03.10.2013 Aufrufe

Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

Jenseits von Afrika

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

4<br />

FESTUNG EUROPA<br />

nseits <strong>von</strong> Afri ka<br />

Unter den<br />

AsylbewerberI nnen<br />

in Luxemburg<br />

sindzunehmend<br />

Menschen aus<br />

afri kani schen Ländern.<br />

Sieleiden oft unter<br />

Diskri minierungen<br />

und Schikanen.<br />

Einsatz am Bahnhof Lu-<br />

xe mburg. Ein Aufgebot der<br />

großherzoglichen Polizei ist<br />

ausgeschwär mt. Ziel derAkti-<br />

on ist es, Drogendealer ding-<br />

fest zu machen. Verdächti ge<br />

Personen werden nach Papie-<br />

ren gefragt. Wer keine Doku-<br />

mente vor weisen kann, wird<br />

festgenommen. Doch wie<br />

si eht ein Verdächti ger aus?<br />

Nach de m Anteil derer, die<br />

<strong>von</strong> der Polizeiamhäufi gsten<br />

kontrolliert werden, habenes<br />

die Ordnungshüter vor alle m<br />

auf Menschen mit dunkler<br />

Hautfarbe abgesehen.<br />

"Es werden fast nur <strong>Afrika</strong>-<br />

ner kontrolliert", sagt Oli vier<br />

Kasa mba Mutumba. Der Bio-<br />

logiestudent aus der Demo-<br />

krati schen Republik Kongo<br />

lebt seit vierJahreninLuxem-<br />

burg. Seine Erfahrungen i m<br />

Großherzogtum bezeichnet<br />

er als " weder nur positiv oder<br />

nur negati v". AndenRassis-<br />

mus i m Alltag habe er sich ge-<br />

wöhnt. So seierzumBeispiel<br />

schon mal ineinem Café ab-<br />

si chtli ch nicht bedient wor-<br />

den. Und in letzter Zeit sei<br />

ihm vor alle m die forsche<br />

Vorgehens weise der luxem-<br />

burgischenPolizeigegenafri- kanischeI mmigrantInnen auf-<br />

gefallen.<br />

Viele Drogendealer seien<br />

unter de m Deck mantel des<br />

Asyls nach Luxemburg ge-<br />

kommen, hatte Premierminis-<br />

ter Jean-Claude Juncker bei<br />

einemPressebriefingi mJanu-<br />

ar gesagt und dabei auf den<br />

starken Zustro m an Flüchtli n-<br />

gen aus Westafrika ver wie-<br />

sen. Unter den in Schrassig<br />

einsitzenden Dealern sei de-<br />

ren Anteil besonders hoch,<br />

betonte der Regierungschef.<br />

Die Polizei habe zudemfest-<br />

gestellt, dass i n Luxe mburg<br />

Schlepperbanden aktivseien.<br />

"Wir werden mit voller Härte<br />

dossi er: migratioun<br />

Die meisten Vertriebenen i n Afri ka bleiben aufihremKonti nent: Flüchtli nge i m Kongo. (Fotos: Archiv)<br />

