Evaluation in der deutschen Entwicklungszusammenarbeit - HWWI
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118 Axel Borrmann & Re<strong>in</strong>hard Stockmann<br />
<strong>Evaluation</strong> vor große Herausfor<strong>der</strong>ungen. Deshalb ist es nicht überraschend, dass die<br />
allgeme<strong>in</strong>e Neuausrichtung auf Wirkungen <strong>in</strong> scharfem Kontrast zu dem Wissen über die<br />
verursachten Wirkungen steht. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass diese bisher<br />
nicht zu e<strong>in</strong>er gravierenden Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> durchgeführten <strong>Evaluation</strong>en geführt hat.<br />
Trotz des Primats, Wirkungen zu untersuchen (und ihren Ursachen zuzuschreiben) und<br />
<strong>der</strong> damit verbundenen deutlich anspruchsvolleren Aufgabenstellung wird weitgehend<br />
mit den bisher üblichen Formen evaluiert. Diese reichen dafür jedoch nicht aus. Auch <strong>der</strong><br />
bisher für e<strong>in</strong>zelne <strong>Evaluation</strong>en übliche Zeitrahmen und das dafür zur Verfügung stehende<br />
F<strong>in</strong>anzvolumen müssten aufgestockt werden.<br />
Untersuchungsdesigns, Erhebungs- und Auswertungsmethoden<br />
Generell ist zu beobachten, dass die Untersuchungsdesigns zur <strong>Evaluation</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> EZ von<br />
e<strong>in</strong>igen Ausnahmen abgesehen, dem sogenannten „Gutachtenmodell“ (Judgmental<br />
Approach) folgen, bei dem Experten damit beauftragt werden, die Wirkungen e<strong>in</strong>es<br />
Programms zu überprüfen (vgl. Stockmann 2006: 237). Dies geschieht dann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />
durch den Besuch <strong>der</strong> programmdurchführenden Organisation, <strong>der</strong>en Mitarbeiter sowie<br />
Zielgruppenmitglie<strong>der</strong> befragt werden. Deren Bewertungen (judgements) werden dann<br />
zur Schätzung <strong>der</strong> Programmwirkungen herangezogen. Diese Form <strong>der</strong> Wirkungsmessung<br />
wird von Rossi, Freeman und Lipsey (1999: 269) „the shakiest of all impact<br />
assesssment techniques“ genannt.<br />
Da e<strong>in</strong>e Wirkung die Verän<strong>der</strong>ung zwischen zwei Zeitpunkten darstellt, müsste es<br />
zum<strong>in</strong>dest zwei Messzeitpunkte geben, idealerweise vor und nach <strong>der</strong> Programm<strong>in</strong>tervention.<br />
Doch die dafür notwendigen Basel<strong>in</strong>estudien 39 existieren <strong>in</strong> <strong>der</strong> EZ-<strong>Evaluation</strong><br />
kaum. 40 Auch die Durchführung e<strong>in</strong>er parallelen Vergleichsmessung bei e<strong>in</strong>er Kontrollgruppe<br />
f<strong>in</strong>det <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht statt.<br />
Dies wäre jedoch notwendig, um alternative Erklärungen ausschließen zu können.<br />
Hierfür ist bei vielen EZ-Organisationen jedoch ke<strong>in</strong> ausreichendes Problembewusstse<strong>in</strong><br />
vorhanden, so dass vielfach noch davon ausgegangen wird, dass darauf verzichtet werden<br />
kann. Häufig werden dafür auch Kostenargumente o<strong>der</strong> ethische Bedenken <strong>in</strong>s Feld<br />
geführt, die es nicht erlauben würden, Kontroll- o<strong>der</strong> Vergleichsgruppen (die ke<strong>in</strong>e Hilfe<br />
erhalten) zu bilden. Auch wenn es selbstverständlich ethisch nicht vertretbare Fälle gibt,<br />
sollten diese nicht dazu verwendet werden, Kontroll- o<strong>der</strong> Vergleichsgruppen <strong>in</strong> <strong>der</strong> EZ<br />
grundsätzlich abzulehnen. In pharmakologischen Experimenten s<strong>in</strong>d Kontrollgruppenvergleiche<br />
trotz ebenfalls möglicher ethischer Bedenken natürlich streng vorgeschrieben.<br />
Wie sonst sollte die Wirksamkeit e<strong>in</strong>es Medikaments nachgewiesen werden?<br />
In <strong>der</strong> EZ wird unterschätzt, dass viele beobachtete Verän<strong>der</strong>ungen nicht die Folgen<br />
von Programm<strong>in</strong>terventionen s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n von an<strong>der</strong>en Ursachen stammen. So können<br />
z.B. endogene Gründe vorliegen, wenn e<strong>in</strong> krisenhafter Zustand, <strong>der</strong> durch bestimmte<br />
39 Das Fehlen von Basel<strong>in</strong>estudien ist zugleich e<strong>in</strong> gravierendes konzeptionelles Defizit <strong>der</strong> Planung<br />
von EZ-Vorhaben, die ohne detaillierte Untersuchung <strong>der</strong> Bedarfslage unzureichend begründet<br />
und mit überprüfbaren Zielen versehen s<strong>in</strong>d.<br />
40 Um e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong>novatives Projekt zur Wirkungsmessung handelt es sich bei dem GTZ-<br />
Programm „Wettbewerbsfähigkeit und Umwelt“ <strong>in</strong> Costa Rica. Aufbauend auf e<strong>in</strong>e Basel<strong>in</strong>estudie<br />
ist e<strong>in</strong> Panel organisiert, das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Längsschnittperspektive systematisch Verän<strong>der</strong>ungen im<br />
Umweltbereich anhand von Wirkungs<strong>in</strong>dikatoren misst. Zu den Vorteilen von Panelstudien vgl.<br />
Stockmann 2006.