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Think Big Magazin - Deutsche Kinder und Jugendstiftung

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<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> <strong>Magazin</strong><br />

Ein Jahr <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> aus der Sicht<br />

der <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jugendredaktion<br />

Die Highlights aus über 100 Artikeln <strong>und</strong><br />

Bilderstrecken über die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

Projekte <strong>und</strong> Events 2012


Impressum<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jugendredaktion<br />

c/o <strong>Deutsche</strong> <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendstiftung</strong> GmbH<br />

Tempelhofer Ufer 11<br />

10963 Berlin<br />

Redaktionsleitung:<br />

Sina Lenz<br />

Gesamtgestaltung<br />

Susann Schwaß, Fabian Schäfer<br />

Bildredaktion<br />

Marius Klemm, Lars Schulze, Susann Schwaß<br />

Autoren<br />

Anna Büttner, Chiona Hufnagel, Marius Klemm, Sina<br />

Lenz, Sabrina Paiwand, Alexandra Pipos, Susann Schwaß,<br />

Fabian Schäfer, Lars Schulze, Lea Unland<br />

© <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jugendredaktion<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> ist ein Programm der F<strong>und</strong>ación Telefónica<br />

mit der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendstiftung</strong><br />

gemeinsam mit o2. Mit dem Programm <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

können Jugendliche im Alter von 14-25 Jahren ihre<br />

Ideen verwirklichen. Mit 400 Euro setzen die jungen<br />

Projektmacher eigenverantwortlich <strong>und</strong> ehrenamtlich<br />

Initiativen um, die möglichst Vielen zugutekommen.<br />

Die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jugendredaktion 2012 bestand aus<br />

zehn engagierten Jugendlichen, die über die von<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> geförderten Projekte, Veranstaltungen<br />

<strong>und</strong> das Programm <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> berichtet haben. Ihre<br />

multimedialen Beiträge hat die Jugendredaktion auf<br />

think-big.org, auf anderen Webseiten <strong>und</strong> in <strong>Magazin</strong>en<br />

veröffentlicht. Die Jugendredakteure haben<br />

aus ihrer Perspektive das Engagement <strong>und</strong> die<br />

Anliegen anderer Jugendlicher sichtbar gemacht.


Vorwort<br />

Komm mit uns auf die Reise<br />

Die Ideen von Jugendlichen sind meistens größer, als es auf<br />

den ersten Blick scheint. Deshalb sind ihre Stimmen auch<br />

so wichtig. Um den ungehörten Stimmen unter ihnen ein<br />

Sprachrohr zu verleihen, erhalten sie Starthilfe von <strong>Think</strong><br />

<strong>Big</strong>. Wir, die Jugendredaktion, konnten ein Jahr lang durch<br />

den faszinierenden <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Kosmos reisen, sind dabei an<br />

vielen Planeten vorbeigekommen <strong>und</strong> auf die unterschiedlichsten<br />

Menschen gestoßen.<br />

Als Astronauten im Kosmos wurden wir getrieben von der<br />

Neugier auf die Geschichten der Jugendlichen, ihre Ideen<br />

<strong>und</strong> die Motivation hinter ihrem Engagement – wir waren<br />

Forschungsreisende auf der Suche nach noch unentdeckten<br />

Welten. Auf jedem einzelnen Planeten trafen wir auf begeisterte<br />

<strong>und</strong> kreative Projektmacher, die uns für kurze Zeit<br />

mit in ihre Lebenswelt nahmen.<br />

3<br />

Zum Ende unserer Reise haben wir noch einmal alles Revue<br />

passieren lassen <strong>und</strong> sind uns einig: Diese unglaubliche<br />

Fülle an Erlebnissen braucht einen würdigen Platz. Um<br />

einen kleinen Einblick in unsere Arbeit, aber vor allem in<br />

das <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jahr 2012 zu geben, haben wir dieses <strong>Magazin</strong><br />

zusammengestellt.<br />

Genau wie unsere Redaktion, kannst Du jetzt zusammen<br />

mit uns durch den <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Kosmos reisen. Dabei wirst Du<br />

auf den folgenden Seiten auf eine Auswahl von verschiedensten<br />

Projekten <strong>und</strong> Themenschwerpunkten des letzten<br />

Jahres treffen.<br />

Die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jugendredaktion 2012 bedankt sich für das<br />

spannende <strong>und</strong> einzigartige Jahr <strong>und</strong> wünscht Dir eine<br />

gute Reise durch den <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Kosmos!


INHALT<br />

02 Impressum<br />

03 Vorwort<br />

04 Inhalt<br />

06 Die Jugendredaktion<br />

08 <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Kosmos<br />

10 <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Zeitstrahl<br />

14 Die erste Projektmesse<br />

15 Das <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

Mediencamp<br />

16 Die zweite Projektmesse<br />

17 Das <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

Abschlussevent<br />

18<br />

Sexualität<br />

18<br />

Themenschwerpunkt<br />

Sexualität <strong>und</strong><br />

Geschlecht<br />

20 Aus dem Rahmen gefallen<br />

22 Sexualität <strong>und</strong><br />

Geschlecht<br />

24 Es gibt keine<br />

homo sexuellen<br />

Einhörner<br />

4<br />

25<br />

Nachhaltigkeit<br />

25<br />

Themenschwerpunkt<br />

Nachhaltigkeit<br />

26 <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> zeigt, dass es<br />

geht: Nachhaltig leben<br />

28 Nur noch kurz die<br />

Welt retten<br />

32 Individualität statt<br />

08/15-Shirt


33<br />

Medien<br />

33<br />

Themenschwerpunkt<br />

Medien<br />

34 <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> als Sprungbrett<br />

36 Tausche Schiller gegen<br />

Goethe<br />

37 <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> geht App<br />

39 Ein bisschen Glück<br />

verteilen<br />

41<br />

Projekte des<br />

Monats<br />

41<br />

Projekte des Monats<br />

42 Übersicht<br />

43 Jung trifft auf Alt – eine<br />

gelungene Mischung<br />

44 Mittendrin - am Rande<br />

der Gesellschaft<br />

45 Connecting People<br />

47 Knusprig, lecker,<br />

handgemacht - <strong>und</strong> man<br />

hilft auch noch<br />

5<br />

49<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> zu<br />

Gast bei...<br />

49<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> zu Gast bei...<br />

50 Ein Nachmittag mit dem<br />

B<strong>und</strong>espräsidenten<br />

52 „Nicht nur meckern,<br />

sondern die eigene Kritik<br />

produktiv machen!“<br />

54 Wie aus Träumen<br />

Buchstaben werden<br />

56 Lernen, im Regen zu<br />

tanzen<br />

58 Drei Fragen an<br />

Steffen Seibert


Über uns Autoren<br />

Die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jugendredaktion 2012<br />

Diese zehn Jugendlichen sind ein Jahr lang durch ganz Deutschland gereist, um Projekte <strong>und</strong> Events wie das<br />

Mediencamp, zwei Projektmessen oder das DemokratieFest mitzuerleben <strong>und</strong> darüber auf<br />

www.think-big.org oder Facebook zu berichten.<br />

Alexandra, 24, Bielefeld:<br />

„Die ganz große Liebe“<br />

Sie war die Mami der Redaktion.<br />

Mir ihren zahlreichen Geschichten,<br />

in denen sie komischerweise<br />

immer erst vier Jahre alt war,<br />

hat sie uns bei Laune gehalten,.<br />

Das (fast) dauerfröhliche<br />

Stimmungsfeuerwerk hat sich<br />

außerdem um den Ruf als „Fehlerausmerzerin“ verdient<br />

gemacht.<br />

Chiona, 21, aus Nürnberg:<br />

„Madame Schiller“<br />

Unsere zuckersüße Chiona, auch<br />

Chichi genannt, versorgte unsere<br />

Redaktion regelmäßig mit Liebe<br />

in Form von Gedichten. Von ihr<br />

wurden auch die Begriffe<br />

„vergraddelt“, „einfach<br />

fadelesque“ <strong>und</strong> „nonchalante<br />

Art“ geprägt, die nicht mehr aus unserer Redaktionsarbeit<br />

wegzudenken sind.<br />

Text: Chiona Hufnagel,<br />

Alexandra Pipos<br />

6<br />

Anna, 19, aus Nürnberg:<br />

„Liebenswürdigkeitenverteilerin“<br />

Anna ist eine Textschreibpoetin,<br />

die durch ihre gute Beobachtungsgabe<br />

<strong>und</strong> Offenheit<br />

perfekt die Stimmung im Raum<br />

einfangen kann <strong>und</strong> daraus<br />

w<strong>und</strong>erschöne Geschichten<br />

schreibt. Anna ist sehr herzlich <strong>und</strong> tut so, als würde sie<br />

Rapper nicht mögen.<br />

Fabian, 19, aus München:<br />

„Hipsterpolizei“<br />

Um Fabian mit einem Satz zu<br />

beschreiben: „Super süß <strong>und</strong><br />

super sexy.“ Seine Zuckrigkeit<br />

drückt Fabian meistens mit<br />

Herzchen aus, die er an alles<br />

setzt, das ihn erfreut. Fabian<br />

nimmt seine Arbeit sehr ernst,<br />

<strong>und</strong> arbeitet ambitioniert an Texten, weswegen wir ihm wohl<br />

das Prädikat „König der Überleitungen“ gegeben haben.


Lars, 20, aus Kiel:<br />

„Voll nordisch“<br />

Wenn Lars nicht gerade über<br />

den Wannsee läuft, knipst er<br />

heimlich Fotos. Er ist der stille<br />

Beobachter, was vielleicht<br />

etwas mit der Tatsache zu tun<br />

hat, dass er aus dem hohen<br />

Norden kommt. Ein sehr<br />

angenehmer Mensch, der immer für ein Späßchen zu haben ist.<br />

Marius, 19, aus Augsburg:<br />

„Sympathischer Tollpatsch“<br />

In seiner Freizeit lauscht Marius<br />

am liebsten bayerischen<br />

Heimatchören. Vor allem bei<br />

Redaktionstreffen ließ er sich<br />

gerne zum Mitschunkeln<br />

animieren (Vorsicht: Ironie). Bei<br />

Redaktionstreffen übertraf sein<br />

Koffeinverbrauch den der gesamten Gruppe.<br />

Die Nachteule Marius knipst nachts am liebsten Fotos.<br />

Sina, 22, aus München:<br />

„Lieblingsmüncherin“<br />

Seitdem Sina ein Praktikum bei<br />

der „Bunten“ gemacht hat,<br />

versorgt sie uns als Promi-Expertin<br />

regelmäßig mit Klatsch<br />

<strong>und</strong> Tratsch. Wenn sich Sina<br />

traut, singt sie w<strong>und</strong>erschön,<br />

nur leider hört man das selten.<br />

Sina rückte in die Jugendredaktion nach, hat sich aber<br />

superschnell eingefuchst.<br />

7<br />

Lea, 18, aus Wuppertal:<br />

„Schwarz­rot­goldene­<br />

Vitamin bombe für Gauck“<br />

Wer Lea trifft, darf sich auf die<br />

„besten Lachflashs“ einstellen.<br />

Und wer eine Unterkunft sucht,<br />

ist bei ihr genau richtig: Ohne<br />

Zögern nahm sie uns Jugendredakteure<br />

bei sich auf. Das hat<br />

noch einen netten Nebeneffekt, denn wir sind der Meinung:<br />

„Lea hat die schönsten Fre<strong>und</strong>e“.<br />

Sabrina, 16, aus Hamburg:<br />

„Lieblingshiphopperin“<br />

Wenn man unser „Nesthäkchen“<br />

erstmal kennengelernt hat,<br />

würde man sie sofort seiner<br />

Familie vorstellen. Denn Sabrina<br />

ist viel weicher, als sie zugibt<br />

<strong>und</strong> zeigt. Fühlt sie sich unbeobachtet<br />

deklariert sie alles, was<br />

sie süß findet, als „Zucker“. Sabrina muss man einfach<br />

lieben.<br />

Susann, 24, Magdeburg:<br />

„Designqueen“<br />

Wenn Susann nicht gerade die<br />

Such- mit der Statusaktualisierungfunktion<br />

bei Facebook<br />

verwechselt („Oh nein, jetzt<br />

hab‘ ich auch noch ‚Gefällt mir‘<br />

gedrückt!“), klebt sie an einer<br />

Tasse Kaffee oder schaut<br />

verträumt in die Welt. Susann ist unser Foto- <strong>und</strong> Videotalent.


<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Kosmos<br />

Peer Scouts<br />

Peer Scouts sind die Botschafter<br />

für <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> <strong>und</strong> stehen den<br />

Projektmachern als Berater zur<br />

Seite.<br />

Jugendredaktion<br />

Die Jugendredaktion berichtet<br />

r<strong>und</strong> um <strong>Think</strong> <strong>Big</strong>, besucht<br />

Projekte <strong>und</strong> Events <strong>und</strong> schreibt<br />

über wichtige Themen aus der<br />

Community.<br />

DKJS<br />

Die <strong>Deutsche</strong> <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendstiftung</strong><br />

setzt <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> in Deutschland gemeinsam<br />

mit Telefónica um.<br />

8<br />

<strong>Think</strong><br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> pro<br />

Die Projekte<br />

Insgesamt gibt<br />

drei Förderstu<br />

gibt es das Pro<br />

das einmal im<br />

Jugendredaktio<br />

400 Euro-Projekte: <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> fördert<br />

gemeinnützige Ideen mit 400 Euro<br />

Cash <strong>und</strong> Coaching.<br />

400


<strong>Big</strong><br />

€ Projekte<br />

1000 € Projekte<br />

es bei <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

fen. Noch dazu<br />

jekt des Monats,<br />

Monat von der<br />

n gekürt wird.<br />

1.000 Euro-Projekte: Ausgewählte<br />

400 Euro-Projekte fördert <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

mit 1.000 Euro Cash <strong>und</strong> Coaching.<br />

Telefónica<br />

Die F<strong>und</strong>acion Telefónica<br />

fördert <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> in 5 europäischen<br />

Ländern. Telefónica<br />

Deutschland setzt <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

mit der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Kinder</strong>-<br />

<strong>und</strong> <strong>Jugendstiftung</strong> in<br />

Deutschland um.<br />

<strong>Big</strong> <strong>Think</strong>er<br />

<strong>Big</strong> <strong>Think</strong>er sind Mitarbeiter-<br />

Innen von Telefónica, die<br />

ehrenamtlich bei den Projekten<br />

mit anpacken.<br />

Projektpartner<br />

vor Ort<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong>-Projektpartner unterstützen<br />

deutschlandweit<br />

Jugendliche vor Ort bei der<br />

Umsetzung ihrer Projekte.<br />

5.000 Euro-Projekte: Erfahrene Projektmacher<br />

unterstützt <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> mit 5.000 Euro, professionellem<br />

Coaching <strong>und</strong> einem Büroplatz.<br />

9


FEBRUAR<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> 2012<br />

2. März<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Day in München<br />

18. Februar 2012<br />

Videodreh „WorldCitzien“ mit Jahcoustix & Shaggy in<br />

Berlin<br />

MÄRZ<br />

APRIL<br />

10<br />

MAI<br />

31. März 2012<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Party in München<br />

2. <strong>und</strong> 3. Juni<br />

Rock im Park in<br />

Nürnberg<br />

Rock am Ring am<br />

Nürburgring<br />

15. Mai 2012<br />

Jugendkonferenz im B<strong>und</strong>eskanzleramt<br />

in Berlin


JUNI<br />

15. Juni<br />

Lang Lang-Konzert in der<br />

o2-World in Berlin<br />

8. bis 10, Juni<br />

YOU - music sports lifestyle<br />

education in Berlin<br />

18. Juni<br />

DemokratieFest des B<strong>und</strong>espräsidenten im Garten von Schloss<br />

Bellevue<br />

11<br />

15. bis 17. Juni<br />

1. <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Projektmesse in Berlin<br />

24. Juni<br />

Christopher Street Day Berlin


JULI<br />

4. bis 6. Juli<br />

Telefónica Investor Conference<br />

in London<br />

5. Juli<br />

Chiona zu Besuch bei <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> in<br />

Dublin<br />

AUGUST<br />

12<br />

26. August<br />

Campus Party in Berlin<br />

28. Juli bis 5. August<br />

Mediencamp in Mölln<br />

SEPTEMBER<br />

19. bis 21. Oktober<br />

2. <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Projektmesse in<br />

München


OKTOBER<br />

25. September<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> pro Pitch in Berlin<br />

8. November<br />

Abschlussevent: Xavier<br />

Naidoo - gemeinsam<br />

für unsere <strong>Kinder</strong> in<br />

Manneim<br />

12. Oktober<br />

Volunteering Day von Telefónica in<br />

München, Hamburg, Nürnberg,<br />

Bremen, Teltow, Köln <strong>und</strong> Rostock<br />

NOVEBER<br />

13<br />

? 2013


<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Event<br />

Die erste Projektmesse<br />

„Was ich mir wünsche, um beim Bild der Reise zu bleiben,<br />

ist, dass es eine rießengroße Reisegruppe wird. Dass sozusagen<br />

eine Dynamik durch das Land zieht <strong>und</strong> viele Leute<br />

mitgerissen werden.“<br />

Heike Kahl<br />

„Ich finde das immer wieder schön zu sehen, wie engagiert<br />

<strong>und</strong> begeistert die Leute hier an den Sachen arbeiten.<br />

Jung wie alt. Man lernt so viel, ohne dass man es sich<br />

bewusst macht, einfach dadurch, dass man es tut.“<br />

Raul Krauthausen<br />

14<br />

„Ich liebe <strong>Think</strong> <strong>Big</strong>, weil ich hier so viele neue Menschen<br />

kennen gelernt habe <strong>und</strong> ich mich bei <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> selbst finde.<br />

Und meine Stärken <strong>und</strong> Fehler finde.“<br />

Mirac Ener<br />

„Junge, kreative Ideen sollten gefördert werden <strong>und</strong> das<br />

tut <strong>Think</strong> <strong>Big</strong>. Und von daher bin ich da natürlich dabei.“<br />

Sebastian Hoffmann


<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Event<br />

Das <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Mediencamp<br />

15


<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Event<br />

Die zweite Projektmesse<br />

16


<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Event<br />

Das <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Abschlussevent<br />

17


Sexualität <strong>und</strong> GeSchlecht<br />

18


Sexualität <strong>und</strong> GeSchlecht<br />

„Vielleicht braucht es auch einfach noch einige<br />

Zeit bis jeder weiß <strong>und</strong> versteht:<br />

Andersrum ist genauso richtigrum.“<br />

Steven vom Projekt ‚ANDERSRUM‘<br />

Sexualität <strong>und</strong> Geschlecht<br />

19


Aus dem Rahmen ge f lle n<br />

Auch wenn Toleranz gegenüber Homosexuellen<br />

heutzutage eigentlich selbstverständlich sein sollte,<br />

ist sie trotzdem nicht überall gegeben. Noch immer<br />

wird Homosexualität häufig als „andersrum“ betrachtet.<br />

Ist man homosexuell, dann ist das anders,<br />

dann fällt man aus dem Rahmen. Jugendliche aus<br />

Potsdam haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit<br />

Vorurteilen aufzuräumen, Klischees aus dem Weg<br />

zu schaffen. Deshalb rücken sie mit Hilfe einer Fotografin<br />

das Bild homosexueller Menschen zurück in<br />

den Rahmen, den Bilderrahmen.<br />

Text: Anna Büttner, Sina Lenz<br />

Fotos: Alexa Seewald<br />

Das Projekt des Monats April nennt sich ANDERSRUMportraits.<br />

Die Projektmacher der Gruppe „A-Jugend“ kommen<br />

aus Potsdam <strong>und</strong> sind größtenteils homosexuelle Jugendliche.<br />

Gemeinsam mit der Fotografin Alexa Seewald haben<br />

sie eine Ausstellung ins Leben gerufen, die im Potsdamer<br />

Landtag gezeigt wird.<br />

Die Bilder von Alexa Seewald zeigen die Menschen stets<br />

von hinten. Hierbei soll vor allem der Begriff „andersrum“<br />

auf ironische Art <strong>und</strong> Weise aufgegriffen werden, um das<br />

weit verbreitete Schubladendenken aufzudecken.<br />

Sexualität <strong>und</strong> GeSchlecht<br />

20<br />

Man sollte meinen, dass sich die Gesellschaft im 21. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

weiterentwickelt hat. Toleranz sollte gegenüber<br />

Homosexuellen heutzutage selbstverständlich sein.<br />

Doch dem ist nicht so. Häufig wird man noch immer mit<br />

Unverständnis konfrontiert, wenn man nicht den vermeintlichen<br />

Idealvorstellungen entsprechend lebt. Gerade der<br />

Homosexualität wird immer wieder das Anderssein nachgesagt<br />

<strong>und</strong> das oft mit negativem Unterton. Aber in den<br />

letzten zehn Jahren hat sich auch einiges verändert. Allein<br />

die Tatsache, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften<br />

erlaubt sind, ändert vieles im Leben homosexueller Paare.<br />

„Man kann in Potsdam problemlos händchenhaltend<br />

durch die Straßen<br />

laufen, ohne sich dumme<br />

Kommentare anzuhören.<br />

Das kannte ich von Werda<br />

nicht, das ist dort überhaupt<br />

nicht vorstellbar.“<br />

a<br />

Der Projektmacher Steven ist 18<br />

Jahre alt, kommt aus Werda, einer<br />

sächsischen<br />

Gemeinde mit<br />

circa 1000<br />

Einwohnern.


