ZDB direkt Zuse 2005.pdf - Zentralverband Deutsches Baugewerbe
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6<br />
Ein Bau-Produktmodell als Schlüssel<br />
zur Software-Integration<br />
Universitätsprofessor Dipl. Ing. Architekt Richard Junge<br />
Fachgebiet CAAD, Fakultät für Architektur der TU München<br />
<br />
<br />
Wenn man in einer<br />
<br />
Baufirma aufgewachsen<br />
ist, von<br />
<br />
Kindesbeinen<br />
an das Büro, den<br />
Bauhof, die Baustellen<br />
kennt und dann den<br />
Beruf des Architekten<br />
ergreift, dann kann es<br />
einem nur ums Bauen<br />
gehen. Der architektonische<br />
Entwurf ist dazu<br />
der erste Schritt.<br />
Bauen ist ein vielschichtiger<br />
Prozess, mit vielen<br />
Beteiligten. Die HOAI<br />
weist dem Architekten<br />
bereits in der Phase des<br />
Entwurfes das „Integrieren<br />
der Leistungen<br />
anderer an der Planung<br />
fachlich Beteiligter“<br />
zu. Bei der Ausführungsplanung<br />
heißt<br />
es: „Erarbeiten der<br />
Grundlagen für die<br />
anderen an der Planung<br />
fachlich Beteiligten<br />
und Integrierung<br />
ihrer Beiträge<br />
bis zur ausführungsreifen<br />
Lösung“. Das<br />
stellt nicht nur einen<br />
hohen Anspruch an<br />
Wissen und Können,<br />
sondern im Zeitalter<br />
der Software lässt<br />
es ganz mächtig den<br />
Wunsch, den Druck<br />
nach Software-Integration<br />
entstehen.<br />
Mein erster ernsthafter<br />
Anlass mich mit<br />
Computern zu befassen<br />
datiert von 1978.<br />
Seinerzeit sah ich mich<br />
in einem sehr großen,<br />
komplexen Auftrag<br />
gezwungen, Kostenplanung,<br />
–steuerung und<br />
–kontrolle auf der Basis<br />
von Kostenelementen<br />
durchzuführen. Der<br />
Gedankengang war<br />
folgender, einfacher:<br />
Plant man Kosten mit<br />
Kostenelementen und<br />
setzt dann CAD-Systeme<br />
ein, die wiederum<br />
mit Bauteilen arbeiten<br />
(und nicht mit purer<br />
Geometrie), dann müsste<br />
doch der Computer<br />
schon dieses und jenes<br />
Faktum kennen, das<br />
mit diesen Bauteilen<br />
verknüpft ist. Als Folge<br />
daraus wäre zu schließen,<br />
dass man diese<br />
Fakten nicht nochmals<br />
irgendwo anders wieder<br />
neu eingeben muss.<br />
Mengenermittlungen<br />
klappten schon sehr<br />
gut, die Zuweisung der<br />
Mengen zu Kostenelementen<br />
oder LV-<br />
Positionen auch. Kostenelemente<br />
bestehen<br />
letztlich aus LV-Positionen<br />
nach einer ganz<br />
bestimmten „Rezeptur“.<br />
Man kann also eine so<br />
aufgebaute Kostenberechnung<br />
umsortieren<br />
und erhält ein Roh-LV.<br />
Das funktionierte auch.<br />
Verzweiflung kam<br />
allerdings auf, als die<br />
ja gerade erst in Entwicklung<br />
befindliche<br />
Codierungsstruktur<br />
des Mutter –LV und<br />
des Kostenelemente<br />
-Kataloges verbessert<br />
werden mussten. Unmöglich<br />
war es, die im<br />
Raum- und Gebäudebuch<br />
festgelegten Qualitäten<br />
automatisiert,<br />
z.B. für die Kostenberechung,<br />
auszuwerten.<br />
Warum? Weil alles nur<br />
in Form von Daten vorlag,<br />
deren Bedeutung<br />
nicht mitabgespeichert<br />
wurde. Diese kam erst<br />
durch den mit den Programmen<br />
arbeitenden<br />
Menschen dazu. Das<br />
zeigte sich besonders,<br />
als es die ersten Versuche<br />
gab, mit Ingenieuren<br />
außerhalb des eigenen<br />
Büros zusammen<br />
zu arbeiten.<br />
Dieselben Probleme<br />
oder Grenzen gab es<br />
natürlich auch in dem<br />
Projekt ISYBAU – Integrierter<br />
System BAU<br />
– des Bundesbauministerium<br />
und der Landesbauverwaltungen<br />
Bayern, bei dem ich<br />
beratend tätig war.<br />
Wir machten halt alle<br />
denselben Fehler. Wir<br />
glaubten, dass eine solche<br />
Integration über Daten,<br />
die in Datenbanken<br />
gehalten werden, wenn<br />
man sie nur gescheit genug<br />
codiert, möglich sei.<br />
Zu einem neuen Gedankengang<br />
kam ich,<br />
als ich in einem Soziologiebuch<br />
die Definition<br />
von Kommunikation<br />
las. Daraufhin stellte<br />
ich einen Vortrag unter<br />
den Slogan „Integration<br />
durch Kommunikation“.<br />
Das Übertragen von<br />
Worten erfolgt über<br />
Schallwellen. Kommunikation<br />
kann aber<br />
erst stattfinden, wenn<br />
die Bedeutung dieser<br />
Worte im jeweiligen<br />
Zusammenhang richtig<br />
verstanden werden.<br />
Erst dann kann darauf<br />
sinnvoll geantwortet<br />
oder gefragt werden.<br />
Man kann das deutlich<br />
machen, wenn man<br />
sich die Runde eines<br />
Bau- Jour-Fixe vorstellt.<br />
Jeder in dieser Runde<br />
hat sein, von seiner<br />
Disziplin und Aufgabe<br />
geprägtes, fachliches<br />
Modell. Was er sieht,<br />
interpretiert er demgemäss.<br />
Dennoch aber<br />
können sich diese<br />
Fachleute in aller Regel<br />
gut untereinander verständigen.<br />
Sie kommunizieren.<br />
Zwischen diesen<br />
fachlichen Modellen<br />
existieren offensichtlich<br />
Verbindungen,<br />
ein Verständnis, auf<br />
dessen Grundlage<br />
man kommunizieren,