Evaluation in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit - HWWI

Evaluation in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit - HWWI Evaluation in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit - HWWI

03.10.2013 Aufrufe

Die Qualität der Evaluationssysteme 157 Bis auf die kirchlichen und wenige andere nicht-staatliche Organisationen handelt es sich bei den Evaluationen der EZ um geberzentrierte Aktivitäten, die vor allem den Bedürfnissen und Interessen der deutschen EZ-Organisationen dienen. Dadurch wird den Partnerorganisationen weitgehend die Möglichkeit genommen, sich aktiv in die Evaluationen einzubringen und Ergebnisse für ihre Arbeit zu nutzen. Deshalb überrascht der Befund kaum, dass nur die EZ-Organisationen, die ihre Partnerorganisationen an Evaluationen beteiligen, berichten, dass diese an Evaluation interessiert sind. Die Organisationen, die ihre Partner nicht einbinden, gaben in der Untersuchung an, dass diese nur wenig Interesse hätten. Um Interesse zu wecken, ist nicht nur Aufklärung und Sensibilisierung über den Nutzen von Evaluation notwendig, sondern auch die aktive Einbindung der Partnerorganisationen in die Planung und Durchführung von Evaluation sowie die Beteiligung lokaler Gutachter. Dem steht in vielen Ländern bisher allerdings auch ein Kompetenzproblem gegenüber. Internen wie externen einheimischen Evaluationsfachkräften fehlt es nicht nur an Erfahrung, sondern auch an den entsprechenden Qualifikationen. Trotz dieses offenkundigen Mangels unterstützen auch die EZ-Organisationen ihre Partnerorganisationen kaum durch systematische Aus- und Weiterbildungsangebote, die dies mit ihrem EZ-Mandat vereinbaren könnten. Ausnahmen stellen InWEnt und in projektbezogener Form teilweise auch die GTZ dar. 4.6 Vernetzung, Systembildung und -veränderung Nicht nur der DAC-Report weist darauf hin, dass das deutsche EZ-System extrem zersplittert ist. Dies gilt natürlich als Konsequenz daraus auch für das deutsche Evaluationssystem. Eine Vernetzung untereinander kann dazu beitragen dennoch zu einem einheitlichen Begriff- und Qualitätsverständnis sowie einem aufeinander abgestimmten Evaluationssystem zu kommen. Internationale Vernetzung trägt dazu bei, an übergreifenden Entwicklungsprozessen teilzuhaben und diese mit zu beeinflussen. Obwohl gegenüber der letzten Systemprüfung eine deutliche Intensivierung des Vernetzungsgrades zu erkennen ist, der vor allem auf diverse Aktivitäten des BMZ zurückzuführen ist, sind viele der untersuchten EZ-Organisationen im Bereich Evaluation nach wie vor nur ungenügend miteinander verknüpft. Dies hängt nicht von der Größe einer Organisation ab. Während BMZ und GTZ einen hohen internationalen bzw. nationalen Vernetzungsgrad aufweisen und die GTZ bei vielen anderen EZ-Organisationen geradezu die Funktion eines „lead agents“ einnimmt, gilt dies z.B. nicht für die KfW. Zudem arbeitet die KfW im Bereich der Evaluation im Unterschied zu BMZ und GTZ kaum mit Universitäten oder wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen zusammen. Dies gilt in noch stärkerem Umfang für alle anderen untersuchten EZ-Organisationen, die das Potenzial der Wissenschaft allenfalls in Einzelfällen anzapfen. Allerdings ist in diesem Kontext die Praxis der KfW hervorzuheben, die Leitung der Evaluationseinheit mit einer renommierten Persönlichkeit aus der Wissenschaft zu besetzen. Auch dadurch lässt sich ein Transfer von Wissenschaft in die Praxis bewerkstelligen. Ähnliches lässt sich für den nicht-staatlichen Bereich beobachten, in dem es stark vernetzte Akteure gibt (z.B. DWHH), die auch zu internationalen „joint evaluations“ führen, und anderen, die vor allem untereinander (wie z.B. die kirchlichen EZ-Organisationen und politische Stiftungen) oder überhaupt nicht mit anderen kooperieren.

