Netzwerk für ambulante Pflege - Kuratorium Deutsche Altershilfe
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Thema<br />
6<br />
Homosexualität im Alter<br />
Frauen liebende Frauen und Männer liebende Männer altern anders<br />
Lange Zeit stand Homosexualität in Deutschland<br />
unter Strafe. 1871 wurde mit der Gründung<br />
des <strong>Deutsche</strong>n Reiches der Paragraph<br />
175 ins Strafgesetzbuch aufgenommen und<br />
ermöglichte die Verfolgung sexueller Handlungen<br />
zwischen Männern. Erst 1994 wurde<br />
dieser Paragraph, der sich im Wortlaut übrigens<br />
immer nur auf Männer bezog, ersatzlos<br />
aus dem Strafgesetzbuch der wiedervereinigten<br />
Bundesrepublik gestrichen.<br />
Doch trotz der Abschaffung des Paragraphen<br />
175 gibt es noch immer viele Berührungsängste<br />
oder Vorurteile gegenüber Schwulen<br />
und Lesben. In ländlichen Regionen stärker als<br />
in Städten. Denn in den Ballungszentren gibt es<br />
eine mehr oder weniger ausgeprägte „Szene“,<br />
das heißt ein eigenes (Kultur-)Angebot von und<br />
<strong>für</strong> homosexuelle Menschen. Deshalb zieht es<br />
auch viele homosexuelle Menschen vor allem<br />
in Städte wie Berlin, Köln, Frankfurt, Hamburg<br />
oder München. Schätzungsweise fünf<br />
Prozent der deutschen Bevölkerung lieben<br />
Menschen des gleichen Geschlechts. Durch die<br />
„Landflucht“ der Lesben und Schwulen in die<br />
Ballungszentren ist der Anteil dort lebender<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Foto:<br />
Marcel Steger<br />
homosexueller Menschen höher. Man geht dort<br />
von etwa zehn Prozent aus, während er auf<br />
dem Land wohl eher unter fünf Prozent liegt.<br />
Dies ist auch die Basis <strong>für</strong> weitere Hochrechnungen,<br />
die sich auf Homosexualität im<br />
Alter beziehen: In Köln leben insgesamt<br />
220.000 Menschen, die älter als 60 Jahre sind.<br />
Bei einem geschätzten schwul-lesbischen Bevölkerungsanteil<br />
von zehn Prozent, geht man also<br />
davon aus, dass 22.000 Lesben und Schwule<br />
über 60 allein in der Domstadt leben.<br />
Doch wie leben diese Frauen und Männer?<br />
Alte Lesben und Schwule haben – historisch<br />
bedingt – ihre besonderen Lebensentwürfe, die<br />
zwar einiges gemeinsam haben, sich aber dennoch<br />
auch in vielem unterscheiden (siehe Beiträge<br />
auf Seite 9 und Seite 15).<br />
Während die heutige Generation der alten<br />
Lesben und Schwulen oft schon zuvor in einer<br />
heterosexuellen Partnerschaft mit Kindern<br />
gelebt hat, planen viele der jungen oder älteren<br />
Homosexuellen ein Leben ohne Kinder. An die<br />
Stelle der eigenen Familie rückt dann die Wahlfamilie,<br />
ein <strong>Netzwerk</strong> aus Freunden und<br />
Bekannten. „Die Vorstellung, irgendwann
einmal auf einen <strong>Pflege</strong>platz in einem heterosexuell<br />
geprägten <strong>Pflege</strong>- oder Altersheim angewiesen<br />
zu sein, ist <strong>für</strong> viele Betroffene nur<br />
schwer erträglich. Denn Lesben und Schwule<br />
haben sich in den vergangenen Jahrzehnten<br />
zahlreiche Freiheiten und Selbstverständlichkeiten<br />
erkämpft, auf die Frau/Mann nicht mehr<br />
verzichten kann“, lautet beispielsweise die<br />
Überzeugung der Mitarbeiter des Vereins<br />
VILLAGE e.V. (siehe Kasten Seite 31), die ein<br />
eigenes Wohnprojekt <strong>für</strong> alte Lesben und<br />
Schwule in Berlin planen. „Lag das Durchschnittsalter<br />
der Mitglieder bei der Gründung<br />
des Vereins im Jahr 2001 bei 38 Jahren, so ist<br />
heute nicht nur die Mitgliederanzahl, sondern<br />
auch das Durchschnittalter auf 52 Jahre gestiegen.<br />
Unsere Mitglieder sind jetzt zwischen 35<br />
und 78 Jahre alt“, berichtet der 42-jährige<br />
Christian Hamm. „Es ist uns „Jüngeren“<br />
gelungen, die ältere Generation von Lesben<br />
und Schwulen über 60 Jahre anzusprechen,<br />
damit sie sich noch in ihrer aktiven Lebensphase<br />
selbstbewusst <strong>für</strong> ihre Belange einsetzen“,<br />
resümiert Hamm. In dem geplanten Haus<br />
sollen sich später nicht nur die Bewohner selbst<br />
organisieren, sondern Wohnen und <strong>Pflege</strong>n soll<br />
unter einem Dach vereinbart werden. Doch<br />
Initiativen wie die von Village e.V. sind relativ<br />
neu. Sie befinden sich noch in Planung oder<br />
werden zurzeit konkret umgesetzt.<br />
Eines der ersten Wohnprojekte in Europa<br />
<strong>für</strong> lesbische und schwule Senioren startete<br />
nach drei Jahren Vorbereitungszeit 1998 in<br />
Amsterdam. Damals zogen sechs Männer und<br />
eine Frau in eigene Appartements des neu<br />
errichteten L A Ries-Huis – eine Form des<br />
Betreuten Wohnens – ein. „Zwei der Erst-<br />
Foto:<br />
Marcel Steger<br />
Bewohner sind inzwischen gestorben, zwei<br />
andere sind nachgerückt. Das Alter der Bewohner<br />
liegt heute zwischen 60 und 80 Jahren“,<br />
berichtet Roul Wessels von der L A Ries-Stiftung.<br />
Ingesamt habe der Hilfe- und <strong>Pflege</strong>bedarf<br />
der Bewohner seit ihrem Einzug etwas<br />
zugenommen, werde aber bisher zufriedenstellend<br />
vom Personal des benachbarten Altenheims<br />
abgedeckt, an welches das L A Ries-Huis<br />
angegliedert ist. Durchschnittlich ein bis drei<br />
Stunden hauswirtschaftliche Unterstützung<br />
oder <strong>Pflege</strong>leistungen würden von diesen<br />
erbracht. Mit den Unterstützungsleistungen<br />
und auch den Wohnungen selbst seien die<br />
lesbische Frau und die schwulen Männer<br />
zufrieden. „Ein größeres Problem ist aber, dass<br />
sich der Kontakt der Bewohner untereinander<br />
schwieriger gestaltet hat als erwartet“, resümiert<br />
Roul Wessels. Denn innerhalb der Wohngemeinschaft,<br />
deren Mitglieder keinen Einfluss<br />
auf ihre Zusammensetzung hatten, habe sich<br />
wiederum eine Gruppe gebildet, die gut miteinander<br />
auskomme, die verbleibende „Minderheit“<br />
allerdings ließe sich nur schwer integrieren.<br />
Auch deshalb würde man, falls ein neues<br />
Projekt in Angriff genommen werde, Wohnraum<br />
<strong>für</strong> mindestens 50 Menschen schaffen<br />
wollen. So hätten die dort Lebenden bessere<br />
Möglichkeiten, die zu ihnen passenden Mitbewohner<br />
auszusuchen. „Ein weiteres Fazit ist,<br />
dass sich die Bewohner Betreuer wünschen, die<br />
selbst homosexuell sind“, ergänzt Wessels. Dies<br />
sei bei den Mitarbeitern des benachbarten<br />
<strong>Pflege</strong>heims derzeit nicht der Fall. Obwohl<br />
nicht alle Vorstellungen verwirklicht werden<br />
konnten, ist Roul Wessels aber zufrieden mit<br />
dem Verlauf des Projektes, denn zumindest<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 7
Thema<br />
8<br />
habe man so ein erstes Ziel erreicht: die speziellen<br />
Bedürfnisse alter homosexueller Menschen<br />
auf die politische Agenda der Niederlande<br />
zu bringen.<br />
Zurück zum Zahlenbeispiel aus Köln. Setzt<br />
man die Zahl von geschätzten 22.000 Lesben<br />
und Schwulen über 60 in Relation zum Anteil<br />
der pflegebedürftigen über 60-jährigen deutschen<br />
Bevölkerung, der bei rund neun Prozent<br />
liegt, kann man von etwa 2.000 alten Lesben<br />
und Schwule mit Hilfe- und <strong>Pflege</strong>bedarf in der<br />
Domstadt ausgehen.<br />
Doch spiegelt sich diese Zahl auch in der<br />
Versorgung durch <strong>Pflege</strong>dienste oder bei den<br />
Bewohnern von Altenpflegeheimen wider? Nur<br />
bedingt. Denn es gibt einen großen Unterschied<br />
zwischen den heute lebenden jüngeren und<br />
älteren Homosexuellen. Die Älteren haben die<br />
Zeit der offenen Diskriminierung und Verfolgung<br />
erlebt. Dies beschränkt sich nicht nur auf<br />
die NS-Zeit, sondern auch auf eine lange Zeit<br />
danach. Kein Wunder, dass homosexuelle<br />
Senioren unterschiedliche Ansätze entwickelt<br />
haben, wie sie mit ihrer Homosexualität umgehen.<br />
So leben ältere Lesben und Schwule noch<br />
heute größtenteils „versteckt“. Das meint, sie<br />
geben sich in der Gesellschaft nicht als Homosexuelle<br />
zu erkennen. Denn <strong>für</strong> alte Lesben und<br />
Schwule ist die am eigenen Leib erfahrene<br />
Diskriminierung zu groß gewesen. Sie nehmen<br />
größten Teils auch heute solche Worte wie<br />
„schwul“ oder „lesbisch“ nicht einmal in den<br />
Mund. Da wundert es nicht, dass sie sich im<br />
Alter auch nicht „outen“, sich also trauen, sich<br />
offen zu ihrer Homosexualität zu bekennen. Im<br />
Gegensatz dazu leben viele jüngere Lesben und<br />
Schwule heute „offen“. Das heißt, sie verhehlen<br />
in unterschiedlichen Varianten nicht gegenüber<br />
Freunden, Familie, Nachbarn, Menschen<br />
auf der Straße oder sogar dem Arbeitgeber,<br />
dass sie Menschen des gleichen Geschlechts<br />
lieben.<br />
Dieses „versteckte“ Leben zeigt sich übrigens<br />
schon daran, dass es sehr schwierig war,<br />
Fotos von alten Lesben und Schwulen zu finden,<br />
die auch dem Abdruck ihres Bildes unter<br />
dem Thema Homosexualität in einer Zeitschrift<br />
zustimmten. Nur wenige ältere homosexuelle<br />
Menschen gehen so offen damit um, wie<br />
beispielsweise Peter Mahling (siehe Interview<br />
Seite 29).<br />
Folglich müssen die Kontaktpersonen zu<br />
den „versteckt“ homosexuell lebenden Men-<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
schen schon genauer hinhören und von dem<br />
Erzählten auch noch eigene Folgerungen ableiten.<br />
Beispielsweise berichtete der Klient eines<br />
<strong>Pflege</strong>dienstes immer wieder von seinem<br />
Arbeitskollegen, den er bis zum Schluss<br />
gepflegt habe und dessen Grab er immer auf<br />
dem Friedhof besuche. „Er bleibt hartnäckig<br />
dabei, nur von einem Arbeitskollegen zu sprechen,<br />
da ist nichts dran zu rütteln“, bestätigt<br />
eine Mitarbeiterin, die daraus aber ihre eigenen<br />
Schlüsse zieht. Doch es werden in der Regel<br />
eher wenige Menschen sein, die genau genug<br />
hinhören und nicht nur den richtigen Schluss<br />
ziehen, sondern sich zudem auch noch Gedanken<br />
darüber machen, wie man mit diesen alten<br />
Menschen umgeht und ihre Bedürfnisse angemessen<br />
berücksichtigt (siehe Seite 29 ff.). Zwar<br />
arbeiten in der <strong>Pflege</strong> (relativ) viele lesbische<br />
und schwule Mitarbeiter, die vielleicht eher ein<br />
Gespür <strong>für</strong> eine lesbische Bewohnerin oder<br />
einen schwulen Klienten entwickeln, aber sogar<br />
sie verschweigen oft aus Furcht vor Repressalien<br />
des Arbeitgebers ihre Homosexualität<br />
(siehe Beitrag Seite 22).<br />
Heterosexuellen Mitarbeitern von stationären<br />
oder <strong>ambulante</strong>n Einrichtungen der Altenhilfe<br />
ist die besondere Problematik, auf homosexuelle<br />
Klienten „anders“ einzugehen, oft<br />
nicht bewusst, weil es sie beispielsweise<br />
schlicht und einfach nicht interessiert, weil sie<br />
nicht glauben, bei ihrer Arbeit auf so „exotisch“<br />
anmutende Klienten zu treffen oder weil<br />
sie vielleicht auch seitens der Ausbildung und<br />
ihres Arbeitgebers nicht auf die homosexuelle<br />
Klientel hingewiesen werden (siehe Seite 24 f.).<br />
Die Folge: Oft gehen die speziellen Bedürfnisse<br />
pflegebedürftiger homosexueller Menschen<br />
einfach unter.<br />
Deshalb ist es vielleicht auch kein Wunder,<br />
dass viele ältere Lesben und Schwule nicht den<br />
bestehenden Strukturen der Altenhilfe vertrauen.<br />
Die Sorge bei den alten Homosexuellen<br />
ist groß, dass sie durch ihre Öffnung gegenüber<br />
anderen Menschen und die Formulierung ihrer<br />
speziellen Bedürfnisse (wieder) Tür und Tor <strong>für</strong><br />
ihre Diskriminierung öffnen. Die Altenhilfe<br />
und -pflege kann diesen Menschen aber nur<br />
dann die Sorge vor möglichen Diskriminierungen<br />
nehmen, wenn sie den Betroffenen Offenheit<br />
im Umgang mit Homosexualität signalisiert.<br />
Harald Raabe
Sechzig plus und lesbisch<br />
Alte Lesben – wo sind sie?<br />
Von lesbischen Frauen wird gelegentlich<br />
behauptet, sie seien bestens vorbereitet <strong>für</strong> das<br />
Alter: Lang eingeübte Selbstständigkeit, rege<br />
Freundinnenkreise, ein langes Berufsleben,<br />
feste Partnerinnenschaft, die Unabhängigkeit<br />
vom Mann und von geltenden heterosexuellen<br />
(Schönheits-)Normen – all das seien gute Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> eine erfüllte Zeit des Alterns.<br />
Aber so wenig es eine <strong>für</strong> alle gleichermaßen<br />
gültige Vision des Alterns gibt, so wenig gibt es<br />
„die“ alte lesbische Frau.<br />
Eine Siebzigjährige, die Zeit ihres Lebens<br />
Frauen liebte, kann alles sein: verheiratet,<br />
Mutter, Hausfrau. Vermutlich lebte sie ein<br />
Doppelleben, und den Begriff „lesbisch“ wird<br />
sie nicht mögen. Er ist negativ besetzt <strong>für</strong> eine<br />
Frau, die im Nationalsozialismus und in den<br />
50er Jahren aufwuchs und mit Weiblichkeitsbildern<br />
konfrontiert war, die uns heute nicht<br />
mehr begegnen. Die drei berühmten „Ks“ –<br />
Kinder, Küche, Kirche – sind dank der Frauenbewegung<br />
passé.<br />
Andere Frauen liebende Frauen im Alter<br />