Er hat mit anderen Jugendlichen zusammen das Projekt<br />

gegründet <strong>und</strong> zahlreiche Förderanträge gestellt, um die<br />

Ausstellung möglich zu machen, wie er in seiner Rede im<br />

Landtag ausführt. Steven merkt selbst den großen Un-<br />

terschied zwischen einzelnen Städten. Er ist in Werda<br />

groß geworden, lebt nun aber in Potsdam. Allein der<br />

Unterschied bezogen auf die Toleranz in diesen zwei<br />

Städten sei enorm. „Man kann in Potsdam problemlos<br />

händchenhaltend durch die Straßen laufen<br />

ohne sich dumme Kom- mentare anzuhören.<br />

Das kannte ich von<br />

dort überhaupt nicht<br />

vorstellbar.“<br />

Werda nicht, das ist<br />

Der Gr<strong>und</strong> für die geringe<br />

Toleranz bei Jugendlichen sei<br />

laut Steven die fehlende Auseinandersetzung<br />

mit diesem Thema in Schulen.<br />

Selten wird Homosexualität im Unterricht thematisiert.<br />

So berichtet er weiter: „Im Unterricht in Werda<br />

wurden wir nicht mit dem Thema konfrontiert.<br />

In Potsdam dagegen haben wir uns im Biologieunterricht<br />

damit auseinander gesetzt.“ Deshalb sind<br />

Jugendliche oft auf sich alleine gestellt im Umgang<br />

mit Homosexualität.<br />

Doch es gibt auch ganz andere Erfahrungen.<br />

Sexualität <strong>und</strong> GeSchlecht<br />

21<br />

Steven erzählt von Mitgliedern der Gruppe, die sich vor ihrem<br />

Coming-Out gefürchtet haben <strong>und</strong> nicht wussten, wie<br />

die Eltern <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e reagieren würden. Doch irgendwann<br />

möchte man nicht mehr versteckt leben, vor allem wenn<br />

man einen Partner hat. Häufig waren die Eltern aber einfach<br />

nur froh, dass sich ihre <strong>Kinder</strong> ihnen anvertraut haben.<br />

„Vielleicht braucht es auch einfach noch einige Zeit, bis die<br />

Akzeptanz <strong>und</strong> Toleranz überall existiert, bis niemand mehr<br />

komisch schaut, nur weil ein homosexuelles Pärchen über die<br />

Straße läuft. Bis jeder weiß <strong>und</strong> versteht: Andersrum ist genauso<br />

richtigrum“, sagt Steven.<br />

„Ich weiß, was ich bin,<br />

bin damit zufrieden,<br />

leb‘ mein<br />

Leben <strong>und</strong> komm‘<br />

damit sehr gut zurecht.“<br />

Steven <strong>und</strong> die anderen jedenfalls engagieren<br />

sich fleißig weiter. Für die Zukunft wünscht<br />

sich Steven, dass die Gruppe noch mehr Mitglieder<br />

gewinnen kann. Dass sie noch mehr<br />

Leuten helfen können mit ihrer Identität klar zu<br />

kommen. Er selbst sagt von sich: „Ich weiß,<br />

was ich bin, bin damit zufrieden, leb‘ mein<br />

Leben <strong>und</strong> komm‘ damit sehr gut zurecht.“<br />

© Fotos: Alexa Seewald I www.alexa-seewald.de


Sexualität <strong>und</strong> Geschlecht sind nicht nur „Privatsache“.<br />

Seit einigen Jahrzehnten sind sie bereits<br />

Gegenstand von Forschung <strong>und</strong> Wissenschaft.<br />

Und klar ist bis jetzt nur eins: Sexualität <strong>und</strong> Geschlecht<br />

sind alles andere als eindeutig, denn sie<br />

hängen von den unterschiedlichsten Faktoren ab.<br />

Um auf dem aktuellen Stand zu sein, gibt es hier<br />

einen Überblick mit den wichtigsten Fakten.<br />

Text: Alexandra-Maria Pipos,<br />

Fabian Schäfer<br />

Das körperliche Geschlecht (Sexus)<br />

Fünf Kriterien gibt es laut dem Magnus-Hirschfeld-Archiv<br />

für Sexualwissenschaft, die darüber entscheiden, ob ein<br />

menschlicher Körper männlich oder weiblich ist. Es hängt<br />

nicht nur von den inneren <strong>und</strong> äußeren Geschlechtsorganen<br />

ab, wie etwa, ob Frauen eine Gebärmutter <strong>und</strong> Männer<br />

Hoden haben. Es hängt auch von den Hormonen <strong>und</strong> den<br />

Genen ab <strong>und</strong> ist den Menschen gar nicht „anzusehen“,<br />

sondern muss erst genau untersucht werden. Die meisten<br />

Menschen erfüllen diese fünf Kriterien <strong>und</strong> sind somit<br />

eindeutig weiblich oder männlich.<br />

Intersexualität<br />

Es gibt aber auch Menschen, die sowohl weibliche als<br />

auch männliche körperliche Merkmale haben. Sie haben<br />

dann etwa die inneren Geschlechtsorgane einer Frau <strong>und</strong><br />

Sexualität <strong>und</strong> GeSchlecht<br />

Nachgehakt<br />

Sexualität <strong>und</strong> Geschlecht<br />

22<br />

die eines Mannes. Somit sind sie weder eindeutig männlich<br />

noch eindeutig weiblich, sondern intersexuell („inter“ bedeutet<br />

„zwischen“). In Deutschland werden täglich ein bis<br />

zwei intersexuelle <strong>Kinder</strong> geboren. Bis jetzt war das Thema<br />

Intersexualität ein gesellschaftliches Tabu. Eltern haben<br />

ihre <strong>Kinder</strong>, die intersexuell geboren wurden, bereits im<br />

Säuglingsalter umoperieren lassen, um sie „eindeutig“<br />

einem Geschlecht zuzuordnen. Heutzutage rückt die<br />

Wissenschaft immer mehr von dieser Haltung ab. Die<br />

„Internationale Vereinigung intergeschlechtlicher Menschen“<br />

spricht sich ganz bewusst gegen solche Operationen aus,<br />

die nicht die Betroffenen selbst bestimmen. Denn solche<br />

Geschlechtsangleichungen passieren nicht immer in die<br />

richtige Richtung: Frauen werden zu Männern operiert<br />

<strong>und</strong> umgekehrt. Und damit verb<strong>und</strong>en sind oft lebenslange<br />

psychische Belastungen.<br />

Das psychosoziale Geschlecht (Genus)<br />

Das psychosoziale Geschlecht hingegen wird nicht durch<br />

Körpermerkmale bestimmt. Mit dem „psychosozialen Geschlecht“<br />

ist gemeint, als welches Geschlecht man sich<br />

selbst wahrnimmt oder sich fühlt. Somit ist es eine persönliche<br />

<strong>und</strong> soziale Zuordnung, die jeder selbst vornehmen kann.<br />

Diese Zuordnung hängt von verschiedenen Verhaltenskriterien<br />

ab. Nach diesen nehmen Menschen eine bestimmte<br />

Geschlechterrolle an. „Unter einer Geschlechterrolle<br />

versteht man das, was in einer Gesellschaft als weiblich<br />

oder männlich verstanden wird; welche Eigenschaften


<strong>und</strong> Verhaltensweisen also eher Männern oder Frauen<br />

zugeschrieben werden“, erklärt Dr. Heinz-Jürgen Voß vom<br />

Institut für Geschichte <strong>und</strong> Ethik der Medizin in Halle. Wie<br />

etwa die Klischees, dass Mädchen gern rosa tragen <strong>und</strong><br />

mit Puppen spielen, während Jungen nur draußen rumrennen.<br />

Früher habe die Wissenschaft angenommen, dass die<br />

Rolle der eigenen Geschlechtsidentität entspricht. Heute<br />

ist aber klar: „Die Geschlechtsidentität ist etwas sehr<br />

individuelles, jeder kann sich eine eigene Definition davon<br />

machen, vor allem aber ist sie nicht immer eindeutig<br />

maskulin oder feminin“.<br />

Voß ergänzt, dass auch die Einteilung von „körperlichem<br />

<strong>und</strong> geistigem“ Geschlecht schwierig sei. Denn: „Das<br />

Gehirn <strong>und</strong> das Denken gehören zum Körper dazu“, sagt er.<br />

Die Unterscheidung von Körper <strong>und</strong> Geist sei vielmehr eine<br />

philosophische Frage.<br />

Transsexualität<br />

Transsexuelle Menschen sind biologisch eindeutig männlich<br />

oder weiblich. Aber sie können sich nicht mit ihrem<br />

Geschlecht <strong>und</strong> somit auch nicht mit ihrem Körper identifizieren.<br />

Ein transsexueller Mann fühllt sich vielmehr wie<br />

eine Frau <strong>und</strong> wünscht sich einen weiblichen Körper <strong>und</strong><br />

weibliche Geschlechtsorgane. Um ihrem Wunschkörper<br />

näherzukommen, können sich Transsexuelle zum anderen<br />

Geschlecht umoperieren <strong>und</strong> Hormone nehmen. Oft werden<br />

Transsexuelle als „Transvestiten“ bezeichnet, was aber<br />

falsch ist. Das bedeutet nämlich, dass sich eine Frau wie<br />

ein Mann kleidet <strong>und</strong> umgekehrt. Sie fühlen sich aber im<br />

Sexualität <strong>und</strong> GeSchlecht<br />

23<br />

„richtigen“ Körper. Die Kunstform davon heißt Travestie:<br />

Das bedeutet, dass eine Bühnenrolle durch eine Person des<br />

anderen Geschlechts dargestellt wird. Das sind oft Schauspieler,<br />

die das zur Unterhaltung tun - hinter der Bühne<br />

legen sie ihre Verkleidung wieder ab.<br />

Die sexuelle Orientierung<br />

Dann gibt es noch die sexuelle Orientierung. Sie sagt etwas<br />

darüber aus, von welchem Geschlecht man sich sexuell angezogen<br />

fühlt. Wer heterosexuell ist, der fühlt sich zum anderen<br />

Geschlecht hingezogen. Heterosexuell ist der Großteil<br />

der Menschen. Es gibt aber auch Menschen, die sich<br />

von Männern <strong>und</strong> Frauen gleich stark angezogen fühlen..<br />

Wenn das der Fall ist, spricht man von Bisexualität. Und<br />

wer gleichgeschlechtlich liebt, sich also als Mann sexuell<br />

von Männern angezogen fühlt <strong>und</strong> als Frau von Frauen,<br />

ist homosexuell. Frauen bezeichnen sich als lesbisch <strong>und</strong><br />

Männer als schwul.<br />

Darüber hinaus gibt es asexuelle Menschen. Auch wenn<br />

noch keine richtige Definition für diesen Begriff existiert, so<br />

bedeutet es, dass diese Menschen keine sexuellen Gefühle<br />

haben <strong>und</strong> somit keine Lust auf Sex verspüren.<br />

All diese Erklärungen zeigen: Auch wenn man körperlich<br />

ein „ganzer Kerl“ oder eine „richtige Frau“ ist, bedeutet<br />

es nicht, dass man sich so fühlt. Und was heutzutage als<br />

„ganzer Kerl“ <strong>und</strong> „richtige Frau“ gilt, ist nicht mehr in<br />

Stein gemeißelt.


Kommentar<br />

Trotzdem. Es ist den Betroffenen gegenüber verletztend,<br />

denn dieser Ausdruck ist abwertend. Und zeigt vor allem<br />

eins: Dass Vorurteile immer noch in den Köpfen verankert<br />

sind. Warum sich das ändern muss?<br />

Heutzutage ist Homosexualität kein Tabu-Thema mehr.<br />

Zumindest auf den ersten Blick. Homosexuelle feiern sich<br />

auf etlichen Christopher Street Days weltweit, Jake Gyllenhall<br />

<strong>und</strong> Heath Ledger zeigten in „Brokeback Moutain“, dass<br />

es nicht auf die sexuelle Ausrichtung ankommt, Liebe ist<br />

eben Liebe. Auch eine der beliebtesten Entertainerinnen in<br />

den konservativen USA, Ellen DeGeneres, beweist, dass es<br />

kaum noch eine Rolle spielt: Sie ist mit einer Frau verheiratet.<br />

Alles schön <strong>und</strong> gut. Dennoch. In Deutschland dürfen<br />

gleichgeschlechtliche Paare, sprich Schwule <strong>und</strong> Lesben,<br />

immer noch nicht heiraten. Die Kirche predigt, dass Homosexualität<br />

unnatürlich sei. Und wie oft habe ich schon<br />

Beleidigungen wie „Du Schwuchtel“ gehört, in der Schule,<br />

im Bus, im Vorbeilaufen. Nur weil ein Junge etwa ein rosafarbenes<br />

T-Shirt trägt.<br />

Aber nicht jeder Schwule trägt rosa T-Shirts. Genauso wie<br />

nicht jede Blondine dumm ist, nicht jeder Ausländer kriminell.<br />

Und Lesben sind nicht besonders „heiß“, um Männern zu<br />

gefallen. Denn die sind ihnen wahrscheinlich am gleichgültigsten.<br />

Sexualität <strong>und</strong> GeSchlecht<br />

Es gibt keine homosexuellen Einhörner<br />

Ein rosafarbenes T-Shirt, zwei Einhörner sind aufgedruckt, im Hintergr<strong>und</strong> ein Regenbogen. Der erste Kommentar,<br />

den man dazu hört: „Voll schwul!“ Schon einmal selbst einen solchen Kommentar über die Lippen<br />

gebracht? Auch wenn er nur rausgerutscht ist? Nicht so gemeint war?<br />

Text: Alexandra-Maria Pipos<br />

24<br />

Wie viele Menschen homosexuell sind, lässt sich schwer<br />

sagen. Vielleicht liegt es daran, dass sich manche, besonders<br />

wenn sie noch jünger sind, über ihre sexuelle Ausrichtung<br />

nicht im Klaren sind. Oder sich einfach nicht trauen, dazu<br />

zu stehen <strong>und</strong> sich zu outen. Denn es kann oftmals Ausgrenzung<br />

bedeuten. Beleidigungen, Ausschluss, Intoleranz. Versteckt,<br />

von Fre<strong>und</strong>en, Unbekannten oder im schlimmsten<br />

Fall: der eigenen Familie. Gründe dafür sind immer noch<br />

Berührungs ängste <strong>und</strong> Unwissen. Aber Homosexualität<br />

ist nicht ansteckend. Homosexuelle sind nicht besser,<br />

schlechter, hübscher, klüger <strong>und</strong> auch nicht anders. Sie<br />

haben es sich nicht ausgesucht, homosexuell zu sein. Genauso<br />

wenig wie andere, die heterosexuell sind, ihre blauen<br />

Augen oder ihre Schuhgröße 43.<br />

Dennoch ist - im Gegensatz zur Schuhgröße <strong>und</strong> Augenfarbe<br />

- Homosexualtität immer noch etwas Ungewohntes.<br />

Aber nur weil wir uns dafür entschieden haben, es so zu<br />

sehen. Wir müssen vielmehr sagen: „Es ist normal.“<br />

Und wenn dann jemand rosafarbene T-Shirts mit aufgedruckten<br />

Einhörnen trägt, dann ist das vielleicht kitschig,<br />

hässlich oder einfach nur mutig. Aber bestimmt nicht<br />

schwul. Es darf nur ein Kriterium gelten, um es zu bewerten:<br />

Es ist eine Frage des Geschmacks <strong>und</strong> nicht der sexuellen<br />

Ausrichtung.


nachhaltiGkeit<br />

Nachhaltigkeit<br />

25<br />

„Wie wir auszogen die Welt zu retten<br />

<strong>und</strong> halb verhungert, mit Blasen an<br />

den Füßen <strong>und</strong> pleite zurückkehrten.“<br />

Susann Schwaß


Das bewegt<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> zeigt, dass es geht: Nachhaltig leben<br />

Seien es Solaröfen oder Nelly, der kochende Umweltwal<br />

– über 40 <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Projekte haben sich<br />

bereits für die Umwelt <strong>und</strong> ihre Erhaltung eingesetzt<br />

– <strong>und</strong> das auf vielfältigste Art <strong>und</strong> Weise.<br />

Hier wird präsentiert, wie genau Nachhaltigkeit<br />

bei <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> aussieht.<br />

Text: Alexandra Pipos, Anna Büttner<br />

Foto: Alexandra Pipos<br />

Schon beim Wort „Nachhaltigkeit“ gerät man ins<br />

Grübeln. Was genau bedeutet dieses Wort überhaupt?<br />

Der deutsche B<strong>und</strong>estag hat es 2002 in einem<br />

Bericht so ausgedrückt: „Das Konzept der Nachhaltigkeit<br />

beschreibt die Nutzung eines regenerierbaren<br />

Systems in einer Weise, dass dieses System in seinen<br />

wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt <strong>und</strong><br />

sein Bestand auf natürliche Weise regeneriert werden<br />

kann.“ Wie bitte? Gar nicht so verständlich. Da<br />

kann die Lust schnell flöten gehen, umweltfre<strong>und</strong>lich<br />

zu leben, wenn man nicht einmal versteht, was es<br />

bedeutet. Sinnbildlich möchte der B<strong>und</strong>estag allerdings<br />

sagen: Wer einen Baum fällt, sollte danach<br />

wieder einen pflanzen. Doch wer fällt oder pflanzt<br />

noch Bäume? Richtig, die wenigsten. Und darum<br />

soll es ja auch eigentlich gar nicht gehen. Sondern<br />

um die Dinge, die wir tatsächlich tun können.<br />

Die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Community hat das verstanden <strong>und</strong> im<br />

nachhaltiGkeit<br />

26<br />

letzten Jahr tatkräftig in Projekten umgesetzt.<br />

„Nürnberg Autofrei“ etwa hatte eine ganz bestimmte<br />

Vision: Nürnberg, eine Stadt mit 500.000<br />

Einwohnern, ohne Autos. Die Jugendlichen haben<br />

sich ein neues Verkehrs konzept für die Stadt ausgedacht<br />

<strong>und</strong> wollen mehr autofreie Zonen schaffen.<br />

„Rubbish Creatures“ wiederum hat sich zum Ziel<br />

gesetzt, die Mülleimer in Wuppertal auffälliger zu<br />

gestalten, damit Abfall nicht mehr nur daneben landet.<br />

Bunt angemalt <strong>und</strong> ins Auge stechend, fordern<br />

die Projektmacher: „Lasst die Müllmonster nicht<br />

verhungern.‘‘<br />

Mit anderen Slogans warb ein weiteres <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Projekt:<br />

„Schalt das Wasser ab, während du mich<br />

benutzt“ oder „Sei ein Kamel <strong>und</strong> schalt<br />

das Wasser ab“<br />

stand auf den Stickern, mit denen auf den verschwenderischen<br />

Umgang mit Wasser aufmerksam<br />

gemacht werden soll. Und bevor <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Projektmacher<br />

aus Jülich ihre Handys wegwerfen, tauschen<br />

sie diese lieber untereinander. Es geht schließlich<br />

um die sinnvolle Nutzung von Rohstoffressourcen.<br />

Diese Projekte stellen kleine Schritte auf dem Weg<br />

zu einem größeren Ziel dar – der Erhaltung unserer<br />

Erde. Genauso wie der „Veggie-Aktionstag 2012“.


