Stellungnahme quota litis - IdW
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Vorab Per Telefax: 0721/9101-382<br />
An das<br />
Bundesverfassungsgericht<br />
Erster Senat<br />
Herrn Präsident<br />
Prof. Dr. Dr. h.c. Papier<br />
Postfach 17 71<br />
76006 Karlsruhe<br />
<strong>Stellungnahme</strong> zu der Verfassungsbeschwerde der Frau Dr. T.<br />
Erfolgshonorar/<strong>quota</strong> <strong>litis</strong> - 1 BvR 2576/04<br />
Sehr geehrter Herr Professor Papier,<br />
Düsseldorf, 15. Februar 2006<br />
515/408<br />
wir danken für die Gelegenheit, zu der Verfassungsbeschwerde wegen Erfolgshonorar/<strong>quota</strong><br />
<strong>litis</strong> Stellung nehmen zu dürfen.<br />
I. Allgemeines<br />
§ 55a Abs. 1 WPO verbietet einem Wirtschaftsprüfer, Vereinbarungen zu treffen,<br />
durch welche die Höhe der Vergütung vom Ergebnis seiner Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer<br />
abhängig gemacht wird. Das Verbot eines Erfolgshonorars gilt nach dem Wortlaut<br />
der Vorschrift als allgemeine Berufspflicht für sämtliche Tätigkeiten eines Wirtschaftsprüfers,<br />
zu denen er gem. § 2 WPO im Rahmen der Ausübung seines Berufs<br />
befugt ist.<br />
Um die Zielsetzung des Verbots und seine Erforderlichkeit im Rahmen des Berufsrechts<br />
der Wirtschaftsprüfer beurteilen zu können, bedarf es einer Darstellung der<br />
einzelnen Tätigkeitsbereiche von Wirtschaftsprüfern einschließlich der ihnen dabei<br />
obliegenden Berufspflichten.<br />
Die berufliche Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer wird maßgeblich durch die sog. Vorbehaltsaufgaben<br />
geprägt, insbesondere durch Gesetz vorgeschriebene Prüfungen der<br />
Jahres- und Konzernabschlüsse bestimmter Unternehmen durchzuführen und Bestätigungsvermerke<br />
über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen<br />
Institut der Wirtschaftsprüfer<br />
in Deutschland e.V.<br />
Tersteegenstr. 14<br />
40474 Düsseldorf<br />
Postfach 320580<br />
40420 Düsseldorf<br />
Telefonzentrale 0211/4561-0<br />
Fax Geschäftsleitung 0211/4541097<br />
Fax Fachabteilung 0211/4561-233<br />
Fax Bibliothek 0211/4561-204<br />
Internet www.idw.de<br />
E-Mail info@idw.de<br />
Geschäftsführender Vorstand:<br />
Prof. Dr. Klaus-Peter Naumann,<br />
WP StB, Sprecher des Vorstands<br />
Dr. Gerhard Gross<br />
Dr. Wolfgang Schaum, WP StB<br />
Bankverbindung:<br />
Deutsche Bank AG<br />
Düsseldorf<br />
BLZ 300 700 10<br />
Kto.-Nr. 7 480 213
Seite 2/5<br />
bzw. zu versagen (§ 2 Abs. 1 WPO). Die Durchführung von Jahresabschlussprüfungen,<br />
der Kernbereich der Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers, hat einerseits Kontrollfunktionen,<br />
z.B. hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung oder der Berichterstattung<br />
über die Lage des Unternehmens einschließlich der Prüfung, ob Risiken<br />
der zukünftigen Entwicklung zutreffend dargestellt sind; andererseits ist sie nach<br />
§ 316 Abs. 1 HGB Voraussetzung dafür, dass der Jahresabschluss wirksam festgestellt<br />
werden kann.<br />
In seiner Funktion als Abschlussprüfer wird der Wirtschaftsprüfer auch im öffentlichen<br />
Interesse tätig. Seiner Berufspflicht zur Wahrung der Unabhängigkeit (§ 43 Abs.<br />
1 WPO) kommt daher besondere Bedeutung zu. Gem. § 2 der Berufssatzung für<br />
Wirtschaftsprüfer/vereidigte Buchprüfer setzt die Unabhängigkeit des Wirtschaftsprüfers<br />
voraus, dass der Wirtschaftsprüfer bei seinen Feststellungen, Beurteilungen und<br />