von siebzig aufwärts blieben unverheiratet. Sie<br />
hatten ihr eigenes Erwerbseinkommen, lebten<br />
allein oder mit ihrer Partnerin (die auch schon<br />
mal als „Freundin“ oder „Kusine“ kaschiert<br />
wurde), und sie verkehrten zum Teil in der<br />
homosexuellen Subkultur. Eine eigene Sexualität<br />
wurde Frauen nicht zugestanden, insofern<br />
hatten lesbisch lebende Frauen scheinbar nichts<br />
zu verbergen im Vergleich zu schwulen Männern.<br />
Von einem offen gelebten lesbischen<br />
Leben kann jedoch auch bei ihnen keine Rede<br />
sein.<br />
Alte Lesben sind wegen ihrer oftmals notgedrungen<br />
angepassten Lebensläufe kaum zu<br />
finden. Sie waren und sie sind nicht sichtbar, es<br />
sei denn, sie haben sich geoutet und sich z. B.<br />
<strong>für</strong> ein lesbisches oder frauenbezogenes <strong>Netzwerk</strong><br />
entschieden. Bemerkenswert in diesem<br />
Zusammenhang ist das bundesweite <strong>Netzwerk</strong><br />
„Safia – Lesben gestalten ihr Alter“ (siehe<br />
Kasten Seite 13): Hier kümmerten sich Lesben<br />
bereits sehr frühzeitig, seit 1983, um das<br />
Thema „Älterwerden“.<br />
Die heute 50-jährigen lesbisch lebenden<br />
Frauen werden anders altern als ihre Vorgängerinnen.<br />
Homosexualität ist nicht mehr tabu,<br />
Frauen können als Paare zusammenleben, der<br />
Einstellungswandel der Bevölkerung – hart<br />
erkämpft von der Lesben- und Schwulenbewegung<br />
– ist deutlich zu spüren. Und doch:<br />
Selbstverständlich ist das alles noch längst<br />
nicht.<br />
Die Visionen des Alterns sind auch<br />
bei lesbischen Frauen sehr unterschiedlich.<br />
Im Laufe der Zeit mussten<br />
sie sich mit sehr unterschiedlichen<br />
Weiblichkeitsbildern auseinander<br />
setzen. Foto: Marcel Steger<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 9
Thema<br />
10<br />
„Ich gehe in die Seniorengymnastik,<br />
um Anschluss zu kriegen“<br />
Gundel, 67, hat mehrere Kinder aufgezogen<br />
und lebt auf dem Land. Sie ist Rentnerin und<br />
„grüne Witwe“, denn ihre jüngere Partnerin<br />
arbeitet noch und ist daher tagsüber nicht<br />
anwesend im gemeinsamen Haus. Beide engagieren<br />
sich in lesbischen <strong>Netzwerk</strong>en, aber<br />
diese Gruppen treffen sich nur sporadisch und<br />
in weiter entfernten Regionen. Für den Alltag<br />
nutzt Gundel die Angebote der lokalen Seniorenarbeit,<br />
z. B. Gymnastik und Schreibwerkstätten.<br />
Dadurch gelingt es ihr zumindest teilweise,<br />
das Gefühl der Isoliertheit aufzubrechen.<br />
Aber Gespräche führen über ihr Leben? Nein,<br />
das könne sie mit den Leuten nicht.<br />
Marianne, Mitte sechzig, ebenfalls Mutter,<br />
würde auf keinen Fall in die Seniorengymnastik<br />
gehen. Als langjährig lesbisch lebende Frau<br />
sucht sie Freizeitangebote, bei denen sie ihre<br />
lesbische Lebensweise gut unterbringen kann:<br />
Gespräche über lesbische Kultur und über<br />
Interessen, die eben nicht dem heterosexuellen<br />
Muster entsprechen oder auch ganz selbstverständlich<br />
vom Leben mit der geliebten Partnerin<br />
erzählen.<br />
Das RUBICON-Beratungszentrum <strong>für</strong><br />
Lesben und Schwule in Köln hat eine Bestandsaufnahme<br />
in Auftrag gegeben, um mehr über<br />
die Situation älterer Lesben in NRW zu erfahren.<br />
Diese Informationsrecherche, gefördert<br />
vom Familienministerium, macht deutlich:<br />
Angebote <strong>für</strong> alte und älter werdende Lesben<br />
gibt es kaum, auch nicht dort, wo man sie<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Zwei alte unverheiratete Frauen, die<br />
ihr Leben lang zusammenleben als<br />
„Freundinnen“ oder „Kusinen“.<br />
Vielleicht „kaschieren“ sie aber auch<br />
nur eine lesbische Beziehung. Foto:<br />
Werner Krüper<br />
vermuten könnte – in der Szene, im Milieu. Es<br />
besteht eine große Diskrepanz zwischen dem<br />
Wunsch nach solchen Angeboten und den<br />
tatsächlich existierenden Gruppen. Während<br />
der Seniorenmesse vitaktiv, bei der sich die<br />
„Schwulen ALTERnativen“ und die „Lesbischen<br />
Seniorinnen in NRW“ (siehe Kasten Seite<br />
12 und 20) einen Stand teilten, konnten zwar<br />
ein knappes Dutzend Initiativen präsentiert<br />
werden, aber das ist wenig gemessen an der<br />
immer größer werdenden Anzahl der potenziellen<br />
Interessentinnen. Außerdem: Die bestehenden<br />
Angebote wenden sich an Lesben zwischen<br />
50 und 70 Jahren. Lesbische Frauen, die älter<br />
sind oder auch diejenigen, die sich von der<br />
lesbisch-schwulen Szene nicht angesprochen<br />
fühlen, haben bislang kaum Möglichkeiten,<br />
ihre Interessen unterzubringen.<br />
„Wenn ich keine Ansprechpartnerinnen<br />
mehr hätte,<br />
wäre die Vereinsamung groß“<br />
In dem Maße, wie (offen lebende) Lesben in<br />
die Jahre kommen, wächst der Wunsch, etwas<br />
<strong>für</strong> die eigenen Altersinteressen zu tun. In<br />
Frauenbildungshäusern gibt es inzwischen<br />
Seminarangebote zum Thema. Die Beratungsstelle<br />
in Köln initiierte und begleitete eine<br />
Gruppe älterer Lesben, und auf Bundesebene<br />
vernetzen sich lesbische „Altersexpertinnen“<br />
miteinander, um Tagungen vorzubereiten und<br />
sich auszutauschen. Diese Entwicklung ist ohne<br />
die starke Tradition lesbisch-schwuler Selbsthil-
fepolitik und ohne geförderte Rahmenbedingungen<br />
nicht denkbar.<br />
Bei der Recherche zur lesbischen Seniorinnenarbeit<br />
in NRW wurde die Frage gestellt,<br />
was die Zielgruppe sich eigentlich unter lesbischer<br />
Seniorinnenarbeit vorstellt. Drei Frauen<br />
antworteten unabhängig voneinander: „Orte,<br />
Strukturen und Gruppen, die dazu einladen,<br />
sich als lesbisch lebende Frau erkennen zu<br />
geben und sich wohl zu fühlen.“ Solche Orte<br />
und Strukturen müssen landesweit geschaffen<br />
bzw. ausgebaut werden. Bislang sind es eher<br />
die ohnehin gut vernetzten lesbischen Frauen,<br />
die sich <strong>für</strong> spezifische Altersfragen engagieren.<br />
Um die weniger politisch Aktiven oder auch<br />
die isoliert lebenden lesbischen Seniorinnen zu<br />
erreichen, bedarf es einer Koordination, die<br />
über ehrenamtliches Engagement hinausgeht.<br />
Darüber hinaus sind weitere Ansätze einer<br />
lesbenfreundlichen Altenarbeit denkbar und<br />
werden mancherorts auch schon umgesetzt. So<br />
leistet z. B. das Berliner Seniorenamt in Friedrichshain-Kreuzberg<br />
mit Kulturprogrammen,<br />
lesbisch-schwulem Info-Telefon und offenen<br />
Treffs einen erfolgreichen Beitrag. Die Anbindung<br />
an die allgemeine Seniorenarbeit hat den<br />
Vorteil, dass auch die „heimlichen alten Lesben“<br />
erreicht werden können.<br />
„Wenn ich nicht mehr kann,<br />
gehe ich ins Altersheim“<br />
So pragmatisch äußern sich längst nicht alle<br />
lesbischen Frauen in Bezug auf ihr Leben im<br />
Alter. Bis vor kurzem gab es überhaupt keine<br />
repräsentativen Zahlen, die darüber informieren,<br />
wie sich Lesben ihr Alter vorstellen. Soeben<br />
allerdings wurden die Ergebnisse einer<br />
Befragung durch die Landeshauptstadt München<br />
vorgestellt, die sich der Lebenssituation<br />
von Lesben und Schwulen in München widmet.<br />
Darin geht es auch um die Lebenssituation<br />
im Alter. Auf die Frage, wie Lesben und<br />
Schwule die bestehenden Altenhilfeeinrichtungen<br />
in Bezug auf ihre Bedürfnisse einschätzen,<br />
äußerten über 90 Prozent, dass die derzeitigen<br />
Einrichtungen nicht kompetent mit den Bedürfnissen<br />
Homosexueller umgehen können. Die<br />
derzeit bestehenden Angebote der Altenhilfe<br />
werden <strong>für</strong> die eigene Versorgung als ungeeignet<br />
empfunden.<br />
Interviews, Gespräche und Auszüge aus<br />
Tagungsdokumentationen verraten ein ähnliches<br />
Stimmungsbild, wonach viele lesbische<br />
Frauen die traditionellen Heime ablehnen und<br />
sich stattdessen – ebenso wie viele Heterosexuelle<br />
– <strong>Netzwerk</strong>e und Wohnformen in selbstbestimmter<br />
Umgebung wünschen.<br />
Selbstbestimmung ist ein Wert und kein<br />
Schlagwort. „Ich sehne mich nach einem<br />
Gespräch mit einer, der ich nichts erklären<br />
muss. Die interessiert ist, wenn ich von meinen<br />
damaligen Freundinnen erzähle, und die mich<br />
nicht dauernd nach meinem verstorbenen<br />
Ehemann fragt“, wünscht sich eine ältere<br />
lesbische Frau. Ein solches Aufgehobensein<br />
verbinden die wenigsten Lesben mit einem<br />
Leben im Altersheim. Lesbische Seniorinnenarbeit<br />
heißt deshalb nichts anderes, als den<br />
Weg zu bahnen <strong>für</strong> ein würdevolles lesbisches<br />
bzw. frauenbezogenes Leben im Alter.<br />
Beim offenen Treff <strong>für</strong> Frauen liebende<br />
Frauen in Berlin-Friedrichshain-<br />
Kreuzberg bereiten sich lesbische<br />
Frauen, die über 50 Jahre alt sind,<br />
auch auf ihr Alter vor. Foto: Marcel<br />
Steger<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 11
Thema<br />
12<br />
Angebote <strong>für</strong> ältere<br />
lesbische Frauen<br />
Berlin hat, wie so oft in der lesbisch-schwulen<br />
Politik, die Nase vorn: So ist BALSAM, Berliner<br />
Arbeitskreis Lesben und Schwule im Alter<br />
(siehe Kasten Seite 13), eng vernetzt mit den<br />
Bezirks- und Seniorenämtern, mit Einrichtungen<br />
<strong>ambulante</strong>r <strong>Pflege</strong> und mit Beratungsstellen.<br />
BALSAM publizierte im Frühjahr ein Heft<br />
mit dem Titel „Queer im Alter“. Es ist in<br />
Deutschland die erste Zeitschrift mit der expliziten<br />
Zielgruppe alte Lesben und Schwule.<br />
Ebenfalls in Berlin wurde von Rad und Tat e.V.<br />
der Besuchsdienst „Zeit <strong>für</strong> dich!“ (siehe Kasten<br />
Seite 13) <strong>für</strong> ältere und behinderte Frauen<br />
liebende und allein stehende Frauen eingerichtet.<br />
Im Seniorenamt Friedrichshain-Kreuzberg<br />
gibt es einen Ansprechpartner <strong>für</strong> gleichgeschlechtlich<br />
lebende Senioren und Seniorinnen.<br />
Darüber hinaus findet dort zweimal monatlich<br />
ein „offener Treff Frauen liebender Frauen<br />
über 50“ statt. Die Lesbenberatungsstelle bietet<br />
Beratungen speziell <strong>für</strong> Lesben über 55.<br />
KomBi (siehe Kasten Seite 13) – Kommunikation<br />
und Bildung vom anderen Ufer –<br />
erweitert das pädagogische Selbstverständnis,<br />
indem die heterosexuell dominierte Pädagogik<br />
zu einer Lebensformenpädagogik weiterentwickelt<br />
wird. Mit diesem Konzept wenden sich<br />
die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auch an<br />
das <strong>Pflege</strong>- und Betreuungspersonal der Seniorenarbeit<br />
<strong>für</strong> homosexuelle Menschen.<br />
In Hamburg bietet der Facharbeitskreis<br />
„Lesben und Alter“ im Seniorenbildungswerk<br />
(siehe Kasten „Anders Altern“ Seite 14) regelmäßig<br />
ein „spätes Frühstück“ <strong>für</strong> Lesben und<br />
Frauen liebende Frauen an. Auch das Projekt<br />
„<strong>Pflege</strong> andersrum“ (siehe Seite 24 f.), das sich<br />
mit neuen Unterrichtskonzepten an die Altenpflegeausbildung<br />
wendet, hat hier seinen Ursprung.<br />
Ebenfalls in Hamburg angesiedelt ist<br />
der lesbenorientierte Besuchsdienst „zeitWeise“<br />
(siehe Kasten Seite 14).<br />
In NRW wurde im Februar die Fraueninitiative<br />
04 e.V. (siehe Kasten Seite 14) gegründet.<br />
Ziel der Initiatorinnen ist es, Maßnahmen<br />
durchzuführen und Einrichtungen <strong>für</strong> Frauen<br />
und Lesben zu schaffen, die ein würdevolles<br />
Leben im Alter und bei Krankheit sicherstellen.<br />
Die erste Fachtagung des Vereins fand im<br />
August in Köln statt.<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Eine neu eingerichtete bundesweite Mailingliste<br />
wendet sich unter dem Titel „LesbenAltern“ an<br />
Fachfrauen und Multiplikatorinnen.<br />
Carolina Brauckmann<br />
Carolina Brauckmann leitet das<br />
Projekt „Bestandsaufnahme<br />
lesbischer Seniorinnenarbeit in<br />
NRW“ (siehe untenstehenden<br />
Kasten). Foto: Uta Chlubek<br />
Kontakt:<br />
Carolina Brauckmann<br />
c/o RUBICON Beratungszentrum NRW<br />
Rubensstraße 8–10, 50676 Köln<br />
Telefon: 02 21/2 76 69 99-0<br />
E-Mail: c.brauckmann@gmx.net<br />
„Bestandsaufnahme Lesbische<br />
Seniorinnenarbeit in NRW“<br />
Das RUBICON Beratungszentrum <strong>für</strong> Lesben<br />
und Schwule in Köln hat eine Bestandsaufnahme<br />
zur lesbischen Seniorinnenarbeit<br />
in NRW in Auftrag gegeben. Das Themenspektrum<br />
reicht von der Diskussion lesbischer<br />
Lebensweise innerhalb der Altenhilfe<br />
bis hin zu exemplarischen Bedarfsanalysen<br />
<strong>für</strong> lesbisches Leben jenseits der „homosexuellen<br />
Metropolen“. Gruppen, Aktionen,<br />
Kooperationspartner/-innen und Vernetzungsmöglichkeiten<br />
sollen ebenso recherchiert<br />
werden wie eventuell vorhandene<br />
Konzepte <strong>für</strong> lesbische Seniorinnenarbeit.<br />
Die Bestandsaufnahme wird finanziert<br />
durch das Familienministerium des Landes<br />
NRW. Die Leitung des von Juli 2003 bis<br />
Dezember 2004 befristeten Projektes hat die<br />
Historikerin Carolina Brauckmann, die über<br />
RUBICON kontaktiert werden kann.