Dort haben Schüler aus Münster gezeigt, welche<br />

Vorteile es mit sich bringt, auf Fleisch <strong>und</strong> andere<br />

tierische Produkte zu verzichten. Denn das hilft<br />

nicht nur den Tieren, sondern auch der Umwelt,<br />

da etwa weniger CO2 ausgestoßen <strong>und</strong> Wasser<br />

verbraucht wird.<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Projekte helfen aber auch, damit es für<br />

manche nicht zu spät ist. Wie etwa für bedrohte<br />

einheimische Tierarten, denn beispielsweise Fledermäuse,<br />

Lurche <strong>und</strong> Kriechtiere haben es in Großstädten<br />

schwer. Deswegen haben <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Projektmacher<br />

sich überlegt, wie man diesen Tieren helfen<br />

kann <strong>und</strong> etwa Fledermauskästen gebastelt. Genauso<br />

nachhaltig ist auch das Projekt „Bienen in<br />

der Stadt“, bei dem zwei Bienenvölker auf einem<br />

Schulhof angesiedelt werden sollen. Aber auch über<br />

Nachhaltigkeit zu informieren, ist wichtig. Welche Folgen<br />

der Klimawandel mit sich bringt, darauf haben<br />

die Klimascouts aus Hannover vergangenes Jahr<br />

nachhaltiGkeit<br />

27<br />

aufmerksam gemacht. Bei ihrem Aktionstag konnte<br />

man sich beispielsweise auf einem von ihnen<br />

gebauten Fahrradgenerator „abstrampeln“ <strong>und</strong><br />

merken, wie viel Energie notwendig ist, um auch<br />

nur kleine Geräte mit Energie zu versorgen.<br />

Ein altes indianisches Sprichwort besagt:<br />

„Wir haben die Erde nicht von unseren<br />

Eltern geerbt, sondern von unseren<br />

<strong>Kinder</strong>n geliehen.“<br />

Die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Projekte machen vor, wie es geht,<br />

denn Veränderung beginnt mit Kleinigkeiten.<br />

Bewusstes Handeln ist der Schlüssel zum Erfolg. Jeder<br />

muss für sich selbst entscheiden, wie nachhaltig er<br />

leben möchte. Aber wenn jeder einen kleinen Schritt<br />

macht, dann ergibt das irgendwann einen großen<br />

Schritt zu einer besseren Welt.


Das bewegt<br />

Nur noch kurz die Welt retten<br />

Selbstversuch der Jugendredaktion<br />

Susanns Ziel: Eine Woche<br />

CO2-fre<strong>und</strong>lich leben<br />

Eine ganze Woche CO2 sparen, also ohne kraftstoffverbrauchende<br />

Verkehrsmittel auskommen. Das heißt keine<br />

Busse, Bahnen, Autos, Motorräder oder Straßenbahnen<br />

benutzen. Am Anfang klingt es so unglaublich easy. Fast<br />

etwas romantisch freute ich mich darauf, mit dem Fahrrad<br />

durch die frühlingshaften Straßen meiner Stadt zu düsen,<br />

ein bisschen Hüftspeck abzutrainieren <strong>und</strong> frische Luft zu<br />

schnappen.<br />

Tag 1: Vor einer Woche habe ich das Fahrrad kontrolliert,<br />

um mich zu vergewissern, dass alles noch funktioniert.<br />

Jetzt, am ersten Tag, stehe ich natürlich viel zu spät auf<br />

<strong>und</strong>: Die Reifen sind kaputt; sie lassen sich partout nicht<br />

aufpumpen. Mit einem schuldbewussten Blick sitze ich in<br />

der Straßenbahn, um nicht zu spät zur Vorlesung zu kommen.<br />

Den Rest des Tages muss ich überall hin laufen. Ich<br />

glaube, ich habe mich selten so gefreut, so nah am Stadtzentrum<br />

zu wohnen.<br />

Tag 2: Es ist w<strong>und</strong>erschönes Wetter; <strong>und</strong> es fällt mir tagsüber<br />

überhaupt nicht schwer, ohne die Straßenbahn aus-<br />

nachhaltiGkeit<br />

BIO<br />

Wie wir auszogen die Welt zu retten <strong>und</strong> halb verhungert, mit Blasen an den Füßen <strong>und</strong> pleite zurückkehrten.<br />

Susann, Alexandra <strong>und</strong> Fabian machen einen Selbstversuch. Das Motto ist „Nachhaltigkeit“ – in ihren verschiedenen<br />

Dimensionen: Fleischverzicht, CO2-Fre<strong>und</strong>lichkeit <strong>und</strong> bewusster Konsum. Welche Veränderungen der<br />

Selbstversuch mit sich brachte <strong>und</strong> wie es ihnen ergangen ist, haben sie in einem Tagebuch festgehalten.<br />

Text: Alexandra-Maria Pipos,<br />

Fabian Schäfer, Susann Schwaß<br />

Foto: Susann Schwaß<br />

28<br />

zukommen. Erst abends wird es schwieriger: Ich besuche<br />

eine Fre<strong>und</strong>in, die relativ weit außerhalb wohnt. Natürlich<br />

dachte ich nicht daran, dass man im Dunkeln Fahrradlichter<br />

braucht, <strong>und</strong> laufe eine ganze Weile zu Fuß nach Hause.<br />

Tag 3: Alles tut weh vom ständigen Laufen. Um mich zu<br />

motivieren <strong>und</strong> mir zu zeigen, dass es gut ist, was ich da<br />

mache, recherchiere ich, was eigentlich hinter der ganzen<br />

Klimaschutzdebatte steckt. Mir schwirrt der Kopf vor lauter<br />

Begriffen: Klimawandel, Treibhausgase, Kyoto-Protokoll ...<br />

Es ist schwer, da den Überblick zu behalten <strong>und</strong> auf dem<br />

neusten Stand zu sein. Außerdem finde ich heraus, dass<br />

Transportmittel längst nicht die größten CO2-Monster<br />

sind. Besonders im eigenen Haus verschleudern wir Energie<br />

<strong>und</strong> stoßen eine Menge CO2 aus. Der ungefähre Energieverbrauch<br />

einer Familie besteht zu ca. 79 % aus Heizen.<br />

Tag 4: Meine Fre<strong>und</strong>e meckern schon. Um mit mir in den<br />

Pausen zwischen den Vorlesungen reden zu können, müssen<br />

sie mit mir zum anderen Veranstaltungsgebäude laufen.<br />

Allerdings habe ich dadurch auch ein paar w<strong>und</strong>erschöne<br />

Spaziergangsgespräche. Abends muss ich leider<br />

schummeln <strong>und</strong> fahre den Weg zurück von einer Party<br />

lieber mit der Bahn.<br />

Tag 5: Genau heute, in der Woche meines Experiments,


gibt es eine interessante Veranstaltung in meiner Stadt:<br />

Die Kulturstraßenbahn. Kleinkünstler aller Art fahren in<br />

einer festlich beleuchteten Straßenbahn mit <strong>und</strong> führen interessante<br />

Dinge vor. Ich denke lange darüber nach mitzufahren<br />

<strong>und</strong> tue es schlussendlich auch. Während der Fahrt<br />

kommen mir einige interessante Gedanken. Es ist nicht nur<br />

Faulheit, die uns dazu bringt, öffentliche Verkehrsmittel zu<br />

benutzen, sondern auch ihr ganz eigener Charme. Dass<br />

man ein Buch lesen kann, mit Fre<strong>und</strong>en reden, die letzten<br />

Hausarbeiten schnell noch zu Ende schreiben, die Stadt<br />

beobachten, die an einem vorbeizieht –– all das geht auf<br />

dem Fahrrad denkbar schwer. Ich werde leicht melancholisch<br />

<strong>und</strong> frage mich, ob man sich also zwischen Natur <strong>und</strong><br />

Kultur entscheiden muss?<br />

Tag 6: Es ist Wochenende <strong>und</strong> ich habe nur wenig Termindruck.<br />

Es ist schön, durch die Stadt zu schlendern. Ich entdecke<br />

viele kleine Orte, die ich nie gesehen habe, weil ich<br />

sonst Abkürzungen nehmen muss. Abends laufe ich von<br />

einer Fre<strong>und</strong>in aus zu Fuß nach Hause. Klar, dass es genau<br />

dann anfängt zu regnen.<br />

Tag 7: Nach einer Woche ohne öffentliche Verkehrsmittel<br />

bin ich ganz schön platt. Zum einen freue ich mich darauf,<br />

nachhaltiGkeit<br />

29<br />

in der nächsten Woche wieder entspannter <strong>und</strong> spontaner<br />

unterwegs sein zu können. Zum anderen habe ich es teilweise<br />

sehr genossen, ganz allein mit eigener Muskelkraft<br />

durch die Gegend zu ziehen <strong>und</strong> so viel mehr Dinge zu sehen<br />

<strong>und</strong> unbekannte Ecken in meiner Stadt zu entdecken.<br />

Das Experiment hat aber auch gezeigt, dass es schwer ist,<br />

komplett auf öffentliche Verkehrsmittel zu verzichten, besonders<br />

bei langen Strecken oder wenn man unter Zeitdruck<br />

steht. Aber ich werde jetzt öfter kleine Strecken, die<br />

ich früher aus Faulheit einfach mit der Bahn gefahren bin,<br />

zu Fuß gehen oder bei gutem Wetter das Fahrrad benutzen.<br />

Fazit: Wenn man nachhaltig leben will, ringt immer das<br />

Bewusstsein, dass es besser wäre, etwas Nachhaltiges zu<br />

tun, mit der Machbarkeit <strong>und</strong> Faulheit im Alltag. Die Kunst<br />

ist sicherlich, einen Mittelweg zwischen Nachhaltigkeit<br />

<strong>und</strong> Realisierbarkeit zu finden. Selbst kleine Verzichte <strong>und</strong><br />

Veränderungen im Alltag machen einen Unterschied. Und<br />

wenn das vielen auffällt <strong>und</strong> viele Menschen kleine Dinge<br />

tun, dann wird es auch etwas ändern.<br />

Fabians Ziel: Eine Woche auf<br />

Fleisch verzichten<br />

Eine Woche vegetarisch <strong>und</strong> damit nachhaltiger leben –<br />

das ist kein Problem, immerhin gibt es auch in meinem<br />

Fre<strong>und</strong>eskreis einige, die dauerhaft auf Fleisch verzichten.<br />

Tag 1: Auf meinem Pausenbrot ist Käse. Nur Käse. Auf die<br />

Putenbrust musste ich ja verzichten. Schmecken tut es<br />

trotzdem <strong>und</strong> ich überlebe den Schultag auch ohne Fleisch<br />

ganz gut. Zu Hause wird das schon schwieriger: Meine<br />

Mutter kann <strong>und</strong> will nicht anders kochen – der Rest der<br />

Familie würde sich nämlich sehr bei mir bedanken. Also<br />

esse ich Kartoffeln ohne Kasseler – dafür mit extra viel Gemüse.<br />

So richtig satt bin ich aber nicht.<br />

Tag 2: Zu Mittag esse ich wieder die Beilage mit Gemüse,<br />

das ist auch in Ordnung. Am Abend sagt mir Alexandra,<br />

dass ich wegen der Gelatine auch keine Gummibärchen<br />

essen darf, schließlich besteht es aus tierischem Eiweiß.


Daran hatte ich gar nicht gedacht <strong>und</strong> über den Tag ver-<br />

teilt munter in die Tüte mit den leckeren Bärchen gegriffen.<br />

Außerdem müsste ich dann auf andere tierische Produkte<br />

verzichten, wie meine Lederschuhe …<br />

Tag 3: Sorry, ich muss Lederschuhe tragen. Zu meinem<br />

Outfit heute brauche ich braune Schuhe – <strong>und</strong> die habe<br />

ich nur aus Leder. Zum Mittagessen gab es Fisch – bis ich<br />

meiner Mutter erklärte, dass Fische ja auch Tiere sind. Wir<br />

diskutierten darüber, ob Vegetarier nun Fisch essen oder<br />

nicht. Im allwissenden Internet findet man verschiedene<br />

Meinungen <strong>und</strong> Auffassungen. Meine Meinung aber ist:<br />

„Wenn schon Vegetarier, dann gar kein Tier.“<br />

Tag 4: Ich kann nicht sagen, dass ich den Fleischgeschmack<br />

total vermisse. Ja, mir schmeckt Fleisch, aber Käse schmeckt<br />

mir mindestens genauso gut. Zum ersten Mal denke ich bewusst<br />

darüber nach, in welchen Nahrungsmitteln Fleisch<br />

oder andere Erzeugnisse sind, für die ein Tier sterben musste.<br />

Plötzlich fühle ich mich umringt von Tieren <strong>und</strong> bekomme<br />

den Gedanken nicht mehr aus dem Kopf, dass (indirekt)<br />

sogar für Gummibärchen Tiere sterben…<br />

Tag 5: Mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt, Vegetarier<br />

zu sein. Zumindest im Bezug aufs Essen. Bei meiner<br />

Kleidung noch nicht ganz, denn heute habe ich, instinktiv<br />

<strong>und</strong> ohne darüber nachzudenken einen Ledergürtel getragen.<br />

Tag 6: Heute erfahre ich, dass nicht einmal jeder Käse<br />

vegetarisch ist! Für die Herstellung von Käse wird nämlich<br />

Lab benötigt – das wiederum wird aus einem Teil des Magens<br />

junger Lämmer gewonnen. Andererseits geht es mir<br />

eher um nachhaltigeres <strong>und</strong> bewussteres Leben <strong>und</strong> nicht<br />

um zwanghaften Vegetarismus. Überhaupt finde ich, dass<br />

ein vegetarisches Leben noch lange kein nachhaltiges Leben<br />

bedeutet. Wer stattdessen Äpfel aus Neuseeland kauft<br />

oder 400 Meter zum Bäcker mit dem Auto fährt, lebt für<br />

mich eine Doppelmoral.<br />

Tag 7: Der letzte Tag als Kurzzeit-Vegetarier. Heute hat<br />

mein Neffe seine Erstkommunion. Währenddessen kommt<br />

mir der merkwürdige Gedanke, ob die geweihte Hostie<br />

vegetarisch ist – immerhin musste Jesus vor knapp 2000<br />

Jahren auch dafür sterben. Diesen Gedankengang ver-<br />

nachhaltiGkeit<br />

30<br />

werfe ich aber ganz schnell wieder. Später bei der Feier<br />

habe ich gesündigt, denn zu meinen gefüllten Nudeln gab<br />

es Shrimps <strong>und</strong> ich konnte zur Feier des Tages einfach nicht<br />

darauf verzichten.<br />

Fazit: Ich bin froh, morgen wieder „normal“ essen zu kön-<br />

nen, finde aber trotzdem, dass es eine sinnvolle Woche war.<br />

Ich habe bewusster gegessen <strong>und</strong> mir mehr Gedanken darüber<br />

gemacht, wo meine Nahrungsmittel herkommen. Man<br />

muss nicht unbedingt vegetarisch essen, um nachhaltig zu<br />

leben. Das Wichtigste ist für mich das bewusste Essen – sich<br />

Gedanken darüber zu machen, wo Nahrung herkommt, <strong>und</strong><br />

es kritisch zu hinterfragen. Außerdem muss nicht jeden Tag<br />

Fleisch auf dem Teller landen – es gibt genügend leckere Alternativen<br />

zum Schnitzel.<br />

Alexandras Ziel: Eine Woche<br />

bewusst einkaufen<br />

Ich will eine Woche bewusster konsumieren. Was das genau<br />

heißt, weiß ich eigentlich auch nicht so richtig. Mir<br />

schweben Begriffe wie „bio“, „Fair-Trade“ <strong>und</strong> „regional/<br />

saisonal“ vor. Da ich mich eigentlich bewusst ernähre, denke<br />

ich, dass es nicht so kompliziert wird – höchstens teuer.<br />

Tag 1: Ganz ehrlich? Ich komme abends zu Hause an <strong>und</strong><br />

mir fällt ein, dass heute der erste Tag des Selbstversuchs<br />

war <strong>und</strong> ich nichts versucht habe. Gar nichts. Ich hatte einen<br />

stressigen Tag, es hat gerade für eine Laugenstange<br />

vom Bäcker <strong>und</strong> einen kurzen Besuch im Supermarkt gereicht.<br />

