Präsentation Dr. Matthias Schwabe
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Professionelle Beziehungen<br />
in Zwangskontexten<br />
<strong>Dr</strong>. Mathias <strong>Schwabe</strong>, Berlin
Vier Handlungs- und Reflexions-<br />
Ebenen<br />
A) Ebene der rechtlichen Rahmen, innerhalb<br />
derer gezwungen wird<br />
B) Ebene der institutionellen und<br />
organisatorischen Umsetzung von Zwang<br />
C) Ebene der Interaktionen zwischen<br />
professionellen und Klienten während der<br />
Zwangsanwendung<br />
D) Ebene des Subjekts: Selbst-Erleben beim<br />
Zwingen bzw. Gezwungen-Werden
Gliederung<br />
1. Begriffsklärung: was meint<br />
„Zwangskontext“ und welche anderen<br />
ergänzenden Begriffe sind sinnvoll?<br />
2. „Kindheits“-Zwang und „öffentlicher“<br />
Zwang und ihr gelungenes bzw.<br />
misslungenes Zusammenspiel<br />
3. Rahmensetzung bei ambulanten<br />
Zwangskontexten und sinnvolle<br />
Variationsmöglichkeiten<br />
4. Aufgaben der Professionellen bei der<br />
Gestaltung von Kontrolle und Zwang in<br />
stationären Einrichtungen
2. Kindheitszwang und öffentlicher Zwang<br />
Was leisten „hinreichend gute“ Eltern?<br />
• regelmäßige, einfühlsame Versorgung<br />
• (spontane) Angebote des Kindes aufgreifen,<br />
neue Fähigkeiten anregen<br />
• ermutigen, loben und anerkennen<br />
• Abstimmen, Spielräume eröffnen, aushandeln<br />
Aber eben auch<br />
• präsent sein, aufpassen, kontrollieren<br />
• einfordern, durchsetzen, zwingen<br />
• angemessen frustrieren und bestrafen
Entwicklungsförderliche Zwangs- und<br />
Strafmomente:<br />
• einzelne, wenige (Quantität)<br />
• dienen vernünftigen Zielen (Legitimation)<br />
• gut dosierte Körperlichkeit bzw. Angst<br />
• Anerkennung durch <strong>Dr</strong>itten (J. Lacan)<br />
• Gegenwehr, Unmut und Hass als Reaktion<br />
zunächst akzeptieren, dann aber wieder<br />
• aktiv auf das Kind zugehen, Konflikt bzw. Zwang<br />
mit Versöhnung bzw. Verständigung beenden<br />
in einem wohlwollenden, unterstützenden,<br />
Autonomie fördernden Gesamtrahmen
Die Entwicklungsrichtung<br />
muss stimmen…<br />
A) vom anfänglichen Fremdzwang<br />
zum späteren Selbstzwang<br />
(Norbert Elias)<br />
B) von der heteronomen zur<br />
autonomen Moral (Kohlberg)
Ungünstige Erfahrungen<br />
Gruppe 1: zu wenig an elterlicher<br />
Präsenz, Kontrolle und Zwang<br />
Problem: übertriebene (Macht-)Ansprüche<br />
Gruppe 2: Zwang und Kontrolle durch<br />
Eltern zu oft, zu harsch, zu egoistisch<br />
Problem: Groll, Angst, Traumatisierungen<br />
Gruppe 3: inkonsistent, „ mal so, mal<br />
so…“<br />
Problem: Unsicherheit, Enttäuschung, Misstrauen
Unterschiedliche Hintergründe/Typen<br />
beim „sich wehren“ gegen Zwang<br />
• instrumentell:<br />
kühl, wach, Machtbereich zielgerichtet<br />
ausdehnen, „wie weit kann ich gehen?“<br />
(getrieben, lustvoll), Anpassungsfähigkeit,<br />
Selbstkontrolle, heimliches Agieren<br />
Manipulation/Tricksen/Einschüchterung<br />
Grundmotiv: Kontrolle - Kontrollverlust<br />
• affektiv:<br />
angespannt bzw. bedrückt, impulsiv, schnell<br />
(hoch-)erregt, sieht alles Mögliche als Angriff<br />
und Schikane; „rutscht“ in Machtkämpfe, leidet<br />
unter Konflikten bzw. deren Folgen
zwei Formen von „affektiv“<br />
( Dutschmann 1999; Friedmann 2011)<br />
• Reaktiv d.h. reagiert stark, auch auf<br />
„schwache“ Frustrationen, die von außen,<br />
auf ihn zukommen (Anteile außen)<br />
Grundmotiv: Kränkung – Anerkennung<br />
• intrinsisch d.h. inszeniert Angriffe auf<br />
Grund von unaushaltbarem, innerem<br />
<strong>Dr</strong>uck (auch ohne äußeren Anlass)<br />