des Gesetzes zuschlagen",<br />

kündigteJuncker an.<br />

Die saloppe Gleichsetzung<br />

<strong>von</strong> Asylbewerbern mit Dro-<br />

gendealern brachte dem Pre-<br />

mierminister harsche Kriti k<br />

<strong>von</strong> Seiten der Nichtregie-<br />

rungsorganisationen und der<br />

parla mentarischen Oppositi<br />

on ein. So hieß es in einer<br />

Presse mitteil ung der Grünen:<br />

"Esist geschmacklos und ver-<br />

werfli ch, dass der Premier<br />

si ch auf populistische Wahl-<br />

ka mpfparolen auf dem Rü-<br />

cken des schwächsten Gliedes<br />

der l uxe mburgischen Ge-<br />

sellschaft einlässt." Der Pre-<br />

mierminister fühlte sich zwar<br />

in seinen Äußerungen gründ-<br />

lich missverstanden. Der<br />

Schaden war j edoch l ängst<br />

angerichtet - und die Asylund<br />

Einwandererpolitik als<br />

Wahlkampfthe mabereits lan-<br />

ci ert, nicht zuletzt weil Justiz-<br />

minister Luc Frieden ein ums<br />

andere Mal erklärt hatte, die<br />

harte Linie der luxemburgi-<br />

schen Regierung in der Asyl-<br />

politikfortzusetzen:"Wirkönnen nicht dasganzeElend der<br />

Welt bei unsaufnehmen."<br />

Tatsächlich ka men i m ver-<br />

gangenen Jahr mehr Asylbe-<br />

werber aus <strong>Afrika</strong> alsje zuvor<br />

nach Luxe mburg. Allein die<br />

ZahlderNigerianer, die einen<br />

Asylantrag stellten, stieg <strong>von</strong><br />

sechs i m Jahr 2002 auf 86im<br />

Jahr 2003. Sie bil den mittler-<br />

weile hinter den BewerberI n-<br />

nen aus Serbien-Montenegro<br />

(541 Antragsteller) die zweit-<br />

größte Gruppe, gefolgt <strong>von</strong> Al-<br />

geri erI nnen (81). Weitere afri-<br />

kanische AsylbewerberI nnen<br />

ka men 2003 aus Liberia (60),<br />

Burundi(30), ausdemKongo<br />

(28), aus Guinea (25), Sierra<br />

Leone (24), sowie aus Gambia<br />

und der Elfenbeinküste (je-<br />

weils 20).<br />

Unterdessen verbirgt sich<br />

hinter der Panikmache der<br />

Regierung gegen die angeb-<br />

lich mit Drogen dealenden af-<br />

ri kanischen Asylbewerber et-<br />

was, was für die Betroffenen<br />

zum Alltag gehört: Diskri mi-<br />

nierung und Rassismus. Dabei<br />

ist Luxemburg nach einer international<br />

vergleichenden<br />

Studie Ende der 1990er Jahre<br />

über Einstell ungen der EU-<br />

BürgerI nnen zu Angehörigen<br />

anderer Rassen neben Portu-<br />

gal und Spanien eines der<br />

fre mdenfreundlicheren Länder<br />

- i m Gegensatz zu de m,<br />

laut Untersuchung i n der Xe-<br />

nophobie-Skala an erster Stel-<br />

le stehenden Belgien.<br />

Subtil er Rassi smus<br />

Es seikeinoffener,aggressi-<br />

ver Rassi s mus, de m er i n Lu-<br />

xe mburg bisher begegnet sei,<br />

sagt Oli vier. Die Ablehnung<br />

gegenüber Fre mden und Menschen<br />

mit einer anderen Haut-<br />

farbe zeige sich viel subtiler,<br />

zum Beispiel bei der Woh-<br />

nungssuche. Für Luxembur-<br />

ger seiesschonnicht einfach,<br />

eine Wohnung zu fi nden,<br />

"dochfür uns <strong>Afrika</strong>ner ist es<br />

noch viel schwieriger", sagt<br />

der Kongolese. "Ruft man auf<br />

eine Zeitungsannonce hin an<br />

und der Wohnungseigentü-<br />

mer merkt, dass man aus Afri-<br />

ka sta mmt, heißtes, die Woh-<br />

nung sei schon längst verge-<br />

ben", berichtet Oli vier. "Wenn<br />

aber einbefreundeter Europä-<br />