Kontaktadressen<br />
SAFIA e.V. – Lesben gestalten ihr Alter<br />
1983 als Selbsthilfeprojekt gegründet<br />
und 1986 als Verein eingetragen, sind inzwischen<br />
mehr als 450 Lesben Mitfrauen. Ein<br />
großer Teil von ihnen befindet sich in der 3.<br />
Lebensphase, ist also 60 Jahre und älter. Das<br />
Eintrittsalter ist mit 40 bewusst niedrig<br />
gehalten; die Eintrittswillige braucht eine<br />
Patin, die <strong>für</strong> sie „bürgt“ bzw. sie empfiehlt.<br />
SAFIA bietet die Möglichkeit, sich mit<br />
älteren Lesben auszutauschen, Kontakte zu<br />
knüpfen, gemeinsam über Wünsche und<br />
Utopien zu reden, sich zu bestärken, sich am<br />
Vernetzen lesbischer Lebens- und Wohnformen<br />
zu beteiligen. Neben den regionalen<br />
und städtischen Zusammenkünften finden<br />
jährlich vier Gesamttreffen statt. Das <strong>Netzwerk</strong><br />
hat deutliche feministische Wurzeln,<br />
und sein Selbstverständnis lehnt an die<br />
Geschichte der neuen deutschen Frauen-<br />
Lesben-Bewegung an.<br />
Dieses <strong>Netzwerk</strong> ist bundesweit ausgerichtet.<br />
Für einzelne Bundesländer gibt es<br />
Regionaltreffen und regionale Ansprechpartnerinnen.<br />
Kontakt:<br />
SAFIA e.V. – Lesben gestalten ihr Alter<br />
Villa Charlotta<br />
Ortstr. 43, 56379 Charlottenberg<br />
BALSAM<br />
Der Berliner Arbeitskreis Lesben und<br />
Schwule im Alter wurde 1999 gegründet.<br />
Seither sammeln und bündeln seine Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter Angebote zu<br />
Freizeitgestaltung, Beratung, Wohnen und<br />
<strong>Pflege</strong>, die <strong>für</strong> ältere Lesben und Schwule<br />
attraktiv sind. BALSAM koordiniert und<br />
vernetzt Aktivitäten, leistet Aufklärungsarbeit<br />
und kümmert sich um eine veränderte<br />
Aus-, Fort- und Weiterbildung <strong>für</strong> <strong>Pflege</strong>personal,<br />
um den Bedürfnissen der älteren und<br />
alten Lesben und Schwulen gerecht zu werden.<br />
Zudem gibt der Arbeitskreis Berlins<br />
erstes Magazin <strong>für</strong> lesbische Frauen und<br />
schwule Männer über 50 heraus: BALSAM<br />
– das magazin erscheint in einer Auflage von<br />
10.000 Exemplaren. Ab 2005 erscheint das<br />
Magazin zwei Mal jährlich und wird in<br />
Berlin kostenlos verteilt. Die nächste Ausgabe<br />
ist <strong>für</strong> Januar 2005 geplant.<br />
Kontakt:<br />
BALSAM-Büro<br />
Ulrike Haase<br />
c/o Schwulenberatung<br />
Mommsenstr. 45, 10629 Berlin<br />
Telefon: 0 30/23 36 90 96<br />
Fax: 0 30/23 36 90 98<br />
E-Mail: ulrike-haase@freenet.de<br />
Rad und Tat e.V. – der Besuchsdienst<br />
„Zeit <strong>für</strong> dich!“<br />
Seit Anfang 2004 bietet die offene Initiative<br />
lesbischer Frauen einen Besuchs- und<br />
Begleitdienst speziell <strong>für</strong> ältere und behinderte<br />
Lesben in Berlin an. „Zeit <strong>für</strong> Dich!“<br />
basiert auf ehrenamtlicher Tätigkeit, die von<br />
RuT-Mitarbeiterinnen koordiniert und<br />
durch fachliche Einführung, Einzelgespräche,<br />
Supervision und Weiterbildung sowie<br />
Angebote <strong>für</strong> Treffen und den Austausch der<br />
Helferinnen untereinander begleitet wird.<br />
Kontakt:<br />
RuT – Rad und Tat e.V.<br />
Schillerpromenade 1, 12049 Berlin<br />
Telefon und Fax: 030/6214753<br />
E-Mail: radundtatberlin@compuserve.de<br />
Internet: www.lesbischeinitiativerut.de<br />
KomBi – Kommunikation und Bildung vom<br />
anderen Ufer<br />
KomBi ist die Bildungseinrichtung des<br />
gemeinnützigen Trägervereins Kommunikations-<br />
und Beratungszentrum homosexueller<br />
Frauen und Männer (KBZ) e.V. (gegründet<br />
1980). KomBi führt im Auftrag des Senators<br />
<strong>für</strong> Schule, Jugend und Sport seit 1981<br />
gewaltpräventive Bildungsveranstaltungen<br />
zum Thema „gleichgeschlechtliche Lebensweisen“<br />
durch.<br />
Kontakt:<br />
KomBi – Kommunikation und Bildung vom<br />
anderen Ufer<br />
Kluckstr. 11, 10785 Berlin<br />
Telefon: 030/2153742<br />
E-Mail: info@kombi-berlin.de<br />
Internet: www.kombi-berlin.de<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 13
Thema<br />
14<br />
Fraueninitiative 04 e.V. –<br />
NRW und bundesweit<br />
In NRW wurde im Februar die Fraueninitiative<br />
04 e.V. gegründet. Ziel der Initiatorinnen<br />
ist es, Maßnahmen durchzuführen<br />
und Einrichtungen <strong>für</strong> lesbische und heterosexuelle<br />
Frauen zu schaffen, die ein würdevolles<br />
Leben im Alter und bei Krankheit<br />
sicherstellen.<br />
Kontakt:<br />
Fraueninitiative 04 e.V.<br />
Iversheimer Str. 17, 53894 Wachendorf<br />
Telefon: 02256/7553<br />
E-Mail: info@fraueninitiative04.de<br />
Internet: www.fraueninitiative04.de<br />
zeitWeise in Hamburg<br />
zeitWeise ist ein Kontakt- und Besuchsnetz<br />
<strong>für</strong> Lesben in Hamburg. Die Initiative<br />
hat sich zur Aufgabe gemacht, ein soziales<br />
Netz <strong>für</strong> ältere Lesben zu knüpfen. Die<br />
Mitarbeiterinnen bieten alle Arten von Hilfe<br />
und Unterstützung zur Verbesserung der<br />
Lebensqualität. Kontakte und Besuche stehen<br />
im Vordergrund.<br />
Kontakt:<br />
Ingrid Gans<br />
Telefon: 0 40/38 08 67 13<br />
E-Mail: buero@netzweise.de<br />
Facharbeitskreis „Anders Altern“ in Hamburg<br />
Der Facharbeitskreis setzt sich aus lesbischen<br />
Vertreterinnen von Seniorinnen-Einrichtungen,<br />
Lesben-/Frauenprojekten und<br />
Einzelpersonen zusammen.<br />
Der Arbeitskreis setzt sich da<strong>für</strong> ein,<br />
dass es spezifische Angebote <strong>für</strong> alle Lebensbereiche<br />
älterer Lesben gibt – Wohnen,<br />
<strong>Pflege</strong>, Gesundheit, Freizeit etc.<br />
Unter anderem wird derzeit jeden dritten<br />
Sonntag das „späte Frühstück“ <strong>für</strong> Lesben<br />
und Frauen liebende Frauen im Seniorenbildungswerk<br />
angeboten.<br />
Kontakt:<br />
Anders Altern<br />
c/o Intervention e.V.<br />
Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg<br />
Telefon: 0 40/24 50 02<br />
E-Mail: anders-altern@freenet.de<br />
Internet: www.lesbenverein-intervention.de<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Mailingliste „LesbenAltern“<br />
Eine neu eingerichtete bundesweite<br />
Mailingliste wendet sich unter dem Titel<br />
„LesbenAltern“ an Fachfrauen und Multiplikatorinnen.<br />
Nähere Infos dazu über Uli<br />
Habert (uli.habert@t-online.de), Gründerin<br />
der Liste und externe Beraterin beim Referat<br />
<strong>für</strong> gleichgeschlechtliche Lebensweisen in<br />
Frankfurt am Main. Schwerpunkt „Lesben<br />
und Alter“.<br />
SAPPhO Frauenwohnstift<br />
Die Stiftung „SAPPhO Frauenwohnstift“<br />
ist ein Altenselbsthilfeprojekt mit folgenden<br />
Zielen: Es sollen Bedingungen da<strong>für</strong> geschaffen<br />
werden, damit sich Lesben im Alter neue<br />
Lebens- und Wohnformen und Möglichkeiten<br />
des Zusammenlebens erarbeiten können.<br />
In diesen Rahmen gehören die Gründung<br />
und beratende Begleitung von Wohn- und<br />
Hausgemeinschaften zur Selbsthilfe im Alter,<br />
das Schaffen und Erhalten von preiswertem<br />
alten- und behindertengerechten Wohnraum,<br />
die Erarbeitung von Assistenzkonzepten zur<br />
<strong>Pflege</strong>, Betreuung etc.<br />
Kontakt:<br />
SAPPhO Stiftung<br />
c/o Jutta Harbusch<br />
Otto-Schneider-Str. 26, 55469 Mutterschied<br />
E-Mail: sappho-stiftung@gmx.de<br />
Internet: www.sappho-stiftung.de
Alt und schwul<br />
Auf der Seniorenmesse „vitactiv“ trafen die drei Welten aufeinander – die Welt der älteren<br />
Schwulen, der älteren Lesben und die der heterosexuellen Mehrheit. Es war <strong>für</strong> viele ein vorsichtiges<br />
„Herantasten“ und interessiertes Nachfragen am Stand der „Schwulen ALTERnativen“<br />
und der „Lesbischen Seniorinnen in NRW“ – <strong>für</strong> andere war dieser Stand Provokation<br />
und Anlass zu missbilligenden Äußerungen.<br />
Wie dieser Messestand gezeigt hat, ist die Zeit<br />
reif, dass auch ältere Lesben und Schwule aus<br />
ihrem Versteck hervortreten, sich zeigen, ihre<br />
Situation deutlich machen und <strong>für</strong> gleiche<br />
Rechte und Förderungen eintreten.<br />
„Früher war alles besser?“<br />
Der § 175 ist vielen Menschen ein Begriff –<br />
175er ist <strong>für</strong> viele heute noch ein Synonym <strong>für</strong><br />
Schwule. Unter den Nazis wurden 50.000<br />
Männer auf Grundlage dieses Paragraphen<br />
verurteilt, fünf bis 15 Tausend davon wurden<br />
deportiert und starben auf der untersten Hierarchiestufe<br />
der Konzentrationslager oft schon<br />
vor dem Gang in die Gaskammern. Andere<br />
wählten als letzten Ausweg die „freiwillige<br />
Kastration“ und entkamen dadurch der Deportation.<br />
In der Adenauer-Zeit blieb dieser Nazi-<br />
Paragraph unverändert bestehen, eine Wiedergutmachung<br />
gab es <strong>für</strong> die Opfer in diesem<br />
Die Ministerin <strong>für</strong> Gesundheit, Soziales, Frauen und<br />
Familie des Landes Nordrhein-Westfalen, Birgit Fischer,<br />
auf dem Messestand der Lesbischen Seniorinnen und der<br />
„Schwulen ALTERnativen NRW“ bei der „vitactiv“-<br />
Messe in Essen 2003. Foto: Ulrike Herdick<br />
Jahrhundert nicht mehr. Das „Gesetz zum<br />
Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit“ war in<br />
dieser Zeit der Anlass <strong>für</strong> die Zerstörung neuer<br />
schwuler Subkulturen. Der so genannte „Kuppelei-Paragraph“<br />
gab zusätzlich der Polizei die<br />
Möglichkeit, Schwule bis in ihre Wohnung<br />
hinein zu bespitzeln und zu verfolgen.<br />
Diese Verfolgung, Gefängnisstrafen,<br />
Erpressungen, Zwangstherapien, das ewige<br />
Versteckspiel, die ständige Angst, entdeckt zu<br />
werden, die Ächtung in der Familie und unter<br />
Berufskollegen – dies alles hat Spuren hinterlassen.<br />
Für die ältere Generation der Lesben<br />
und Schwulen kam die 68er Revolution zu<br />
spät.<br />
„… so sind die Schwulen?“<br />
Eine Untersuchung der Universität Bamberg<br />
zur Isolation und Einsamkeit von Schwulen aus<br />
dem Jahr 2002 ergab, dass fast 50 Prozent der<br />
schwulen Männer ab 55 Jahren isoliert oder<br />
sehr isoliert leben. Eine frühere Erhebung von<br />
1997 gibt an, dass 33 Prozent der Männer ab<br />
45 immer noch versteckt leben, 42 Prozent<br />
gehen kaum oder gar nicht in die Szene, und<br />
22 Prozent fühlen sich auch dort isoliert. Dies<br />
ist bei dem üblichen Jugendkult innerhalb der<br />
schwulen Szene auch nicht verwunderlich,<br />
stimmen doch 31 Prozent aller Schwulen der<br />
Aussage zu „Mit über 40 hast du in der Szene<br />
nichts mehr zu suchen“. Die Ausgrenzung des<br />
Alters fängt bei Schwulen demnach sehr früh<br />
an. Dies mag einer der Gründe sein, weshalb<br />
laut der neuesten Münchner Befragung von<br />
rund 1.670 älteren Schwulen sehr viele meinen,<br />
dass sie von anderen wesentlich früher als<br />
„alt“ eingestuft werden, als sie sich selbst<br />
einstufen würden.<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 15
Thema<br />
16<br />
Viele der älteren Schwulen haben aus der<br />
„verbotenen Zeit“ ein sehr starkes Bedürfnis<br />
nach Selbstbestimmung mitgenommen, was<br />
sich u. a. an der Berufswahl zeigt oder aber<br />
auch, dass man als Paar oftmals in getrennten<br />
Wohnungen lebt und leben möchte. Laut der<br />
Bamberger Befragung von rund 100 homosexuellen<br />
Männern über 55 Jahren geht <strong>für</strong> 14<br />
Prozent dieser Männer der Autonomiewunsch<br />
so weit, dass sie auch gar keine Partnerschaft<br />
mehr eingehen wollen. Jedoch leben hochgerechnet<br />
auch 43 Prozent der älteren Schwulen<br />
in einer festen Partnerschaft. Aus anderen<br />
Studien geht hervor, dass 29 Prozent der älteren<br />
Schwulen verheiratet waren und 33 Prozent<br />
Kinder haben.<br />
Konsequenzen <strong>für</strong> eine spezifische<br />
offene Altenarbeit<br />
Schwule Altenarbeit ist eigentlich intergenerative<br />
„Altern-Arbeit“. Die zehn Selbsthilfe-<br />
Gruppen <strong>für</strong> ältere Schwule in NRW haben<br />
eine sehr niedrige Alterseintrittsgrenze zwischen<br />
35 und 40 Jahren, sind also im Grunde<br />
intergenerative Gruppen, die sich lediglich<br />
gegen die „verlängerte Jugend“ hin abgrenzen.<br />
43 Prozent der älteren Schwulen leben in einer festen<br />
Partnerschaft. Foto: Mario Wirtz<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Das Thema „Altern“ und somit die Vorbereitung<br />
auf ein erfülltes, würdevolles Leben im<br />
Alter steht bei diesen Gruppen im Vordergrund<br />
– nicht das Alter selbst. Wirkliche Senioren<br />
oder gar „Hochaltrige“ findet man auch in<br />
diesen Gruppen eher selten – zu schwierig<br />
scheint die „Hürde eines späten Coming-Outs“<br />
zu sein. Diese ehrenamtlichen Selbsthilfegruppen<br />
werden häufig von Einzelpersonen geleitet<br />
und kommen durch die hohe Belastung der<br />
Zielgruppe und die generationsübergreifende<br />
Arbeit schnell an ihre Grenzen. Neben den<br />
reinen Selbsthilfegruppen entstanden in NRW<br />
spezifische Projektgruppen <strong>für</strong> ältere Schwule<br />
(bis auf eine Ausnahme) nur dann, wenn eine<br />
hauptamtliche Koordination dahinter stand.<br />
