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Psychosoziale Aspekte von Sehschädigung im Alter - LowVision ...

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<strong>Psychosoziale</strong> <strong>Aspekte</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>Sehschädigung</strong> <strong>im</strong> <strong>Alter</strong><br />

Prof. Dr. Vera Heyl<br />

Institut für Sonderpädagogik<br />

Blinden- und Sehbehindertenpädagogik<br />

Auftaktveranstaltung für das Projekt „Sehen <strong>im</strong> <strong>Alter</strong>“, 13.03.2013, Würzburg


Lebenserwartung und <strong>Sehschädigung</strong><br />

Synopse unserer Forschung zu psychosozialen <strong>Aspekte</strong>n<br />

<strong>von</strong> <strong>Sehschädigung</strong> <strong>im</strong> <strong>Alter</strong><br />

Von einer eher statischen zu einer eher dynamischen<br />

Sichtweise<br />

Fazit für die Praxis<br />

Gliederung<br />

2


Weiterhin steigende<br />

Lebenserwartung<br />

Quelle: Oeppen & Vaupel (2002, S. 1029)<br />

3


Anzahl (in 1000)<br />

110<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

<strong>Sehschädigung</strong> nach <strong>Alter</strong><br />

Sehgeschädigte am 31.12.2009 (schwerste Behinderung)<br />

0<br />

Blindheit Hochgradige Sehbehinderung Sehbehinderung<br />


Phase I: Mitte 1990er<br />

Identifikation der psychosozialen<br />

Konsequenzen<br />

<strong>von</strong> alterskorreliertem<br />

Sehverlust<br />

Eher statische Sichtweise<br />

Forschungsprogramm<br />

Phase II: 2002<br />

Nutzung psychologischer<br />

Theorien, um alterskorrelierten<br />

Sehverlust zu<br />

verstehen<br />

Phase III: 2006<br />

Gegenwart<br />

Sehverlust <strong>im</strong> Kontext <strong>von</strong><br />

Ressourcen (z.B. kognitive<br />

Ressourcen) und anderen<br />

Beeinträchtigungen (z.B.,<br />

Hörschädigung)<br />

Eher dynamische Sichtweise<br />

5


Forschungsprogramm<br />

Privat wohnende Studienteilnehmer/innen über 55 Jahre, in neueren<br />

Studien über 75 Jahre<br />

Studien mit sehbeeinträchtigten sowie sehgeschädigten älteren<br />

Menschen<br />

International etablierte Erhebungsinstrumente<br />

Überwiegend substantielle Stichprobengrößen (N = 50 – 750)<br />

6


Phase I: Mitte 1990er<br />

Identifikation der psychosozialen<br />

Konsequenzen<br />

<strong>von</strong> alterskorreliertem<br />

Sehverlust<br />

Forschungsprogramm<br />

Gegenwart<br />

Eher statische Sichtweise Eher dynamische Sichtweise<br />

7


(T)<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

ADL - IADL<br />

Gesamtwert<br />

F(2,113) = 67.00 **<br />

R 2 = .75<br />

30 B SB UB<br />

Identifikation der psychosozialen<br />

Konsequenzen<br />

Konsequenzen <strong>im</strong> Verhalten Konsequenzen <strong>im</strong> Wohlbefinden<br />

Freizeitaktivitäten<br />

Gesamtwert<br />

F(2,113) = 14.40 **<br />

R 2 = .42<br />

B SB UB<br />

30 B SB UB<br />

B = Blind, SB = Sehbehindert, UB = Unbeeinträchtigt.<br />

Lebenszufriedenheit Zukunfts-<br />

(T) Gesamtwert orientierung<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

F(2,113) = 5.60 **<br />

R 2 = .36<br />

Quelle: Wahl, Schilling, Oswald & Heyl (1999)<br />

F(2,113) = n.s.<br />

R 2 = .16<br />

B SB UB<br />

8


x<br />

ADL-IADL<br />

Freizeit-<br />

aktivitäten<br />

Alltagskompetenz über 7 Jahre<br />

T-Werte<br />

y<br />

60<br />

50<br />

40<br />

60<br />

50<br />

40<br />

Anmerkung . Höhere Werte indizieren ein höheres Kompetenzniveau.<br />

Identifikation der psychosozialen<br />

Konsequenzen<br />

Sehgeschädigte Sehende<br />

Ersterhebung 7 Jahre<br />

8<br />

Allgemeine<br />

50<br />

Lebenszufriedenheit <br />

Zukunftsorientierung<br />

Quelle: Heyl & Wahl (2001)<br />

Wohlbefinden über 7 Jahre<br />

T-Werte<br />

60<br />

40<br />

60<br />

50<br />

40<br />

Sehgeschädigte Sehende<br />

Ersterhebung 7 Jahre<br />

Note. Höhere Werte indizieren eine bessere emotionale Anpassung.<br />

9


Identifikation der psychosozialen<br />

Konsequenzen<br />

Ergebnisse konsistent mit internationaler Literatur<br />

(Burmedi et al., 2002; Horowitz & Reinhardt, 2000; Pinquart & Pfeiffer, 2011)<br />