Entscheidungen frei ist von Einflüssen, Bindungen und Rücksichten, und zwar gleichgültig,<br />
ob sie persönlicher, wirtschaftlicher oder rechtlicher Natur sind. Für den Bereich<br />
der Abschlussprüfung hat der Gesetzgeber in § 319 Abs. 2 und 3 sowie in<br />
§ 319a HGB zusätzlich besondere Ausschlussgründe normiert, bei deren Vorliegen<br />
ein Wirtschaftsprüfer nicht Abschlussprüfer sein darf. Zu diesen Regelungen zählt<br />
auch der Ausschluss von der Prüfung des Jahresabschlusses eines Unternehmens,<br />
wenn der Abschlussprüfer von diesem Unternehmen in den letzten fünf Jahren mehr<br />
als 30 v.H. seiner beruflichen Gesamteinnahmen bezogen hat und dies auch im laufenden<br />
Geschäftsjahr zu erwarten ist (§ 319 Abs. 3 Nr. 5 HGB). Bei Unternehmen,<br />
die einen organisierten Markt i.S. des § 2 Abs. 5 Wertpapierhandelsgesetz in Anspruch<br />
nehmen, beträgt diese Grenze 15 v.H. Die gesetzlichen Bestimmungen verdeutlichen,<br />
dass der Gesetzgeber der wirtschaftlichen Unabhängigkeit des Berufsangehörigen<br />
große Bedeutung beimisst. Hinzuweisen ist auch auf die „Richtlinie des<br />
Europäischen Parlaments und des Rates über die Pflichtprüfung des Jahresabschlusses,<br />
des konsolidierten Abschlusses und zur Änderung der Richtlinien<br />
78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates“, wonach die Vergütung für gesetzlich vorgeschriebene<br />
Abschlussprüfungen nicht an Bedingungen geknüpft werden darf.<br />
Vor allem ist aber festzustellen, dass sich der „Erfolg" einer Abschlussprüfung nicht<br />
als Grundlage für ein Erfolgshonorar eignet. Ein solches knüpft im Regelfall an einen<br />
wirtschaftlichen, wertmäßig quantifizierbaren Erfolg des Auftraggebers an, zu dessen<br />
Entstehung der Wirtschaftsprüfer durch seine Tätigkeit beigetragen hat und an dem<br />
er teilhaben soll, um ihn zu einer besonders guten Leistung zu motivieren. Unklar ist,<br />
worin der „Erfolg" einer Abschlussprüfung besteht. Aus Sicht des geprüften Unternehmens<br />
könnte er in der Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks<br />
bestehen. Dessen Erteilung ist ausschließlich davon abhängig, dass der von den<br />
gesetzlichen Vertretern der Gesellschaft aufgestellte Jahresabschluss den gesetzlichen<br />
Vorschriften entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger
Seite 3/5<br />
Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-,<br />
Finanz- und Ertragslage des Unternehmens vermittelt (§ 322 Abs. 3 HGB).<br />
Diese Voraussetzungen müssen von dem Abschlussprüfer als neutraler Stelle allein<br />
nach objektiven Maßstäben beurteilt werden. Die Erteilung eines uneingeschränkten<br />
Bestätigungsvermerks ist somit auch aus Sicht des geprüften Unternehmens kein<br />
„Erfolg“ der Tätigkeit des Abschlussprüfers. Die Öffentlichkeit würde einen „Erfolg"<br />
der Abschlussprüfung eher darin sehen, dass vorhandene Fehler festgestellt und<br />
durch Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerks offenkundig gemacht<br />
werden.<br />
Vor diesem Hintergrund bestehen durchgreifende Bedenken dagegen, für die Prüfungstätigkeit<br />
das Verbot eines Erfolgshonorars aufzugeben.<br />
Die vorstehenden Erwägungen gelten u.E. auch für sog. freiwillige Abschlussprüfungen,<br />
d.h. für nicht gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen von Jahresabschlüssen, die<br />
Wirtschaftsprüfern wegen ihrer besonderen Befähigung zum gesetzlichen Abschlussprüfer<br />
regelmäßig übertragen werden. Sie dienen in einer Vielzahl von Fällen<br />