Da die Landeskoordination <strong>für</strong> schwule Senioren<br />
in Köln ansässig ist, konnten hier auch<br />
modellhaft mehrere solcher Projekte ins Leben<br />
gerufen werden. So feierte das Gay & Gray-<br />
Radio-Projekt (siehe Kasten Seite 21) inzwischen<br />
dreijähriges Bestehen, der ALTERnative<br />
Besuchsdienst (siehe Kasten Seite 20 f.) hat<br />
seine Arbeit aufgenommen, seit über sechs<br />
Jahren treffen sich alle zwei Monate 15 bis 30<br />
ältere Schwule zu einem ErzählCafé „Kult-<br />
Café“ (siehe Kasten Seite 21), und das intergenerative<br />
Wohnprojekt (siehe Kasten Seite 21)<br />
hat gerade einen Verein gegründet.<br />
Zur Koordination und Unterstützung all<br />
dieser regionalen Gruppen und der integrierenden<br />
Selbsthilfegruppe ist eine regionale hauptamtliche<br />
Begleitung mit projekt- und Beratungserfahrung<br />
dringend erforderlich – auch<br />
um die notwendige, sensibilisierende und aufklärende<br />
Öffentlichkeitsarbeit innerhalb und<br />
außerhalb der Szene leisten zu können.<br />
„Getrennte Welten“ – besonders<br />
in der <strong>Pflege</strong><br />
In Altenheimen oder <strong>Pflege</strong>stationen wird man<br />
nur äußerst selten offen lebende Schwule und<br />
Lesben antreffen – auch weil die heterosexuell<br />
lebenden Mitbewohner noch häufig restriktive<br />
Einstellungen zum Thema „Homosexualität“<br />
haben.<br />
Laut der neuesten Befragung von Homosexuellen<br />
aus München werden die Angebote der<br />
heterosexuell ausgerichteten Altenhilfe bisher<br />
so gut wie gar nicht von Lesben und Schwulen<br />
wahrgenommen. Dies ist nicht verwunderlich,
da 90 Prozent dieser Befragten der Meinung<br />
sind, die derzeitigen Einrichtungen können<br />
nicht kompetent mit den Bedürfnissen älterer<br />
Homosexueller umgehen. Drei Viertel der<br />
Befragten gehen von Diskriminierungen innerhalb<br />
von Altenhilfeeinrichtungen aus.<br />
Während eines Erzähl-Cafés in Köln sagte<br />
ein Teilnehmer dazu: „Ich habe wenig Lust, mit<br />
Menschen zusammenzuwohnen, die mich noch<br />
vor vierzig Jahren ins Gefängnis gebracht<br />
hätten.“<br />
Falls dann doch jemand den Mut findet,<br />
sich in einer Alteneinrichtung als homosexuell<br />
zu outen, ist es zumindest fraglich, ob sie oder<br />
er gerade in diesem <strong>Pflege</strong>heim von den <strong>Pflege</strong>kräften<br />
und der Stationsleitung die notwendige<br />
Unterstützung erhalten würde. Im Bereich der<br />
Psychiatrien jedenfalls sind dem RUBICON<br />
Beratungszentrum zahlreiche Fälle bekannt, bei<br />
denen Schwule und Lesben aufgefordert wurden,<br />
ihre Homosexualität zu verschweigen –<br />
auch aus „eigenem Interesse“.<br />
Ein aktiver Minderheitenschutz ist zumindest<br />
in den katholischen Einrichtungen auch<br />
kaum vorstellbar, da die deutsche Bischofskonferenz<br />
entschieden hat, lesbische und schwule<br />
Mitarbeiter zu entlassen, falls sie sich „verpartnern“<br />
würden. Mit diesem Rückschritt ins<br />
vorige Jahrhundert lässt sich kein tolerantes,<br />
offenes und würdevolle Betriebsklima eines<br />
<strong>Pflege</strong>heims oder einer Seniorenbegegnungsstätte<br />
erzeugen.<br />
Lesbische und schwule Seniorinnen und<br />
Senioren meiden also verständlicherweise<br />
heterosexuell orientierte Angebote der Alten-<br />
Das KultCafé gehört zu den schon<br />
etablierteren Angeboten <strong>für</strong> ältere<br />
Schwule in Köln. Seit 1997 trifft<br />
Mann sich regelmäßig und diskutiert<br />
über „schwule Themen“. Foto: Torsten<br />
Bless<br />
hilfe und -pflege so lange, bis es nicht mehr<br />
anders geht und sie sich zwangsweise wieder in<br />
der „anderen Welt“ verstecken müssen.<br />
In der konkreten Arbeit vor Ort zeigt sich<br />
diese Trennung der Welten u. a. in der fehlenden<br />
Reaktion auf entsprechende Artikel in<br />
Seniorenzeitschriften. So erschien z. B. im<br />
„Kölner Leben“ (Auflage: 40.000) ein zweiseitiger<br />
Artikel über die gesamte Altenarbeit im<br />
RUBICON Beratungszentrum ohne eine einzige<br />
Resonanz.<br />
Eine Werbeaktion des neuen „ALTERnativen<br />
Besuchsdienst“ <strong>für</strong> ältere Schwule in Köln<br />
hat gezeigt, dass diese Trennung der Welten<br />
auch <strong>für</strong> die Ebene der Fachkräfte gilt: Von<br />
knapp 600 versandten Anschreiben an Multiplikatoren<br />
der Altenhilfe und -pflege in Köln<br />
reagierten lediglich acht Institutionen – erst ein<br />
einziger schwuler „Nutzer“ des Besuchsdienstes<br />
konnte hierüber gewonnen werden.<br />
Damit dies anders werden könnte, damit<br />
die „getrennten Welten“ sich annähern und<br />
mehr Vertrauen bei Lesben und Schwulen<br />
geschaffen werden kann, bräuchten heterosexuelle<br />
und auch die lesbischen und schwulen<br />
Fachkräfte und Multiplikatoren der Altenhilfe<br />
gezielte Fortbildungen. Ziel wäre es, genügend<br />
„Feldkompetenz“, also Wissen über die sozialen<br />
und biographischen Lebenshintergründe<br />
homosexueller Menschen, aufzubauen, um<br />
adäquat mit alten Lesben und Schwulen umgehen<br />
zu können und gegebenenfalls an entsprechende<br />
Gruppen weitervermitteln zu können.<br />
Dies wünschen sich auch über 85 Prozent der<br />
befragten Lesben und Schwulen der Münchner<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 17
Thema<br />
18<br />
Studie. Laut einer repräsentativen Umfrage des<br />
Familienministeriums NRW hat jedoch lediglich<br />
ein Drittel der heterosexuellen Bevölkerung<br />
ein mehr oder weniger ausgeprägtes<br />
Interesse an Beiträgen und Broschüren zur<br />
Aufklärung über Lesbischsein oder Schwulsein.<br />
Man wird also vermutlich nur einen geringen<br />
Teil der heterosexuellen Fachkräfte überhaupt<br />
zur Teilnahme an entsprechenden freiwilligen<br />
Fortbildungen motivieren können. Eine Aufnahme<br />
des Themas „Homosexualität im Alter“<br />
in die Altenpflegeausbildung ist daher zu fordern<br />
(siehe Seite 24 f.).<br />
Am Beispiel der Inanspruchnahme von<br />
Beratungsstellen lässt sich dieses Bild der<br />
„getrennten Welten“ noch weiter verschärfen:<br />
Nach einer Studie aus dem Jahr 2002 wurden<br />
im Kölner Raum 59 Schwule und Lesben durch<br />
allgemeine Lebens- und Familienberatungsstellen<br />
beraten, 1.023 homosexuelle Personen<br />
jedoch durch das schwul-lesbische Beratungszentrum.<br />
Es ist anzunehmen, dass Ähnliches<br />
auch <strong>für</strong> spezifische Angebote der Altenhilfe<br />
gelten würde. Das Angebot aktiviert hier die<br />
reichlich vorhandene Nachfrage. Ohne ein<br />
spezifisches Angebot werden also viele Lesben<br />
und Schwule trotz ihrer Bedürfnisse keine<br />
entsprechenden Angebote in Anspruch nehmen,<br />
wenn sie vornehmlich auf heterosexuell<br />
lebende Menschen zugeschnitten sind.<br />
Eine Bestandsaufnahme <strong>für</strong> ein lesbischschwules<br />
AltenpfleGayheim in Frankfurt (siehe<br />
Kasten Seite 23) hat ergeben, dass sich lediglich<br />
elf Personen bei vorliegender <strong>Pflege</strong>bedürftigkeit<br />
ein Leben in einem herkömmlichen Altenpflegeheim<br />
vorstellen können, 123 bevorzugen<br />
Menschen, die die rote Schleife tragen, symbolisieren<br />
damit ihre Solidarität mit HIV-Infizierten und -Kranken.<br />
1991 wurde das inzwischen weltweit verbreitete Symbol<br />
von einer New Yorker Künstlergruppe im Kampf gegen<br />
AIDS geschaffen. Foto: Harald Raabe<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
hingegen ein lesbisch/schwules Altenpflegeheim.<br />
Auffällig ist jedoch, dass noch mehr<br />
Personen (192) eine gemischte Wohnform im<br />
Alter vorziehen würden. Die Angst vor einer<br />
Ghettoisierung ist unter den Lesben und<br />
Schwulen anscheinend weit verbreitet. Dies<br />
zeigt auch folgendes Ergebnis der Münchner<br />
Befragung: Für über 70 Prozent der Befragten<br />
ist es eher unwichtig, dass ausschließlich Lesben<br />
und Schwule mit ihnen zusammen ein<br />
Angebot der Altenhilfe und -pflege nutzen.<br />
Wenn aber gemischte, integrierte Lösungen<br />
innerhalb traditioneller Altenpflegeheime<br />
bevorzugt werden, gibt es eine sehr einfache<br />
Lösung zur Befriedigung des Bedarfes dieser<br />
Zielgruppe: Da gerade im <strong>Pflege</strong>bereich viele<br />
Lesben und Schwule arbeiten, könnten durch<br />
interne Umstrukturierungen einzelne Bereiche<br />
<strong>für</strong> Lesben, Schwule und tolerante Heterosexuelle<br />
„reserviert“ und mit gleichgesinnten<br />
<strong>Pflege</strong>rinnen und <strong>Pflege</strong>rn besetzt und mit dem<br />
Schlagwort „Diversity-Station“ beworben<br />
werden.<br />
Zumindest aber wünschen sich über 80<br />
Prozent der Lesben und Schwulen, dass die<br />
Angebote der Altenhilfe und -pflege auch auf<br />
ihre Bedürfnisse hin ausgerichtet werden, dass<br />
also beispielsweise Doppelzimmer <strong>für</strong> Paare<br />
angeboten und der Besuch lesbischer Freundinnen<br />
oder schwuler Freunde erlaubt ist.<br />
„Was mache ich bloß mit denen?“<br />
Trotz dieser verständlichen Abneigung von<br />
Lesben und Schwulen gegen herkömmliche<br />
Altenpflegeheime wird es auch in traditionellen<br />
Altenpflegeheimen oder Seniorengruppen<br />
Lesben und Schwule geben. In diesem Kontext<br />
werden die heutigen alten Lesben und Schwulen<br />
jedoch äußerst selten zur eigenen Homosexualität<br />
stehen. Die Frage stellt sich hier häufig,<br />
wie man damit umgehen kann, wenn man<br />
den Eindruck hat: „Herr Y oder Frau X könnten<br />
homosexuell sein.“ Zum Beispiel dann,<br />
wenn er oder sie nie verheiratet war oder wenn<br />
man kaum etwas über die geschiedene Ehefrau<br />
bzw. den Ehemann erfährt, wenn keine Kinder<br />
vorhanden sind oder kein Kontakt mehr zu<br />
ihnen besteht und wenn die Betroffenen auch<br />
ansonsten wenig Besuch erhalten. Oder aber<br />
wenn man den Eindruck hat, dass er sich doch<br />
mehr <strong>für</strong> die männlichen <strong>Pflege</strong>r interessiert
oder sie <strong>für</strong> die <strong>Pflege</strong>rinnen. Wie peinlich wäre<br />
es dann aus Sicht der betroffenen <strong>Pflege</strong>personen<br />
oder Ansprechpartner, wenn man mit<br />
seiner Vermutung danebenliegen würde. All<br />
dies mündet also in der Frage: „Soll ich es<br />
ansprechen oder doch lieber verschweigen?“<br />
Aus dem Wissen heraus, welch große Hürde<br />
ein Coming-Out <strong>für</strong> viele Lesben und Schwule<br />
darstellt, ist eine direkte Konfrontation mit<br />
diesem Thema – gerade vor dem Hintergrund<br />
der starken Ängste und der internalisierten<br />
Homophobie – nicht angebracht. Entsprechende<br />
Fragen könnten zu sehr bedrängen und<br />
Prozesse in Gang bringen, <strong>für</strong> die der- oder<br />
diejenige nicht bereit ist. Ähnlich wie bei anderen<br />
Überlebenden der NS-Zeit darf man sich<br />
auch bei alten Lesben und Schwulen nicht der<br />
Illusion hingeben, die Traumatisierungen könnten<br />
noch „geheilt“ werden. Schutzraum statt<br />
Therapie ist hier das Wesentliche. Es muss den<br />
Betroffenen selbst überlassen bleiben, ob sie<br />
auf Gesprächsangebote eingehen oder nicht.<br />
Wer also helfen möchte, kann immer wieder<br />
mal im Gespräch mit der Person – oder auch<br />
mit anderen Kollegen in Anwesenheit der<br />
Person – seine tolerante Haltung Schwulen und<br />
Lesben gegenüber „durchblicken“ lassen (dies<br />
setzt natürlich eine tolerante Haltung voraus).<br />
Bewährt hat sich hier z. B. das Tragen der roten<br />
Aids-Schleife anlässlich des Welt-Aids-Tages<br />
oder aber auch der ganz alltägliche Bericht<br />
vom Besuch des CSD-Straßenfestes oder von<br />
einer Fernsehserie, in der eine Lesbe oder ein<br />
Schwuler vorkommt.<br />
In einigen Fällen kann es dazu kommen,<br />
dass die entsprechende Person sich z. B. besonders<br />
abfällig über den CSD mit seinem<br />
ganzen „Tuntenkram“ äußert. Dies wäre in<br />
psychoanalytischem Sinne eine „Reaktionsbil-<br />
Ältere Schwule in Köln treffen<br />
sich schon seit 1998 in der<br />
Golden-Gay-Gruppe.<br />
Foto: Andi Goral<br />
dung“ als ein Abwehrmechanismus,<br />
bei dem derjenige<br />
genau das Gegenteil davon<br />
macht, was er eigentlich<br />
möchte – hier also die Schwulen<br />
und Lesben zu verdammen,<br />
nur um nicht die eigene<br />
Homosexualität spüren zu müssen und schon<br />
gar nicht nach außen hin als homosexuell<br />
wahrgenommen zu werden.<br />
Auch in solchen Fällen ist es gut, bei seiner<br />
toleranten und argumentierenden Haltung zu<br />
bleiben und nicht zu verurteilen. Diese „internalisierte<br />
Homophobie“ ist eben auch eine der<br />
Folgen der damaligen repressiven und intoleranten<br />
Verhältnisse in unserer Gesellschaft.<br />
Wenn jedoch der glückliche Fall eintritt,<br />
dass Frau oder Mann solche Angebote zum<br />
Anlass nimmt, einen ins Vertrauen zu ziehen<br />
und sich zu outen, dann ist es unbedingt notwendig,<br />
denn Anschluss zu Gleichgesinnten<br />
herzustellen, damit eine Stabilisierung und<br />
Rückhalt möglich wird (entsprechende Adressen<br />
von Gruppen und Ansprechpartnern finden<br />
Sie am Ende des Artikels).<br />
Schöne Welten – Vision einer integrierten<br />
und spezifischen Altenhilfe<br />