Die Laugenstange war nicht bio <strong>und</strong> der Apfel aus<br />

dem Supermarkt kam bestimmt aus Neuseeland. Ich lerne<br />

trotzdem etwas: Bewusstes konsumieren ist nicht so einfach,<br />

besonders dann nicht, wenn es schnell gehen muss<br />

oder ich hungrig bin.<br />

Tag 2: Für die Kaffeemaschine auf der Arbeit finde ich im<br />

Supermarkt meines Vertrauens Fair-Trade-Kaffee-Pads.<br />

Super! Nicht ganz so super ist die Tatsache, dass sie das<br />

Dreifache der Nicht-Fair-Trade-Variante kosten. Egal, sie<br />

kommen in den Einkaufskorb. In meiner Mittagspause


finde ich in einem Drogeriemarkt eine große Bandbreite<br />

an Bio-Produkten, die auch halbwegs preiswert sind, unter<br />

anderem auch getrocknete Feigen. Die sind zwar bio, aber<br />

nicht Fair-Trade, geschweige denn regional oder saisonal.<br />

Und ich frage mich, was „nachhaltig“ überhaupt bedeutet:<br />

bio, fair-trade, regional <strong>und</strong> saisonal? Mir schwirrt der Kopf<br />

<strong>und</strong> ich merke, dass ich doch nicht so viel Ahnung habe.<br />

Tag 3: Auf der Arbeit gibt es Schnittchen <strong>und</strong> Kaffee. Als<br />

Kaffee-Junkie tut es mir fast weh, abzulehnen. Aber ich<br />

stelle fest, wie oft ich mir den Kaffee unbewusst reinpfeife.<br />

In der Mittagspause esse ich meine Butterbrote, da ich<br />

kein Restaurant kenne, das mit meinem Selbstversuch oder<br />

meinem Geldbeutel vereinbar wäre. Während meine Kollegen<br />

lachend an mir vorbeiziehen, um gemeinsam essen zu<br />

gehen, bleibe ich einsam an meinem Schreibtisch sitzen.<br />

Mir wird klar, dass bewusstes Konsumieren vor allem drei<br />

Dinge braucht: Geld, gute Planung <strong>und</strong> einen eisernen Willen.<br />

Spontanes Essen mit Fre<strong>und</strong>en? Plötzlicher Heißhunger<br />

auf Süßigkeiten? Vergiss es! Zumindest wenn man es<br />

strikt durchzieht.<br />

Tag 4: Ich gehe einkaufen <strong>und</strong> entscheide mich für regionale<br />

Äpfel, da die Bio-Variante teurer ist <strong>und</strong> auch weniger<br />

Äpfel in der Tüte sind. Dafür steht auf meiner „Ein Herz für<br />

Erzeuger – 10 Cent für die heimische Landwirtschaft“. Das<br />

ist nicht wirklich viel, aber es reicht, um mein schlechtes<br />

Gewissen zu beruhigen. Allerdings entscheide ich mich für<br />

die Bio-Möhren, die doppelt so teuer sind als die normale<br />

Variante. Dafür kommen sie aus Israel. Wie nachhaltig ist<br />

das?<br />

Auf der Arbeit gibt es belegte Brote. Ich frage meine Kollegin,<br />

ob sie weiß, wie bio/Fair-Trade die Brote sind. Sie<br />

schaut mich an, als ob ich die PIN für ihre EC-Karte wissen<br />

wollen würde. Anfangs widerstehe ich den Broten, aber<br />

irgendwann höre ich, wie sie meinen Namen rufen: „Alexandra,<br />

iss uns!“ Was soll ich sagen? Der Geist ist willig,<br />

aber das Fleisch ist schwach.<br />

Tag 5: Ein Brötchen vom Bio-Bäcker kostet 0,85 €. Zum<br />

Glück habe ich mich nicht für ein Brot entschieden, denke<br />

ich. Und dann frage ich mich: Wie kann man als 08/15-Verbraucher<br />

in einer normalen Bäckerei eigentlich erfahren,<br />

nachhaltiGkeit<br />

31<br />

woher die ganzen Zutaten stammen <strong>und</strong> welchen Standards<br />

sie entsprechen? Die meisten Verkäufer wissen noch<br />

nicht einmal, was in den Broten <strong>und</strong> Brötchen drin ist, woher<br />

das Mehl, die Milch, die Eier oder die Früchte für ihre<br />

Torten kommen.<br />

Tag 6: Mein letzter „aktiver“ Tag. Ich kaufe von allem ein<br />

bisschen, <strong>und</strong> wenn es zu teuer ist, entscheide ich mich für<br />

die nicht-nachhaltige Variante. Ich habe nicht die Zeit <strong>und</strong><br />

Möglichkeit, immer <strong>und</strong> überall bewusst zu konsumieren.<br />

Aber ich bemerke, dass ich anders einkaufe. Ich vergleiche<br />

zwischen Bio- <strong>und</strong> Nicht-Bio-Produkten. Wo der Preisunterschied<br />

nicht so groß ist, entscheide ich mich für die<br />

Bio-Variante. Außerdem konsumiere ich bewusster: Wenn<br />

ich mehr Geld für Kaffee ausgebe, dann genieße ich nun<br />

jede einzelne Tasse.<br />

Tag 7: Mir fällt auf, dass ich mich diese Woche nur auf<br />

„nachhaltige“Nahrungsmittel konzentriert habe. Wie sieht<br />

es aber mit Kleidung aus? Und dem gesamten Lebensstil?<br />

Bei H&M ein T-Shirt einkaufen, das von kleinen pakistanischen<br />

<strong>Kinder</strong>händen hergestellt wurde – das ist nicht<br />

Fair-Trade, ganz zu schweigen von den Menschenrechten.<br />

Ein neues Auto ist nicht CO2-fre<strong>und</strong>lich, egal wie schick es<br />

aussieht. Und wie komme ich überhaupt an die Infos, wo<br />

H&M seine Klamotten herstellt?<br />

Fazit: Ich habe nicht 100% bewusst konsumieren können.<br />

Dazu fehlen mir das nötige Wissen, das Geld <strong>und</strong> auch<br />

manchmal die Zeit. Außerdem ist das Thema sehr komplex<br />

<strong>und</strong> ich habe als normaler Verbraucher keinen richtigen<br />

Überblick. Allerdings kann ich bereits erste kleine Schritte<br />

machen, indem ich öfter zu Bio- oder Fair-Traide-Produkten<br />

greife. Und genau diese Schritte machen den Unterschied.


Was ist „Etsy“?<br />

„Etsy“ ist der weltgrößte Marktplatz für Handgemachtes,<br />

Vintage <strong>und</strong> Backwaren, die von über 800.000 Verkäufern<br />

angeboten werden. Gegründet wurden wir 2005 in Brooklyn,<br />

seit 2009 wirft „Etsy“ Profit ab. Uns gibt es in London,<br />

Paris, Berlin, Rotterdam, Japan <strong>und</strong> Australien – <strong>und</strong> seit<br />

einem Jahr auch in Deutschland.<br />

Wie funktioniert „Etsy“?<br />

Man stellt zu Hause etwas her, ganz egal was. Das kann zum<br />

Beispiel eine Kette sein, wichtig ist nur, dass man es selbst<br />

oder in einem Kolletiv hergestellt hat. Damit geht man dann<br />

zu „Etsy“ <strong>und</strong> zahlt zwanzig Cent, damit das Produkt online<br />

bei uns aufgelistet wird. Wenn dann jemand das Produkt<br />

kauft, erhält „Etsy“ 3,5 % der Kaufsumme. Wir versuchen,<br />

so viel Geld wie möglich an unsere Verkäufer weiterzuleiten.<br />

An wen richtet sich „Etsy“?<br />

An Alle! „Etsy“ ist ein richtig schöner Ort für Leute, die<br />

eine Verbindung zu dem Produkt haben möchten, das sie<br />

nachhaltiGkeit<br />

Nachgehakt<br />

Individualität statt 08/15-Shirt<br />

Im August fand in Berlin Tempelhof die „Campus Party“, die größte Technologiemesse der Welt statt.<br />

Caroline Drucker, die Deutschlandchefin von Etsy, lud die Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer ein, selbst handwerklich<br />

aktiv zu werden <strong>und</strong> selbst Dinge zu gestalten. Im Interview stellt sie ihr Unternehmen, eine Online-<br />

Handelsplattform für Selbstgemachtes, vor.<br />

Text & Foto: Chiona Hufnagel<br />

32<br />

kaufen. Man hat eine direkte Verbindung zu der Person, bei<br />

der man etwas kauft, weiß also genau woher das Produkt<br />

kommt <strong>und</strong> wohin das Geld geht. Man erfährt aber auch<br />

von allen Trends aus der Welt als erster, weil wir genau<br />

wissen, was wo angesagt ist. „Etsy“ ist nämlich eine Art<br />

„Trendanzeiger“, weil es uns in so vielen Städten gibt.<br />

Außerdem kann man davon ausgehen, dass das, was man<br />

kauft, zunächst so gut wie niemand sonst hat.<br />

Wie ist die Idee zu „Etsy“ entstanden?<br />

Der Gründer, Rob Kalin, war einfach vom amerikanischen<br />

Konsum genervt. In Amerika gibt es riesige Unternehmen,<br />

die verkaufen einfach alles. Der K<strong>und</strong>e wird von den Produkten<br />

entfremdet, die er kauft. Aber man muss sich fragen:<br />

„Wohin geht eigentlich mein Geld? Ist das gut, so<br />

wenig für etwas zu bezahlen?“ Denn eigentlich sollen Angestellte<br />

ja richtig entlohnt werden – kann das klappen,<br />

wenn man zwei Euro für ein T-Shirt bezahlt? Daher hat sich<br />

Rob Kalin mit drei Fre<strong>und</strong>en in seine WG gesperrt <strong>und</strong> innerhalb<br />

von drei Monaten entstand dann „Etsy“.<br />

Foto: Marius Klemm


Medien<br />

Medien<br />

33


Portrait<br />

Ich stehe mitten in Berlin. Unzählige Menschen<br />

hasten an mir vorbei <strong>und</strong> rempeln mich an, weil<br />

ich ihnen im Weg stehe. Sie wissen anscheinend<br />

ganz genau, wohin sie wollen, nur ich fühle mich<br />

verloren in der Masse. Den eigenen Weg zu finden<br />

ist für viele in der Zeit der unbegrenzten Möglichkeiten<br />

nicht ganz leicht. In Berlin habe ich zwei<br />

Jugendliche getroffen, die mit Hilfe von <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

ihren Weg in die Medienbranche gef<strong>und</strong>en haben:<br />

Ayse Akgün <strong>und</strong> Martin Ritter.<br />

Text: Sina Lenz<br />

Fotos: DKJS<br />

In der Küche einer typischen Berliner Wohngemeinschaft<br />

sitze ich Martin (23) gegenüber. Ganz lässig hat er sich auf<br />

einen Holzstuhl niedergelassen <strong>und</strong> streicht seine blonden<br />

Haare aus dem Gesicht, bevor er mich fragt: „Worum<br />

geht‘s denn eigentlich?“ Martin hat nach seinem Abitur<br />

angefangen Betriebswirtschaftslehre mit Fachrichtung Immobilien<br />

zu studieren. Wieso er sich genau dieses Studienfach<br />

ausgesucht habe, sei ihm heute schleierhaft, meint<br />

er. Doch er hat es durchgezogen <strong>und</strong> nebenher in einem<br />

Programmkino gearbeitet. Sein Nebenjob hat schließlich<br />

sein Interesse an Berufen in der Filmbranche geweckt.<br />

Durch eine Werbeanzeige ist er dann zufällig auf das <strong>Think</strong><br />

<strong>Big</strong> Mediencamp gestoßen. „Mensch das passt ja, da bist<br />

du gerade mit dem Studium fertig, mach da mal mit“,<br />

dachte sich der gebürtige Berliner <strong>und</strong> fand sich kurze Zeit<br />

später mit r<strong>und</strong> 50 anderen Jugendlichen in der Nähe von<br />

Dresden wieder. „Film war sowieso ein Bereich, in den ich<br />

wollte. Da ich aber keinerlei Qualifikationen hatte, kam das<br />

Mediencamp gerade recht.“ Mit professioneller Unterstützung<br />

der Famefabrik erlernte er schnell das Basiswissen<br />

Medien<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> als Sprungbrett<br />

34<br />

an der Kamera <strong>und</strong> knüpfte gleich Kontakte zu den Profis.<br />

Einen Monat nach dem Camp klingelte sein Telefon: Die<br />

Famefabrik suchte für einen Dreh in Berlin noch einen Kameramann.<br />

Kurze Zeit später stand Martin mit einer „fetten“<br />

Kamera <strong>und</strong> einem Headset im Publikum <strong>und</strong> filmte<br />

ein Konzert der Söhne Mannheims. Mit seinem Job im Kino<br />

<strong>und</strong> einigen Komparsenrollen hielt sich der 23-Jährige<br />

weiter über Wasser. „Die Komparsenrollen habe ich nur<br />

gemacht, um zu sehen, wie es an einem professionellen<br />

Filmset zugeht. Ich wollte wissen, wieso man 60 Leute für<br />

einen 30-sekündigen Werbespot benötigt <strong>und</strong> wo ich genau<br />

hinwollte“, gesteht er mir.<br />

Schließlich beginnt Martin dann ein halbjähriges Praktikum<br />

in einer Produktionsfirma. Mit seinen betriebswirtschaftlichen<br />

Vorkenntnissen aus dem Studium sieht er seine Stärken<br />

in der Produktion. In den folgenden sechs Monaten<br />

plant er unzählige Werbespots <strong>und</strong> empfindet den Aufgabenbereich<br />

als sehr abwechslungsreich. Nicht selten absolvierte<br />

Martin aufgr<strong>und</strong> von Nebenjob <strong>und</strong> Praktikum eine<br />

70-St<strong>und</strong>en-Woche. „Mir machte das nichts aus, aber nach<br />

fünf Monaten wurde es hart“, erzählt er.


„Der Clip war mein Projekt <strong>und</strong> das Geld<br />

dafür schon ausgegeben. Also musste ich<br />

einspringen oder das Projekt wäre schief<br />

gegangen“<br />

Danach drehte er zum Beispiel ein Musikvideo für eine<br />

Fre<strong>und</strong>in. Die komplette Crew organisierte Martin alleine<br />

<strong>und</strong> übernahm gleichzeitig die Rolle des Aufnahmeleiters.<br />

So musste er dafür sorgen, dass jeder seinem Job nachkommt<br />

<strong>und</strong> der Plan eingehalten wird. Als wäre das nicht<br />

schon genug, blieb ihm an einem Drehtag nichts anderes<br />

übrig, als als Model einzuspringen. „Um fünf Uhr morgens<br />

bekam ich den Anruf, dass wir kein Model gef<strong>und</strong>en haben.<br />

Der Clip war mein Projekt <strong>und</strong> das Geld dafür schon ausgegeben.<br />

Also musste ich einspringen oder das Projekt wäre<br />

schief gegangen“, schildert Martin.<br />

Von dem bereits absolvierten Produktionspraktikum geht<br />

es dann für Martin über die Produktionsassistenz zum Juniorproducer<br />

<strong>und</strong> dann zum Producer. Dabei stehen ihm<br />

noch viele Jobwechsel <strong>und</strong> viel Arbeit bevor. Doch für ihn<br />

ist das sein Weg, wenn er auch nicht ganz gerade verläuft.<br />

Der Weg zu <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> sah bei der 21-jährigen Ayse etwas<br />

anders aus. Den ersten Kontakt hatte sie bereits 2010 beim<br />

Media College. Zusammen mit vielen anderen Jugendlichen<br />

wurde dort das Musikvideo zum <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Song „Sky<br />

is the Limit“ von Kool Savas produziert. Durch ihr Jugendzentrum<br />

wurde sie auf das Projekt aufmerksam <strong>und</strong> war<br />

sofort begeistert. Denn schon früh hatte sie den Wunsch,<br />

Hip-Hop-Moderatorin zu werden. Im Media College lernte<br />

sie die Aufgabenbereiche der Aufnahmeleitung, der Kameraführung<br />

<strong>und</strong> der Postproduktion kennen.<br />

Nach ihrem Abitur stürzte Ayse sich in die Berufswelt <strong>und</strong><br />

begann ein Praktikum bei der Hip-Hop Website „rap.de“.<br />

Der Kontakt kam über das Media College. Das Portal berichtete<br />

über das einzigartige Projekt <strong>und</strong> dafür wurde die<br />

Berlinerin interviewt. Als die Macher von „rap.de“ bemerkten,<br />

dass Ayse großes Interesse am Portal hat, gaben sie<br />

Medien<br />

35<br />

ihr einen Praktikumsplatz. „Marcus Staiger, der Chefredakteur<br />

der Website, sagte: ,Jetzt vor der Kamera gebe ich<br />

dir hier einen Praktikumsplatz bei rap.de‘“, berichtet sie<br />

freudestrahlend. Während der Zeit bei dem Internetportal<br />

lernte Ayse, journalistisch zu schreiben <strong>und</strong> die Art, wie sie<br />

in der Schule schrieb, hinter sich zu lassen. Aber nicht nur<br />

das, sie bereitete unzählige Interviews vor, besuchte einige<br />

Festivals <strong>und</strong> interviewte namhafte Hip-Hop-Größen.<br />

Danach schließt sie ein weiteres Praktikum bei dem Ber-<br />

liner Radiosender „kiss.fm“ an. Doch die Nähe zu <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

bleibt. Bereits für „rap.de“ berichtet sie über <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> <strong>und</strong><br />

bewirbt sich im Jahr darauf für das Mediencamp, um ihr<br />

Wissen aus dem Media College aufzufrischen <strong>und</strong> all die<br />

Leute wieder zu treffen.<br />

„In zehn Jahren möchte ich Hip-Hop-Moderatorin<br />

sein … oder die Managerin von<br />

Kool Savas“<br />

Mittlerweile hat die quirlige Berlinerin ihre Ausbildung zur<br />

Kauffrau für audiovisuelle Medien begonnen. Ayse konzentriert<br />

sich nun auf ihre Ausbildung <strong>und</strong> auf ihre eigene<br />

Hip-Hop-Website. „Da gibt es noch viel zu tun. Ich muss<br />

einen Plan abarbeiten, denn es fehlen noch ein Logo <strong>und</strong><br />

die Homepage“, sagt Ayse. Ihr Ziel ist klar: „In zehn Jahren<br />

möchte ich Hip-Hop-Moderatorin sein … oder die Managerin<br />

von Kool Savas“, sagt sie mir ganz selbstbewusst <strong>und</strong><br />

fügt mit einem Augenzwinkern hinzu, dass sie auch nichts<br />

dagegen hat, wenn das alles schon in drei Jahren eintritt.