er dann vorstellig wird, istsie<br />

plötzlich wieder frei." Hinzu<br />

kommt, dass die meisten Mie-<br />

ten für afrikanische Studen-<br />

ten unerschwinglich si nd.<br />

"Wir können die hohen Mietpreise<br />

nicht bezahlen", sagt<br />

Oli vier. "Erstrechtnicht, weil<br />

wir nicht arbeiten dürfen."<br />

Studenten aus Nicht-EU-Län-<br />

dern dürfen nur bis zumAlter<br />

<strong>von</strong> 26 Jahren Studentenjobs<br />

nachgehen. Für den Kongolesen<br />

ein klarer Fall <strong>von</strong> Diskri-<br />

minierung.<br />

Der Probleme derrund120<br />

afrikanischen Studenten an<br />

der Luxe mburger Universität<br />

hat si ch der " Cercle des étu-<br />

diants africains à Luxem-<br />

bourg" (CEAL) angeno mmen.<br />

Eines da<strong>von</strong> sei eben der<br />

Mangel an Wohnraum, bestä-<br />

ti gt Djabel Ngianye, der Vor-<br />

sitzende der Organisation.<br />

Ein Zimmer <strong>von</strong> 250 bis 450<br />

Euro sei kaum zu bezahlen,<br />

wenn man nicht arbeiten<br />

darf, sagt der I nformati kstu-<br />

dent aus de m Senegal. Djabel<br />

ver weist außerdemauf dieer-<br />

schwertenZulassungsbedingungen für afrikanische Stu-<br />

denten.Erfordertdeshalbein<br />

Statut, das die Rechte der<br />

Studenten klar definiert.<br />

Denn wer die Fristen nicht<br />

einhält und nicht die nötigen<br />

Papiere sowie eine Bankgarantie<br />

vorlegt, dem drohe die<br />

Aus weisung, fügt Cercle-Ge-<br />

neralsekretär Bilé Ngoran <strong>von</strong><br />

der Elfenbeinküste hinzu, der<br />

wie sein Kommilitone i n ei-<br />

ne m WohnheiminEschlebt-<br />

und ebenso schon amLuxe mburger<br />

Hauptbahnhof kon-<br />

trolliert wurde.<br />

Luxe mburg statt Kanada<br />

Unter de m Arbeitsverbot<br />

leiden nicht zuletzt auch die<br />

Asylbewerber, so zum Bei-<br />

spiel Flori Katona und Elpide<br />

Labata. DenStatus als Flüchtli<br />

nge bekamen die beiden<br />

Kongolesen nicht zuerkannt,<br />

da beide nicht aus dem<br />

Kri egsgebiet i m Osten des<br />

ehe maligen Zaires stammen.<br />

Doch mussten beide aus poli-<br />

tischen Gründenihr Land verlassen.<br />

Sie entflohen demRe-<br />

734 - 27/2/2004<br />

gi medesKabila-Clans, Elpide<br />

Labata verbrachte sogar einige<br />

Zeit i m Gefängnis.<br />

"Ich musste u mgerechnet<br />

5. 000 Euro f ür die Flucht be-<br />

zahlen. Zuerst sagte man mir,<br />

ich würde nach Kanada ge-<br />

bracht. Doch schließlich lan-<br />

dete i ch i n Luxe mburg", er-<br />

zählt Flori Katona, der seit ei-<br />

ne m Jahr i n Luxe mburg auf<br />

seinen Asylbescheid wartet.<br />

Ein ähnliches Schicksal wie<br />

Katona ereilte auch John<br />

Echefu:Derehemalige Polizei-<br />

bea mte floh nach eigenen<br />

Worten vor der " Halb-Dikta-<br />

tur" in Nigeria, weil er dort<br />

"Probleme mit den Autoritä-<br />

ten" bekommen habe. Mittlerweile<br />

hat er mit der wenig<br />

zi mperlichen Polizei Luxem-<br />

burgs Bekanntschaft ge-<br />

macht. Die hatteihnamBahn-<br />

hofaufgegriffen.<br />

"Viele Luxemburger glau-<br />

ben, wir seien nur hier, um<br />

uns zu bereichern", sagt<br />

Elpide Labata. Das Land ha-<br />

be si ch bislang noch wenig<br />

für die Belange der afrikanischen<br />

Länder geöffnet.<br />

Ehe malige Kolonialmächte<br />

wie Belgien, Frankreich oder<br />

Großbritannien seien da<br />

weiter.<br />

Die meisten Asylbewerber<br />