Erhöhte Depressivität bei älteren Menschen mit <strong>Sehschädigung</strong><br />

(ca. 30% subklinisch; Major Depression 7%-38%; vgl. Horowitz et al., 2005)<br />

Geringere Alltagskompetenz <strong>von</strong> Sehgeschädigten <strong>im</strong> Vergleich zu<br />

Hörgeschädigten sowie Gehbeeinträchtigten<br />

(Rudberg et al., 1993; Wahl et al., 1999; Wahl, Heyl & Schilling, 2012)<br />

Signifikant erhöhte Mortalität bei Sehgeschädigten (29%) <strong>im</strong> Vergleich<br />

zu sensorisch Unbeeinträchtigten (20%) auf bivariatem Analyselevel<br />

(Wahl, Heyl, Drapaniotis, Hörmann, Jonas, Plinkert & Rohrschneider, in Druck)<br />

n.s. nach Kontrolle <strong>von</strong> konfundierenden Variablen<br />

Außerhäusliche Alltagsaktivitäten als bedeutsamer Prädiktor<br />

nur bei Sehgeschädigten (neben <strong>Alter</strong> und Geschlecht)<br />

10


Phase I: Mitte 1990er<br />

Identifikation der psychosozialen<br />

Konsequenzen<br />

<strong>von</strong> alterskorreliertem<br />

Sehverlust<br />

Eher statische Sichtweise<br />

Forschungsprogramm<br />

Phase II: 2002<br />

Nutzung psychologischer<br />

Theorien, um alterskorrelierten<br />

Sehverlust zu<br />

verstehen<br />

Gegenwart<br />

Eher dynamische Sichtweise<br />

11


Nutzung psychologischer<br />

Theorien<br />

Ein Sehverlust erfordert Anpassung an Lebensumstände,<br />

die das Erreichen <strong>von</strong> Zielen bedrohen<br />

Wahrnehmung einer Ist-Soll-Diskrepanz<br />

Zwei-Prozess-Modell der Selbstregulation<br />

(Brandtstädter & Renner, 1990)<br />

Hartnäckige Zielverfolgung (HZV)<br />

(z.B. „Je schwieriger ein Ziel zu erreichen ist, umso erstrebenswerter erscheint<br />

es mir oft.“)<br />

Flexible Zielanpassung (FZA)<br />

(z.B. „Auch wenn mir ein Wunsch nicht erfüllt wird, ist das für mich kein Grund<br />

zur Verzweiflung: es gibt ja noch andere Dinge <strong>im</strong> Leben.“)