Durchstarter<br />

Was tun mit den ganzen Schulbüchern, die man<br />

sich für teures Geld angeschafft hat <strong>und</strong> dann nur<br />

ein halbes Jahr braucht? Und was tun, wenn man<br />

sich diese gar nicht erst leisten kann? Wer hat sich<br />

das nicht auch schon mal gefragt?<br />

Text: Lea Unland<br />

Die beiden Wuppertaler „Changemaker” Daniel <strong>und</strong> Felix<br />

bieten mit ihrer Webseite www.taltausch.de ab April eine<br />

gute Alternative zum kostenintensiven Bücherkauf – nur<br />

wie?<br />

Alles begann mit einer Diskussion über die Preise von<br />

Schullektüren <strong>und</strong> der Frage, wie man Schülern helfen<br />

könnte, die nicht das Geld haben, sich jährlich teure Fachliteratur<br />

anzuschaffen. Kurz darauf fassten die beiden<br />

Schüler den Entschluss zu handeln – im Dezember 2011<br />

reichten sie ihre Projektidee bei <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> ein.<br />

„Die Idee ist, dass man auf unserer Homepage gebrauchte<br />

Schulbücher tauschen kann”, erklärt der 18-jährige<br />

Daniel. Dabei geht es den beiden Schülern insbesondere<br />

darum, dass die Webseite so einfach gestaltet ist, dass jeder<br />

das Angebot nach seinen finanziellen Möglichkeiten<br />

nutzen kann. „Den Tauschpartnern wird es freigestellt,<br />

sich individuell auf Zahlungs- bzw. Tauschmöglichkeiten zu<br />

einigen“, fährt Daniel fort.<br />

Medien<br />

Tausche Schiller gegen Goethe<br />

36<br />

Obwohl ihre Webseite so einfach scheint, steckt jede Menge<br />

Arbeit dahinter, da es zum Beispiel ziemlich schwierig<br />

ist, eine solche Internetpräsenz zu programmieren. Deshalb<br />

erhalten sie neben der finanziellen Unterstützung von<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> auch professionelle Unterstützung vom Entwickler-<br />

<strong>und</strong> Designstudio Wabe3.<br />

Der Inhaber des Studios war so begeistert von der Idee<br />

einer Tauschbörse für Schulbücher, dass er sich dazu bereit<br />

erklärte, Entwicklung <strong>und</strong> Betrieb der Webseite kostengünstig<br />

umzusetzen. „Wir sind froh, dass uns so tatkräftig<br />

unter die Arme gegriffen wird <strong>und</strong> dass wir ohne aufwändige<br />

Prüfung auf die Umsetzbarkeit unseres Projektes ein<br />

großzügiges Startkapital zur Verfügung gestellt bekommen<br />

haben”, sagt Felix.<br />

Daniel <strong>und</strong> Felix hoffen weiterhin auf finanzielle Unterstützung,<br />

da sie neben der Internetpräsenz mit Hilfe von Flyern<br />

<strong>und</strong> Plakaten auch auf ihr Projekt selbst aufmerksam machen<br />

möchten. Damit noch mehr Schüler <strong>und</strong> Studenten<br />

die Möglichkeit haben, in Bezug auf ihre Schulbücher immer<br />

auf dem neusten Stand sein zu können.<br />

Sie freuen sich nun erst einmal darauf, dass aus ihrer Idee<br />

eine funktionierende Internetseite wird <strong>und</strong> die Homepage<br />

in diesem Monat endlich an den Start geht. Dann kann<br />

endlich Schiller gegen Goethe getauscht werden!


Nachgehakt<br />

Marius hat am <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> App Workshop bei der Campus Party teilgenommen. Sein Team hat zwei Tage lang<br />

gemeinsam an einer Youth Bank-App gebastelt <strong>und</strong> diese am Ende beim Pitch der Öffentlichkeit präsentiert.<br />

Wie man von einer App-Idee zum Prototypen kommt <strong>und</strong> ob sein Team die Jury überzeugen konnte, erfahrt<br />

ihr hier in seinem Tagebuch zum App-Workshop.<br />

Erster Tag – 09.00 Uhr<br />

Heute geht er endlich los: der große <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> App<br />

Workshop. Bereits gestern Abend habe ich die anderen<br />

Teilnehmer zum gemeinsamen Abendessen auf dem<br />

Campus-Gelände getroffen, wir haben uns kennengelernt<br />

<strong>und</strong> unser Notebook registriert – ja, man muss jedes<br />

Notebook mit der Seriennummer registrieren lassen.<br />

Nun haben wir genauso wie die elf anderen Teams aus<br />

ganz Europa unsere Arbeitsplätze bezogen. Ich arbeite mit<br />

Amanda <strong>und</strong> Luisa aus Wiesbaden <strong>und</strong> mit Lena aus Berlin<br />

in einem Team.<br />

Unser gemeinsames Ziel: Eine App planen, die viele Leute<br />

interessiert. Da wir bisher keine Ahnung haben, wie man<br />

eine App eigentlich programmiert oder designed, bekommen<br />

wir Unterstützung durch Nikolai, unseren Mentor<br />

während des ganzen Workshops. Wir haben nun ein Team<br />

<strong>und</strong> Hilfe, aber eines fehlt uns: Die gemeinsame App-Idee.<br />

Wir haben alle andere Vorschläge: Lena möchte gerne eine<br />

App gegen Rechtsextremismus machen. Luisa <strong>und</strong> Amanda<br />

arbeiten bei Youth Bank <strong>und</strong> wollen eine App dafür entwickeln.<br />

Ich schlage eine <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> App vor. Jetzt müssen<br />

wir uns nur noch für eine Idee entscheiden.<br />

Medien<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> geht App: Tagebuch aus dem<br />

App-Workshop auf der Campus Party<br />

Text: Marius Klemm<br />

Foto: Susann Schwaß<br />

37<br />

Erster Tag – 11.00 Uhr<br />

Alea iacta est. Der Würfel ist gefallen. Oder in unserem Fall<br />

eher die Entscheidung. Nachdem wir gemeinsam unsere<br />

Ideen analysiert haben, wollen wir die Youth Bank-App<br />

umsetzen.<br />

Wir müssen uns entscheiden, welche Informationen wir<br />

in der App anzeigen wollen, müssen uns überlegen, wie<br />

unser Start-Screen aussehen soll <strong>und</strong> planen, wie die User<br />

durch unsere App navigieren sollen.


Erster Tag - 18.00 Uhr<br />

Es hat sich einiges getan an unserer App. Unsere handschriftlichen<br />

Zeichnungen sind fertig. Das Konzept steht.<br />

Wir können uns die App vor unserem geistigen Auge vorstellen.<br />

Aber das reicht nicht. Schließlich müssen wir die<br />

App morgen um diese Zeit bei einem Pitch der Öffentlichkeit<br />

präsentieren. Und das so gut, dass wir die Jury von ihr<br />

überzeugen <strong>und</strong> unsere App ausgewählt wird, weiterentwickelt<br />

zu werden. Deshalb lernen wir für die Präsentation<br />

zwei Tools kennen: Balsamiq <strong>und</strong> Photoshop. Photoshop<br />

kennen wohl die meisten von euch. Klar. Das brauchen wir,<br />

um unsere App zu designen. Aber was zum Teufel ist Balsamiq?<br />

Balsamiq ist ein kleines Programm, mit dem man<br />

„Klickdummies“ bauen kann. Ein Klickdummy ist die erste<br />

Simulation einer App. Mit einfachen Mitteln bauen wir die<br />

einzelnen Seiten unserer App auf <strong>und</strong> verlinken sie miteinander.<br />

Unsere App erwacht so langsam zum Leben.<br />

Erster Tag - 21.00 Uhr<br />

Feierabend. Nach zwölf St<strong>und</strong>en Workshop sind wir vier<br />

fertig. Jetzt ist Schluss. Unsere App hat sich deutlich weiterentwickelt:<br />

Unseren Klickdummy haben wir bereits halb<br />

fertig <strong>und</strong> gemeinsam mit Nikolai haben wir den Startbildschirm<br />

unserer App designed. Morgen früh geht es weiter.<br />

Zweiter Tag - 9.30 Uhr<br />

Weiter geht’s. Heute muss unsere App fertig werden. Wir<br />

haben also noch einiges zu tun. Beim Warm-up stellen wir<br />

fest, dass einige andere Gruppen nicht so früh wie wir Feierabend<br />

gemacht haben, sondern noch die halbe Nacht an<br />

ihrer App gewerkelt haben. Ob wir nun noch eine Chance<br />

haben? Naja, wir werden es sehen.<br />

Zweiter Tag – 12.00 Uhr<br />

Unser Klickdummy ist fertig. Jetzt essen wir erst einmal<br />

schnell etwas. Dann müssen wir uns an unsere Präsentation<br />

für den Pitch machen.<br />

Medien<br />

38<br />

Zweiter Tag - 17.00 Uhr<br />

Gleich geht er los. Der große Pitch, bei dem wir unsere<br />

App vor den anderen App-Machern, Gästen <strong>und</strong> der Jury<br />

präsentieren müssen. Heute Nachmittag habe ich erfahren,<br />

dass wir den Pitch vor den gut 150 Leuten statt auf<br />

Englisch auch auf Deutsch halten können. Für mich eine<br />

echte Erleichterung. Trotzdem steigt die Aufregung bei<br />

uns. Schaffen wir es, unsere Idee überzeugend zu präsentieren?<br />

Zweiter Tag - 19.00 Uhr<br />

Den Pitch haben wir mit Bravour gemeistert <strong>und</strong> unsere<br />

App ganz gut verkauft. Für den Sieg hat es aber leider nicht<br />

gereicht. Den holen sich drei Mädchen aus England mit ihrer<br />

Idee „Bits for Bots“. Mit der App sollen Sachspenden<br />

für gemeinnützige Zwecke leicht gemacht werden. Sie wird<br />

nun von Telefónica programmiert <strong>und</strong> wandert dann auf<br />

unsere Smartphones.<br />

Meine Enttäuschung hält sich in Grenzen, denn ich habe<br />

an den zwei Tagen eine Menge erlebt, hatte viel Spaß <strong>und</strong><br />

habe auch ganz schön viel gelernt. Ich habe auf einem einzigartigen<br />

Gelände gearbeitet <strong>und</strong> in kurzer Zeit unglaublich<br />

viel erreicht. Doch jetzt ist es Zeit für den Heimweg.


Bericht<br />

Das <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Mediencamp ging diesen Sommer in die dritte R<strong>und</strong>e. In Mölln, einer Kleinstadt in der Nähe<br />

von Lübeck, trafen sich vom 28. Juli bis zum 05. August wieder um die 50 Jugendliche. Ziel war es, die Teilnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Teilnehmer näher an das Thema Medien heranzuführen.<br />

Am letzten Abend haben sich alle Jugendlichen im Plenum<br />

in der Jugendherberge versammelt. Gegenseitig sollen<br />

sie sich die Produkte, die in den Gruppen Making-Of, Film,<br />

Desgin <strong>und</strong> Podcast entstanden sind, präsentieren.<br />

Die Gruppe „Making-Of“ beginnt. Man sieht das Camp<br />

beim Aufstehen, beim Arbeiten, beim Spaßhaben. Man<br />

kann die Gruppe beim Drehen in Hamburg mit Jimi Blue<br />

Ochsenknecht beobachten, sieht Kool Savas bei seinem<br />

Besuch im Camp <strong>und</strong> vieles mehr. „Wir saßen oft bis in die<br />

Nacht hinein <strong>und</strong> haben an dem Making-Of gearbeitet“,<br />

kommentiert die Gruppe stolz ihr Endergebnis <strong>und</strong> erhält<br />

dafür von den restlichen Jugendlichen tobenden Applaus.<br />

Medien<br />

Ein bisschen Glück verteilen<br />

Text: Anna Büttner<br />

Foto: Marius Klemm<br />

39<br />

Als nächstes ist die Podcast-Gruppe dran. Der Titel der<br />

Produktion ist „Bunte Gesichter – Leben zwischen zwei<br />

Welten“. Der Kurzfilm porträtiert das Leben ausländischer<br />

Jugendlicher in Deutschland.<br />

Die Darsteller sind Campteilnehmer, die ihre eigene, per-<br />

sönliche Geschichte erzählen: Von ihrem Gefühl, zwischen<br />

zwei Heimaten zu leben <strong>und</strong> ihrem Kampf, in unserer Gesellschaft<br />

angenommen <strong>und</strong> akzeptiert zu werden. Die<br />

bewegenden Bilder <strong>und</strong> die ruhige Stimmung lassen das<br />

Tuscheln verstummen. Alle blicken gespannt auf die Leinwand<br />

<strong>und</strong> betrachten mit Respekt das gelungene Werk.


Bevor die nächste Gruppe an der Reihe ist, treten die<br />

G-Breaker auf, eine Tanzcrew aus Hamburg. Danach ist die<br />

Stimmung wieder am Kochen.<br />

Nun stellt die Filmgruppe ihre Ergebnisse vor. SDeren Mitglieder<br />

erzählen, dass sie anfangs Angst gehabt hätten,<br />

dass es in ihrem Team krachen könnte. Schließlich seien<br />

sie so viele unterschiedliche Charaktere. Doch im Laufe der<br />

Woche hätten sie gemerkt, wie gut sie sich in ihrer Unterschiedlichkeit<br />

ergänzen können. „Flashback Breakers“<br />

- so heißt ihr Kurzfilm. Es geht um die Fre<strong>und</strong>schaft zweier<br />

Jungs, die einen gemeinsamen Traum hatten <strong>und</strong> dann<br />

voneinander getrennt wurden.<br />

„Denn um Glück zu verteilen, braucht<br />

man keine Glücksbringer, ein Lächeln<br />

alleine reicht manchmal schon aus.“<br />

Am Ende präsentiert die Designgruppe ihr Konzept. Ohne<br />

Medien<br />

40<br />

viele Worte zeigen auch sie anfangs ihren kleinen Clip.<br />

Auf Hamburgs Straßen haben sie Passanten gefragt, was<br />

für sie Glück bedeutet. Hier auch wieder dabei: Jimi Blue<br />

Ochsenknecht. Das Video vermittelt eine ruhige, sonnige<br />

Stimmung. „Wir haben eine Kampagne entwickelt“, verrät<br />

die Gruppe. „Denn um Glück zu verteilen, braucht man<br />

keine Glücksbringer, ein Lächeln alleine reicht manchmal<br />

schon aus.“ Mit diesen großen Worten beginnen sie damit,<br />

kleine weiße Zettel im Publikum zu verteilen. Jeder<br />

bekommt einen. Und jeder, der seinen Zettel entfaltet, liest<br />

nur wenige Buchstaben: Das Wort „Glück“ zaubert allen<br />

ein Lächeln ins Gesicht.<br />

Am Ende des Abends verteilen sich die Teilnehmer im Gebäude,<br />

tanzen noch ein wenig <strong>und</strong> unterhalten sich. Sie<br />

lachen miteinander <strong>und</strong> stellen fest, dass auch eine Woche<br />

Mediencamp mit so vielen neuen Fre<strong>und</strong>en einfach nur<br />

glücklich macht.<br />

Foto: Susann Schwaß


Projekte deS MonatS<br />

Projekte des Monats<br />

41


Februar<br />

Fördern <strong>und</strong> Fußball<br />

April<br />

ANDERSRUMportrait<br />

Juni<br />

Die Zeitschenker<br />

März<br />

Polnisch-<strong>Deutsche</strong>-So<strong>und</strong>-Collagen<br />

Mai<br />

Firmenkeks<br />

Juli<br />

Dem Spaß auf der Spur<br />

August<br />

Kostenloses Studentenzimmer September<br />

Zona Dynamic<br />

Oktober<br />

Design yourself<br />

Projekte deS MonatS<br />

Übersicht über die Projekte des Monats<br />

42<br />

November<br />

Kreatives Ehrenamt


Bericht<br />

<strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen liegt wahrscheinlich<br />

kaum ein Thema so fern wie Demenz. Die Krankheit<br />

tritt nämlich meist erst ab 65 auf. Primär<br />

damit verb<strong>und</strong>en ist Vergesslichkeit, manchmal<br />

kommt es auch zu Problemen beim Sprechen<br />

oder Bewegen. 15 junge Menschen vom Jugendrotkreuz<br />

Offenburg (Baden-Württemberg) haben<br />

sich trotzdem entschlossen, sich während ihrer<br />

Ferien um Menschen mit Demenz zu kümmern. Ihr<br />

Projekt heißt „Zeitschenker“ <strong>und</strong> ist das Projekt<br />

des Monats Juni.<br />

Text: Lea Unland<br />

Fabian Schäfer<br />

Die Idee entstand, da sich die Jugendgruppe des Ortsvereins<br />

Offenburg während der Ferien nicht sieht. „Dazu kam, dass<br />

das Pflegeheim ehrenamtliche Helfer suchte“, erklärt Susanne<br />

Sachs, die Ortsjugendleiterin. So war also das Projekt geboren.<br />

Einmal in der Woche besuchen zehn Jugendliche im<br />

Alter zwischen elf <strong>und</strong> 15 Jahren nun das Pflege- <strong>und</strong> Betreuungsheim<br />

Ortenau in der Außenstelle Zell am Harmersbach.<br />

Doch bevor das „Zeitschenken“ losging, traf sich die Gruppe<br />

mehrmals. Und die <strong>Kinder</strong> lernten zunächst, sich mit der<br />

Krankheit Demenz auseinanderzusetzen. „Daneben kümmerten<br />

wir uns um die Organisation <strong>und</strong> sprachen uns mit<br />

den Eltern ab“, erinnert sich Michael Sachs, der stellvertretende<br />

Ortsjugendleiter. Außerdem stellten sie im Vorfeld das<br />

Material, Duftdosen <strong>und</strong> Tastbretter, her, das sie dann für<br />

den Besuch benötigten.<br />

„Die Tastbretter sind für die Bettlägrigen, die nicht direkt<br />

an den Aktionen teilnehmen können“, erklärt er. Sie bestehen<br />

aus Schwämmen <strong>und</strong> Bürsten. Außerdem gibt es noch<br />

Projekte deS MonatS<br />

Jung trifft auf Alt – eine gelungene Mischung<br />

43<br />

große, bunte Bretter mit Griffen, Schaltern <strong>und</strong> Perlenreihen.<br />

Sie laden zum Betasten, Drehen <strong>und</strong> Anfassen ein. „Patienten<br />

mit Demenz verspüren oft einen Bewegungsdrang, den<br />

sie hier stillen können“, ergänzt Michael Sachs.<br />

Auch die anderen Materialien dienen einerseits dem Spaß<br />

der Bewohner, andererseits haben sie auch einen Sinn: Sie<br />

beugen zum Beispiel Bewegungsunfähigkeit vor. „Seifenblasen<br />

pusten kann eine Lungenentzündung abwehren“,<br />

erläutert die Ortsjugendleiterin. Das alles gehört zur sogenannten<br />

spielerischen Therapie. „Die Zeitschenker setzen<br />

sich so mit Themen wie Alter <strong>und</strong> Tod auseinander <strong>und</strong> verlieren<br />

Berührungsängste“, sagt Susanne Sachs, „sie lernen,<br />

dass es Menschen schlechter geht, fragen viel <strong>und</strong> sind sehr<br />

interessiert.“<br />

Am 26. Juli 2012 stand schließlich der erste Besuch im Pflegeheim<br />

an. Es wurden zunächst fünf Bewohner beschenkt,<br />

später sollen es einmal acht bis zehn sein. Bei großen Aktionen<br />

sind dann alle, auch die Pfleger, am Start. Das erste<br />

Zeitschenken war ein Spielenachmittag. Die Gruppe aus<br />

Jung <strong>und</strong> Alt spielte Ping-Pong mit einem Schwungtuch oder<br />

Fußball. „Darauf hat sich ein leidenschaftlicher Fußballer im<br />

Pflegeheim besonders gefreut“, erinnert sich Armin, einer<br />

der Zeitschenker. Er <strong>und</strong> die anderen jugendlichen Projektmacher<br />

lernten, mit Demenzkranken zu sprechen <strong>und</strong> umzugehen.<br />

„Am schönsten fand ich es, dass sie so viel mit uns<br />

gelacht haben”, sagt die Zeitschenkerin Rebecca.<br />

Einige Bewohner des Pflegeheims wollten gar nicht, dass die<br />

jungen Engagierten wieder gehen. Zum Glück kommen sie<br />

nächste Woche ja wieder. „Und wenn sowohl den Jugendlichen<br />

als auch den Demenzkranken das Projekt gefällt, machen<br />

wir in den Herbstferien weiter“, erzählt die Ortsjugendleiterin<br />

Susanne Sachs mit Blick in die Zukunft.