fli ehen vor Bürgerkri egen und<br />

ethnischen Konfli kteninih-<br />

ren Heimatl ändern oder vor<br />

autoritären Regi men. Für die-<br />

jenigenFlüchtlingeaus <strong>Afrika</strong>,<br />

diein Europa Zufl ucht suchen<br />

und nicht per Flugzeug, son-<br />

dern mit demSchiff kommen,<br />

si nd die Kanarischen Inseln<br />

bevorzugtes Zwischenziel. Sie<br />

haben der Küste des spani-<br />

schen Festlands an der Straße<br />

<strong>von</strong> Gibraltar den Rang als<br />

Eintrittstor abgelaufen, denn<br />

die dortige Meerenge wird<br />

mittler weile her meti sch abge-<br />

ri egelt: Spanische Mari never-<br />

bände veranstalten an dem14<br />

Kil ometer breiten Nadelöhr -<br />

ausgerüstet mit Nachtsichtgeräten,<br />

Hubschraubern und<br />

Schnell booten - regelrechte<br />

Verfolgungsjagden auf die<br />

chancenlosen Nussschalen<br />

der afrikanischen Flüchtlinge.<br />

Die EU-Länder versuchen seit<br />

Jahren, das"Schlupfl och" Gibraltar<br />

mit großemfinanziellen<br />

Aufwand zu stopfen.<br />

Meistens vertrauen die I m-<br />

migrantInnen sich Schlepperbanden<br />

an. Eine Passage auf<br />

einemder kaumseetüchtigen<br />

Boote,den"pateras",oderein<br />

Flugticket i nklusive Papiere<br />

soll bis zu15.000 Euro kosten.<br />

Doch eine erfolgreiche An-<br />

kunft wird nicht garantiert.<br />

Viele Boat People werden <strong>von</strong><br />

den spanischen Behörden<br />

noch am Strand aufgegriffen.<br />

Andere gehen i m Stur m über<br />

Bord. Immer wieder werden<br />

Leichen <strong>von</strong> I mmigrantInnen<br />

an der "costa de la muerte"<br />

(Todesküste) angeschwemmt.<br />

Tausende Flüchtlinge aus<br />

<strong>Afrika</strong> sitzen in den Lagern<br />

der beiden spanischen Exklaven<br />

Ceuta und Melilla aufder<br />

marokkanischen Seite des<br />

Mittel meeres fest, nach Be-<br />

ri chten <strong>von</strong> Flüchtlingshilfs-<br />

organisationen unter men-<br />

schenunwürdigenLebensbe- dingungen. Die wenigsten, die<br />

es doch noch auf die iberi-<br />

sche Halbinsel schaffen, wol-<br />

leninSpanien bleiben.Beider<br />

ZahlderabgegebenenAsylan-<br />

träge liegt dasLandnachAn-<br />

gaben des Flüchtlingshilfs-<br />

werks der Vereinten Nationen


27/2/2004 - 734<br />

(UNHCR)imunterenBereich dossi er: migratioun<br />

5<br />

der europäischen Länder. Zude<br />

m verschärfte die spanische<br />

Regierung in den vergangenen<br />

Jahren die Bedingungen<br />

für eine Regularisierung.<br />

Allein 2002 schob Spanien<br />

mehr als 20.000 ImmigrantInnen<br />

nach <strong>Afrika</strong> ab.<br />

Einmal i m Schengen-Land<br />

angekommen, ist nochlange<br />

nicht sicher, ob die AsylbewerberI<br />

nnen auch bleiben<br />

dürfen. Erst einmal sind sie<br />

zum Warten verdammt, so<br />

wie Elpide Labata in Luxemburg.<br />

Dieser betrachtet die<br />

Restri kti onen - die eingeschränkte<br />

Reisefreiheit und<br />

das Arbeitsverbot - als Demüti<br />

gungen: " Wir können uns<br />

nicht einmal frei bewegen",<br />

sagt der Kongolese. Täglich<br />

wartet er auf eine Ant wort<br />

vo ml uxe mburgischen Justizministerium.<br />

Resigniert fügt<br />

er hinzu: "Es ist manchmal<br />

schli mmer alsi mGefängnis."<br />

Stefan Kunz mann In den afri kanischen Flüchtli ngsl agern,hierinSierra Leone, lebentausende Menschen.<br />