Lesben und Schwule brauchen im Alter eigene<br />
regionale Strukturen mit hauptamtlichen Mitarbeitern,<br />
die sie verstehen, denen man nichts<br />
mehr erklären muss, vor denen man sich nicht<br />
mehr verstecken muss. Die Münchner Befragung<br />
ergab, dass <strong>für</strong> 84 Prozent der Lesben<br />
und Schwulen ein <strong>ambulante</strong>r Dienst wichtig<br />
ist, der sein Angebot gezielt auf Lesben und<br />
Schwule ausrichtet. Über 77 Prozent be<strong>für</strong>worten<br />
sogar einen <strong>ambulante</strong>n Dienst von Schwulen<br />
<strong>für</strong> Schwule bzw. von Lesben <strong>für</strong> Lesben.<br />
Für den Bereich der offenen Altenhilfe <strong>für</strong><br />
Lesben und Schwule wurde vom Schwulen<br />
Seniorenbüro NRW im RUBICON Beratungszentrum<br />
ein Modell Regionaler ALTERnativer<br />
<strong>Netzwerk</strong>e (RAN) (siehe Kasten Seite 20)<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 19
Thema<br />
20<br />
entwickelt. Ziel solcher <strong>Netzwerk</strong>strukturen ist<br />
es, gesicherte Orte der Begegnung zu schaffen<br />
und über Projekte wie z. B. Besuchsdienste ein<br />
organisiertes soziales Netz zu knüpfen, damit<br />
der Name lesbisch-schwule Familie auch wirklich<br />
diesen Namen verdient. Mit relativ geringem<br />
finanziellem Aufwand könnten anhand<br />
dieses Modells tragfähige Strukturen spezifischer<br />
Altenhilfe aufgebaut und <strong>für</strong> die fünf bis<br />
zehn Prozent der Bevölkerung vorgehalten<br />
werden, die zurzeit von Politik und Gesellschaft<br />
vergessen werden. Nirgends sonst in der<br />
Altenhilfe gibt es ein derartig großes Wachstumspotenzial<br />
ehrenamtlicher Strukturen.<br />
Über eine gute Zusammenarbeit mit traditionellen<br />
Trägern der Altenhilfe kann eine<br />
Integration solcher <strong>Netzwerk</strong>strukturen und<br />
spezifischer <strong>ambulante</strong>r Angebote in die allgemeine<br />
Altenhilfe derart gelingen, dass auch<br />
lange isolierte lesbische und schwule Seniorinnen<br />
und Senioren z. B. über Seniorentelefone,<br />
Seniorenzeitschriften oder andere herkömmliche<br />
Informationskanäle an diese Angebote<br />
herangeführt werden und dass bei langen<br />
Krankenhausaufenthalten oder bei erforderlicher<br />
Einweisung in ein <strong>Pflege</strong>heim die Anbindung<br />
an die „Community“ erhalten bleibt. Ein<br />
würdevolleres Leben wäre so auch <strong>für</strong> alte und<br />
hochaltrige Lesben und Schwule möglich.<br />
Stefan Jüngst<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Dr. Stefan Jüngst<br />
ist Landeskoordinator<br />
Schwule<br />
Seniorenarbeit<br />
NRW. Foto: Andi<br />
Goral<br />
Kontakt:<br />
Schwules Seniorenbüro NRW im RUBICON<br />
Beratungszentrum, Dr. Stefan Jüngst<br />
Rubensstraße 8–10, 50676 Köln<br />
Telefon: 02 21/1 94 46<br />
E-Mail: stefan.juengst@rubicon-koeln.de<br />
Internet: www.rubicon-koeln.de<br />
Kontaktadressen<br />
Schwule ALTERnativen NRW<br />
ist das <strong>Netzwerk</strong> der Gruppen <strong>für</strong> ältere<br />
Schwule in Nordrhein-Westfalen. Auf vierteljährlichen<br />
Strategietreffen wird der<br />
gemeinsame Erfahrungs- und Informationsaustausch<br />
gepflegt. Gemeinsam betreibt man<br />
Öffentlichkeits- und politische Arbeit. In<br />
neun Städten gibt es bereits Gruppen, die<br />
sich mit dem Thema „Alter“ beschäftigen:<br />
In Bielfeld, Bochum, Bonn, Dortmund,<br />
Düsseldorf, Duisburg, Essen, Köln und<br />
Münster.<br />
Kontakt über:<br />
Dr. Stefan Jüngst, Schwules Seniorenbüro<br />
NRW im RUBICON (s. li. u.)<br />
Internet: www.schwule-alter-nativen.de<br />
Das Modell Regionaler ALTERnativer <strong>Netzwerk</strong>e<br />
(RAN)<br />
wurde vom Schwulen Seniorenbüro<br />
NRW auf der Grundlage siebenjähriger<br />
Erfahrung mit schwulen Altenhilfe-Projekten<br />
in Köln und NRW entwickelt.<br />
Die spezifische Altenhilfearbeit wird<br />
entsprechend der Grobziele in fünf Bereiche<br />
unterteilt: Gemeinschaft schaffen, Öffentlichkeit<br />
herstellen, Freizeit organisieren,<br />
Sicherheit garantieren und das Gesamt-<br />
<strong>Netzwerk</strong> koordinieren. Letzteres ist Aufgabe<br />
von professionellen Mitarbeitern, die<br />
anderen Bereiche können ehrenamtlich mit<br />
Hilfe professioneller Unterstützung organisiert<br />
werden. Ehrenamtliche können sich<br />
entsprechend ihrer Bedürfnisse und Fähigkeiten<br />
engagieren. Zahlreiche Synergieeffekte<br />
stabilisieren das gesamte <strong>Netzwerk</strong>.<br />
Kontakt über:<br />
Dr. Stefan Jüngst im RUBICON Köln<br />
(s. li. u.)<br />
ALTERnativer Besuchsdienst <strong>für</strong> ältere<br />
Schwule<br />
Der Besuchsdienst in Köln existiert seit<br />
Januar 2004. Inzwischen stehen 14 Ehrenamtliche<br />
bereit, in Notlagen zu helfen, über<br />
Probleme zu reden oder Behördliches zu<br />
regeln. Ein regelmäßiger Erfahrungsaustausch<br />
im RUBICON Beratungszentrum ist<br />
Pflicht. Supervision ist möglich. Zurzeit
nehmen drei Männer dauerhaft dieses Angebot<br />
in Anspruch.<br />
Ähnliche Angebote gibt es mit dem<br />
„Gay & Grey-Hilfsnetzwerk“ in Düsseldorf<br />
und dem „Mobilen Salon“ in Berlin.<br />
Kontakt:<br />
ALTERnativer Besuchsdienst Köln<br />
Paul Palmer im RUBICON Beratungszentrum<br />
(Mo, Mi & Fr. Nachmittag),<br />
Telefon: 02 21/2 76 69 99-55<br />
E-Mail: paul.palmer@rubicon-koeln.de<br />
Düsseldorfer Hilfsnetzwerk<br />
Telefon: <strong>Netzwerk</strong>-Hotline:<br />
0211/15776710, (täglich 20 bis 22 Uhr)<br />
E-Mail: gayandgrey@duesseldorf.gay-web.de<br />
Mobiler Salon Berlin<br />
Telefon: 0 30/23 36 90 70<br />
E-Mail: www.schwulenberatungberlin.de<br />
Intergeneratives Wohnprojekt <strong>für</strong> Lesben<br />
und Schwule<br />
Seit April 2003 trifft sich eine entsprechende<br />
Arbeitsgruppe im RUBICON Beratungszentrum<br />
Köln. Juni 2004 wurde ein<br />
Verein gegründet mit dem Ziel der Bildung<br />
einer Hausgemeinschaft mit bis zu 30 Personen<br />
aller Altersgruppen. Grundlage des<br />
Zusammenwohnens sind Diskriminierungsfreiheit<br />
und „gegenseitige Hilfe“. Bei der<br />
Umsetzung dieses Projektes kann man von<br />
zwei bis fünf Jahren ausgehen.<br />
Kontakt:<br />
Andrea Symossek<br />
Telefon: 02 21/5 62 60 77<br />
E-Mail: a.symossek@gmx.de<br />
Dietmar Frings (wohn-mobil Köln)<br />
Telefon 02 21/5 60 34 23<br />
E-Mail: frings@wohn-mobil-koeln.de<br />
Gay & Grey Radio<br />
Ist ein bundesweit einmaliges Bürgerfunkprojekt<br />
des Schwulen Seniorenbüros<br />
NRW von älteren <strong>für</strong> ältere Schwule. Vier<br />
Schwule von 40 bis 65 und eine „Hetera“<br />
gehen seit Mai 2001 einmal im Monat auf<br />
Sendung. Bisher wurden 32 Magazinsendungen<br />
von Radio Köln ausgestrahlt. Auch über<br />
das Internet ist die Sendung an jedem dritten<br />
Donnerstag im Monat um 22 Uhr zu hören.<br />
www.radio-koeln.de aufrufen und Web-<br />
Radio anklicken.<br />
Kontakt:<br />
Hans-Werner Lange<br />
Telefon: 02 03/37 12 13<br />
E-Mail: gaygreyradio@aol.com<br />
KultCafé – das themenzentrierte ErzählCafé<br />
Ein Diskussionsangebot <strong>für</strong> ältere<br />
Schwule in Köln. Gestartet 1997 hat dieses<br />
Angebot die längste Tradition der spezifischen<br />
Altenhilfe im Kölner Raum. Inzwischen<br />
bereiten sechs Ehrenamtliche das<br />
ErzählCafé auf der Grundlage eigener Erfahrungen<br />
vor. Es wurden Themen behandelt<br />
wie „Schwule und Beziehung“, „Verhältnis<br />
Alt & Jung“, „Sexualität im Alter“, „Neue<br />
Diskriminierungsformen“ oder „Schwule<br />
und Altenpflege“. Diese Art des ErzählCafés<br />
stellt einen Mittelweg dar zwischen „überfordernder“<br />
biographischer Selbsterfahrung<br />
und rationaler thematischer Diskussion.<br />
Ähnliche Angebote gibt es mit dem<br />
„Offenen Gesprächskreis“ in Berlin und mit<br />
dem Erzählcafé des „forum homosexualität<br />
+ geschichte“ in München.<br />
Kontakt:<br />
KultCafé Köln<br />
Karl Wiesinger<br />
Telefon: 02 21/85 69 21<br />
E-Mail: KarlWiesinger@aol.com<br />
oder<br />
Heiko Neuhaus<br />
Telefon: 02 21/5 59 43 33<br />
E-Mail: Heiko.W.Neuhaus@t-online.de<br />
Gesprächskreis Berlin<br />
Telefon: 0 30/23 36 90 70<br />
Internet: www.schwulenberatungberlin.de<br />
forum homosexualität + geschichte<br />
München<br />
Fritz Letsch<br />
Telefon: 0 89/23 26 97 94<br />
E-Mail: info@forum-muenchen.de<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 21
Thema<br />
22<br />
Hilfe und <strong>Pflege</strong> unterm Regenbogen<br />
Von den besonderen Bedürfnissen alter homosexueller Menschen<br />
„Sie sind noch zehn Jahre zu früh“, entgegnet<br />
Heide Trautzburg, Qualitätsbeauftragte vom<br />
„<strong>Netzwerk</strong> <strong>ambulante</strong> <strong>Pflege</strong>“, einem <strong>ambulante</strong>n<br />
<strong>Pflege</strong>dienst in Berlin-Schöneberg mit<br />
einem Schwerpunkt auf der <strong>Pflege</strong> homosexueller<br />
Menschen; zu früh, um sie bei ihren Besuchen<br />
lesbischer oder schwuler Klienten in<br />
Berlin begleiten zu können. Eine Antwort, die<br />
so oder ähnlich schon zuvor zwei <strong>ambulante</strong><br />
<strong>Pflege</strong>dienste sowie schwul-lesbische <strong>Netzwerk</strong>e<br />
im Raum Frankfurt am Main, Hamburg<br />
oder Köln gaben. Zwar kommen die offen<br />
lebenden Lesben und Schwulen langsam in die<br />
Jahre, doch sind die Hilfe- und <strong>Pflege</strong>bedürftigen<br />
unter ihnen offenbar noch nicht so zahlreich,<br />
dass sie einen größeren Anteil der Klienten<br />
in der Altenhilfe stellen.<br />
In den Kommunen haben sich zwar schon<br />
vereinzelt Initiativen und Strukturen gebildet,<br />
über die diese Menschen überwiegend und<br />
ohne Vorbehalte betreut werden, doch insgesamt<br />
ist die Anzahl solcher Anbieter eher selten.<br />
Geplante stationäre Einrichtungen <strong>für</strong><br />
homosexuelle Menschen werden sogar erst in<br />
einigen Jahren mit Leben erfüllt sein (siehe<br />
Kästen Seite 23 und Seite 31).<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Doch das „zu früh“ Heide Trautzburgs bezieht<br />
sich eigentlich auch eher auf die offen lebenden<br />
älteren Schwulen und Lesben. Die alten und<br />
hochaltrigen homosexuellen Menschen haben<br />
andere Zeiten erlebt, was respektiert werden<br />
muss (siehe auch Beiträge auf Seite 9 und Seite<br />
15). Sie leben nicht offen – und konnten es<br />
aufgrund vieler gesellschaftlicher Repressalien<br />
auch nie tun. Diese Menschen leben versteckt<br />
in den Heimen zwischen heterosexuellen Mitbewohnern.<br />
Ein Fakt, der in den Hinterköpfen<br />
von beruflich <strong>Pflege</strong>nden verankert sein sollte.<br />
Die Regenbogenfahne ist u. a.<br />
ein internationales schwul-lesbisches<br />
Symbol. Sie wurde 1978 vom<br />
amerikanischen Künstler Gilbert<br />
Baker entworfen. Sie soll den<br />
lesbischen und schwulen Stolz<br />
darstellen und gleichzeitig die<br />
Vielfalt dieser Lebensweise<br />
symbolisieren. Foto: Harald Raabe<br />
Denn den Bedürfnissen dieser Klientinnen und<br />
Klienten gerecht zu werden, dazu bedarf es<br />
eines sensiblen Umgangs und einer behutsamen<br />
Biographiearbeit des Personals.<br />
Biographiearbeit mit homosexuellen<br />
Klienten – reine Glückssache?<br />
„Bei uns leben ca. 15 Bewohner, von denen ich<br />
ausgehe, dass sie homosexuell sind“, berichtet<br />
Kerstin Kolbe* (Red.: Name geändert), die in<br />
einer großen stationären Einrichtung eines<br />
katholischen Trägers in Köln arbeitet. „Aber,
ich wage zu behaupten, dass die Bedürfnisse<br />
dieser Frauen und Männer über 70 stärker von<br />
ihren gesundheitlichen Defiziten geprägt sind<br />
und deshalb ihre Homosexualität nur noch<br />
eine untergeordnete Rolle spielt. Ich habe den<br />
Eindruck, dass es das Bedürfnis nach dem<br />
Ausleben dieser Vergangenheit so nicht gibt,<br />
weil diese Menschen auch prinzipiell sehr<br />
verschlossen damit umgehen.“ Das werde sich<br />
erst verändern mit dem Generationenwechsel<br />
im Altersheim – jüngere Generationen homosexueller<br />
Menschen würden später diesen Raum<br />
von den <strong>Pflege</strong>nden und Heimbetreibern sicher<br />
auch einfordern, glaubt Kolbe. „Die Menschen,<br />
die jetzt bei uns leben, wollen wir ja<br />
nicht erziehen oder therapieren, sondern sie so<br />
belassen, wie sie sind, auch wenn sie nicht über<br />
das Thema reden wollen.“<br />
Um aber eine funktionierende <strong>Pflege</strong>beziehung<br />
zwischen <strong>Pflege</strong>bedürftigen und <strong>Pflege</strong>nden<br />
aufzubauen, ist zumindest auch die Erstellung<br />
eines Biographiebogens von großer Bedeutung.<br />
„Und dies ist dann tatsächlich eher<br />
Zufall oder Glücksache, dass die nicht offen<br />
lebende lesbische Bewohnerin oder der schwule<br />
Bewohner auf Mitarbeiter treffen, die eine<br />
Antenne <strong>für</strong> diese Menschen haben“, gibt die<br />
Kölner <strong>Pflege</strong>dienstleitung zu. Kerstin Kolbe ist<br />
selbst lesbisch, bittet jedoch um anonym gehaltene<br />
Zitate aufgrund ihrer Anstellung bei<br />
einem konfessionellen Träger. Dies zeigt die<br />
verzwickte Situation, in der sich somit auch<br />