Grundmotiv: Angst/Panik - Vertrauen
Angemessene Reaktionen<br />
• instrumentell: kühl, sachlich; „Du weißt selbst,<br />
was dann auf Dich zukommt“.<br />
Ziel: Kosten-Nutzen-Kalkulation anregen<br />
• affektiv: gemeinsames Ziel entwickeln: Zwang<br />
ja, aber an dessen Minimierung arbeiten<br />
affektiv-reaktiv: Ärgeranlässe frühzeitig<br />
erkennen, alternativer Umgang mit Frust<br />
affektiv-intrinsisch: lernt eher wenig aus<br />
aversiven Reizen =Sanktionen, eine stabile,<br />
gute Beziehung; Selbstwert-Erlebnisse,<br />
Sicherheit
Typen von Kontrolleuren<br />
• ängstlich, unsicher-vermeidend<br />
• kumpelhaft, verleugnend<br />
• zwanghaft, verfolgend (sadistisch)<br />
• reaktiv-impulsiv, Machterhalt-orientiert<br />
• abwertend, Macht-orientiert, eigene<br />
Aggressionen verleugnend<br />
• gekonnt, angemessen, variabel
Richter<br />
Urteil<br />
Weisung<br />
3. Hilfe im Zwangskontext<br />
Bürger/Klient<br />
Zwang
Richter<br />
Urteil<br />
Weisung<br />
Hilfe im Zwangskontext<br />
Zwang<br />
Delegation<br />
von Hilfe<br />
Bürger/Klient<br />
SP<br />
Freier Träger
Richter<br />
Urteil<br />
Weisung<br />
Hilfe im Zwangskontext<br />
Klient<br />
Zwang Hilfeprozess<br />
SP<br />
Freie Träger
Richter<br />
Hilfe im Zwangskontext<br />
Klient<br />
Zwang Hilfeprozess<br />
SP<br />
Freie Träger<br />
Hilfeform als<br />
Rahmen:<br />
gesetzte Ziele<br />
Programm/<br />
Struktur
Richter<br />
Hilfe im Zwangskontext<br />
Klient<br />
Zwang Hilfeprozess<br />
SP<br />
Freie Träger<br />
Rahmen<br />
Arbeit an gesetzten<br />
Zielen<br />
Auseinandersetzung<br />
über<br />
unverhandelbare<br />
und<br />
verhandelbare<br />
Regeln
Richter<br />
Jugendamt<br />
•JGH<br />
•HzE<br />
Hilfe im Zwangskontext<br />
2 Auftraggeber<br />
?<br />
?<br />
?<br />
Klient<br />
Hilfeprozess<br />
Soz.Päd.<br />
Freier Träger
Richter<br />
Urteil<br />
4. Freiheitsentzug<br />
Bürger / junger Mensch<br />
Zwang<br />
zu<br />
Strafanstalt
Richter<br />
Urteil<br />
Freiheitsentzug<br />
Zwang<br />
zu<br />
Bürger/ junger Mensch<br />
Strafanstalt<br />
Zwang im<br />
Freiheitsentzug<br />
•Verbleib sichern<br />
• Ordnung,<br />
Kontrollen<br />
• Zwangsmaßnahmen<br />
• Entwicklungsangebote
Strafvollzugs-<br />
Gesetz<br />
Richter<br />
Freiheitsentzug<br />
Bürger<br />
Freiheitsentzug<br />
Strafanstalt<br />
Umsetzung<br />
von Kontroll-<br />
Aufgaben<br />
Institution.<br />
Kontrolle<br />
der<br />
Kontrolleure
13 Elemente einer „institutionellen<br />
Zwangskultur“ in stationären Einrichtungen<br />
1. Kontrolle und Zwang als geachtete Aufgaben<br />
2. Kommunikation auf Augenhöhe, „spielerische“<br />
Formen der Auseinandersetzung und Zwang stehen<br />
nebeneinander<br />
3. Mitgestaltung, Aushandlung, Mitarbeit<br />
4. Verstehen: wer reagiert wie auf Zwang? Und wie<br />
agiere ich beim Zwingen?<br />
5. Üben von Überwältigungen<br />
6. Rollenvielfalt, nicht durch Zwang kontaminierte<br />
Personen<br />
7. Eingangsgespräch über Zwangserfahrungen,<br />
Minimieren als mögliches gemeinsames Ziel
13 Elemente einer „institutionellen<br />
Zwangskultur“ (Fortsetzung)<br />
8. Dokumentation, aufsuchende Befragung<br />
bzw. Beschwerdemanagement<br />
9. Reflexion von Zwangsmaßnahmen und<br />
Konsequenzen<br />
10. Blick auf eigene, institutionelle Schwächen<br />
11. Nachbearbeitung mit Klientem, Geltend<br />
machen seiner Perspektiven<br />
12. strukturelle Mängel offensiv nach außen<br />
vertreten<br />
13. Die Auseinandersetzung hört nicht auf
Sie haben es geschafft ….<br />
Danke für Ihre Aufmerksamkeit