Bei geringer Flexibler Zielanpassung (FZA) geht geringere<br />

subjektive Sehfähigkeit mit höherem negativen Affekt (NA)<br />

einher<br />

NA (z-Werte)<br />

Nutzung psychologischer<br />

Theorien<br />

0<br />

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3<br />

Subjektive Sehfähigkeit (z-Werte)<br />

2<br />

1<br />

-1<br />

-2<br />

Quelle: Heyl, Wahl & Mollenkopf (2007)<br />

FZA z = 1<br />

FZA z = -1<br />

N = 751<br />

M = 71 Jahre


Bei hoher Flexibler Zielanpassung (FZA) und geringer<br />

Hartnäckiger Zielverfolgung (HZV) geht geringere<br />

subjektive Sehfähigkeit mit geringerem positiven Affekt (PA)<br />

einher<br />

PA (z-Werte)<br />

Nutzung psychologischer<br />

Theorien<br />

FZA hoch<br />

0<br />

-4 -3 -2 -1 0 1 2 3<br />

Subjektive Sehfähigkeit (z-Werte)<br />

-1<br />

-2<br />

Quelle: Heyl, Wahl & Mollenkopf (2007)<br />

2<br />

1<br />

HZV z = 1<br />

HZV z = -1<br />

N = 751<br />

M = 71 Jahre


Fazit<br />

Eine Kombination <strong>von</strong> HZV und FZA erscheint als<br />

eine gute Voraussetzung, um Affekte angesichts<br />

nachlassender Sehfähigkeit möglichst opt<strong>im</strong>al zu<br />

regulieren<br />

Praktische Implikation<br />

Nutzung psychologischer<br />

Theorien<br />

Die veränderbaren und unveränderbaren <strong>Aspekte</strong><br />

der mit dem Sehverlust verbundenen Situation <strong>im</strong><br />

Rahmen einer psychosozialen Intervention erkennen<br />

helfen


Phase I: Mitte 1990er<br />

Identifikation der psychosozialen<br />

Konsequenzen<br />

<strong>von</strong> alterskorreliertem<br />

Sehverlust<br />

Eher statische Sichtweise<br />

Forschungsprogramm<br />

Phase II: 2002<br />

Nutzung psychologischer<br />

Theorien, um alterskorrelierten<br />

Sehverlust zu<br />

verstehen<br />

Phase III: 2006<br />

Gegenwart<br />

Sehverlust <strong>im</strong> Kontext <strong>von</strong><br />

Ressourcen (z.B. kognitive<br />

Ressourcen) und anderen<br />

Beeinträchtigungen (z.B.,<br />

Hörschädigung)<br />

Eher dynamische Sichtweise<br />

16


Kognitive Ressourcen<br />

Kognitive Ressourcen sind für sehgeschädigte ältere Menschen<br />

bedeutsamer als für normalsichtige ältere Menschen (Heyl & Wahl, 2011)<br />

,44 ,11<br />

17


Praktische Implikation<br />

Kognitive Ressourcen<br />

Kognitives Training könnte Programme zur Förderung<br />

lebenspraktischer Fähigkeiten sinnvoll ergänzen und<br />

ihre Wirksamkeit verbessern<br />

18


Ressourcen für<br />

erfolgreiches <strong>Alter</strong>n<br />

Im Kontext weiterer Ressourcen spielt Alltagskompetenz nur<br />

bei sehgeschädigten Älteren eine bedeutsame Rolle für das<br />

allgemeine Wohlbefinden (Wahl, Heyl, Drapaniotis, Hörmann, Jonas, Plinkert<br />

& Rohrschneider, in Druck)<br />

19


Ressourcen für<br />

erfolgreiches <strong>Alter</strong>n<br />

VI: .27<br />

HI: .00<br />

UI: .00<br />

Quelle:<br />

Wahl, Heyl, Drapaniotis, Hörmann, Jonas,<br />

Plinkert & Rohrschneider (in Druck)<br />

20


Praktische Implikation<br />

Ressourcen für<br />

erfolgreiches <strong>Alter</strong>n<br />

Die Aufrechterhaltung <strong>von</strong> Alltagskompetenz als<br />

wesentliches Ziel <strong>von</strong> Rehabilitationsmaßnahmen bei<br />

älteren Menschen mit <strong>Sehschädigung</strong><br />

21


<strong>Psychosoziale</strong> Bedürfnisse sehgeschädigter älterer Menschen sind<br />

bedeutsam<br />

Aufrechterhaltung <strong>von</strong> (v.a. außerhäuslicher) Alltagskompetenz<br />

als oberstes Ziel eines ganzheitlichen Rehabilitationsprogramms<br />

Identifikation veränderbarer <strong>Aspekte</strong> der mit dem Sehverlust<br />

verbundenen Situation<br />

Förderung der kognitiven Ressourcen bedeutsam<br />

Wesentlich für Alltagsbewältigung<br />

Rehabilitationsbereiche<br />

Fazit für die Praxis<br />

O&M, LPF, <strong>Psychosoziale</strong> Versorgung<br />

22


Erstautor und Publikationsjahr<br />

Birk et al., 2004<br />

Bradley et al., 2005<br />

Brody et al., 1999<br />

Brody et al., 2002<br />

Brody et al., 2005<br />

Brody et al., 2006<br />

Dahlin-Ivanoff et al, 2002<br />

Eklund et al., 2004<br />

Eklund et al., 2006<br />

Eklund et al., 2007<br />

Kämmerer et al., 2006<br />

Reeves et al., 2004<br />

Rovner et al., 2007<br />

Scalan et al., 2004<br />

Wahl et al., 2006<br />

Fazit für die Praxis<br />

Stichprobengröße und<br />

Durchschnittsalter<br />

N = 22; 73 Jahre<br />

N = 12; 76 Jahre<br />

N = 92; 79 Jahre<br />

N = 231; 81 Jahre<br />

N = 214; 81 Jahre<br />

N = 32; 81 Jahre<br />

N = 187; 79 Jahre<br />

Land<br />

D<br />

GB<br />

USA<br />

USA<br />

USA<br />

USA<br />

N = 131; 78 Jahre S<br />

N = 92; 79 Jahre S<br />

N = 131; 78 Jahre<br />

N = 67; 77 Jahre<br />

N = 226; 82 Jahre<br />

N = 206; 81 Jahre<br />

S<br />

S<br />

D<br />

GB<br />

USA<br />

N = 64; 80 Jahre USA<br />

N = 67; 77 Jahre D<br />

Ergebnisse<br />

+<br />

+/-<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+/-<br />

-<br />

+/-<br />

+<br />

+/-


Fazit für die Praxis<br />

<strong>Psychosoziale</strong> Interventionsprogramme sind nicht nur<br />

wirksam, sie tragen auch dazu bei, Kosten zu sparen<br />

(vgl. Eklund, Sonn, Nystedt & Dahlin-Ivanoff, 2005)<br />

24


Fazit für die Praxis<br />

Hinsichtlich der Notwendigkeit und Wirksamkeit einer<br />

psychosozial orientierten Rehabilitation <strong>von</strong> älteren<br />

Menschen mit <strong>Sehschädigung</strong> besteht kein Erkenntnis-,<br />

sondern ein Umsetzungsproblem<br />

(vgl. Wahl, Heyl & Langer, 2008)<br />

25


Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!<br />

heyl@ph-heidelberg.de<br />

26

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