homosexuelle Klienten oft befinden. Homosexualität<br />
wird in vielen Einrichtungen eher<br />
geduldet, als wirklich akzeptiert. Wie soll dann<br />
aber davon ausgegangen werden, dass Hilfeund<br />
<strong>Pflege</strong>bedürfnisse homosexueller alter<br />
Menschen auch angemessen berücksichtigt<br />
werden? Peter Becker aus Düsseldorf hat diesbezüglich<br />
auch seine Erfahrungen gemacht, nur<br />
dass sein ehemaliger Arbeitgeber – ebenfalls ein<br />
konfessioneller Träger – sich eher ablehnend<br />
als duldend verhalten hat. „Als ich in der<br />
Einrichtung anfing zu arbeiten, lebte da auch<br />
schon seit zwei Jahren ein Mann, der mit 58<br />
Jahren einen Schlaganfall erlitten hatte. Lediglich<br />
eine Kollegin, die wusste, dass ich schwul<br />
bin, hat mir davon erzählt, dass der Mann<br />
schwul ist, und von dem Tag an habe ich mich<br />
auch mehr und mehr um ihn gekümmert“,<br />
berichtet der examinierte Altenpfleger. Biographiearbeit<br />
sei bei allen anderen Heimbewohnern<br />
gemacht worden, nur im Biographiebogen<br />
AltenpfleGayheim in Frankfurt<br />
Der Verein AltenpfleGayheim existiert seit<br />
1999. Er setzt sich federführend <strong>für</strong> das Projekt<br />
einer lesbisch-schwulen Senioren-Wohnund<br />
<strong>Pflege</strong>einrichtung ein unter dem Motto:<br />
„Wir gestalten unser Alter selbst“. Im<br />
Augenblick befindet man sich in einer entscheidenden<br />
Projektphase und ist auf der<br />
Suche nach einem geeigneten Grundstück in<br />
Frankfurt am Main, um dort ein Gebäude zu<br />
errichten. Das AltenpfleGayheim soll kein<br />
„klassisches“ <strong>Pflege</strong>heim werden, sondern es<br />
soll das Modell der KDA-Hausgemeinschaften<br />
umgesetzt werden. Der Initiator des Projektes,<br />
Walter Curkovic-Paul, schätzt, dass es<br />
noch zwei bis drei Jahre dauern wird, bis das<br />
Projekt abgeschlossen ist und die ersten<br />
Bewohner in das Heim einziehen können.<br />
Die Stadt Frankfurt unterstützt das Projekt<br />
und hat auch die Bedarfsanalyse finanziert,<br />
in der zu Beginn des Projektes 10.000 Fragebögen<br />
an Lesben und Schwule ab 45 Jahren<br />
im Großraum Rhein/Main verteilt wurden.<br />
Kontakt:<br />
AltenpfleGayheim e.V.<br />
c/o Walter Curkovic-Paul<br />
Am Stiegelschlag 5, 60385 Frankfurt<br />
Telefon und Fax: 069/4693211<br />
E-Mail: wpaul22065@aol.com<br />
Internet: www.altenpflegayheim.de<br />
dieses Mannes war nichts über sein Leben<br />
vermerkt, dass er eine Kneipe hatte oder dass<br />
er einen Partner hatte, empört sich Peter<br />
Becker noch im Nachhinein. „Ich hab das alles<br />
erst über eine ehemalige Nachbarin von ihm<br />
erfahren, die ihn ein- bis zweimal im Monat<br />
besucht hat und die ich auf den Mann angesprochen<br />
habe.“ Die <strong>Pflege</strong>dienstleitung habe<br />
das Thema einfach totgeschwiegen. „Als ich<br />
mich dem Mann selbst gegenüber zu erkennen<br />
gegeben und ihn auf seine Vergangenheit angesprochen<br />
habe, hat er sehr viel geweint“,<br />
berichtet Becker weiter. „Er bekam weder<br />
Besuch von alten Freunden oder Bekannten,<br />
noch waren in seinem Zimmer persönliche<br />
Gegenstände wie z. B. ein Foto aus früheren<br />
Zeiten zu sehen. Bei allen anderen Bewohnern<br />
hingen Bilder von ihren Männern, Frauen oder<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 23
Thema<br />
24<br />
ihren Angehörigen, nur bei ihm nicht. Schließlich<br />
habe ich bei seinen persönlichen Sachen<br />
dann ein Foto gefunden, auf dem er mit seinem<br />
ehemaligen Freund abgebildet war, und habe es<br />
aufgehängt.“ Doch als der <strong>Pflege</strong>r aus einem<br />
Wochenende wiederkam, war das Bild weg.<br />
Die Stationsleitung habe es weggehängt mit der<br />
Begründung, der Bewohner wolle das nicht –<br />
wobei er selber einen ganz anderen Eindruck<br />
vom Willen des Bewohners gewonnen habe.<br />
„Warum sollte der alte Mann auch schwul<br />
sein?“, fragt sich Becker ironisch, denn schon<br />
Sexualität sei in dieser Einrichtung ein absolutes<br />
Tabuthema gewesen. Ein frustrierendes<br />
Erlebnis, dass den <strong>Pflege</strong>r, der mit seinem<br />
Bekenntnis zur Homosexualität auch beim<br />
Arbeitgeber auf Misstrauen stieß, schließlich<br />
sogar zur Berufsaufgabe bewegte.<br />
Lesbisch-schwule Fort- und<br />
Weiterbildungen<br />
Auch dieses Beispiel ist nur eines unter vielen,<br />
und mancherorts ist der Umgang von Alteneinrichtungen<br />
mit dem Thema Homosexualität<br />
von Klienten oder Mitarbeitern vielleicht längst<br />
kein Problem mehr. So berichtet beispielsweise<br />
Heide Trautzburg aus Berlin von vielen positiven<br />
Erfahrungen, die sie im Rahmen von Schulungen<br />
und prozessbegleitender Beratung zum<br />
Thema „<strong>Pflege</strong> von homosexuellen Menschen“<br />
machen konnte. Die Teilnehmer zeigten sich in<br />
der Regel sehr interessiert an dem Thema,<br />
unabhängig davon, ob es sich um konfessionelle<br />
Träger handelte oder nicht und ob die<br />
Teilnehmer selbst homosexuell waren oder<br />
nicht. „Sie wollten wissen, wie sie mit den<br />
Klienten umgehen sollen – vor allem auch<br />
dann, wenn sie vielleicht nur einen Verdacht<br />
haben.“ Dennoch: Sich dem Thema zu öffnen<br />
fällt noch viel zu vielen Personen in der Altenpflege<br />
schwer, weiß Birgit Röschmann von<br />
„<strong>Pflege</strong> Andersrum“ über eine Fortbildung<br />
zum Thema „Homosexualität“ in einer Hamburger<br />
Altenpflegeschule zu berichten: „Das<br />
ganze war eher eine Katastrophe“, so die Lehrerin<br />
<strong>für</strong> <strong>Pflege</strong>berufe. Der Einrichtungsträger,<br />
der diese nicht verpflichtende Unterrichtseinheit<br />
geordert hätte, habe die Teilnehmer nicht<br />
richtig darauf vorbereitet, viele der Teilnehmer<br />
hätten auch nicht freiwillig an der Veranstaltung<br />
teilgenommen. „Für mich ist das psy-<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
chisch krank“, „Die müssen alle validiert<br />
werden“, lauteten denn auch erste Reaktionen<br />
von zwei russischen Frauen, als sie der Fortbildnerin<br />
gegenübersaßen und mit dem Thema<br />
„Homosexualität“ konfrontiert wurden.<br />
Bezeichnend war dann auch die Selbstwahrnehmung<br />
der beiden Frauen, als sie später<br />
innerhalb einer Gruppenarbeit zum Thema<br />
„Diskriminierung“ dieses Ergebnis vorstellten:<br />
„In unserem Arbeitsalltag diskriminieren wir<br />
natürlich nicht!“<br />
<strong>Pflege</strong>kräfte aus anderen Kulturkreisen, in<br />
denen mitunter Homosexualität bis heute nicht<br />
in der Gesellschaft existiert bzw. existieren<br />
darf, können also ein zusätzliches Problem in<br />
der <strong>Pflege</strong> alter homosexueller Menschen darstellen.<br />
Doch der andere Kulturkreis, aus dem<br />
<strong>Pflege</strong>kräfte stammen können, ist beileibe nicht<br />
das einzige Problem: „Am zweiten Tag war die<br />
Teilnehmerzahl unserer Fortbildung schon von<br />
18 auf 13 Teilnehmer geschrumpft“, berichtet<br />
Röschmann weiter. Daraufhin hörte sie bei den<br />
Vorgesetzten nach dem Verbleib der Teilnehmer<br />
nach. Bei ihnen hatten sich die abtrünnigen<br />
Schüler aber schon über die Unterrichtseinheit<br />
beschwert: „Ich will mich jetzt nicht mit so<br />
einem Dödelthema beschäftigen.“ „Ich beschäftige<br />
mich lieber mit Anatomie, denn die<br />
Prüfungen stehen schon im Oktober an“, wurden<br />
einige Argumente der Schüler zitiert. „Die<br />
Teilnehmer durften schließlich mit Genehmigung<br />
der Vorgesetzten die Fortbildung verlassen“,<br />
so Röschmann. Nach Abstimmung mit<br />
der Gruppe, ob das Thema überhaupt noch<br />
fortgeführt werden solle, seien sogar nur noch<br />
neun Teilnehmer übrig geblieben. Dies war die<br />
erste Erfahrung von Birgit Röschmann, die mit<br />
einer ebenfalls lesbischen Kollegin die Privatinitiative<br />
„<strong>Pflege</strong> andersrum“ erst kürzlich gegründet<br />
hat. Ihr Ziel ist es, Wissen über lesbische<br />
und schwule Lebensformen und deren Geschichte<br />
zu vermitteln, <strong>Pflege</strong>nde <strong>für</strong> lesbische<br />
und schwule alte Menschen zu sensibilisieren,<br />
deren Arbeit mit dieser Klientel zu professionalisieren<br />
und ihre Selbstreflexion zu stärken.<br />
Homosexualität nicht nur unter<br />
„Sex“ in Lehrplänen und Köpfen<br />
verankern<br />
Warum viele beruflich <strong>Pflege</strong>nde nur so schwer<br />
mit dem Thema „gleichgeschlechtliche Lebens
Fortbildungen/Kontakte<br />
<strong>Pflege</strong>.Andersrum<br />
Bea Trampenau<br />
Birgit Röschmann<br />
Eimsbütteler Strasse 94, 22769 Hamburg<br />
Telefon: 0 40/86 64 50 87 + 04181/934679<br />
E-Mail: <strong>Pflege</strong>.Andersrum@web.de<br />
Diplom <strong>Pflege</strong>wirt Heiko Gerlach<br />
Telefon: 0 69/40 35 36 91<br />
E-Mail: heikogerlach@lycos.de<br />
Ambulante Dienste mit<br />
Schwerpunkt „Homosexualität“:<br />
Berlin<br />
<strong>Netzwerk</strong> <strong>ambulante</strong> <strong>Pflege</strong><br />
Fuggerstr. 33, 10777 Berlin<br />
Telefon: 0 30/78 70 96 33<br />
Fax: 0 30/78 70 96 35<br />
E-Mail: <strong>Netzwerk</strong>.fap@t-online.de<br />
Internet: www.netzwerk-<strong>ambulante</strong>-pflege.de<br />
Frankfurt<br />
Leben-Wohnen-<strong>Pflege</strong>n<br />
Walter Curkovic-Paul<br />
Am Stiegelschlag 5, 60385 Frankfurt/ M<br />
Telefon + Fax: 069/4693211<br />
E-Mail: ambpflegeLWP@aol.com<br />
Internet: www.leben-wohnen-pflegen-lwp.de<br />
Mainz<br />
Ambulanter Dienst Gesundheitspflege<br />
(AHZ), Dijonstraße 18, 55122 Mainz<br />
Telefon 06131/475615<br />
Internet: www.pflege-in-mainz.de<br />
weisen“ umgehen können, liegt vermutlich<br />
schon in der Begrifflichkeit „Homosexualität“<br />
verborgen, besser im zweiten Teil des Wortes:<br />
Sexualität. Wenn diese schon ein Tabuthema in<br />
Einrichtungen oder unter den Mitarbeitern<br />
darstellt, warum sollte dann ausgerechnet eine<br />
Offenheit gegenüber dem Thema „Homosexualität“<br />
bestehen?<br />
Dies zeigt auch, wie wichtig es ist, die<br />
gleichgeschlechtlichen Lebensweisen in den<br />
Lehrplänen der Altenpflegeausbildung zu<br />
verankern. „Homosexualität ist explizit in den<br />
meisten Rahmenlehrplänen der Bundesländer<br />
zur Altenpflegeausbildung nicht aufgenommen<br />
worden“, bestätigt Heiko Gerlach, Mitautor<br />
der beim KDA erschienenen Unterrichtseinheiten<br />
„Gay and Grey – Ältere Lesben und<br />
Schwule“.<br />
Bisher gebe es nur Initiativen in Hessen,<br />
Berlin und Hamburg. Bei den Bundesländern<br />
Nordrhein-Westfalen und Saarland sei beispielsweise<br />
das Thema „Homosexualität“ aber<br />
schon in der ersten Probephase der Rahmenlehrpläne<br />
unberücksichtigt geblieben. Der<br />
Diplom-<strong>Pflege</strong>wirt setzt sich vehement bei den<br />
Lesben- und Schwulenreferaten in den Ministerien<br />
oder Senatsverwaltungen bzw. den entsprechenden<br />
Fachreferaten <strong>für</strong> <strong>Pflege</strong> da<strong>für</strong> ein,<br />
dass Homosexualität doch noch in die Rahmenlehrpläne<br />
integriert wird, und das nicht<br />
nur als Unterpunkt zum Thema Sexualität wie<br />
im Altenpflegerahmenlehrplan Hessens geschehen:<br />
„Die Überschrift ‚Sexualität im Alter‘ und<br />
die bloße Nennung des Wortes ‚Homosexualität‘<br />
ist meines Erachtens zu kurz gefasst“,<br />
beklagt Gerlach. „Um eine adäquate <strong>Pflege</strong><br />
oder Betreuung anbieten zu können, ist aber<br />
die Einordnung unter den Bereichen Identitätsbildung,<br />
Biographiearbeit, Lebenswelten und<br />
soziale <strong>Netzwerk</strong>e genauso wichtig.“ Wie<br />
sollten Auszubildende in <strong>Pflege</strong>berufen denn<br />
verstehen, wie man beispielsweise tagesstrukturierende<br />
Maßnahmen in der <strong>Pflege</strong> <strong>für</strong> Homosexuelle<br />
gestalten könne, ohne dabei nur an<br />
Sexualität zu denken, fragt Gerlach, der selbst<br />
als Qualitätsbeauftragter und stellvertretende<br />
<strong>Pflege</strong>dienstleitung in einem <strong>ambulante</strong>n <strong>Pflege</strong>dienst<br />
in Mainz arbeitet. „Beruflich <strong>Pflege</strong>nde<br />
ohne Wissen und Erfahrungen mit<br />
homosexuellen Menschen sollten beispielsweise<br />
auch Orte mit ihren Klienten aufsuchen können,<br />
wo sich der alte schwule Mann wohl<br />
fühlt. Orte, an denen zum Beispiel ein mögliches<br />
tuntiges Verhalten akzeptiert ist. Auch die<br />
schwule Diva möchte im Alter noch Diva<br />
sein“, erklärt Gerlach. Dazu gehöre einfach,<br />
dass Altenpflegerinnen und Altenpfleger die<br />
mannigfaltigen Verhaltenstrukturen oder typischen<br />
Begrifflichkeiten in der schwulen und<br />
lesbischen Szene kennen und verstehen könnten.<br />
Zu einer respektierenden und akzeptierenden<br />
<strong>Pflege</strong> gehöre auch, dass die Schüler <strong>für</strong><br />
folgende Situation sensibilisiert sein müssten:<br />
„Der ältere Mann oder die Frau, die vor mir<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 25
Thema<br />
26<br />
sitzt, auch wenn sie vielleicht Kinder und<br />
Enkelkinder hat, kann doch auch wer ganz<br />
anderes sein, als uns gegenüber vorgegeben<br />