158 Axel Borrmann & Reinhard Stockmann Wesentliche Kommunikationsimpulse kommen in den letzten Jahren vom BMZ und dem AK „Evaluation von Entwicklungspolitik“ der DeGEval. Ziel des BMZ ist es, einen Masterplan für die Gesamtgestaltung der Evaluation in der EZ zu entwickeln, der die Rollen der einzelnen Akteure definiert. Das BMZ hat ein jährliches Treffen der Evaluierungseinheiten initiiert, das allerdings nur dem Erfahrungsaustausch dient und nicht zu konkreten Arbeitsergebnissen führt. Dies ist die Aufgabe der ebenfalls vom BMZ eingerichteten AG „Evaluierung aus einem Guss“, der KfW, GTZ, InWEnt und DED (aber nicht die DO: DEG, PTB und BGR) angehören. Ziel ist es, eine „gemeinsame Sprache“, Vorgehensweisen und Qualitätskriterien zu entwickeln, sowie einen gemeinsamen Evaluationsbericht mit den DO herauszugeben. Dabei wurden bereits bemerkenswerte Ergebnisse erzielt, doch der Prozess hat sich als extrem zeitaufwendig und mühsam herausgestellt (BMZ-Int 2, BMZ-Int 3, BMZ-Int 11). Von einigen BMZ-Vertretern wird zwar einerseits gefordert: „Das BMZ müsste stärkere Zielvorgaben machen“ (BMZ-Int 4) oder: „Das BMZ-Fachreferat müsste die Führerschaft in der Evaluation haben (BMZ-Int 8). Andererseits wird resignierend festgestellt: „Eine faktische Weisungsbefugnis in der Evaluierung haben wir nicht“ (Ex-Int 11) oder: „Die führende Rolle des BMZ wird nicht anerkannt“ (BMZ-Int 8), so dass nur Überzeugungsarbeit bliebe (Ex-Int 2). In einem zweiten Handlungsstrang versucht das BMZ seit 2006 einen Prozess zur Harmonisierung der Erfolgskontrolle und Evaluation im zivilgesellschaftlichen Bereich einzuleiten. Die auf eine private Initiative zurückzuführende Gründung eines AK-Evaluation in der DeGEval ist nicht nur die einzige Plattform wo sich Auftragnehmer, staatliche wie nicht-staatliche Auftraggeber, Wissenschaftler und Fachinteressierte regelmäßig treffen und aktuelle Themen diskutieren, sondern auch ein freiwilliger Zusammenschluss von Akteuren, die in AG Lösungen für Evaluationsfragestellungen erarbeiten (z.B. zur „Transparenz, Informationsfluss und Follow-up in Evaluationsprozessen“, zum „Lernen aus Evaluation“, zur „Evaluation von Demokratieförderung“ und zur „Evaluation von Wirkungen“). Obwohl die Vernetzung der EZ-Organisationen aufgrund dieser Initiativen vorangeschritten ist, kann dennoch keineswegs von einem konsistenten deutschen Evaluationssystem der EZ gesprochen werden. Hierfür liefert die Studie eine Fülle eindrucksvoller Belege. Die vom BMZ initiierten und die sich auf freiwilliger Basis konstituierenden AK und AG sind zwar notwendige Vorreiter einer zunehmenden Vernetzung, oder gar eines zukünftigen Evaluationssystems aus einem Guss, aber wie die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, keineswegs hinreichend! Hierzu sind die Partialinteressen der einzelnen entwicklungspolitischen Akteure viel zu stark. Der vom BMZ beharrlich mit viel Energie vorangetriebene Versuch, dem deutschen EZ-Evaluierungssystem eine Richtung und international auch eine Stimme zu verschaffen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Gesamtsystem in eine deutliche Schräglage geraten ist. Dieses Problem hat seinen Ursprung allerdings nicht im Evaluationsbereich, sondern ist eine Folge des starken personellen Ausbaus der DO bei gleichzeitiger Stagnation des BMZ. Daraus resultiert ein generelles Steuerungsdefizit, das von der Mehrheit der befragten Experten als ein Grundproblem der deutschen EZ kritisiert wird. Diese insgesamt zu beobachtende Entwicklung wird nun aber noch dadurch verstärkt, dass insbesondere GTZ und KfW ihre Evaluationsaufgaben, wie immer wieder gefordert, erfolgreich wahrnehmen und dementsprechend personell gut besetzte Stabsabteilungen

158 Axel Borrmann & Re<strong>in</strong>hard Stockmann<br />

Wesentliche Kommunikationsimpulse kommen <strong>in</strong> den letzten Jahren vom BMZ und<br />

dem AK „<strong>Evaluation</strong> von Entwicklungspolitik“ <strong>der</strong> DeGEval. Ziel des BMZ ist es, e<strong>in</strong>en<br />

Masterplan für die Gesamtgestaltung <strong>der</strong> <strong>Evaluation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> EZ zu entwickeln, <strong>der</strong> die<br />

Rollen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Akteure def<strong>in</strong>iert. Das BMZ hat e<strong>in</strong> jährliches Treffen <strong>der</strong> Evaluierungse<strong>in</strong>heiten<br />

<strong>in</strong>itiiert, das allerd<strong>in</strong>gs nur dem Erfahrungsaustausch dient und nicht zu<br />

konkreten Arbeitsergebnissen führt. Dies ist die Aufgabe <strong>der</strong> ebenfalls vom BMZ e<strong>in</strong>gerichteten<br />

AG „Evaluierung aus e<strong>in</strong>em Guss“, <strong>der</strong> KfW, GTZ, InWEnt und DED (aber<br />

nicht die DO: DEG, PTB und BGR) angehören. Ziel ist es, e<strong>in</strong>e „geme<strong>in</strong>same Sprache“,<br />

Vorgehensweisen und Qualitätskriterien zu entwickeln, sowie e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen <strong>Evaluation</strong>sbericht<br />

mit den DO herauszugeben. Dabei wurden bereits bemerkenswerte Ergebnisse<br />

erzielt, doch <strong>der</strong> Prozess hat sich als extrem zeitaufwendig und mühsam herausgestellt<br />