er fei ne Unterschi ed<br />

(sk) - Als Lucie Neves 1 967<br />

Vieleder kapverdi schen<br />

ImmigrantInnensind<br />

luxemburgische<br />

Staatsbürger.<br />

Dennochfehlt i hnen<br />

di e voll ständige<br />

Anerkennung i n der<br />

hi esigen Gesellschaft.<br />

nach Luxe mburg kam, war die<br />

Welt noch in Ordnung. "Ich<br />

war diefünfte Person, die <strong>von</strong><br />

den Kapverdischen Inseln<br />

hierher kam. Ich folgte meine<br />

m Bruder nach, der bereits<br />

mit seiner Familie i n Luxe mburg<br />

lebte", erzählt sie. Damals<br />

gehörten die Inseln vor<br />

der afrikanischen Westküste<br />

noch zu Portugal, so dass Luci<br />

e Neves einen portugiesischen<br />

Pass besaß. Heute ist<br />

si e l uxe mburgische Staatsbürgeri<br />

n."DieIntegrationfiel mir<br />

leicht", sagt sie. Mit den Luxe<br />

mburgerInnen hatte sie keine<br />

Probleme, obwohldie KapverdierInnen<br />

die ersten dunkelhäuti<br />

gen Zuwanderer hier<br />

zu Lande waren. Lucie Neves<br />

arbeitete unter anderemin einer<br />

Crèche undi n einemKrankenhaus<br />

- die Integration in<br />

die luxemburgische Gesellschaft<br />

gelang ihr also vor allemüber<br />

die Arbeit.<br />

"Dasist die einfachste For m<br />

si ch zu i ntegrieren", bestätigt<br />

Celeste Monteiro. "Die soziale<br />

Eingliederung ist dagegen u m<br />

den beiden Kulturen zu überbrücken.<br />

Vor alle m i n der<br />

Schule prallen diese aufeinander.<br />

Esfangean mit den Sprachen,<br />

meint Graceli na Gonçalves<br />

und f ügt hinzu: "Viele jugendlichen<br />

Kapverdier haben<br />

in der Schule Schwierigkeiten."<br />

Zu Hause wird vorwiegend<br />

Kreolisch gesprochen,<br />

in der Schule Lëtzebuergisch<br />

oder Französisch. Die Probleme<br />

werden nicht zuletzt<br />

durch die hohe Quote der SitzenbleiberInnen<br />

unter den<br />

kapverdischen SchülerInnen<br />

belegt.<br />

Gewalt i m Spi el<br />

"Und mit einemschlechten<br />

Schulabschluss kommen die<br />

Probleme, einen Job zu finden",<br />

meint Graceli na. "Dazu<br />

gibt es kaumFreizeitangebote<br />

für junge Kapverdier. Andere<br />

si nd zu teuer. Dafehlt einfach<br />

das Geld." Die 29-Jährige ist<br />

Mitglied beim Comité Spencer,<br />

benannt nach Spencer<br />

dos Santos, einem jungen<br />

Kapverdier, der vor zwei Jahben<br />

die kapverdische Nationalität,<br />

andere die portugiesische<br />

und nicht wenige bereits<br />

die luxemburgische. Letztere<br />

si nd vor alle m die Kinder und<br />

Enkel der EinwandererInnen,<br />

so zum Beispiel die 22-jährige<br />

Natalie, diein Luxemburg zur<br />

Welt kam: "Vor neun Jahren<br />

war i ch zu m ersten Mal auf<br />

den KapverdischenInseln.Ich<br />

wollte meine Familie sehen,<br />

meine Wurzelnkennenlernen.<br />

Seitde m gehe ich jedes Jahr<br />

dorthin." Sie selbst sei keine<br />

Kapverdierin, sondern betrachte<br />

sich als Luxemburgeri<br />

n kapverdischer Herkunft.<br />

Der Hinweis auf diesenfeinen<br />

Unterschied sei vielleicht die<br />

passende Ant wort aufdie Frage<br />

nach der eigenenIdentität,<br />

meintCeleste Monteiro.<br />

Auch Luci e Neves hatte die<br />

Erfahrung gemacht, dass si e<br />

imLandihrerVorfahren nicht<br />

mehr richti g zu Hause war.<br />

"Es hatte sich viel geändert,<br />

undich hatte viel <strong>von</strong>denLuxe<br />

mburgern übernommen",<br />

sagt sie. "Ich stellte fest: Zur<br />

einen Hälfte gehörte ich auf<br />

die Inseln, zur anderen nach<br />

Luxe mburg. War i ch dort,<br />

dachte ich an das Leben hier.<br />