dem gleichen Zweck wie eine gesetzlich vorgeschriebene Prüfung.<br />
Außerhalb der Prüfungstätigkeiten gehören zu den beruflichen Aufgaben die Hilfeleistung<br />
in Steuersachen (§ 2 Abs. 2 WPO), die Tätigkeit als Gutachter oder Sachverständiger<br />
in allen Bereichen der wirtschaftlichen Betriebsführung, zu der z.B. auch<br />
die Unternehmensbewertung zählt (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 WPO), die Beratung in wirtschaftlichen<br />
Angelegenheiten sowie die Wahrung fremder Interessen (§ 2 Abs. 3 Nr.<br />
2 WPO) und schließlich die treuhänderische Verwaltung (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO). Ob<br />
dem Gebot der Unabhängigkeit bei allen diesen Tätigkeiten eine gleich gewichtige<br />
Bedeutung zukommt, kann insbesondere für die Unternehmensberatung und Interessenvertretung<br />
(Nr. 2) fraglich sein. Zweifelsfrei dürften die Tätigkeit als Gutachter<br />
oder Sachverständiger und auch die treuhänderische Verwaltung von der unabhängigen<br />
und neutralen Stellung des beauftragten Wirtschaftsprüfers geprägt sein. Bei<br />
der Unternehmensberatung und insbesondere auch der Interessenvertretung wird<br />
der beauftragte Wirtschaftsprüfer dagegen im Regelfall im Interesse seines Mandanten<br />
tätig, beschränkt durch die allgemeinen Schranken der Rechtsordnung. Da<br />
schützenswerte Interessen Dritter nicht bestehen, obläge es letztlich der Entscheidung<br />
des Mandanten, ob er auch bei diesen Dienstleistungen auf die unabhängige<br />
und neutrale Stellung des Wirtschaftsprüfers Wert legt, die durch Vereinbarung eines<br />
Erfolgshonorars beeinträchtigt sein könnte. Ob hier ein rechtfertigender Grund für ein<br />
zwingendes Verbot von Erfolgshonoraren auch bei diesen Tätigkeiten zu sehen ist,<br />
kann zweifelhaft sein.<br />
Ergänzend möchten wir darauf hinweisen, dass im Zusammenhang mit dem in Aussicht<br />
genommenen Berufsaufsichtsreformgesetz (sogenannte 7. WPO-Novelle) eine
Seite 4/5<br />
Lockerung des Verbots von Erfolgshonoraren erörtert wird. Dabei besteht allerdings<br />
breites Einvernehmen darüber, dass Erfolgshonorare allenfalls bei Tätigkeiten in Betracht<br />
kommen können, bei denen es auf eine unabhängige und neutrale Stellung<br />
des Wirtschaftsprüfers nicht ankommt.<br />
Dies vorausgeschickt nehmen wir zu den einzelnen Fragen wie folgt Stellung:<br />
II. Einzelfragen<br />
Zu 1. Führt ein Erfolgshonorar zu einer konfliktträchtigen Interessenverquickung?<br />
Hängt die Antwort von der Frage ab, ob es sich um ein „gewöhnliches“<br />
Erfolgshonorar oder eine Streitanteilsvergütung handelt?<br />
Bezogen auf den Kernbereich, der Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers, die Durchführung<br />
von Abschlussprüfungen, ist diese Frage im Ergebnis zu bejahen. Liegen die<br />
Voraussetzungen für die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks<br />
gem. § 322 Abs. 3 HGB nicht vor, darf durch Vereinbarung eines Erfolgshonorars für<br />
die Erteilung eines uneingeschränkten Bestätigungsvermerks kein Anreiz dafür gesetzt<br />
werden, dass der Wirtschaftsprüfer erkannte Beanstandungen unterdrückt.<br />
Im Bereich der „sonstigen Tätigkeiten“, die ein Wirtschaftsprüfer ausüben darf, ist<br />
eine konfliktträchtige Interessenverquickung zwar grundsätzlich denkbar, dürfte in<br />
der Praxis regelmäßig aber nicht vorkommen. Ein Erfolgshonorar könnte aber in wirtschaftlicher<br />
Hinsicht gleich gerichtete Interessen fördern. Die Antwort gilt unabhängig<br />