(BMZ-Int 2, BMZ-Int 3, BMZ-Int 11). Von e<strong>in</strong>igen BMZ-Vertretern wird zwar<br />

e<strong>in</strong>erseits gefor<strong>der</strong>t: „Das BMZ müsste stärkere Zielvorgaben machen“ (BMZ-Int 4)<br />

o<strong>der</strong>: „Das BMZ-Fachreferat müsste die Führerschaft <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Evaluation</strong> haben (BMZ-Int<br />

8). An<strong>der</strong>erseits wird resignierend festgestellt: „E<strong>in</strong>e faktische Weisungsbefugnis <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Evaluierung haben wir nicht“ (Ex-Int 11) o<strong>der</strong>: „Die führende Rolle des BMZ wird nicht<br />

anerkannt“ (BMZ-Int 8), so dass nur Überzeugungsarbeit bliebe (Ex-Int 2). In e<strong>in</strong>em<br />

zweiten Handlungsstrang versucht das BMZ seit 2006 e<strong>in</strong>en Prozess zur Harmonisierung<br />

<strong>der</strong> Erfolgskontrolle und <strong>Evaluation</strong> im zivilgesellschaftlichen Bereich e<strong>in</strong>zuleiten.<br />

Die auf e<strong>in</strong>e private Initiative zurückzuführende Gründung e<strong>in</strong>es AK-<strong>Evaluation</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> DeGEval ist nicht nur die e<strong>in</strong>zige Plattform wo sich Auftragnehmer, staatliche wie<br />

nicht-staatliche Auftraggeber, Wissenschaftler und Fach<strong>in</strong>teressierte regelmäßig treffen<br />

und aktuelle Themen diskutieren, son<strong>der</strong>n auch e<strong>in</strong> freiwilliger Zusammenschluss von<br />

Akteuren, die <strong>in</strong> AG Lösungen für <strong>Evaluation</strong>sfragestellungen erarbeiten (z.B. zur<br />

„Transparenz, Informationsfluss und Follow-up <strong>in</strong> <strong>Evaluation</strong>sprozessen“, zum „Lernen<br />

aus <strong>Evaluation</strong>“, zur „<strong>Evaluation</strong> von Demokratieför<strong>der</strong>ung“ und zur „<strong>Evaluation</strong> von<br />

Wirkungen“).<br />

Obwohl die Vernetzung <strong>der</strong> EZ-Organisationen aufgrund dieser Initiativen vorangeschritten<br />

ist, kann dennoch ke<strong>in</strong>eswegs von e<strong>in</strong>em konsistenten <strong>deutschen</strong> <strong>Evaluation</strong>ssystem<br />

<strong>der</strong> EZ gesprochen werden. Hierfür liefert die Studie e<strong>in</strong>e Fülle e<strong>in</strong>drucksvoller<br />

Belege.<br />

Die vom BMZ <strong>in</strong>itiierten und die sich auf freiwilliger Basis konstituierenden AK und<br />

AG s<strong>in</strong>d zwar notwendige Vorreiter e<strong>in</strong>er zunehmenden Vernetzung, o<strong>der</strong> gar e<strong>in</strong>es<br />

zukünftigen <strong>Evaluation</strong>ssystems aus e<strong>in</strong>em Guss, aber wie die Entwicklung <strong>der</strong> letzten<br />

Jahre zeigt, ke<strong>in</strong>eswegs h<strong>in</strong>reichend! Hierzu s<strong>in</strong>d die Partial<strong>in</strong>teressen <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

entwicklungspolitischen Akteure viel zu stark.<br />

Der vom BMZ beharrlich mit viel Energie vorangetriebene Versuch, dem <strong>deutschen</strong><br />

EZ-Evaluierungssystem e<strong>in</strong>e Richtung und <strong>in</strong>ternational auch e<strong>in</strong>e Stimme zu verschaffen,<br />

kann nicht darüber h<strong>in</strong>wegtäuschen, dass das Gesamtsystem <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e deutliche<br />

Schräglage geraten ist. Dieses Problem hat se<strong>in</strong>en Ursprung allerd<strong>in</strong>gs nicht im <strong>Evaluation</strong>sbereich,<br />

son<strong>der</strong>n ist e<strong>in</strong>e Folge des starken personellen Ausbaus <strong>der</strong> DO bei gleichzeitiger<br />

Stagnation des BMZ. Daraus resultiert e<strong>in</strong> generelles Steuerungsdefizit, das von <strong>der</strong><br />

Mehrheit <strong>der</strong> befragten Experten als e<strong>in</strong> Grundproblem <strong>der</strong> <strong>deutschen</strong> EZ kritisiert wird.<br />

Diese <strong>in</strong>sgesamt zu beobachtende Entwicklung wird nun aber noch dadurch verstärkt,<br />

dass <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e GTZ und KfW ihre <strong>Evaluation</strong>saufgaben, wie immer wie<strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>t,<br />

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