Binich hier, denkeich an die<br />

KapverdischenInseln."<br />

einiges schwieriger." Einerren nach einer Schlägerei in<br />

seits gebe es die enge Verbun- der Luxe mburger Bahnhofsdenheit<br />

mit der Familie und gegend seinen Verl etzungen<br />

deren Tradition, andererseits erl ag. Das Comité widmet<br />

die moderne l uxe mburgische si ch de m Kampf gegendie Ju-<br />

Gesellschaft, mit der man jegendkri minalität sowie der<br />

den Tag i n Berührung ko mmt, besseren I ntegrati on der j un-<br />

sagt sie. Nichti mmer seidiese gen KapverdierInnen in der<br />

Gesellschaft freundlich ge- luxemburgischen Gesellsi<br />

nnt, sagt Celeste. Dabei sei schaft. " Vor z wei Jahren ver-<br />

es eineeher versteckte Diskrischlechterte sich die Sti mminierung,<br />

der sich die Kapmung unter den Jugendlichen<br />

verdierInnen ausgesetzt se- zusehends", erzählt Gracelihen.Kleine<br />

Demüti gungen,die na. "Kleinkri minalität gab es<br />

dennoch i hre Wirkung erzie- zwar schon vorher, der eine<br />

len. "Dabei sind wir auch Lu- oder andere Diebstahl, aber<br />

xe mburger. Nur haben wir ei- dann ka mi mmer mehr Gewalt<br />

ne andere Hautfarbe."<br />

ins Spiel." Das Comité Spen-<br />

Celeste Monteiro kam 1975 cer will de mentgegensteuern.<br />

als Achtjährige nach Luxe m- "Manche i ntegrieren sich<br />

burg. Wie viele KapverdierIn- leichter, die andern nicht",<br />

nen besitzt auch si e die lu- sagt Celeste Monteiro. Die eixe<br />

mburgische Staatsbürgergene " méti ssage" habe es den<br />

schaft. Sie arbeitet i mInnen- KapverdierInnen jedoch erministerium<br />

und engagiert leichtert, sich in die luxem-<br />

si ch i n der Organisation Capburgische Gesellschaft einzuverdienne<br />

du Luxembourg fi nden. Zwischen 5.000 und<br />

(OCL). Sie weiß, dass es nicht 6.000 gibt es mittler weile i n<br />

allen KapverdierInnen so Luxe mburg. Genaue Zahlen<br />

leichtfällt, die Kluft zwischen gibt es nicht, denn einige ha-<br />

Auf der Fl ucht<br />

(sk) - Von wel t wei t 1 75 Milli onen MigrantInnen ist jedeR<br />

dritte Afri kanerI n. Ob wohl sie vor Kriegen, poli ti scher I n-<br />

stabilität, autoritären Regi men und Naturkatastrophen wie<br />

anhaltende Dürreperi oden fli ehen, si nd di e weni gsten <strong>von</strong><br />

ihneni mengeren Sinne Fl üchtli nge. Von denen - und dazu<br />

zähl en auch di e i nnerhal b ei nes Landes vertri ebenen Men-<br />

schen - gi bt es nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks<br />

der Verei nten Nati onen ( UNHCR) all ei n auf de m afri kani-<br />

schen Konti nent 1 5 Milli onen.<br />

Di e gr ößten Fl üchtl i ngsgr u ppen Afri kas ka men i m Jahr<br />

2002 aus Burundi (570. 000), Sudan (450. 000) und Angol a<br />

(421.000), aus der De mokrati schen Republi k Kongo<br />

(395.000) und So mali a (357. 000). Zu den afri kani schen<br />

Ländern, i n denen di e mei sten Flüchtlingelebten, zählten<br />

Tansani a (690. 000), di e De mokrati sche Republi k Kongo<br />

(330. 000), der Sudan (328. 000) sowie Sambia(247. 000),<br />

Keni a ( 234. 000) und Uganda (21 7. 000).<br />

Sowohl di e Genfer Fl üchtli ngskonventi on al s auch di e<br />

Fl üchtli ngskonventi on der Or gani sati on afri kani scher Staa-<br />

ten ( OAU) machen das Überschreiten ei ner i nternati onalen<br />

Grenze zur Voraussetzung für den Fl üchtli ngsstatus. Di eje-<br />

ni gen, di e i nnerhal b ihrer Hei matländer flohen, gelten da-<br />

gegen ni cht al s Fl üchtli nge. I m i nternati onal en Sprachgebrauch<br />

wird für sie die Bezeichnung"InternallyDisplaced Persons" statt " Refugees" ver wendet. Dennoch sindbeide<br />