wird. Und vielleicht kann das <strong>für</strong> sie ein Problem<br />
sein, das sich auf ihre <strong>Pflege</strong>beziehung zu<br />
den beruflich <strong>Pflege</strong>nden auswirkt.“<br />
Wer die Unterrichtseinheiten, die beim<br />
KDA veröffentlicht wurden, liest, versteht, dass<br />
es nicht darum geht, Detailwissen zu vermitteln,<br />
sondern sich des Themas über ältere<br />
Homosexuelle bewusst zu sein und ihnen<br />
gegenüber eine gewisse Grundhaltung einzunehmen.<br />
„Das Ziel ist doch, das Thema<br />
Homosexualität nicht immer nur über das<br />
Engagement von Einzelpersonen und Einzelaktionen<br />
z. B. auf Wunsch einiger Schülerinnen<br />
und Schüler in die Ausbildung zu integrieren.<br />
Lehrkräfte sollten auch nicht nur beim Thema<br />
Sexualität an die alten Lesben und Schwulen<br />
denken“, fordert Heiko Gerlach. So könne es<br />
auch nicht mehr aus Angst und als Schutz zu<br />
so etwas wie einem „doppelten Biographiebogen“<br />
kommen. D. h. zum Beispiel, dass nur der<br />
schwule <strong>Pflege</strong>r davon weiß, wenn er oder ein<br />
eingeweihter Kollege mit dem 80-Jährigen<br />
schwulen Klienten in eine Szenekneipe fährt.<br />
Genau die Situation, die eben auch Peter Becker<br />
in Düsseldorf erlebt hat: „Als sich mir<br />
gegenüber der schwule Bewohner etwas geöffnet<br />
hatte, habe ich ihn manchmal in Szenekneipen<br />
mitgenommen, ohne dass die Stationsleitung<br />
davon wusste. Danach ging es ihm immer<br />
wesentlich besser. Manchmal haben wir aber<br />
auch ganz einfach abends nur Berichte zu<br />
schwulen Themen oder schwule Filme im<br />
Fernsehen angeschaut.“ Doch der <strong>Pflege</strong>r<br />
wurde das Gefühl nicht los, dass sich der alte<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
In der Altenpflegeausbildung ist Homosexualität<br />
meistens kein Thema.<br />
Wenn überhaupt, wird der Aspekt<br />
nur als Unterpunkt zur „Sexualität“<br />
abgehandelt. Foto: Werner Krüper<br />
Mann im Heim immer noch sehr schwer tat<br />
mit seiner schwulen Vergangenheit. „Ich vermute,<br />
weil er wusste, dass er in einem konfessionellem<br />
Heim wohnt und Angst davor hatte,<br />
von anderen Angestellten, die nicht offen<br />
homosexuell waren, diskriminiert zu werden.<br />
Ich war der Einzige vom Team, der überhaupt<br />
mit ihm darüber geredet hat, sogar Mitarbeiterinnen,<br />
die um sein Schwulsein wussten,<br />
haben es ihm gegenüber totgeschwiegen“,<br />
beklagt der ehemalige <strong>Pflege</strong>r. Es fällt nicht<br />
schwer sich auszumalen, wie trostlos das Leben<br />
dieses Klienten weiterverlaufen ist, seitdem<br />
Peter Becker die Einrichtung verlassen hat.<br />
Aus eigener Erfahrung berichtet Heiko<br />
Gerlach, wie man denn auch die Hemmschwelle<br />
gegenüber Lesben und Schwulen im<br />
Arbeitsalltag senken kann. Als lesbische <strong>Pflege</strong>rin<br />
und schwuler <strong>Pflege</strong>r gelte es, direkte Fragen<br />
von Klienten auch direkt zu beantworten.<br />
Niemandem etwas aufdrücken zu wollen, aber<br />
auch ehrlich zur eigenen Lebensweise zu stehen,<br />
das könne auch Türen zu diesen Menschen<br />
öffnen – egal ob homosexuell oder nicht.<br />
Ob ein Klient vielleicht versteckt homosexuell<br />
ist, erfahre man oft, wenn man nur genau<br />
hinhöre: „Ein Kollege hat beispielsweise einmal<br />
gegenüber einem Angehörigen eines Klienten<br />
bemerkt, dass eine Kollegin kürzlich geheiratet<br />
habe und nun nicht mehr auf dem Heiratsmarkt<br />
zur Verfügung stehe. Der Angehörige<br />
antwortete daraufhin ganz nebenbei: „Auf<br />
Frauen ist er ja nicht angewiesen.“ Wie geht<br />
man mit so einer Bemerkung um? Lässt man<br />
sie einfach verpuffen? Oder entwickelt sich<br />
daraus vielleicht ein Gesprächsbedarf zu diesem<br />
Thema?“, gibt Gerlach zu bedenken. Das
ähnliche Thema in einer weiteren Situation:<br />
Die Mitarbeiterin eines anderen <strong>Pflege</strong>dienstes<br />
berichtet, dass sie zu einer <strong>Pflege</strong>visite bei zwei<br />
alten Damen gegangen sei, die zusammenwohnten.<br />
Die eine alte Dame habe im Laufe<br />
des Besuchs laut überlegt: „Wissen Sie, ich habe<br />
gelesen, die Weizsäckers sind schon seit 50<br />
Jahren verheiratet. Wir leben schon seit 42<br />
Jahren zusammen.“ Die <strong>Pflege</strong>kraft hat daraufhin<br />
versucht, der alten Frau „eine Hand zu<br />
reichen“, die der Klientin, aber auch der <strong>Pflege</strong>nden<br />
alle Möglichkeiten offen ließ: „Ich habe<br />
ihr erzählt, dass ich auch mit einer Freundin<br />
zusammenwohne.“ Aber die Klientin habe<br />
nicht drauf reagiert. Dies kann alles oder auch<br />
nichts bedeuten, ermöglicht aber der <strong>Pflege</strong>nden,<br />
die Situation vielleicht besser einzuschätzen.<br />
Dass beruflich <strong>Pflege</strong>nde bei der Vermutung,<br />
ein Klient könne lesbisch oder schwul<br />
sein, aus Unsicherheit lieber gar nicht reagieren,<br />
ist letztlich unbefriedigend und verbaut die<br />
Chance, den Klienten besser zu verstehen und<br />
somit eine bessere <strong>Pflege</strong>beziehung zu ihm<br />
aufzubauen.<br />
Offen oder versteckt? – ein<br />
Problem auch <strong>für</strong> <strong>Pflege</strong>dienste<br />
Es gibt aber einige wenige, die sogar dann ganz<br />
offen – um nicht zu sagen mutig – mit ihrer<br />
Homosexualität umgehen, wenn sie in eine<br />
stationäre Einrichtung ziehen müssen. Eine<br />
letzte Repressalie, die ihnen dort widerfahren<br />
kann, ist das „Gemieden- oder Abgelehnt-<br />
werden“ von den Mitbewohnern: „Vorsicht,<br />
die hat süßes Blut! Wir möchten nicht mit der<br />
an einem Tisch sitzen!“, reagierten die Mitbewohnerinnen<br />
auf eine bekennende alte Lesbe,<br />
berichtet Kerstin Kolbe aus ihrer Einrichtung.<br />
„Diesen sozialen Ächtungen untereinander<br />
stehen wir allerdings relativ machtlos gegenüber“,<br />
so Kolbe.<br />
Hier helfe nur ein persönlicher Beistand –<br />
vermitteln sei eher unmöglich, so ihre Erfahrung.<br />
Typischer sei, dass schwule Männer bei<br />
einem Umzug ins Heim sich eher zurückzögen.<br />
Mit ihrer Vergangenheit kämen sie nur dann<br />
besser klar, wenn sie der entsprechende Freundeskreis<br />
noch besuche, beobachtete Kolbe.<br />
Auch die meisten Frauen seien sehr diskret,<br />
könnten aber oft etwas offener und unverfänglicher<br />
mit der Situation umgehen, da der Austausch<br />
von Zärtlichkeiten und die Zuneigung<br />
zum gleichen Geschlecht hier nicht immer<br />
gleich Verdacht bei Mitbewohnern und Personal<br />
schöpfen lasse. Bleibt natürlich die Frage<br />
offen, ob diese Menschen nicht besser in Heimen<br />
aufgehoben wären, die sich nur an homosexuelle<br />
Klienten richten: „Einen integrativen<br />
<strong>Pflege</strong>mix“ wünscht sich Walter Curkovic-Paul<br />
<strong>für</strong> die Zukunft, der Initiator des Frankfurter<br />
AltenpfleGayheims (siehe Kasten Seite 23), das<br />
wohl erst in einigen Jahren seine Pforten öffnet.<br />
„Solche Einrichtungen werden wahrscheinlich<br />
aber Insellösungen bleiben, die sich<br />
auf große Städte beschränken“, so Curkovic-<br />
Paul. Er ist der Meinung, dass alte Lesben und<br />
Schwule mit Hilfe- und <strong>Pflege</strong>bedarf bisher<br />
ganz gut über die bestehenden <strong>ambulante</strong>n<br />
„Vorsicht, die hat süßes Blut!“ In Altersheimen<br />
sehen sich homosexuelle<br />
Bewohner oft noch verschiedenen<br />
Formen der Diskriminierung ausgesetzt.<br />
Rückzug und Vereinsamung<br />
kann die Folge sein. Foto: Werner<br />
Krüper<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 27
Thema<br />
28<br />
Dienste versorgt wurden. Ein <strong>Pflege</strong>dienst rein<br />
aus der „Szene“ sei auch im Augenblick noch<br />
nicht machbar, berichtet Curkovic-Paul, der<br />
seit Juli dieses Jahres einen privaten <strong>Pflege</strong>dienst<br />
gegründet hat u. a. mit der Schwerpunkt-<br />
Klientel „Lesben und Schwule“. Nicht offen<br />
lebende Klienten könnten sich ungewollt geoutet<br />
fühlen, und der <strong>Pflege</strong>dienst könne mit der<br />
relativ kleinen Anzahl offen lesbisch und<br />
schwul lebender Klienten bisher wirtschaftlich<br />
nicht überleben. So werben diese Dienste einerseits<br />
auf schwul-lesbischen Straßenfesten wie<br />
dem Christopher Street Day oder über persönliche<br />
Kontakte zu Ärzten, Apothekern oder<br />
Kommunen mit ihren schwul-lesbischen<br />
Schwerpunkten. Auf der anderen Seite will<br />
man natürlich nicht andere Klienten abschrecken.<br />
Der <strong>ambulante</strong> <strong>Pflege</strong>dienst aus Berlin,<br />
bei dem Heide Trautzburg arbeitet, hat beispielsweise<br />
zwei unterschiedliche Flyer entwickelt,<br />
die diese „Spaltung“ verdeutlichen. Der<br />
Flyer <strong>für</strong> die schwul-lesbische Klientel unterscheidet<br />
sich schon mit dem Aufmacherfoto<br />
von dem <strong>für</strong> die „normale“ Klientel.<br />
Doch auch so erreicht der <strong>Pflege</strong>dienst<br />
offensichtlich nicht wirklich viele alte Lesben<br />
<strong>Netzwerk</strong> <strong>für</strong> <strong>ambulante</strong> <strong>Pflege</strong><br />
– Beratungsbüro <strong>für</strong> häusliche<br />
Krankenpflege und -betreuung –<br />
Erich-Weinert-Str. 143<br />
10409 Berlin<br />
Tel.: 0 30–43 72 54 43<br />
Fax: 0 30–43 72 54 48<br />
E-Mail netzwerk.fap@t-online.de<br />
www.netzwerk-<strong>ambulante</strong>-pflege.de<br />
Charlotte Wilhelm, 92 Jahre alt:<br />
„<strong>Netzwerk</strong> pflegt mich<br />
und ich bin sehr zufrieden!“<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
und Schwule. „Wir betreuen zurzeit etwa fünf<br />
von ungefähr hundert Klienten, die vermutlich<br />
schwul oder lesbisch sind, also überwiegend<br />
versteckt leben“, berichtet die Qualitätsbeauftragte<br />
(siehe folgendes Interview). „Interessant<br />
wäre es schon zu wissen, was passieren würde<br />
im umgekehrten Fall“, sinniert Trautzburg:<br />
„Wenn wir in Berlin ganz offensiv Werbung<br />
machten und den Schwerpunkt auf die <strong>Pflege</strong><br />
homosexueller Menschen hervorhöben – die<br />
Klienten also auch wüssten, dass sie bei uns<br />
auch von lesbischen Frauen und schwulen<br />
Männern gepflegt werden –, würden dann<br />
nicht viele heterosexuelle Klienten abspringen?“<br />
– und die Be<strong>für</strong>chtung, die in ihrer Frage<br />
liegt, scheint nicht unberechtigt …<br />
Harald Raabe<br />
Literatur:<br />
<strong>Netzwerk</strong> <strong>für</strong> <strong>ambulante</strong> <strong>Pflege</strong><br />
Heiko Gerlach, Michael Knese, Sandra Ness,<br />
Jule Swoboda: „Gay und Grey“ – Ältere Lesben<br />
und Schwule, KDA-Reihe „thema“, Nr.<br />
173, Hrsg. KDA, 2002<br />
Bestellung: Telefon: 02 21/93 18 47-0, Fax:<br />
02 21/93 18 47-6, E-Mail: versand@kda.de,<br />
Internet: www.kda.de<br />
Fuggerstraße 33<br />
10777 Berlin<br />
Tel.: 0 30–78 70 96 33<br />
Fax: 0 30–78 70 96 35<br />
E-Mail netzwerk.fap@t-online.de<br />
www.netzwerk-<strong>ambulante</strong>-pflege.de<br />
Schwule und Lesben<br />
im Alter<br />
„Durch das Verstreichen der Zeit entwertet<br />
und dem allgemeinen Geschmack anstößig“ –<br />
bei uns nicht!<br />
Ambulante <strong>Pflege</strong>dienste, die auch<br />
oder vor allem homosexuelle<br />
Klienten betreuen wollen, stecken oft<br />
in der Zwickmühle: Heterosexuelle<br />
und homosexuelle Klienten gleichzeitig<br />
zu umwerben, könnte die<br />
jeweils andere Zielgruppe abschrecken.<br />
Um dies zu vermeiden,<br />
wirbt der Berliner <strong>Pflege</strong>dienst mit<br />
unterschiedlichen Flyern.<br />
Abbildungen:<br />
<strong>Netzwerk</strong> <strong>für</strong> <strong>ambulante</strong> <strong>Pflege</strong>
Interview mit einem offen schwul lebenden und pflegedürftigen Mann<br />
„Die Sorge, nicht richtig<br />
verstanden zu werden“<br />
„13 Jahre lang hatte ich ein Geschäft in Berlin, bis ich Pleite ging“, erzählt Peter Mahling. Dann<br />
begann seine Leidensgeschichte, die ihm fast das Leben gekostet hätte. Mit 56 Jahren ist der offen<br />
schwul lebende Peter Mahling zwar noch nicht alt, aber pflegebedürftig. Denn nach der Geschäftspleite<br />
und dem Gang zum Sozialamt begann er zu trinken und ruinierte damit seine Gesundheit.<br />
Zeitweise saß er nur noch im Rollstuhl und musste über eine Ernährungssonde (PEG)<br />
künstlich ernährt werden.<br />
Die Wut über seine hilflose Situation hat ihm die Kraft gegeben, irgendwann gegen seine<br />
Krankheit anzukämpfen – mit sich langsam einstellenden Erfolgen: Mittlerweile sei er „trocken“<br />
und wieder von der <strong>Pflege</strong>stufe III in II eingestuft worden, berichtet er. Seit fünf Jahren<br />
wird der pflegebedürftige Mann von seinem Freund zu Hause unterstützt. Dieser war es auch,<br />
der ihn damals auf das „<strong>Netzwerk</strong> <strong>für</strong> <strong>ambulante</strong> <strong>Pflege</strong>“ aufmerksam machte, da er zufällig<br />
auf der Straße die Regenbogenfahne am Dienstsitz dieses <strong>ambulante</strong>n <strong>Pflege</strong>dienstes bemerkte.<br />
Seitdem wird Peter Mahling auch von den Mitarbeitern des Dienstes, der u. a. um schwule und<br />
lesbische Klienten wirbt, zu<br />
