1997. Dann aber wendete verstehen, als auch den globalen Nebel zu<br />

sich das Blatt, als 2000 und 2001 die Börsenblase<br />

der New Economy platzte, die<br />

lichten, von dem wir <strong>im</strong>mer noch umgeben<br />

sind.<br />

USA <strong>im</strong> Irak Schiffbruch erlitten und die<br />

Bush-Administration mit ihrem »Project<br />

for a New American Century« scheiterte.<br />

Mit der von den USA ausgehenden Finanzkrise<br />

2008 und dem anhaltenden rapiden<br />

Wirtschaftswachstum Chinas ver-<br />

In den zwei Jahrzehnten, seit dies<br />

geschrieben wurde, hat das neue Zeitalter<br />

weiter Gestalt angenommen, aber der<br />

»globale Nebel« hat sich nicht gelichtet.<br />

Die Einschätzungen zur Richtung des<br />

globalen Wandels gingen wild hin und<br />

her. Ende der 1990er Jahre blickten die<br />

USA auf eine lange Phase wirtschaftlicher<br />

Erholung zurück und niemand hätte die<br />

globale militärische Macht der USA<br />

ernsthaft in Frage stellen können. Daher<br />

war überall zu hören, es werde zu einem<br />

»zweiten amerikanischen Jahrhundert«<br />

kommen. Ihren Höhepunkt erreichten<br />

1 Eric Hobsbawm: Das Zeitalter der Extreflüchtigte<br />

sich das Gerede von einem<br />

»zweiten amerikanischen Jahrhundert«.<br />

Stattdessen begann man, über ein bevorstehendes<br />

»chinesisches Jahrhundert« zu<br />

spekulieren. Und der mögliche Niedergang<br />

der US-amerikanischen globalen<br />

Vorherrschaft wurde nun in einem Maße<br />

zum Thema, wie es seit den 1970er Jahren<br />

nicht mehr geschehen war, als die Niederlage<br />

der USA in Vietnam, der Ölschock<br />

und die wirtschaftliche Stagflation das<br />

Gefühl einer tiefen Krise hervorgerufen<br />

hatten.<br />

Welchen Re<strong>im</strong> können wir uns auf diese<br />

extrem wechselhaften Einschätzungen<br />

bezüglich des neu angebrochenen Zeitalters<br />

der Weltgeschichte machen? Wir<br />

wollen in diesem Beitrag zeigen, dass der<br />

Vergleich mit ähnlichen früheren Umme.<br />

Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts, bruchphasen dazu beitragen kann, sowohl<br />

München 1995, S. 6<strong>88</strong>.<br />

2<br />

Aber mit welcher früheren historischen<br />

Zeit sollten wir die heutige ver-<br />

2 Wir fassen hier einige der wesentlichen<br />

Befunde aus unseren früheren Untersuchungen<br />

zusammen. Wir verzichten an<br />

dieser Stelle darauf, die ganze Fülle des<br />

historischen und theoretischen Materials<br />

anzuführen, auf das sich unsere Analysen<br />

stützen. Eine ausführliche Darstellung der<br />

hier skizzierten Überlegungen findet sich<br />

(einschließlich ausführlicher Literaturhinweise)<br />

in folgenden Texten: Giovanni Arrighi:<br />

The Long Twentieth Century: Money,<br />

Power and the Origins of Our T<strong>im</strong>es,<br />

London u.a. 1994 (zweite Auflage mit einem<br />

neuen Nachwort, 2010); Giovanni Arrighi<br />

und Beverly J. Silver: Chaos and<br />

Governance in the Modern World System,<br />

Minneapolis 1999; Arrighi und Silver:<br />

»Capitalism and World (Dis)Order«, Review<br />

of International Studies, 2001, Bd.<br />

27, S. 257-279; Silver und Arrighi, »Polanyi’s<br />

›Double Movement‹: The Belle Époques<br />

of British and U.S. Hegemony Compared«,<br />

Politics & Society, 2003, Bd. 31,<br />

<strong>Nr</strong>. 2, S. 325-355; Silver: Forces of Labor:<br />

Arbeiterbewegungen und Globalisierung<br />

seit 1870, <strong>Berlin</strong> 2005; Arrighi: Adam<br />

Smith in Beijing. Die Genealogie des 21.<br />

Jahrhunderts, Hamburg 2008.

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