Bericht<br />

„Zigeuner“ würden klauen, zu viele <strong>Kinder</strong> haben, nicht arbeiten wollen <strong>und</strong> nur auf der faulen Haut liegen.<br />

Von Hygiene würden sie auch nicht allzu viel verstehen. Das seien gängige Vorteile gegenüber Sinti<br />

<strong>und</strong> Roma, sagt Georgi Ivanov. Der 28-jährige Bulgare hat seinen europäischen Freiwilligendienst bei dem<br />

Berliner Verein „Amaro Drom“ angefangen, dessen Projekt „Fördern <strong>und</strong> Fußball“ zum Projekt des Monats<br />

Februar gewählt wurde. Er erzählt detailliert über die Aufgaben <strong>und</strong> die Idee von „Amaro Drom”.<br />

„Amaro Drom“ ist ein Jugendverband , der sich zum Ziel<br />

gesetzt hat, dass junge Roma <strong>und</strong> Nicht-Roma verantwortungsbewusste,<br />

aktive <strong>und</strong> gleichberechtigte Bürger werden.<br />

Denn die Situation der Sinti <strong>und</strong> Roma in ganz Europa<br />

ist alles andere als einfach. Oft werden sie diskriminiert,<br />

teilweise beiläufig <strong>und</strong> unauffällig, manchmal aber auch<br />

offensichtlich. „Es muss sich in den Köpfen der Bevölkerung<br />

etwas verändern <strong>und</strong> das geschieht nur sehr, sehr<br />

langsam“, sagt Georgi Ivanov. Mit Vorurteilen <strong>und</strong> Feindbildern<br />

lasse es sich anscheinend einfacher leben. Zumindest<br />

ist es einfacher, als diese zu hinterfragen.<br />

Heutzutage leben laut einer Studie der Stiftung „Erinnerung,<br />

Verantwortung <strong>und</strong> Zukunft“ zur aktuellen Bildungssituation<br />

deutscher Sinti <strong>und</strong> Roma schätzungsweise<br />

80.000 bis 120.000 in Deutschland, weitere 50.000 sind<br />

Flüchtlinge <strong>und</strong> sogenannte Arbeitsmigranten. Eine ziemlich<br />

große Bevölkerungsgruppe dafür, dass sie bis jetzt so<br />

wenig Beachtung geschenkt bekommen hat.<br />

Auch wenn die Diskriminierung vielleicht nicht so offen<br />

<strong>und</strong> brutal ausfällt wie in einigen südosteuropäischen Ländern,<br />

so existiert sie auch in Deutschland. Georgi Ivanov<br />

berichtet etwa davon, dass viele Sinti <strong>und</strong> Roma Probleme<br />

haben, eine Wohnung zu finden, da die Hausverwaltungen<br />

oder die Vermieter Angst haben, dass es Ärger gibt oder<br />

Projekte deS MonatS<br />

Mittendrin – am Rande der Gesellschaft<br />

Text: Alexandra Pipos<br />

Foto: Amaro Drom e.V.<br />

44<br />

sie die Miete nicht zahlen. Eine fehlende Krankenversicherung<br />

stelle ein weiteres Problem dar. Vor allem Flüchtlinge<br />

haben meistens keinen offiziellen Aufenthaltsstatus <strong>und</strong><br />

somit auch keine Zulassung zum Arbeitsmarkt. Keine Zulassung,<br />

keine Krankenversicherung. Sie kämpfen zudem<br />

mit Problemen wie Obdachlosigkeit <strong>und</strong> keinem geregelten<br />

Einkommen.<br />

Manchmal fast unmöglich: der Zugang zu<br />

Bildung<br />

Aber nicht nur Erwachsene haben unter der Diskriminierung<br />

zu leiden, auch ihre <strong>Kinder</strong>. So erhalten geduldete<br />

Roma, die nur eine befristete Aufenthaltserlaubnis haben,<br />

etwa kein <strong>Kinder</strong>geld für ihren Nachwuchs. Somit wird der<br />

Zugang zu Bildung teilweise unmöglich gemacht. In einigen<br />

B<strong>und</strong>esländern gibt es für <strong>Kinder</strong> geduldeter Sinti <strong>und</strong><br />

Roma noch nicht einmal eine Schulpflicht. Zudem werden<br />

überdurchschnittlich viele Sinti <strong>und</strong> Roma-<strong>Kinder</strong> auf Förderschulen<br />

geschickt.<br />

Aber auch diejenigen, die in Deutschland sesshaft sind,<br />

haben ähnliche Probleme. Georgi Ivanov beschreibt, dass<br />

nicht ausreichende Deutschkenntnisse sowie die Suche<br />

nach einem Ausbildungsplatz häufig eine Hürde darstellen.<br />

Es sei schwierig, Firmen zu finden, die bereit sind, Sinti


oder Roma in ihren Betrieben auszubilden. Somit ist es für<br />

<strong>Kinder</strong> von Sinti <strong>und</strong> Roma einfacher gesagt als getan, sich<br />

unsere Gesellschaft zu erschließen.<br />

Sich nicht mehr selbst abstempeln<br />

Genau hier kommt „Amaro Drom“ ins Spiel. Auf spielerische<br />

Art <strong>und</strong> Weise will der Verein die <strong>Kinder</strong> unterstützen.<br />

Etwa mit dem Projekt „Fördern <strong>und</strong> Fußball”. Der Verein<br />

will eine Fußballmannschaft auf die Beine zu stellen, die<br />

regelmäßig trainiert <strong>und</strong> Spiele oder Turniere organisiert.<br />

Dabei geht es um mehr als um Tore schießen. Dem Verein<br />

geht es vor allem darum, das Selbstbewusstsein junger<br />

Roma zu stärken, genauso wie den Glauben an sich selbst<br />

<strong>und</strong> die eigenen Fähigkeiten.<br />

Dies hänge damit zusammen, dass noch viele junge Roma<br />

Schwierigkeiten mit ihrem eigenen kulturellen Hintergr<strong>und</strong><br />

haben, sagt Georgi Ivanov. Sie stempeln sich selbst als<br />

„Roma” <strong>und</strong> den damit verb<strong>und</strong>enen Vorurteilen <strong>und</strong> Klischees<br />

ab. Aber Roma <strong>und</strong> erfolgreich zu sein, ist kein Widerspruch.<br />

Die <strong>Kinder</strong> sollen sich nicht länger für das, was<br />

sie sind, schämen. Sie sollen vielmehr lernen, sich mit diesen<br />

Klischees kritisch auseinanderzusetzen <strong>und</strong> sich nicht<br />

mehr davon beeinflussen lassen.<br />

Projekte deS MonatS<br />

45<br />

Bericht<br />

Connecting People<br />

Es ist ein Thema, dem in Deutschland nicht viel<br />

Beachtung geschenkt wird. Ein Thema, das lieber<br />

unter den Tisch gekehrt wird. Es geht um Menschen,<br />

die nicht mehr in ihrer Heimat leben können,<br />

weil sie dort um ihr Leben fürchten müssen:<br />

Es geht um Menschen, die ihre Heimat verlassen<br />

mussten <strong>und</strong> zu Flüchtlingen wurden. Wir schicken<br />

Geld in ferne Länder <strong>und</strong> versuchen, dort zu<br />

helfen, wo es am wichtigsten ist. Dabei vergessen<br />

wir, dass sich die Schicksale traumatisierter<br />

Menschen, von Menschen ohne Perspektive <strong>und</strong><br />

Kontakt zur Außenwelt, manchmal auch vor unserer<br />

eigenen Haustüre abspielen.<br />

Text: Anna Büttner<br />

Chiona Hufnagel<br />

Die deutsche Flüchtlingspolitik ist diffus. Als Asylbewerber<br />

sitzen sie, ein „Geduldetwerden“ auf der Stirn geschrieben,<br />

in Deutschland fest. Ihnen wird verweigert, Deutsch zu lernen,<br />

da ungewiss ist, wo sie letztendlich leben werden. Es<br />

gibt Häuser, in denen ausschließlich Asylbewerber leben.<br />

Es sind Häuser voller Menschen, die alle irgendwie dieselbe<br />

Geschichte zu erzählen haben, aber keine gemeinsame<br />

Sprache finden. Sie bekommen 40 Euro im Monat, einen<br />

Betrag, der gerade einmal reicht, das Nötigste zu kaufen.<br />

Arbeiten dürfen sie nicht. Es ist zunächst keine psychologische<br />

Hilfe für sie vorgesehen, auch wenn viele schreckliche<br />

Bilder in ihrem Kopf sie wohl nie loslassen werden.<br />

Sie warten. Die Zeit verstreicht. Die Langeweile, die Gedanken,<br />

die nicht ausgesprochen werden können, nehmen<br />

immer mehr zu. Manchmal sind auch die Häuser in einem<br />

Zustand, der weit von unserem Standard abweicht.<br />

Eine Gruppe Studenten aus Bamberg stellt sich der Angst.


Sie sind auf die Idee gekommen, den Flüchtlingen, die in<br />

den oberfränkischen Städten Forchheim <strong>und</strong> Bamberg leben,<br />

die Zeit zu erleichtern, ihnen das Gefühl zu geben,<br />

dass sie zwar ihre Heimat verloren haben, aber sich in<br />

Deutschland trotzdem zu Hause fühlen dürfen: Durch Kennenlernspiele<br />

<strong>und</strong> Gitarrenunterricht. Es sind kleine Gesten,<br />

kleine Schritte. Doch sie haben Symbolcharakter. Jana,<br />

Projektmacherin von „Connecting People“, gibt zu bedenken,<br />

dass „die Leute irgendwo in der Pampa sitzen, völlig<br />

auf sich alleine gestellt”. Sie leben in einem alten Gasthof,<br />

25 km von der Stadt entfernt. „Einmal am Tag, morgens<br />

um fünf Uhr fährt ein Bus.” Eine ernüchternde Situation.<br />

Die kleinen Schritte sind ein wenig so wie Fahrradfahren<br />

lernen. Anfangs braucht man Hilfe, doch wenn man erst<br />

einmal auf dem Fahrrad sitzt <strong>und</strong> fährt, läuft es von ganz<br />

alleine. Deswegen haben die Studenten alte Fahrräder besorgt,<br />

diese in einer gemeinsamen Aktion repariert <strong>und</strong> das<br />

als Möglichkeit genutzt, einander besser kennenzulernen.<br />

Es werden Kontakte geknüpft, man hilft sich gegenseitig.<br />

Hände <strong>und</strong> Füße werden zum Sprachrohr. Es wird viel gelacht<br />

<strong>und</strong> die Asylbewerber sind schließlich mobil. Denn<br />

die 40 Euro im Monat reichen nicht für die Busfahrkarten,<br />

die sie benötigen, um die Behördengänge zu erledigen.<br />

Zusätzlich übernehmen die Studenten Patenschaften <strong>und</strong><br />

besuchen die Flüchtlinge mindestens einmal in der Woche.<br />

Jana hat dem Ehepaar, um das sie sich verstärkt kümmert,<br />

einen alten Computer besorgt <strong>und</strong> diesen gemeinsam mit<br />

ihrem Fre<strong>und</strong> repariert. Zuletzt haben sie eine Weihnachtsfeier<br />

mit Studenten organisiert, die Interesse an dem Projekt<br />

haben.<br />

Jeder erlebt den Umgang anders <strong>und</strong> doch sehen <strong>und</strong> fühlen<br />

sie alle die Erfolge, die das Projekt bringt. Jana erzählt,<br />

dass in einem der Asylybewerberhäuser in Bamberg eine<br />

junge Frau lebt, die ihren Mann seit ihrer Flucht nicht wieder<br />

gesehen hat. Die hochschwangere Frau war alleine <strong>und</strong><br />

hatte keine Krankenversicherung oder eine Hebamme, die<br />

sie unterstützt hätte. Jana hat sich ihrer angenommen <strong>und</strong><br />

möchte sich nicht vorstellen, wie es anderen Frauen geht,<br />

die keine ehrenamtliche Unterstützung bekommen.<br />

Projekte deS MonatS<br />

46<br />

Projektmacher Jörg gibt Gitarrenunterricht <strong>und</strong> erzählt tief<br />

beeindruckt von der Gastfre<strong>und</strong>schaft der Asylbewerber,<br />

wie sie ihr weniges Hab <strong>und</strong> Gut teilen <strong>und</strong> dass es vielen<br />

gar nicht um das Musikmachen, sondern um das Zusammensein<br />

geht.<br />

„Mir reicht es, dass der Junge glücklich<br />

ist, wenn ich ihm die Hand schüttle.“<br />

Michael Gestner vom Projektpartner Innovative Sozialarbeit<br />

e.V. ist sich bewusst, dass es um die kleinen Erfolge<br />

geht. Er erzählt von einem Jungen, der aus seinem Land<br />

fliehen musste. Als er ihm bei der Weihnachtsfeier die<br />

Hand schüttelte <strong>und</strong> ausdrückte, dass ihm etwas an dem<br />

Jungen liege, da habe er nur gegrinst. „Mir reicht es, dass<br />

der Junge glücklich ist, wenn ich ihm die Hand schüttle.“<br />

53.347 Menschen haben letzes Jahr in Deutschland Asyl<br />

beantragt. Das sind über 53.000 Menschen, denen es vielleicht<br />

genauso geht wie den Flüchtlingen aus Bamberg.<br />

Aber es sind die kleinen Schritte, die zählen, die einen<br />

großen Unterschied machen, einen Stein ins Rollen bringen.<br />

Aus den anfänglich fünf Studenten sind so Schritt für<br />

Schritt 25 geworden. 25 Studenten, die einen Teil ihrer Freizeit<br />

damit verbringen, mit denen zusammen zu sein, die<br />

vergessen werden.<br />

Sie wollen weiter machen, auch ohne<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong>, auf das Schicksal der Asylbewerber<br />

aufmerksam machen, in der Hoffnung,<br />

langfristig etwas zu verändern.


Bericht<br />

Auf den ersten Blick wirkt der „Firmenkeks“<br />

gewöhnlich. Ein Butter- oder Schokokeks, einzeln<br />

verpackt in einer Folie, hinten ist ein Sticker<br />

drauf. Wer dann allerdings probiert, der wird vom<br />

Geschmack überzeugt. Wer dazu noch den Sticker<br />

liest, der ist von der Idee wahrscheinlich begeistert.<br />

Wegen dieser Idee, mit Menschen mit geistiger<br />

Behinderung individuelle Kekse für Firmen mit<br />

ihrem Logo zu backen, wurde das Projekt „Firmenkeks“<br />

Projekt des Monats Mai.<br />

Text: Fabian Schäfer<br />

Fotos: Lebenshilfe Mannheim,<br />

Fabian Schäfer<br />

Im Jahr 2009 fing alles an. Damals entstand die Idee der Lebenshilfe<br />

Mannheim, einen Keks auf ehrenamtlicher Basis<br />

mit individuellem Firmenlogo zu backen <strong>und</strong> diesen dann<br />

an die entsprechenden Unternehmen zu verkaufen. Ein<br />

Jahr später kam die Lebenshilfe dann auf SIFE zu. Das steht<br />

für „Students In Free Enterprise“ <strong>und</strong> ist eine der größten<br />

Studentenorganisationen der Welt. „Bei SIFE machen wir<br />

Projekte <strong>und</strong> können dabei unser theoretisches Uni-Wissen<br />

praktisch umsetzen <strong>und</strong> zum Leben erwecken“, erklärt die<br />

21-jährige BWL-Studentin Michaela Platz. Seit 2010 unterstützt<br />

sie mit neun anderen Studenten den „Firmenkeks“.<br />

Projekte deS MonatS<br />

Knusprig, lecker, handgemacht<br />

47<br />

Hilfe zur Selbsthilfe<br />

Das Ziel von SIFE ist es, den „Firmenkeks“ zu unterstützen<br />

<strong>und</strong> das Unternehmen auf eine Basis zu stellen, damit es<br />

sich irgendwann selbst verwalten <strong>und</strong> organisieren kann.<br />

„Wir haben uns etwa um die Produktion gekümmert, die<br />

Buchführung <strong>und</strong> die Homepage. Langfristig soll das Projekt<br />

dann ohne uns laufen, wir wollen den Startschuss<br />

geben“, sagt der 20-jährige Benedikt Wiechers, einer der<br />

zehn ehrenamtlichen Studenten.<br />

Anfangs gab es einige Schwierigkeiten<br />

<strong>und</strong> Hürden, die die Projektmacher<br />

überwinden mussten. „Es<br />

ist nun mal das echte Leben: Ein<br />

neues Produkt muss gut vermarktet<br />

<strong>und</strong> so bekannter gemacht<br />

werden. Es war wirklich schwierig,<br />

Kontakt zu den Firmen aufzunehmen.<br />

Wenn wir aber den Keks erst<br />

einmal präsentieren konnten, waren<br />

die meisten sehr begeistert“,<br />

erzählt Michaela. So gehören mittlerweile<br />

große Unternehmen wie<br />

BAYER, Telekom oder die FAZ zu<br />

Firmenkeks


den deutschlandweiten K<strong>und</strong>en, die handgemachte Kekse<br />

mit ihrem Logo als Werbegeschenke weitergeben <strong>und</strong><br />

damit Gutes tun. „Es ist ein dreifacher Effekt: Der Keks<br />

schmeckt lecker, es ist ein einzigartiges Werbemittel <strong>und</strong><br />

man unterstützt Menschen mit geistiger Behinderung –<br />

besser geht es nicht“, erläutert Benedikt.<br />

Finanzierung von zwei Arbeitsplätzen<br />

Besonders stolz macht die Studenten, dass sie mit ihrem<br />

Engagement mittlerweile schon zwei Arbeitsplätze geschaffen<br />

haben. Therese Oeldorf ist Projektleiterin <strong>und</strong><br />

direkt bei der Lebenshilfe angestellt. „Wenn SIFE sich zurückzieht,<br />

werde ich das Management ganz übernehmen“,<br />

erklärt sie ihre Aufgabe. Die zweite Angestellte ist die<br />

49-jährige Michaela Scholl. Trotz ihrer geistigen Behinderung<br />

nimmt sie am ganzen Produktionsablauf teil – vom<br />

Bestempeln der Kekse, über das Backen, bis zum Einpacken<br />

<strong>und</strong> Verschweißen „Hier kann ich zeigen, was ich<br />

trotz meiner Behinderung kann. Ich will doch nicht nur den<br />

ganzen Tag Däumchen drehen! Am Ende des Tages weiß<br />

Projekte deS MonatS<br />

48<br />

ich dann auch wirklich, weshalb ich müde bin“, erzählt sie<br />

voller Begeisterung.<br />

Die Studenten geben ein Stück ihrer Freizeit auf, um den<br />

„Firmenkeks“ zu unterstützen. „Wir sehen direkt, was dabei<br />

rauskommt, wir haben die Kekse in der Hand. Ich gehe<br />

immer mit einem Lächeln wieder aus der Lebenshilfe“,<br />

begründet die 21-jährige Studentin Michaela ihre Motivation.<br />

Auch Benedikt teilt diese Meinung: „Ich bin an einer<br />

guten Uni, genieße eine super Ausbildung. Wieso soll ich<br />

dann nicht mein Wissen auch weitergeben <strong>und</strong> damit Gutes<br />

tun?“<br />

Die Auftraggeber erhalten ein qualitativ hochwertiges <strong>und</strong><br />

einzigartiges Produkt, das für sie mehr als ein Werbegeschenk<br />

ist, denn sie zeigen gleichzeitig ihr gesellschaftliches<br />

Engagement. Allen Beteiligten ist die Freude wirklich<br />

anzusehen. Die Studenten unterstützen hier ein tolles Projekt<br />

auf nachhaltige Art <strong>und</strong> Weise. Deshalb ist der „Firmenkeks“<br />

zurecht Projekt des Monats Mai geworden!