Migrationsartenaufdiegleichen Ursachen zurückzuführen:<br />

auf kri egeri sche Konfli kte.<br />

In keiner Dekade fanden i n Afri ka mehr Kri ege statt al s i n<br />

den 1 990er Jahren. Et wa30neuebrachen aus, Hauptursache<br />

der Fl ucht und Vertrei bung <strong>von</strong> Milli onen <strong>von</strong> Menschen.<br />

I n der sel ben Zeit konnte ei ne gl ei che Anzahl <strong>von</strong><br />

Konfli kten bei gel egt werden, was wiederumdie Voraussetzung<br />

für di e Repatrii erung <strong>von</strong> rund si eben Milli onen<br />

Fl üchtli ngen und di e Hei mkehr wei terer Milli onen <strong>von</strong> Vertri<br />

ebenen schuf. Et wa340.000sindbisherzurückgekehrt,<br />

da<strong>von</strong> rund di e Hälfte nach Angol a und SierraLeonenach de m Ende der dorti gen Bürgerkri ege.<br />

Zu Langzeitkonfli kten wie dem Bürgerkrieg i m Sudan, bei<br />

de m seit der Unabhängi gkeit des Landes 1 956, et wazwei<br />

Milli onen Menschen getötet, vier Milli onen i nnerhal b der<br />

Landesgrenzen vertri eben wurdenundeinehalbeMilli on i n<br />

di e Nachbarl änder fl oh,kamenneueKriege, wiezuletzt der<br />

in derfrüheralsstabilgeltenden Elfenbei nküste. I n Ruanda<br />

verübte di e Gefol gschaft der radi kal en Hutu- Regi erung<br />

1994 einen systematisch vorbereitetenGenozid an Tutsi<br />

und ge mäßi gten Hutu: Bi s zu ei ner Milli on Menschen starben,<br />

drei Milli onen fl ohen. Ei n neuer Kri egstyp auf de m<br />

Konti nent i st der so genannte Warl or d- Kri eg. So versank<br />

zu m Bei spi el So mali a nach de mSturzdesDiktatorsSiad Barre (1 991) i m Chaos konkurri erender Clans. Dabei lösten<br />

si ch di e staatlichen Strukturenin dem Land am Horn<br />

<strong>von</strong> Afri ka vollständigauf. Ähnlich verli ef auch der Kri eg i n<br />

Li beri a. Und i m Kongo si nd in den vergangenen Jahren<br />

mindestensdreiMilli onen Menschen gestorben - i n ei ne m<br />

Konfli kt, bei de m zei t wei se di e ArmeenderNachbarländer mit ver wickelt waren und der bereits al s afri kani scher<br />

Wel tkri eg bezei chnet wird. Dabei wurden mehr als 2,5 Milli<br />

onen Menschen entwurzelt.<br />

Während Politi kerI nnen i n Europa i mmer wieder das Drohgebil<br />

de einerFlut <strong>von</strong>ZuwandererI nnen aus de m Süden an<br />

di e Wand mal en und an der "Festung Europa" arbeiten,ist<br />

es nur ei ne rel ati v geri nge Zahl afrikanischer Flüchtlingen,<br />

di e auf anderen Konti nenten Asyl beantragt. Die meisten<br />

bl ei ben i n Afri ka. Gi ganti sche Flüchtlingslagerwiein Kenia<br />

- dem Land in Afri ka, das die meisten Flüchtlingeauf ni mmt-sindinEuropakaumdenkbar. Di e Elfenbei nküste<br />

hatte Anfang der 1 990er Jahre unterdemdamaligenPräsidenten<br />

Feli x Houphouet-Boi gny rund 200. 000 li beri ani sche<br />

Fl üchtli nge aufgeno mmen, al s " Br üder n und Sch western i n<br />

Not". Ähnli ches gilt für andere afri kani sche Staaten. Erst<br />

al s di e I ndustri estaaten i hre Asylgesetze verschärften,<br />

wur den di e afri kanischen Regierungenermutigt, diesem<br />

Bei spi el zu fol gen. Die Flüchtlinge werden seitde m zunehmend<br />

i n Lager gesteckt, unter teil wei se menschenun würdi<br />

gen Bedi ngungen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!