Hause betreut. Über seine Erfahrungen,<br />
die er hier in den<br />
letzten fünf Jahren gemacht<br />
hat, war er bereit, in ProAlter<br />
zu reden.<br />
Peter Mahling (links) und sein<br />
Freund. Seit fünf Jahren ist Peter<br />
Mahling pflegebedürftig und nimmt<br />
die Dienste eines <strong>ambulante</strong>n <strong>Pflege</strong>dienstes<br />
in Anspruch, der um lesbische<br />
und schwule Klienten wirbt.<br />
Foto: Marcel Steger<br />
ProAlter: Wie waren die ersten Erfahrungen<br />
mit ihrem <strong>Pflege</strong>dienst?<br />
Peter Mahling: Zunächst haben mich<br />
die Mitarbeiter des <strong>Pflege</strong>dienstes ziemlich<br />
stark betreuen müssen, denn auch mein Freund<br />
war ja berufstätig. Ich wurde damals noch<br />
künstlich ernährt, und darum haben sich beispielsweise<br />
die <strong>Pflege</strong>nden gekümmert. Aber<br />
von Anfang an ging es auch um tausend Klei-<br />
nigkeiten. Die Mitarbeiter des Dienstes haben<br />
mich am Leben teilnehmen lassen. Da ich<br />
damals nicht aus der Wohnung konnte, war es<br />
<strong>für</strong> mich sehr wichtig, dass die <strong>Pflege</strong>rinnen<br />
und <strong>Pflege</strong>r auch von ihrem Leben und ihren<br />
Problemen erzählt haben. So fühlte ich mich<br />
nicht so abgeschottet.<br />
ProAlter: Wo liegt Ihrer Meinung nach<br />
denn in diesem Fall der Unterschied zu einem<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 29
Thema<br />
30<br />
<strong>ambulante</strong>n <strong>Pflege</strong>dienst, der nicht explizit die<br />
Arbeit mit homosexuellen <strong>Pflege</strong>bedürftigen in<br />
den Vordergrund stellt?<br />
Peter Mahling: Ich glaube, es wäre mit<br />
einem „normalen“ <strong>ambulante</strong>n <strong>Pflege</strong>dienst<br />
eher zu Konflikten gekommen – wahrscheinlich<br />
hätten wir uns gezankt. Denn, wenn ich ja<br />
schon fremde <strong>Pflege</strong>kräfte in meine Wohnung<br />
lassen muss, dann finde ich diese Situation<br />
schon belastend genug, und ich muss nicht<br />
auch noch Leute ins Haus holen, die mich<br />
nicht richtig verstehen.<br />
ProAlter: Warum gehen Sie davon aus,<br />
dass Mitarbeiter eines „normalen“ <strong>ambulante</strong>n<br />
Dienstes weniger Verständnis <strong>für</strong> Sie gehabt<br />
hätten?<br />
Peter Mahling: Das ist jetzt natürlich<br />
nur eine Vermutung von mir. Zum einen denke<br />
ich, arbeiten ja ohnehin viele homosexuelle<br />
Menschen in pflegerischen Berufen, also auch<br />
bei den „normalen“ Diensten. Aber wenn sich<br />
ein ganzer <strong>Pflege</strong>dienst auf homosexuelle<br />
Klienten eingestellt hat, dann muss ich mir<br />
natürlich von vorneherein weniger Sorgen<br />
machen.<br />
ProAlter: … Sorgen worüber?<br />
Peter Mahling: Es ist doch schön, dass<br />
ich ein Bild von meinem Freund in die Wohnung<br />
stellen kann, und wenn ich darauf angesprochen<br />
werde, muss ich nicht sicherheitshalber<br />
sagen, dass es mein Bruder ist, weil ich<br />
nicht weiß, wie sonst die <strong>Pflege</strong>kraft darauf<br />
reagieren würde. Oder wenn beispielsweise ein<br />
Bild von Marlene Dietrich (Ikone vieler Schwulen<br />
und Lesben, Anm. der Red.) in meiner<br />
Wohnung hängt, dann würde vielleicht jeder<br />
andere „normale“ <strong>Pflege</strong>r mich fragen: „Was<br />
denn die Alte so plärrt“, und er würde nie<br />
einen Zusammenhang hinkriegen zwischen<br />
dem Foto und meiner Lebensweise.<br />
Ich kann ohne Verständnisprobleme darum<br />
bitten, mir mal eine „Siegessäule“ (Berlins<br />
schwul-lesbisches Stadtmagazin, Anm. der<br />
Red.) mitbringen zu lassen. Oder ich kann<br />
einfach mal nachfragen, was in irgendwelchen<br />
Szenekneipen so los ist, ob der <strong>Pflege</strong>r oder die<br />
<strong>Pflege</strong>rin vielleicht vor kurzem einmal selbst<br />
dort war. Es sind also diese täglichen Kleinigkeiten,<br />
bei denen ich mich so geben kann, wie<br />
ich bin.<br />
Eine <strong>Pflege</strong>rin, die mir meinetwegen von<br />
ihren fünf Kindern erzählt, die wird sich <strong>für</strong><br />
meine Probleme und mein persönliches Umfeld<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
In vielen Städten oder Regionen Deutschlands werden<br />
Magazine oder Zeitschriften <strong>für</strong> Lesben und Schwule<br />
herausgegeben, die häufig in Szenelokalen ausliegen.<br />
Foto: Marcel Steger<br />
nicht unbedingt so interessieren können und<br />
würde es wahrscheinlich auch nicht verstehen.<br />
Ihr würde ich auch solche Fragen erst gar nicht<br />
stellen.<br />
ProAlter: Ist Ihre Homosexualität in den<br />
täglichen <strong>Pflege</strong>leistungen denn wirklich immer<br />
so präsent?<br />
Peter Mahling: Ich muss natürlich<br />
nicht immer gleich mit der Regenbogenfahne<br />
durch die Gegend springen. Aber ich kann<br />
reden, wie ich denke. Das erleichtert die Situation<br />
doch ungemein.<br />
ProAlter: Kommen zu Ihnen denn auch<br />
nur schwule <strong>Pflege</strong>r oder lesbische <strong>Pflege</strong>rinnen?<br />
Peter Mahling: Nein, nicht nur. Aber<br />
beispielsweise kommt eine <strong>Pflege</strong>rin zu mir, die<br />
einen schwulen Sohn hat und ihn auch so<br />
akzeptiert. Über ihn unterhalten wir uns natürlich<br />
auch manchmal, und ich kann ihr den ein<br />
oder anderen mehr oder weniger klugen Ratschlag<br />
geben. Allein dadurch ergibt sich auch<br />
wieder so eine gemeinsame Gesprächsbasis.<br />
Solche Zusammenhänge kann ich natürlich<br />
nicht voraussetzen, aber bei meinem <strong>Pflege</strong>dienst<br />
ist die Wahrscheinlichkeit eben größer,<br />
dass ich auf <strong>Pflege</strong>kräfte treffe, mit denen ich<br />
wesentlich leichter Anknüpfungspunkte <strong>für</strong> ein<br />
Gespräch finde.<br />
ProAlter: Gibt es Unterstützung und<br />
Hilfeleistungen, die Sie von anderen Diensten<br />
so nicht erwartet hätten?<br />
Peter Mahling: Die Mitarbeiter haben<br />
mich vor allem auch seelisch wieder aufgebaut.<br />
Als ich zum Beispiel noch im Rollstuhl saß,<br />
haben sie mich ermuntert, mit in eine Diskothek<br />
zu kommen. Zwar war ich mein ganzes
Leben lang immer viel unterwegs, aber in<br />
meinem damaligen Zustand – kaum Zähne im<br />
Mund und körperlich sehr schwach – habe ich<br />
mich nicht getraut, wieder in die Öffentlichkeit<br />
und die Szene (Kultur- und Kneipenangebote,<br />
die vor allem an Homosexuelle gerichtet sind,<br />
Anm. der Red.) zu gehen, da ich ja damit<br />
rechnen musste, dass mich bekannte Gesichter<br />
vielleicht in diesem Zustand sehen würden.<br />
Nachdem die <strong>Pflege</strong>r aber nicht locker gelassen<br />
haben, bin ich dann doch mal mit und habe<br />
gemerkt, dass die Leute sogar sehr hilfsbereit<br />
waren und mich keineswegs in der Öffentlichkeit<br />
gemieden haben. Dieser Anstoß war sehr<br />
wichtig <strong>für</strong> mich, auch wenn ich die Situation<br />
zunächst als sehr peinlich empfunden habe.<br />
ProAlter: Haben Sie auch schon Erfahrungen<br />
mit Diensten gemacht, die keinen<br />
Schwerpunkt auf die <strong>Pflege</strong> Homosexueller<br />
gelegt haben?<br />
Peter Mahling: Nein, glücklicherweise<br />
musste ich das nicht. Aber ich weiß zum Beispiel<br />
von einigen anderen älteren Schwulen,<br />
welche Probleme es geben kann. Zum Beispiel<br />
gibt es Krankenhäuser, die Besuchszeiten<br />
gegenüber schwulen Patienten und ihren<br />
Freunden besonders restriktiv auslegen. Einige<br />
haben erzählt, dass man gerade bei kirchlichen<br />
Einrichtungen immer wieder vorsichtig sein<br />
müsste mit dem, was man sagt und wie man<br />
sich gibt.<br />
Das Interview führte Harald Raabe.<br />
VILLAGE-Haus in Berlin<br />
VILLAGE e.V. in Berlin ist ein gemeinnütziges<br />
Projekt, das sich <strong>für</strong> die Belange alter<br />
Lesben und Schwulen einsetzt und dazu beitragen<br />
will, diesen Menschen angstfreie<br />
Lebensperspektiven im Alter zu bieten. Der<br />
Verein plant, mit dem VILLAGE-Haus<br />
Wohnraum <strong>für</strong> etwa 56 Menschen zu schaffen.<br />
Die Bewohner sollen in ihren alters- und<br />
pflegegerechten Wohnungen so lange wie<br />
möglich (bis <strong>Pflege</strong>stufe II) wohnen bleiben<br />
können. Eine <strong>ambulante</strong> Versorgung ist dort<br />
garantiert. Zudem sind 16 <strong>Pflege</strong>plätze in<br />
zwei Wohngemeinschaften mit je acht Personen<br />
vorgesehen, in die die Bewohner<br />
andernfalls umziehen können. Etwa zehn<br />
Wohneinheiten sollen Freundinnen und<br />
Freunden der Bewohner zur Verfügung stehen,<br />
damit diese nicht sozial isoliert leben<br />
müssen.<br />
VILLAGE e.V. hat bisher in Eigenarbeit<br />
einen Architektur-Entwurf <strong>für</strong> das VIL-<br />
LAGE-Haus erstellt, wird aber nicht Bauherr<br />
des Wohnprojekts sein, sondern sieht sich als<br />
Förderer, der <strong>für</strong> das inhaltliche Konzept<br />
steht. Seit eineinhalb Jahren steht der Verein<br />
in Verhandlung mit dem Eigentümer eines<br />
Grundstückes in Berlin-Schöneberg, der die<br />
Projektidee unterstützt. Die Realisierung des<br />
VILLAGE-Hauses ist <strong>für</strong> 2006 geplant.<br />
Kontakt:<br />
VILLAGE e.V.<br />
Lehrter Str. 57, 10557 Berlin Moabit<br />
Telefon: 0 30/39 40 88-52<br />
E-Mail: Info@village-ev.de<br />
Internet: www.village-ev.de<br />
Die Grundrisse der Wohnungen des geplanten<br />
VILLAGE-Hauses sollen so flexibel gestaltet sein,<br />
dass der Wohnraum den sich ändernden Bedürfnissen<br />
der Bewohner angepasst werden kann.<br />
Foto/Montage: VILLAGE e.V.<br />
Thema<br />
<strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong> ProAlter 3/04 31
Thema<br />
32<br />
Literaturhinweise:<br />
Studien und Dokumentationen:<br />
• Unterforsthuber, A. & Franz H.: Unter’m<br />
Regenbogen – Lesben und Schwule in München.<br />
München: Koordinierungsstelle <strong>für</strong><br />
gleichgeschlechtliche Lebensweisen, 2004.<br />
Bestellung über kgl.dir@münchen.de, Telefon:<br />
089/2300094<br />
Neueste Untersuchung mit eigenem großen<br />
Kapitel zur Lebensweise von Lesben und<br />
Schwulen im Alter. Politisch sehr bedeutend,<br />
informativ und gut aufbereitet.<br />
• Generationengespräche: LesbenLeben<br />
Gestern – Heute – Morgen. LAG Lesben in<br />
NRW: Dokumentation der Tagung vom<br />
8.11.2003, zu beziehen über die<br />
Senatsverwaltung <strong>für</strong> Bildung, Jugend und<br />
Sport, Benthstr. 6–8, 10117 Berlin oder<br />
download unter: www.senbjs.berlin.de/<br />
gleichgeschlechtliche<br />
Das Generationenthema ist noch relativ<br />
jung in der so genannten Lesbenszene. Die<br />
Tagung war eine Pionierveranstaltung und<br />
fand große Resonanz.<br />
• Anders sein und älter werden – Lesben und<br />
Schwule im Alter. Dokumentation der Fachtagung<br />
vom 22./23. 11. 2002, Dokumente<br />
lesbisch-schwuler Emanzipation des Fachbereichs<br />
<strong>für</strong> gleichgeschlechtliche Lebensweisen,<br />
Hrsg. Senatsverwaltung <strong>für</strong> Bildung,<br />
Jugend und Sport, Berlin, 2003<br />
Informative facettenreiche Dokumentation<br />
mit angehängter Studie.<br />
Lesbisch:<br />
• Intervention e.V. (Hrsg.): Anderes Feuer<br />
und weise Energie – Lesben und Alter. Oktober<br />
2003, zu beziehen über Intervention<br />
e.V. Hamburg, www.lesbenverein-intervention.de.<br />
Sehr ausführliche Bibliographie zum<br />
Thema Lesben und Alter. Berichte über das<br />
individuelle Altern als lesbische Frau.<br />
• Bührmann, Traude: Faltenweise – Lesben<br />
und Alter. Berlin 2000<br />
Portraits zu acht unterschiedlich alternden<br />
Lesben.<br />
ProAlter 3/04 <strong>Kuratorium</strong> <strong>Deutsche</strong> <strong>Altershilfe</strong><br />
Schwul:<br />
• Buba, H. P. & Weiß, H.: Bericht zum Projekt<br />
Grundlagenforschung Einsamkeit und<br />
Isolation. Bamberg: Sozialwissenschaftliche<br />
Forschungsstelle, 2002<br />
Neue fundierte Untersuchung über<br />
schwule Männer, die auch ältere Männer mit<br />
einbezieht – nur <strong>für</strong> wissenschaftlich Interessierte<br />
geeignet.<br />
• Stümke, H.-G.: Älter werden wir umsonst.<br />
Schwules Leben jenseits der Dreißig. Berlin:<br />
Verlag rosa Winkel, 1998<br />
Eine sehr gute Mischung aus geschichtswissenschaftlicher<br />
Forschung und Erlebnisberichten<br />
– gut <strong>für</strong> Männer, die sich engagieren<br />
wollen.<br />
• Broschüre: ÄLTER WERDEN – Schwule<br />
erzählen aus ihrem Leben. Berlin: DAH,<br />
Bestellnummer: 020090<br />
Erlebnisberichte von schwulen Männern<br />
jenseits der 40. Ein lesenswerter guter Einstieg<br />
ins Thema.<br />
Magazine:<br />
• Queer im Alter – BALSAM, das magazin<br />
(siehe Kasten Seite 13), 1/2004. Zu beziehen<br />
über die Schwulenberatung Berlin.<br />
Enthält einen informativen Überblick<br />
über lesbisch-schwule Initiativen zum<br />
Thema Alter mit dem Schwerpunkt Berlin.<br />
• Lesben und Alter, Lesbenring-Info. März<br />
2004. Das Lesbenring-Info ist die Zeitschrift<br />
<strong>für</strong> die Mitfrauen des Vereins Lesbenring<br />
e.V., Kontakt über redaktion@lesbenring.de.<br />
Die Ausgabe informiert über aktuelle<br />
bundesweite Initiativen zum Thema „Lesben<br />
und Alter“.