Foto: Susann Schwaß<br />

think BiG zu GaSt Bei …<br />

„Es geht nicht darum, zu warten, bis der Sturm vorbei<br />

ist, sondern darum, zu lernen, im Regen zu tanzen.“<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> zu Gast bei …<br />

49<br />

Chiona Hufnagel


Ein Nachmittag mit dem B<strong>und</strong>espräsidenten<br />

R<strong>und</strong> 450 Jugendliche im Garten von Schloss Bellevue? Das ist nicht alltäglich. Doch am 18. Juni 2012 lud<br />

B<strong>und</strong>espräsident Joachim Gauck ein, gemeinsam mit ihm das DemokratieFest zu feiern. Erstmals gab das „DemorkatieFest“<br />

des Bündnisses „DemokratieErleben“ gesellschaftlich engagierten Jugendlichen die Möglichkeit,<br />

miteinander in Kontakt zu treten <strong>und</strong> sich über ihre Erlebnisse auszutauschen. Mit dabei war auch die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

Jugendredaktion, um von diesem abwechslungsreichen <strong>und</strong> spannenden Nachmittag zu berichten.<br />

Bevor Joachim Gauck das Fest eröffnete, zog er zunächst<br />

sein Jackett <strong>und</strong> seine Krawatte aus - an diesem Tag waren<br />

es 30 Grad in Berlin - <strong>und</strong> vermittelte den Jugendlichen<br />

so den Eindruck eines authentischen <strong>und</strong> sympathischen<br />

Politikers.<br />

Dieser Eindruck bestätigte sich, als sich Gauck zum sogenannten<br />

„Speeddating“, einem Kennlernspiel, mit einigen<br />

Jugendlichen an den Tisch setzte. Während der kurzen Vorstellungsr<strong>und</strong>e,<br />

in der jeder Teilnehmer etwas über sein soziales<br />

Engagement erzählen konnte, berichtete Gauck von<br />

seinen Erlebnissen als Pastor in der DDR <strong>und</strong> wie es dazu<br />

kam, dass er sich in den Widerstand gegen das Regime<br />

think BiG zu GaSt Bei …<br />

Text: Lea Unland<br />

Foto: Susann Schwaß<br />

50<br />

begab. Durch seine lockere Art fühlte man sich dabei nicht<br />

wie im Gespräch mit einem hochrangigen Politiker, sondern<br />

vielmehr wie mit einem alten Bekannten.<br />

Im Anschluss an die Gespräche am Tisch konnten die Jugendlichen<br />

an verschiedenen Aktivstationen etwa ihr Improvisationstalent<br />

testen oder mit Hilfe von Graffiti ihre<br />

Meinung ausdrücken.<br />

In den Dialogforen wurden unterdessen Themen diskutiert,<br />

wie etwa jugendliches Engagement in den unterschiedlichsten<br />

Bereichen, zum Beispiel in der Kirche oder im Umweltschutz.


Was bedeutet für Sie eigentlich<br />

Demokratie?<br />

Gegen Ende der Veranstaltung stellte sich der B<strong>und</strong>espräsident<br />

den Fragen, die den jugendlichen Teilnehmern am<br />

meisten unter den Nägeln brannten. Sie wollten unter anderem<br />

wissen, ob ihm sein Job Spaß mache. Seine Antwort<br />

darauf lautete einfach: „Also, wer das nicht merkt, der war<br />

heute nicht dabei!“<br />

Den krönenden Abschluss der Veranstaltung bildete die<br />

gut gelaunte Berliner Band MIA mit einem energiegeladenen<br />

Konzert.<br />

think BiG zu GaSt Bei …<br />

51<br />

Während viele der Gäste sich vor der Bühne von der Musik<br />

mitreißen ließen, beantwortete Gauck der Jugendredaktion<br />

noch eine Frage. Und zwar, was für ihn Demokratie<br />

bedeutet:<br />

„Demokratie ist ein ganz lebendiges <strong>und</strong><br />

lebenswertes Klima, in dem wir einander<br />

achten <strong>und</strong> einander auch helfen.“


Interview mit Wolfgang Thierse<br />

„Ihr schmückt diesen Garten“– mit diesen Worten eröffnete B<strong>und</strong>espräsident Joachim Gauck das DemokratieFest,<br />

zu dem im Juni 2012 über 400 Jugendliche in den Garten von Schloss Bellevue in Berlin eingeladen<br />

wurden. Mit dem Fest wurde das Engagement junger Menschen gewürdigt, die sich für Demokratie einsetzen.<br />

Neben dem Gastgeber, B<strong>und</strong>espräsident Joachim Gauck, waren auch andere bekannte Gesichter zu sehen,<br />

wie Dr. Wolfgang Thierse, der Vizepräsident des <strong>Deutsche</strong>n B<strong>und</strong>estages. Mit ihm konnte die Jugendredaktion<br />

darüber sprechen, wieso sich die Einstellung zur Demokratie in der Gesellschaft ändern muss <strong>und</strong> weshalb<br />

vermeintlich einfache Antworten keine Lösungen bringen.<br />

JuRe: Wo müsste Deutschland Ihrer Meinung nach<br />

noch demokratischer werden?<br />

Thierse: Ich denke, wir haben eine ganz gut laufende<br />

Demokratie. Allerdings hängt die Lebendigkeit einer Demokratie<br />

immer davon ab, dass es genügend Menschen<br />

gibt, die sich in ihr engagieren. Diese müssen bereit sein,<br />

nicht nur eigene Interessen <strong>und</strong> Meinungen zu vertreten,<br />

sondern auch das sogenannte Allgemeinwohl im Auge zu<br />

behalten. Dafür muss man immer wieder neu werben <strong>und</strong><br />

um Verständnis bitten.<br />

JuRe: Die Demokratie ist also kein Selbstläufer?<br />

Thierse: Nein, ist sie nicht. Man muss lernen, die eigenen<br />

Interessen zu relativieren. Außerdem ist die Demokratie<br />

auch ein Regelwerk <strong>und</strong> ein Gefüge von Institutionen. Des<br />

Weiteren muss man Tugenden haben, wie die Bereitschaft<br />

für Solidarität, Leidenschaft für Gerechtigkeit – all das geschieht<br />

nicht von selbst, sondern muss erlernt werden.<br />

Die Demokraten müssen immer auch für<br />

ihren Nachwuchs sorgen, von alleine<br />

passiert da nichts.<br />

think BiG zu GaSt Bei …<br />

„Nicht nur meckern, sondern die eigene Kritik<br />

produktiv machen“<br />

Text: Fabian Schäfer<br />

Foto: Susann Schwaß<br />

52<br />

JuRe: Ab wann haben wir in Deutschland eine gute<br />

Demokratie?<br />

Thierse: Wir haben sie schon, davon bin ich überzeugt!<br />

Aber sie ist nicht perfekt – es gibt viel zu viele Leute, die sich<br />

nicht für demokratische Politik interessieren. Die Wahlbeteiligungen<br />

sinken <strong>und</strong> das Jammern, Nörgeln <strong>und</strong> Schimpfen<br />

ist zwar verständlich, aber es hilft nicht. Die Einstellung zur<br />

Demokratie muss man ändern – <strong>und</strong> demokratische Politik<br />

muss auch einem gerechten <strong>und</strong> sozialen Ausgleich dienen.


Solange ganz viele Menschen Ungerechtigkeiten<br />

erfahren, werden sie mit<br />

diesem System unzufrieden sein.<br />

JuRe: Sie sagen, es gibt zu viel Nörgeln <strong>und</strong> Meckern<br />

– fehlt da das Handeln?<br />

Thierse: Ja, man muss die eigene Kritik oder das Unzufriedensein<br />

produktiv machen, denn nur zu Hause oder in<br />

der Kneipe zu sitzen <strong>und</strong> auf „die Politiker da oben“ zu<br />

schimpfen, hat noch nie was geholfen.<br />

JuRe: Wo liegen heutzutage Gefahren für die Demokratie?<br />

Thierse: Eine der Gefahren besteht darin, dass ganz viele<br />

Menschen voller Ängste <strong>und</strong> Unsicherheit sind. Gründe<br />

dafür sind die dramatischen Veränderungen, in denen wir<br />

uns befinden, aber auch erfahrene Arbeitslosigkeit oder die<br />

Angst vor sozialer Not. Dass Menschen in einer Situation<br />

tiefer Verunsicherung <strong>und</strong> Angst empfänglich sind für die<br />

einfachen Botschaften der Populisten, der „Rattenfänger“<br />

– das ist immer eine Gefährdung von Demokratie.<br />

think BiG zu GaSt Bei …<br />

53<br />

Je komplexer die Probleme, umso größer ist der Wunsch<br />

nach den einfachen <strong>und</strong> schnellen Antworten.<br />

Die Demokratie liefert aber nie schnelle<br />

Antworten, sondern Demokratie ist Streit<br />

<strong>und</strong> mühselige Auseinandersetzung.<br />

JuRe: Beim heutigen DemokratieFest ist viel die Rede<br />

davon, dass Demokratie nicht selbstverständlich ist.<br />

Wieso ist aus Ihrer Sicht das Thema Demokratie wieder<br />

aktuell, wieso ist sie nicht selbstverständlich?<br />

Thierse: Demokratie ist nicht wieder, sie ist immer aktuell!<br />

Und es geht immer darum, dass man die Demokratie nicht<br />

einer Generation, also den Alten, überlässt, sondern dass<br />

alle Generationen <strong>und</strong> alle sozialen Schichten sich in ihr<br />

engagieren.


Das bewegt<br />

Vom 21. bis zum 26. August fand in Berlin die „Campusparty“, das größte Technologiefestival der Welt, statt. 10.000<br />

Menschen haben sich vernetzt, gelernt <strong>und</strong> gemeinsam Vorträgen von bekannten Persönlichkeiten, wie Paulo Coelho,<br />

gelauscht. Was der gefeierte Schriftsteller auf dem Festival sprach, <strong>und</strong> was er mit Technologie zu tun hat, das lest ihr hier.<br />

Es ist der 23. August 2012, der zweite Tag der Campus Party<br />

in Berlin <strong>und</strong> heute wird der erste Tag dieses Jahres sein, an<br />

dem der Schriftsteller Paulo Coelho in der Öffentlichkeit vor<br />

einer Menschenmenge spricht. Die Menschen, die sich hier im<br />

alten Flughafen Tempelhof vor der Bühne versammelt haben,<br />

scheinen aus unterschiedlichen Gründen hier zu sein. Da sind<br />

diejenigen, die den gefeierten Bestsellerautor, dessen Bücher<br />

in 73 Sprachen übersetzt wurden, verehren. Da sind jene, die<br />

noch nie von Coelho gehört haben, sich bloß neugierig der<br />

Menschentraube angeschlossen haben. Und hier sind auch<br />

jene, im Publikum, die sich fragen, was Paulo Coelho mit<br />

Technologie zu tun hat <strong>und</strong> hier sind, um das Rätsel zu lüften.<br />

Als Paulo die Bühne betritt, fühlt es sich jedenfalls ein bisschen<br />

so an, als würde ein Rockstar auflaufen. Die Zuschauer,<br />

die dicht auf dicht stehen, interessieren sich wirklich für Paulo<br />

Coelho. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass<br />

Coelho im Internet sehr aktiv ist: Er betreibt „Social Media“<br />

wie kaum ein anderer <strong>und</strong> das bindet die Fans. Die Moderatorin<br />

begrüßt den kleinen, fast glatzköpfigen Mann mit den<br />

Worten: „Das ist der Mann, der vier Millionen Twitterabonennten<br />

<strong>und</strong> acht Millionen Facebookfans hat.“ Paulo korrigiert<br />

sie mit einem verschmitzten Lächeln: „Fünf Millionen.<br />

Es sind fünf Millionen bei Twitter <strong>und</strong> neun bei Facebook.“ Er<br />

klingt dabei, als handele sich es um die Frage, ob er nun zwei<br />

Flaschen Milch im Kühlschrank stehen hat, oder drei.<br />

Als die Bühne ganz dem Autoren gehört, beginnt er seinen<br />

Vortrag, als spräche er regelmäßig auf Technologiemessen.<br />

think BiG zu GaSt Bei …<br />

Wie aus Träumen Buchstaben werden<br />

Text: Chiona Hufnagel<br />

Foto: Susann Schwaß<br />

54<br />

Müsste er als Buchautor nicht eigentlich ein Gegner des<br />

Internets sein? Er erhebt das Wort <strong>und</strong> erzählt uns aus der<br />

Bibel: „Am Anfang, da war das Wort“, beginnt der wichtigste<br />

Text der Menschheitsgeschichte. „Die Zivilisation besteht<br />

schließlich wegen der Fähigkeit der Menschen, miteinander<br />

zu kommunizieren. Ihr, die ihr heute hier seid, wollt Inhalte<br />

virtuell teilen. Früher wurden Bücher geschrieben, um den<br />

damaligen Zeitgeist auszudrücken.“ Da ist sie, die erste Verbindung<br />

zwischen Büchern <strong>und</strong> Internet.<br />

Er sinniert. „Ihr denkt vielleicht, Technologie gäbe es erst seit<br />

Kurzem, aber die gab es schon zur Zeit des Papyrus. Das Aufrollen<br />

der Papyrusrolle zählt zu den Technologien. Dann kam<br />

Gutenberg <strong>und</strong> plötzlich wurde alles effizienter. Und wie reagierten<br />

die Mönche darauf, die vorher alles abgeschrieben<br />

haben? Sie bekamen Angst <strong>und</strong> sagten, dass man diesen Dämon<br />

zerstören solle. Sie sagten, von dem Moment an, in dem<br />

die Menschen Zugang zu Büchern hätten, könnten sie urteilen.“<br />

Paulo Coelho spannt den Bogen in die Gegenwart: „Ihr,<br />

wir zählen, weil auch heute die Herrschenden Inhalte kontrollieren<br />

wollen <strong>und</strong> wir hier sind, um sie trotzdem zu teilen.“


Natürlich. Paulo Coelho teilt Inhalte mittels Büchern <strong>und</strong><br />

wir teilen sie durch das Internet. Paulo zeigt das Potential,<br />

das diese modernen Technologien für uns haben. WikiLeaks<br />

<strong>und</strong> mehr Transparenz in der Politik sind nur zwei Stichpunkte<br />

unter vielen. „Wir leben in einer Zeit, in der wir all das<br />

tun können, wovon wir träumen. Wir können heutzutage<br />

zusammenarbeiten <strong>und</strong> dadurch so viel möglich machen.“<br />

Paulo Coelho betont, dass die Nutzer des Internets ein großes<br />

Machtpotential haben, nicht nur hier auf der Campus Party,<br />

sondern zu Hause in den eigenen vier Wänden.<br />

Paulo steht eine ganze St<strong>und</strong>e auf der Bühne. Es scheint,<br />

als erkläre ein junggebliebener Großvater die Welt. Er stellt<br />

scharfsinnig Verbindungen her, wo man vorher vielleicht keine<br />

vermutet hätte. Ein Schriftsteller, der wie Paulo 65 Jahre<br />

Lebenserfahrung hat, nimmt jedem Technikfeind die Argumentationsgr<strong>und</strong>lage.<br />

Er sagt, man müsse sich eben der Realität<br />

anpassen. Er sieht Technologien als Bereicherung <strong>und</strong><br />

hat gelernt, wie man mit ihnen das Glück verdoppelt. „2008<br />

habe ich mich das erste Mal mit Social Media befasst. Ich war<br />

total fasziniert, dass ich plötzlich mit meinen Fans in Kontakt<br />

treten konnte <strong>und</strong> meine Bücher online teilen konnte.“ Man<br />

kann die verdutzten Blicke spüren. Paulo lehnt sich zurück<br />

<strong>und</strong> verschränkt die Arme. „Ja, damals wurde ich gefragt:<br />

„Paulo, hast du keine Angst, dass du Verluste machst, wenn<br />

du deine Bücher umsonst zur Verfügung stellst?“ Und mir<br />

wurde gesagt, dass ich die sicher zu verzeichnen haben werde.“<br />

Er fährt mit der Hand nach unten, so als wolle er einen<br />

imaginären Bücherstapel schrumpfen lassen. Er grinst <strong>und</strong><br />

fährt mit der andern Hand nach oben. „Aber natürlich habe<br />

ich mehr Bücher verkauft“, erklärt er die Geste. „Warum?<br />

Wenn Menschen etwas umsonst bekommen, das sie schätzen,<br />

dann steigt ihre Bereitschaft es zu kaufen.“<br />

Am Ende der St<strong>und</strong>e fordert er die Menge auf Fragen zu stellen.<br />

Aber es traut sich zunächst niemand so recht. Schließlich<br />

meldet sich doch ein Mann. Er fühlt sich sicher, <strong>und</strong> denkt<br />

vielleicht, Paulo aus der Reserve locken zu können. „Wie ist<br />

das denn. Hier sind viele, die gerade anfangen mit ihrem Geschäftsmodell.<br />

Die können es sich doch nicht leisten, einfach<br />

ihre Produkte umsonst anzubieten.“ Paulo blickt den Mann<br />

an, <strong>und</strong> sagt schließlich: „Als ich angefangen habe zu schrei-<br />

think BiG zu GaSt Bei …<br />

55<br />

ben, habe ich dafür bezahlt, dass meine Werke veröffentlicht<br />

werden. Wer wirklich etwas teilen will, der macht das nicht<br />

des Profits wegen, sondern, weil er seiner Seele Ausdruck<br />

verleihen will.“ Das ist wieder eine Botschaft, die ein großer<br />

Denker jungen Programmieren mit auf den Weg geben kann.<br />

Eine Botschaft, die vielleicht nur von einem Autoren ausgesprochen<br />

werden kann. „Also sollen wir alles teilen?“, schallt<br />

es durch die Halle. „Nein, nicht deine Fre<strong>und</strong>in!“, sagt Paulo<br />

<strong>und</strong> lacht.<br />

Paulo ermutigt, Ideen zu teilen. „Wenn ich alleine einen Sonnenuntergang<br />

anschaue, dann ist das verheerend. Aber wenn<br />

ich zu zweit bin, sagen wir in einem dreckigen Bahnhof, mit<br />

jemandem, in den ich verliebt bin, dann <strong>und</strong> nur dann ist das<br />

fantastisch.“ Schließlich sagte er, dass nun jemand die letzte<br />

Frage stellen dürfe. Die Hände schnellen nach oben, das<br />

Mikrofon wandert zu einer Frau in der letzten Reihe. „Paulo,<br />

du hast einmal gesagt, dass wir niemals aufhören dürfen zu<br />

träumen, weil das die Nahrung für unsere Seele ist. Was ist<br />

dein größter Traum, den du nie aufgeben willst?“ Alle schauen<br />

gebannt zu Paulo. Was wird er uns sagen? Ein Mann, der<br />

sein Vermögen sicher nicht mehr zählen kann <strong>und</strong> einer der<br />

meistgelesenen Autoren der Welt ist?<br />

„Nun, meine Eltern wollten, dass ich Ingenieur werde. Sie<br />

hielten mich für verrückt, weil ich schreiben wollte <strong>und</strong> steckten<br />

mich deshalb dreimal in eine Klinik. Später habe ich bei<br />

einer Plattenfirma gearbeitet. Meine Eltern dachten: „Er verdient<br />

Geld, also ist er nicht mehr verrückt“. Ich hatte Liebe,<br />

hatte ‚Sex, drugs and Rock‘n‘Roll‘, aber ich war nicht glücklich.<br />

Dann habe ich geschrieben, denn das war immer mein<br />

Traum. Damals stand ich vor der Entscheidung: Entweder ich<br />

vergesse meinen Traum, oder ich kämpfe für ihn – ich habe<br />

gekämpft. Und das war gut so. Ich meine, das ist der einzige<br />

Gr<strong>und</strong> warum ich heute zu euch sprechen kann, oder?“<br />

Und mit diesen Worten verlässt er die Bühne. Er hat das<br />

Publikum sichtlich beeindruckt, ohne seine Person in den<br />

Mittelpunkt zu stellen. Er läuft davon. Ganz unauffällig verschwindet<br />

er, in grauem Hemd <strong>und</strong> schwarzer Hose, mit seinem<br />

Bodyguard in der Menge. Ich stelle mir vor, wie er nach<br />

Hause fährt, der öffentlichkeitsscheue Paulo – dahin, wo aus<br />

seinen Träumen Buchstaben werden.