von der Art der Vergütung. Hinsichtlich der Streitanteilsvergütung dürfen wir anmerken,<br />
dass dieser Art der Erfolgsbeteiligung keine Bedeutung für die Tätigkeit von<br />
Wirtschaftsprüfern zukommen dürfte, da eine solche Vergütungsform vorwiegend auf<br />
eine prozessuale Tätigkeit zugeschnitten ist.<br />
Zu 2. Kann gegen die Zulässigkeit eines Erfolgshonorars der Gedanke des<br />
Verbraucherschutzes ins Feld geführt werden? Könnte in diesem Zusammenhang<br />
der Preiswettbewerb unter den Wirtschaftsprüfern eine<br />
eventuelle Übervorteilung des Mandanten verhindern? Könnte eine gerichtliche<br />
Einzelkontrolle eine eventuelle Übervorteilung verhindern?<br />
Müsste sich der Gesetzgeber auf eine vielleicht mögliche, aber aufwändige<br />
und Arbeitskraft bindende Honorarkontrolle einlassen?<br />
Für die Prüfungstätigkeit, für die ein Erfolgshonorar aus anderen Gründen nicht zugelassen<br />
werden kann, kommt dem Aspekt des Verbraucherschutzes keine Bedeutung<br />
zu. Der diesem Aspekt zugrundeliegende Gedanke, dass dem Mandanten im<br />
Erfolgsfall ein Teil seines Anspruchs genommen wird, ist unter Verweis auf die vorstehenden<br />
Ausführungen nicht relevant.
Seite 5/5<br />
Im Übrigen dürfte der ausgeprägte Preiswettbewerb unter Wirtschaftsprüfern einen<br />
ausreichenden Schutz des Mandanten vor einer etwaigen Übervorteilung bieten. Es<br />
ist davon auszugehen, dass stets ein Wirtschaftsprüfer bereit sein wird, die gewünschte<br />
Leistung auch gegen ein angemessenes nicht erfolgsabhängiges Honorar<br />
zu erbringen. Daran dürfte sich auch durch die Zulassung von Erfolgshonoraren<br />
nichts ändern.<br />
Eine gerichtliche Einzelfallkontrolle der Angemessenheit einer erfolgsabhängigen<br />
Vergütungsabsprache nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (§ 138 BGB)<br />
dürfte ein probates und ausreichendes Schutzinstrument für den Verbraucher darstellen.<br />
Für eine über diese Grenzen hinausgehende Kontrolle besteht u.E. kein Anlass.<br />
Eine solche Kontrolle dürfte im Übrigen kaum durchführbar sein, da sie sehr<br />
aufwändig und arbeitsintensiv wäre.<br />
Zu 3. Kann dem Risiko einer Übervorteilung von Mandanten oder eines unsachgemäßen<br />
Handelns des Wirtschaftsprüfers nur durch ein absolutes<br />
Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars begegnet werden?<br />
Das Risiko einer Übervorteilung von Mandanten bei Vereinbarung eines Erfolgshonorars<br />
ist u.E. – wie dargelegt - nicht erkennbar. Um einem unsachgemäßen Handeln<br />
des Wirtschaftsprüfers vorzubeugen, ist das Verbot eines Erfolgshonorars bei allen<br />
Tätigkeiten aufrechtzuerhalten, bei denen das Verbot der Sicherung der unabhängigen<br />
und neutralen Stellung des Wirtschaftsprüfers dient. Dazu zählen die unter I.<br />
genannten Tätigkeiten.<br />
Zu 4. Sind für das Verbot in § 55a Abs. 1 WPO spezifische Gründe der Aufgabe,<br />
betriebswirtschaftliche Prüfungen durchzuführen und Bestätigungsvermerke<br />
über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen<br />
(insbesondere die Pflicht zur Unparteilichkeit gemäß § 43 Abs.1<br />
Satz 2 WPO) von Bedeutung?<br />
Unter I. Allgemeines haben wir dargestellt, dass das Verbot eines Erfolgshonorars<br />
in den Tätigkeitsbereichen unverzichtbar ist, in denen es der Sicherstellung einer<br />
sachgerechten Aufgabenerfüllung dient. Zur Vermeidung von Wiederholungen dürfen<br />
wir darauf verweisen.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Prof. Dr. Naumann