Nachgehakt: <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> in Irland<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> gibt es in fünf europäischen Ländern: Irland, England, Tschechien, der Slowakei <strong>und</strong> Deutschland.<br />

Das Gr<strong>und</strong>prinzip ist immer das gleiche: Jugendliche machen Projekte <strong>und</strong> werden dabei von Telefónica <strong>und</strong><br />

einer Stiftung unterstützt. Doch natürlich ist <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> trotzdem in jedem Land unterschiedlich. Um zu sehen,<br />

wie <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> in anderen Ländern abläuft, habe ich „<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Ireland“ einen Besuch abgestattet.<br />

Es ist Anfang Juli <strong>und</strong> ich stehe im o2-Gebäude in Dublin.<br />

Meine Mission: Die irische Version von <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> kennenlernen.<br />

Mitten im Getümmel der Mitarbeiter warte ich auf Fiona<br />

Meehan, die Programmleiterin von „<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Ireland“. Als<br />

ich mich umsehe, stelle ich fest, dass das Innenleben des Gebäudes<br />

fast haargenau so aussieht wie das des o2-Towers in<br />

München. Es herrscht eine fre<strong>und</strong>liche, helle Amtosphäre <strong>und</strong><br />

überall ist etwas von dem typischen o2-Blau zu finden. Ich<br />

freue mich darauf, heute an dem monatlichen Treffen teilnehmen<br />

zu können, bei dem ein Gremium entscheidet, welche<br />

Projekte von <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> gefördert werden sollen.<br />

„Guten Tag!“ Fionas sympathische Stimme reißt mich aus<br />

meinen Gedanken. Ich begrüße sie <strong>und</strong> wir laufen zum Büro<br />

von „Headstrong“, dem irischen Äquivalent zur <strong>Deutsche</strong>n<br />

<strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> <strong>Jugendstiftung</strong> (DKJS), die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> zusammen<br />

mit Telefónica Germany in Deutschland umsetzt. Auf dem<br />

Weg dorthin erklärt mir Fiona den größten Unterschied zwischen<br />

der deutschen <strong>und</strong> irischen Variante von „<strong>Think</strong> <strong>Big</strong>“.<br />

Beiden geht es darum, das Bild der Jugendlichen in der<br />

Gesellschaft zu verbessern, aber jeweils aus einer anderen<br />

Motivation heraus: „<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Deutschland“ geht es um das<br />

allgemeine Bild in der Öffentlichkeit, während in Irland der<br />

Schwerpunkt auf der seelischen Ges<strong>und</strong>heit der Jugendlichen<br />

liegt. Denn als <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> 2010 in Irland starten sollte,<br />

hatte Irland die vierthöchste Selbstmordrate unter Jugendlichen<br />

in Europa zu verbuchen. Dieser Bilanz will <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

think BiG zu GaSt Bei …<br />

Lernen, im Regen zu tanzen<br />

Text: Chiona Hufnagel<br />

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Irland entgegenwirken. Fiona erzählt mir von den Menschen<br />

in Irland. Dass sich viele bemühen, ges<strong>und</strong> zu essen, Sport zu<br />

machen – rein äußerlich also ges<strong>und</strong> sind, aber dabei oft vergessen,<br />

dass das Innenleben eine entscheidende Rolle für ein<br />

ges<strong>und</strong>es Leben spielt. <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> versucht deswegen gezielt,<br />

die Lebensumstände der Jugendlichen so zu verändern, dass<br />

die seelische Ges<strong>und</strong>heit gefördert wird.<br />

„Wir haben festgestellt, dass diejenigen, die eine ges<strong>und</strong>e<br />

Lebensweise an den Tag legen, auch häufiger seelisch ges<strong>und</strong><br />

sind“, erklärt Fiona. Daher handeln die Projekte, ähnlich<br />

wie in Deutschland, von Musik, Sport, Technik usw. – es gibt<br />

aber auch Kampagnen, die ganz bewusst seelische Ges<strong>und</strong>heit<br />

fördern sollen. „Wir versuchen klar zu machen, dass seelische<br />

Krankheiten nichts Schlimmes sind“, erklärt sie.<br />

„Headstrong“ vertritt sogar die Auffassung, dass niemand<br />

seelisch komplett ges<strong>und</strong> sei <strong>und</strong> seelische Probleme normal<br />

seien“, führt sie fort.<br />

<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> möchte auf die Probleme der<br />

Jugendlichen aufmerksam machen.<br />

„Die Jugendlichen wurden immer als die gesehen, die die<br />

Probleme verursachen, nicht als diejenigen, die sie haben“,<br />

sagt die irische Programmleiterin. Als wir im Büro von Headstrong<br />

ankommen, werden wir freudig von der Verantwortlichen<br />

für <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> bei Headstrong, Nuala Smith, begrüßt.


Neben ihr sind noch weitere Personen anwesend, die mitentscheiden,<br />

welche Idee zum Projekt werden darf <strong>und</strong> welches<br />

Projekt wie unterstützt werden soll. So treffe ich auf Tom, einen<br />

unabhängigen Journalisten, Aidan, einen Jugendlichen,<br />

der seine Altersklasse repräsentieren soll <strong>und</strong> Leanne, eine<br />

junge Mitarbeiterin bei „Headstrong“.<br />

Der Tisch ist mit Essen geschmückt, Chipstüten rascheln, eine<br />

Coladose wird geräuschvoll geöffnet. Ich blicke verloren umher<br />

<strong>und</strong> frage mich, wann das Meeting los geht. Fiona erwidert<br />

grinsend meinen Blick:„Wir fangen jetzt an <strong>und</strong> essen<br />

zusammen zu Mittag. Wir wollen eine entspannte Atmosphäre,<br />

in der wir kreativ sein <strong>und</strong> frei sprechen können.“ Während<br />

der nächsten zwei St<strong>und</strong>en erlebe ich, was Fiona damit meint.<br />

Alle Teilnehmer bekommen die Bewerbungszettel der Jugendlichen<br />

ausgeteilt <strong>und</strong> nehmen sich viel Zeit, um abzustimmen.<br />

Dabei versetzen sie sich in die Lage der Jugendlichen<br />

<strong>und</strong> vergleichen deren Situation mit jenen, die sie<br />

vielleicht selbst schon erlebt haben. Die Bewerbungen der<br />

Jugendlichen umfassen Punkte, wie „Meine Idee, seelische<br />

Ges<strong>und</strong>heit zu unterstützen, ist ...“ oder „Mein Projekt wird<br />

für mich einen Unterschied machen, weil ...“. Nuala liest das<br />

Projekt einer 17-Jährigen vor, die einen Park verschönern will,<br />

um dort ihre Freizeit zu verbringen. Die Idee wird abgelehnt.<br />

Nuala erklärt mir, dass das Ziel immer ist, möglichst viele<br />

Ideen zu verwirklichen, sie in diesem Projekt jedoch keine<br />

große Verbindung zu ihrem Leitziel, der seelischen Ges<strong>und</strong>heit,<br />

sieht. Andere Projekte halten die Teilnehmer für nicht<br />

ausgereift <strong>und</strong> planen daher, sie einzuladen, um mit ihnen<br />

ihr Konzept zu überdenken. Später stellt sie ein Projekt vor,<br />

bei welchem es um das Thema Selbstmord geht. Leider ist<br />

die Idee zu negativ aufgemacht. „Unser primäres Ziel ist es,<br />

seelische Ges<strong>und</strong>heit zu fördern, nicht seelische Krankheiten<br />

zu bekämpfen, dazu sind wir nicht ausgebildet. Unsere<br />

Botschaft soll eine positive sein, in der Hoffnung, dass der<br />

Begriff der seelischen Ges<strong>und</strong>heit irgendwann auch positiv<br />

konnotiert ist.“<br />

Die Projekte, die von <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> heute abgesegnet werden, bekommen<br />

entweder 300 Euro, das sogenannte „Level eins“,<br />

oder 2000 Euro, das sogenannte „Level zwei“. Eine solche<br />

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300-Euro-Förderung bekommt heute eine Projektmacherin,<br />

die ihre Mitschüler dazu ermutigen will, sich Briefe an das<br />

eigene, zukünftige Selbst zu schreiben, um die stressige Abschlusszeit<br />

zu überstehen. Sie schreibt: „Ich werde das seelische<br />

Wohlergehen meiner Mitschüler verbessern, weil es den<br />

Schülern helfen wird, sich mit ihren Ängsten zu identifizieren<br />

<strong>und</strong> diese auszudrücken. Außerdem werden sie sich bewusst,<br />

welche positiven Aspekte ihr Leben hat.“<br />

Zur Zeit gibt es knapp 150 Projekte in Irland, also weitaus weniger<br />

als in Deutschland, wo allein 2011 schon 525 Projekte<br />

gefördert wurden. <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Deutschland hat mit seinen zahlreichen<br />

Kooperationspartnern ein Unterstützungsangebot,<br />

das Irland nicht bieten kann. Momentan kann Nuala höchstens<br />

versuchen, den Jugendlichen Kontakte zu Partnerorganisationen<br />

zu vermitteln. Die Jugendlichen müssen daher bei<br />

ihrer Bewerbung immer zwei Personen aus ihrem Umfeld angeben,<br />

die ihnen bei der Umsetzung des Projektes helfen können.<br />

Dafür bekommt jedoch jede Idee einen o2-Mitarbeiter<br />

zugeteilt, der sich um die individuellen Probleme der Jugendlichen<br />

kümmert. Damit sich mehr Jugendliche für ein Projekt<br />

anmelden, hat <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> einen Trailer gedreht <strong>und</strong> strahlt diesen<br />

in Kinos aus. Fiona sagt, dass sich viele Jugendliche nicht<br />

zutrauen, ein eigenes Projekt zu betreuen. Dann erzählt sie<br />

mir stolz, dass diejenigen, die ein Projekt machen, so etwas<br />

zum ersten Mal tun <strong>und</strong> an der Verantwortung wachsen.<br />

Am Ende verabschiede ich mich <strong>und</strong> Fiona händigt mir Armbänder<br />

aus, die ein Projektmacher bedruckt hat. Ich habe es<br />

eilig, daher lese ich die Aufschrift erst, als ich auf dem Weg<br />

nach draußen bin.<br />

„Es geht nicht darum, zu warten, bis der<br />

Sturm vorbei ist, sondern darum, zu lernen,<br />

im Regen zu tanzen.“<br />

Ich lächle. Das war die positive Botschaft, von der Nuala gesprochen<br />

hatte. Ich blicke in den Himmel. Er ist zugezogen.<br />

Ich grinse. Es ist außerdem eine Botschaft, die gut zu Irland<br />

passt.


Nachgehakt<br />

Zum Jugendkongress „Dialog über Deutschlands Zukunft“ lud B<strong>und</strong>eskanzlerin Angela Merkel am 15. Februar<br />

2012 nicht nur r<strong>und</strong> 50 Jugendliche aus fünf verschiedenen B<strong>und</strong>esländern, sondern auch die <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

Jugendredaktion zu sich ins Kanzleramt ein. Drei der Jugendredakteure hatten im Anschluss an das Treffen<br />

die Chance, mit dem Regierungssprecher Steffen Seibert zu sprechen <strong>und</strong> ihm Fragen zu stellen.<br />

Jugendredaktion: Die Jugendlichen dürfen noch<br />

nicht wählen. Wieso werden sie trotzdem zu einer<br />

Jugendkonferenz einberufen?<br />

Steffen Seibert: Wenn man sagt, dass man einen Dialog<br />

über Deutschlands Zukunft führen möchte, dann muss man<br />

auch mit denen sprechen, die Deutschlands Zukunft verkörpern.<br />

Die Jugendkonferenz ist ein bedeutender Teil des<br />

Zukunftsdialogs. Bisher gab es nur Gespräche mit erwachsenen<br />

Bürgern, aber beim Thema Zukunft die Jugendlichen<br />

einzubeziehen, gehört absolut dazu. Das war der B<strong>und</strong>eskanzlerin<br />

von vornherein sehr wichtig.<br />

Jugendredaktion: Wie würden Sie den Verlauf der<br />

Jugendkonferenz beurteilen?<br />

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Drei Fragen an Steffen Seibert<br />

Text: Sabrina Paiwand, Susann Schwaß,<br />

Lars Schulze<br />

Foto: Susann Schwaß<br />

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Steffen Seibert: Man merkte wirklich, dass sich die Teilnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Teilnehmer im Vorfeld in den Schulen mit<br />

den Themen der Jugendkonferenz auseinandergesetzt hatten.<br />

Die Vorschläge <strong>und</strong> Ideen der Jugendlichen stammen<br />

aus ihrem eigenen Leben. Das gibt den Anliegen natürlich<br />

einen besonderen Wert. Die Kanzlerin wird mit Sicherheit<br />

einiges, was heute gesagt wurde, mit sich tragen <strong>und</strong> auch<br />

immer wieder darauf zurückkommen.<br />

Jugendredaktion: Was wird mit den Ergebnissen der<br />

Jugendkonferenz nun gemacht?<br />

Steffen Seibert: Die Ergebnisse gehen in die Auswertung<br />

des Zukunftsdialogs ein, zusammen mit den Ergebnissen<br />

des Dialogs mit den Wissenschaftlern, den Bürgern <strong>und</strong> den<br />

Ergebnissen des Onlinedialogs. Die B<strong>und</strong>eskanzlerin wird<br />

überlegen, was davon ihre Politik beeinflussen wird <strong>und</strong><br />

was sie konkret umsetzen kann. Manches kann eine B<strong>und</strong>eskanzlerin<br />

leider nicht umsetzen, zum Beispiel kann sie<br />

die Schullehrpläne von den deutschen B<strong>und</strong>esländern nicht<br />

ändern. Das ist Landespolitik. Aber einige Themen, die hier<br />

angesprochen wurden, kann die B<strong>und</strong>eskanzlerin sehr gut<br />

weiterbringen. Im Spätsommer werden wir die Anregungen<br />

bekannt geben, die wirklich verfolgt werden. Und darunter<br />

werden sicherlich einige aus diesem Jugenddialog sein.


SO LONG, AND THANKS FOR<br />

ALL THE FISH ...<br />

Chiona: „Durch meine eineinhalb Jahre in der <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jugendredaktion habe ich tolle Fre<strong>und</strong>e<br />

gef<strong>und</strong>en, viele tolle Städte gesehen <strong>und</strong> Paulo Coelho getroffen. Und ich weiß jetzt, dass es<br />

keine schwulen Einhörner gibt.“<br />

Sina: „Nach einem Jahr <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> Jugendredaktion habe ich unzählige unterschiedliche Menschen<br />

kennengelernt, erfahren, was es heißt, groß zu denken <strong>und</strong> es dann auch umzusetzen. Unter<br />

keinen Umständen möchte ich dieses Jahr missen!“<br />

Fabian: „<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> ist mehr als tolle Ideen <strong>und</strong> Projekte. <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> ist ein riesiges Netzwerk, sind<br />

tolle Fre<strong>und</strong>e, Jugendliche, die wirklich viel drauf haben. Ich bin so froh, in einem Jahr <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

ein kleiner Teil davon gewesen zu sein.“<br />

Susann: „Ich taufe es das Jahr der schlaflosen Nächte, Zugfahrten in alle Ecken Deutschlands,<br />

Redaktionstreffen, Running Gags <strong>und</strong> der Autodidaktie! Ich habe gelernt, dass man wichtige<br />

Personen nicht von hinten fotografiert, mich mit dem Westen Deutschlands versöhnt, habe gelernt,<br />

dass Hip-Hop nicht gleich Hipp Hopp ist <strong>und</strong>, dass mein Herz heimlich <strong>und</strong> ganz unglaublich<br />

schlimm für die Fotografie schlägt. Einen lieben Dank an alle anderen Kosmonauten im <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

Universum, die mein letztes Jahr mit ihren grandiosen Projekten bereichert haben <strong>und</strong> viel Glück<br />

euch bei der Weiterreise. Ahoj!“<br />

Alexandra: „EIn Jahr voller unglaublicher Momente - bereichernd <strong>und</strong> unvergesslich. <strong>Think</strong> <strong>Big</strong><br />

<strong>und</strong> die Jugendredaktion sind mehr als die Summe ihrer Teile.“<br />

Marius: „Mit <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> bin ich zumindest gefühlt im letzten Jahr überall in Deutschland gewesen.<br />

Überall habe ich immer wieder coole Leute getroffen, schöne Städte gesehen, eine Menge Spaß<br />

gehabt <strong>und</strong> noch viel mehr gelernt.“<br />

Anna: „Die Reise durch den spannenden Kosmos ist zu Ende. Doch die tollen Momente behalt ich.<br />

Danke <strong>Think</strong> <strong>Big</strong> für die w<strong>und</strong>ervolle Zeit.“<br />

Sabrina: „Die Jugendredaktion hat mich ein Stück weit auf meinem Weg begleitet. Es war schön,<br />

ein Teil davon zu sein.“<br />

Lea: „<strong>Think</strong> <strong>Big</strong> ist für mich ein Treffpunkt für engagierte <strong>und</strong> kreative Jugendliche aus ganz<br />

Deutschland, die gemeinsam ihre Umwelt ein Stückchen besser machen wollen.“

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